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Ich bin Literaturkritiker für u.a. ZEIT Online und Spiegel Online, und spreche/schreibe immer wieder über diese Arbeit, z.B.
- 2014 am Literarischen Zentrum Göttingen
- 2017 bei Deutschlandfunk Kultur (über Plattformen wie Goodreads)
- 2017 im Orbanism Space der Frankfurter Buchmesse (Text: FAZ)
- hier im Blog (Link: schlechte Bücher?)
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Ich mag lange, detaillierte Texte voller Links, Querverweise, Nebenaspekte.
Doch ich finde es – besonders online und auf Facebook/Twitter – oft wichtig, auf einer Fünf-Sterne-Skala schnell aufzeigen zu können, wie ich ein Buch bewerte.
Meine Kriterien, im Sternchen-Raster von u.a. Amazon und Goodreads?
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Das Buch_macht ein oder mehrere Dinge SO klug anders oder SO viel besser als andere Titel, dass ich denke: „Wow. Meisterhaft.“
Ich_werde es nie vergessen und/oder genoss die Lektüre sehr. Oder denke „Was für eine interessante Zumutung!“, „Was für ein unerhörter Gedanke!“, „Was für eine bizarre, markante Stimme!“
Das Gros der Leser*innen_wird, hoffe ich, „gelungen!“ denken oder mindestens „interessant!“
5 von 5 Sternen. ca. 10 Prozent der Bücher, die ich lese.
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Das Buch_schafft das, was es sich vornahm: eine runde Sache ohne frappante Probleme… oder mit so viel Charme, Klugheit, Eigensinn, dass selbst solche Probleme aufgewogen werden.
Ich_hatte Spaß beim Lesen, bereue die Lektüre nicht, sage laut und guten Gewissens: „ein gutes Buch!“
Leser*innen_, die Genre, Tonfall oder Thema grundsätzlich mögen, kriegen hier eine kompetente und/oder interessante Lektüre.
4 von 5 Sternen. ca. 30 Prozent der Bücher, die ich lese.
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Das Buch_macht viel richtig, doch Entscheidendes falsch: Irgendwo knirscht es. So grundsätzlich oder so häufig, dass ich als Lektor gern eingeschritten wäre.
Ich_las das Buch oft mit Gewinn, doch hätte in der Zeit trotzdem VIEL lieber ein Besseres, Klügeres, Originelleres, Mutigeres, Dichteres oder wenigstens Kompetent-routinierteres gelesen. Ich ärgere mich, dass ich das Buch auswählte. Ein Titel, bei dem ich nicht pauschal „ein SCHLECHTES Buch“ sagen würde. Doch mindestens: „Autor*in? SO wird das nichts mit uns, auf lange Sicht.“
Leser*innen_, die das Buch in einer Buchhandlung sehen, würde ich gern meine Einwände und Probleme nennen, und bei Facebook drücke ich, sobald das Buch auftaucht, auf keinen Fall „gefällt mir“. Ich verbringe viel Zeit, darüber zu reden, wo das Buch für mich hakt und warum ich es allerhöchstens GANZ konkreten Einzelpersonen, Liebhaber*innen, Fans, Nischenpublikum empfehlen kann.
3 von 5 Sternen. ca. 40 Prozent der Bücher, die ich lese.
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Das Buch_ist schlecht. Vielleicht nur wurstig oder banal – und nicht jedes Mal denke ich „Von dieser Autorin will ich nichts mehr lesen“ oder „Der Autor ist nicht klug oder hat den Job verfehlt!“ Doch dass Verlage das Buch in dieser Form druckten und vermarkten, enttäuscht mich: Ich verliere ein Stück Respekt vor allen Beteiligten.
Ich_warne vor dem Buch, hatte beim Lesen schlechte Laune, war wütend, hämisch, enttäuscht oder genervt, und tue alles, damit niemand dieses Buch kauft, liest, empfiehlt.
Leser*innen_, die das Buch lesen, zweifeln danach, ob Bücher „etwas für sie sind“ oder verlassen sich das nächste Mal auf Netflix statt auf die Buchhandlung.
2 von 5 Sternen. ca. 15 Prozent der Bücher, die ich lese.
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Das Buch_ist böse, oder SO schlecht, dass ich mir keine erwachsenen Menschen vorstellen kann, die es tatsächlich mögen. Ich weiß nicht, wie der/die Schreibende denken konnte „So ist es gut!“
Ich_benutze das Buch, um grundsätzlich aufzuzeigen, wo Bücher scheitern können, und denke oft noch 15 Jahre später fassungslos an die Lektüre. Manchmal amüsiert („Was war da nur los?“), meist aber wütend („Dieser Mensch, manchmal auch dieser Verlag haben KEINE weitere Stunde meiner Lebenszeit verdient. Wir sind fertig.“)
Leser*innen_die das Buch lesen, fanden es bestenfalls mittelmäßig. Wer es ehrlich mag oder empfiehlt, ist mir so suspekt, dass ich daran zweifle, dass wir uns je wieder Buchtipps geben sollten.
1 von 5 Sternen. ca. 5 Prozent der Bücher, die ich lese.
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ein Grundsatzproblem bei Goodreads:
Die Idee, dass 2 Sterne für „it was okay“ stehen.
Die Plattform will beim Sterne-Vergeben helfen, indem jedem Stern eine Phrase zugeschrieben wird. „I did not like it“ (1), „It was okay“ (2), „I liked it“ (3), „I really liked it“ (4), „It was amazing“ (5 Sterne). Meine eigene Skala: „unfähig oder böse: Ich wünschte, niemand läse dieses Buch“ (1), „misslungen: Ich rate ab“ (2), „nicht misslungen – doch mit größeren Problemen/Schwächen“ (3), „gern gelesen, viele Stärken“ (4), „umwerfend, besonders, aufregend!“ (5 Sterne).
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Würde ich in Sternen bewerten wäre meine Skala wohl auch anders als deine. 😉
sag gern, wie. das interessiert mich!
Für mich sind fünf Sterne wirklich ganz ausgezeichnete Bücher. Davon hab ich im Jahr vielleicht drei oder vier.
Vier Sterne sind schöne Bücher mit wirklich außergewöhnlichen Wendungen.
Die Vielzahl der Bücher wären bei mir drei Sterne. Einfach ein nettes Buch, das mich gut unterhalten hat, über das ich jetzt aber nicht ewig nachdenken werde.
Weil das aber sie individuell ist habe ich die Sternebewertung komplett gelassen und versuche mich recht knapp zu halten und einfach zu sagen, warum ich dieses Buch empfehle oder warum nicht. (Meistens fällt das länger aus. 😉)
In der Buchhandlung hab ich so oft Kunden, die sich Bücher wegen fünf Sterne Bewertungen bei Amazon kaufen wollen, aber wenn man ins Gespräch kommt wird ganz schnell klar, daß das Buch absolut nicht das richtige für den jeweiligen Kunden ist. Besonders bei Sachbüchern kommt das oft vor.
Und ich habe neulich auch einen Beitrag von einer anderen Bloggerin gelesen, die meinte, daß sich manchmal Autoren bei ihr beschweren, wenn sie keine fünf Sterne gibt.