John Cheever: Bullet Park

Bullet Park ist das Suburbia-Ideal schlechthin. Hilfsbereite Nachbarn, gestutzte Rasenflächen, Väter im Pendlerzug nach New York. Einer von ihnen ist Eliot Nailles, der mit Frau Nellie und Sohn Anthony in einem der ordentlichen Häuser lebt. Er findet sein Leben aufregend genug, er ist bei der freiwilligen Feuerwehr, geht mit großem Ernst und Regelmäßigkeit in die Kirche und liebt seine Frau. Und er ist tablettenabhängig. Seine Arbeit bei einer Firma für Mundwasser hasst er so sehr, dass er Panikattacken bekommt, wenn er am Morgen ohne Tabletten in den Zug steigt. Seine Lebenssituation wird noch erschwert durch den Ärger mit Sohn Tony, der eines Morgens einfach nicht mehr aus dem Bett kommen will und dem auch die gerufenen Ärzte nicht helfen können.

„You can look all over the world but you won’t find neighbors as kind and thoughtful as the people in Bullet Park.“

Mit den Hammers kommen neue Nachbarn in die Vorstadt. Nailles fürchtet schon die Witze über die passenden Nachnamen, durch die die beiden Familien schicksalhaft verbunden zu sein scheinen. Dass die Hammers nicht gut nach Bullet Park passen, wird schon deutlich, als sie zwei Wochen nach ihrer Ankunft das erste Dinner veranstalten. Mrs. Hammer beleidigt nicht nur ihren Mann, sondern gleich die ganze Siedlung, die sie als Maskerade und Farce bezeichnet. Die Veranstaltung endet früh und wird nicht wiederholt.

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Mr. Hammer bekommt seinen Auftritt im zweiten Teil des Romans, der ausschließlich von ihm erzählt wird. Hier berichtet er von seiner Kindheit ohne Eltern, seinen Eskapaden und Reisen durch Europa und von den reichlich beunruhigenden Gründen und Entwicklungen, die ihn schließlich nach Bullet Park gebracht haben.

Cheever zeichnet in Bullet Park ein whiskygetränktes, deprimierendes, oberflächliches Bild von Suburbia in den 60ern. Das ist kein ganz neues Thema und ich kenne keinen Roman, in dem die amerikanischen Vororte anders als deprimierend dargestellt werden. Dennoch ist auch dieser Roman fast 50 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung immer noch lesenswert und aktuell. Mit Paul Hammer führt Cheever einen Charakter ein, den man nicht in der Vorstadt bzw. im Vorstadtroman erwarten würde und dessen zerrüttete Biographie und Disposition weit über das hinausgeht, was man üblicherweise hinter weiß gestrichenen Gartenzäunen erwarten würde.

So erwartbar und typisch der Roman startet, so überraschend sind dann die Wendungen, die er nimmt. Allen, die Bullet Park noch lesen wollen, rate ich entschieden davon ab, zu viele Besprechungen oder Zusammenfassungen zu lesen. Zu viele davon verraten das Ende und dann macht der Roman, fürchte ich, noch höchstens halb so viel Spaß.

Gelesen habe ich das Buch übrigens auf Empfehlung von Timo, der in den Kommentaren zu meiner Revolutionary Road-Besprechung darauf hingewiesen hat. Ich danke!


John Cheever: Bullet Park. Vintage 2010. 245 Seiten, ca € 11,-. Erstausgabe Jonathan Cape 1969. In deutscher Neuübersetzung von Thomas Gunkel lieferbar unter dem Titel Die Lichter von Bullet Park bei DuMont.

Das Zitat stammt von S. 12

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