Marion Lili Wagner gründete im Herbst 2011 den Verlag für Kurzes mit Sitz in Potsdam. Ihr Anliegen – so heißt es auf der Verlagswebseite – ist es, eine kleine Auswahl kurzer und guter Texte herauszugeben, die auf eine intelligente Art unterhaltsam und bereichernd sind. 2014 wurde sie für ihre Arbeit von der Bundesregierung als Kultur- und Kreativpilotin ausgezeichnet. Anlässlich dieser Auszeichnung, zu der wir ihr herzlich gratulieren, haben wir Marion Wagner ein paar Fragen rund ums Büchermachen und um die Indie-Szene gestellt.
Wie ist es zur Gründung des Verlages gekommen?
Ich habe zwischen 20 und 30 beruflich viel ausprobiert, das sich nie stimmig und erfüllend angefühlt hat. Erstaunlicherweise bin ich lange nicht auf die Idee gekommen, das, womit ich schon immer gerne meine Zeit verbracht habe, nämlich Bücher, in meinen beruflichen Mittelpunkt zu rücken.
Als ich mit 30 Mutter wurde, blieb ich eineinhalb Jahre mit meiner Tochter zuhause, und in dieser Zeit wurde mir klar, dass ich in Zukunft keinen beruflichen Kompromiss mehr machen werde, und so entschied ich mich, den Verlag für Kurzes zu gründen.
»Verlag für Kurzes«: Was reizt dich an der kurzen Form?
Gut geschriebene kurze Texte sind lebendig, präzise und lassen dennoch Raum für Phantasie.
Ich will auch ein ganz neues ultrakurzes literarisches Genre etablieren: Die Mikrogeschichte. Mikrogeschichten sind Geschichten, die aus nur wenigen Sätzen bestehen, manchmal sogar nur aus einem Satz. Auf dem Blog mikrogeschichten.de veröffentliche ich regelmäßig neue Mikrogeschichten vieler verschiedener Autoren.
Und welche inhaltlichen Schwerpunkte setzt du?
Die bislang erschienenen Bücher, Mini-Bücher und eBooks unterscheiden sich thematisch stark. Ich bevorzuge Texte, die eine gewisse zeitlose Komponente haben, und Autoren, die den Mut zu ihrem eigenen Stil und Ausdruck haben.
Warum hast du dich entschieden, auch eBooks herauszugeben? Was ermöglicht dir das Digitale?
Das Digitale ist in meinem Verlag noch ganz neu, bislang gibt es erst drei eBooks und ich möchte da ohne Eile ein kleines und feines eBook-Programm zusammenstellen.
Zu manchen Inhalten passt meiner Ansicht nach die Form des eBooks besonders gut, z.B. zu dem neuesten eBook »Letzten Sonntag war das Leben schön« von Fiona Lorenz. Fiona Lorenz war eine befreundete Autorin und Journalistin, die bereits seit vielen Jahren wiederholt gegen eine Krebserkrankung kämpfte. Diesen Kampf hat sie im Sommer dieses Jahres leider verloren.
In dem eBook habe ich eine Auswahl ihrer Blogtexte, die sie in den letzten Monaten ihres Lebens geschrieben hat, herausgegeben. Diese Blogtexte sind gerade wegen ihrer Sachlichkeit sehr berührend.
Welchen Herausforderungen musstest du dich anfangs stellen? Sind es dieselben wie heute?
Als absolute Quereinsteigerin, musste ich mir Stück für Stück alles selbst beibringen und erarbeiten. Das hat mir aber sehr viel Spaß gemacht, weil ich es liebe, neue Dinge zu tun und mir zu erobern.
Eine stetige und gleichbleibende Herausforderung ist es, die Publikationen meines Verlages ohne Werbebudget bekannt zu machen.
Was schätzt du an der unabhängigen Kleinverlagswelt?
Ich mag es, dass es sehr persönlich zugeht. Kleinverleger haben oftmals ein freundschaftliches Verhältnis zu ihren Autoren, sie stehen auf den Buchmessen persönlich an ihren liebevoll eingerichteten Ständen und die Kollegialität untereinander ist verbindend.
Welche Entwicklungen auf dem Buchmarkt / im Literaturbetrieb beschäftigen dich zurzeit besonders stark?
Eigentlich keine. Ich nehme natürlich wahr, dass sich die Buchbranche durch die Digitalisierung in einem starken Wandel befindet, aber ich sehe darin vor allem Vorteile. Außerdem finde ich eine gewisse Anarchie immer sehr inspirierend und fruchtbar.
Was hast du für die Zukunft geplant?
Der Verlag für Kurzes befindet sich gerade in einer Phase der Veränderung und Neustrukturierung. Meine Tochter ist jetzt fast sechs Jahre alt und ich habe mittlerweile mehr Zeit und Kraft, die ich meiner Arbeit widmen kann. Und durch die Auszeichnung als Kultur- und Kreativpilotin werde ich ein Jahr lang mit intensiven Coachings und Workshops bei meiner Arbeit begleitet.
Diese beiden Faktoren lösen vieles aus, und ich möchte mir die Zeit nehmen, den Verlag in den nächsten Monaten neu aufzustellen.
Zum Abschluss würden wir uns über eine Buchempfehlung freuen – aus deinem eigenen Programm oder dem eines anderen Indie-Verlages.
Ich bin in einem Second-Hand-Buchladen zufällig auf das Buch »Warum so verlegen?« von Klaus Wagenbach gestoßen und finde es großartig. Es ist sehr sympathisch und unterhaltsam geschrieben und es klingt darin genau die Eigenwilligkeit durch, die ein Verleger meiner Ansicht nach haben sollte.
Besten Dank an Marion Wagner für das Gespräch!
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