We talk Indie: Im Gespräch mit dem Kindermann Verlag

Es wird mal wieder Zeit für einen Kinderbuchverlag. Und so haben mit dem Kindermann Verlag aus Berlin gesprochen. Diesen hatten wir bereits Anfang des Jahres in einem Special auf we read indie kurz vorgestellt. Verlegerin und Autorin Barbara Kindermann erzählt von den Anfängen und ihrer Liebe zu den Klassikern.

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v.r.n.l.: Anna Kindermann, Barbara Kindermann und Julia Hoffmann

Wie ist es zur Gründung des Verlages gekommen?

Durch eine Idee. Mein Wunsch war es, Kinder schon in einem Alter mit Weltliteratur in Berührung zu bringen, in dem sie noch darauf gespannt sind und Freude daran haben, und noch nicht durch die schulische Pflichtlektüre vielleicht für immer für die Klassiker verloren sind. Die Geschichten sollen primär fesseln und spannend sein, sekundär den Kindern etwas näherbringen, das ihnen auch im späteren Leben wieder begegnen und von Interesse sein wird. Lange vor PISA und Klassikerboom hatte ich diese Idee, große Klassiker in leicht verständlicher Prosa für Kinder nachzuerzählen, das führte zur Verlagsgründung.

Welche Schwerpunkte setzt der Kindermann Verlag? Was zeichnet den Verlag aus?

Von Anfang an setzte ich auf den Schwerpunkt Klassiker für Kinder und entwickelte als erstes die Reihe „Weltliteratur für Kinder“, die bis heute auf dem deutschen Markt einzigartig ist. Darin erzähle ich nach angelsächsischem Vorbild die klassischen Werke in leicht verständlicher Prosa für Kinder nach. Die Reihe umfasst mittlerweile siebzehn Bände, so z.B. den mehrfach ausgezeichneten Titel „Faust“ mit Bildern des großartigen Künstlers Klaus Ensikat, „Romeo und Julia“ oder „Wilhelm Tell“.

Jeder Band ist edel ausgestattet, in Halbleinen gebunden und von bekannten Künstlern illustriert: Mal magisch-dramatisch, mal märchenhaft, mal herrlich komisch, immer aber spannungsreich und voller Lebensweisheit. Was war noch gleich des Pudels Kern? Wer schwang die Axt im Haus und war doch kein Zimmermann? War es die Nachtigall oder die Lerche, die da so heiser sang? Kinderleicht zu beantworten für alle kleinen Leser der Weltliteratur-Reihe!

Nicht Bildungswahn steckt hinter dieser Idee, sondern der Wunsch, Kinder im Grundschulalter, wenn sie dem so genannten Kanon noch völlig unvoreingenommen gegenüber stehen, einen ersten Zugang zu den Klassikern zu eröffnen und langfristig Lust aufs Original zu wecken. Ein Konzept, das funktioniert: Ich veranstalte seit vielen Jahren Lesungen an Grundschulen und Bibliotheken in ganz Deutschland. Vielfach dienen meine Bücher auch als Vorlage für Aufführungen in Schulen und Kindertheatern.

Bestärkt durch den Erfolg der Weltliteratur-Reihe hat der Verlag die zweite Klassiker-Reihe „Poesie für Kinder“ ins Leben gerufen, die bereits kleinen Lesern berühmte Gedichte und Balladen auf einzigartige Weise näher bringt. So z.B. Schillers „Der Handschuh“, illustriert von Jacky Gleich, die „Loreley“ von Heinrich Heine mit Bildern von Aljoscha Blau und Goethes „Zauberlehrling“, illustriert von Sabine Wilharm.

Zudem gibt es die Reihe „Kinder entdecken Kunst“, in dem vier Bände erschienen sind, als erster „Wer ist eigentlich dieser Miró?“ im Herbst 2006. Die Kunstpädagogin Britta Benke nimmt Kinder ab 6 Jahren mit auf eine spannende Entdeckungsreise und erklärt leicht verständlich Leben und Werk, Farben und Materialen, Stile und Bildthemen einzelner Künstler. Weitere Bände über Picasso, Matisse und Kandinsky sind erschienen und die Rehe ist damit abgeschlossen.

Welchen Herausforderungen mussten Sie sich anfangs stellen? Sind es dieselben wie heute?

Anfangs – völlig neu in der Verlagsbranche – arbeitete ich nach dem Prinzip „learning by doing“, machte fast alle Arbeiten selbst und musste erst einmal lernen, wie der Buchmarkt funktioniert und welche Ansprüche an das Produkt „Buch“ gestellt werden. Erst nach und nach optimierte und professionalisierte ich alles, die Reihen-Gestaltung, die Presse-Arbeit, den Vertrieb – das waren lange Lehrjahre und der Erfolg stellte sich erst nach einem erfolgreichen Relaunch im Jahr 2002 ein. Heute, da der Einstieg in den Markt geklappt hat und die Türen schon an ganz vielen Orten für meine Bücher geöffnet sind, und da auch die Infrastruktur gelegt ist, läuft alles viel einfacher und oft wie von selbst.

Als Herausforderung sehe ich zur Zeit vor allem, dass wir bald das Programm erweitern sollten, das Profil mit den Klassikern ist doch sehr eng gesteckt. Da sind wir auch schon am Überlegen, was für Optionen es geben könnte. Was die Klassiker hingegen angeht, so sind all unsere Titel Everseller, verkaufen sich konstant und regelmäßig über die Jahre hinweg und die Backlist verkauft sich so gut wie die Novitäten, ein ganz wichtiger großer Vorteil unseres zeitlosen, immer-aktuellen Programms, das auch regional keine Grenzen kennt. So konnten und können wir auch viele Lizenzen in andere Länder verkaufen.

Was schätzen Sie an der unabhängigen Kleinverlagswelt?

Die Freiheit! Selbst entscheiden können, ein riesiges Spektrum an Freiraum für Kreativität, Ideen, die Flexibilität, die enge interne Zusammenarbeit, der hie und da sehr persönliche Kontakt zu unseren Lesern,  – und immer wieder die Freiheit, in Bezug auf Zeit, Arbeit, Planung, Aktionen  – einfach alles!

Welche Entwicklungen auf dem Buchmarkt, speziell auch in dem Bereich Kinder- und Jugendbuch beschäftigt Sie zurzeit besonders stark?

Die unseres eigenen Programms, sonst eigentlich nichts. Bisher ist bei uns wegen der Entwicklung der neuen Medien noch keinerlei Umsatzeinbruch zu bemerken, auch keine anderen negativen Konsequenzen.

Zum Abschluss würden wir uns über eine Buchempfehlung freuen – aus Ihrem eigenen Programm oder dem eines anderen Indie-Verlages.

Die Neuerzählung von Goethes „Faust“ mit den wunderbaren Illustrationen von Klaus Ensikat ist einfach ein wunderbares Buch! Man lernt nicht nur die Geschichte von Doktor Faust kennen, der mit dem Teufel Mephisto eine gefährliche Wette eingeht, voller Magie und Hexenzauber, sondern begegnet auch vielen Original-Zitaten aus Goethes großartigem Klassiker, die kursiv gesetzt und somit leicht zu erkennen sind. Diese Buch ist für mich „des Pudels Kern“.

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