Autor: stefanmesch

Writer. Book Critic. Journalist.

10 Gründe für – und gegen! – Goodreads

beim Literaturfestival Sprachsalz, Mai 2016. Foto: Denis Mörgenthaler

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Am 21. Juni bin ich Studiogast bei Deutschlandfunk Kultur – und erkläre, wie ich auf Leseplattformen neue und vergessene Bücher finde.

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Mir hilft „Social Cataloging“: Websites, auf denen ich eingebe, was ich las, sah, hörte… oder bald lesen, sehen, hören will.

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Mein Essay „Futter für die Bestie: 528 Wege zum nächsten guten Buch“ (BELLA triste, Link hier) gewann 2012 den Friedrich-Oppenberg-Förderpreis der Stiftung Lesen.  Auf ZEIT Online schrieb ich über Goodreads, zuletzt 2013 (Link). Im Techniktagebuch: ein kurzer Text übers Liken und Herzchen-Vergeben in solchen Netzwerken.

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Als Literaturkritiker ist Goodreads mein wichtigstes Werkzeug.

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zehn Gründe für  – und gegen – die Plattform:

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10. Mein Leben als Leser – öffentlich sichtbar?

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Ich fand Goodreads im Juni 2008; bei einem Praktikum im Lektorat von Klett-Cotta: Ich las aktuelle britische und US-Titel und prüfte, ob sie in den Verlag passen. Oft war Goodreads die einzige Site, auf der über diese Bücher klug gesprochen wurde:kurze Kritiken – und der User-Score zwischen einem und fünf Sternen.

Knapp eine Woche überlegte ich: Was habe ich bisher gelesen? Will ich meine Lektüren mit Sternen bewerten? Ich legte ein Profil – und damit: eine öffentliche „Bibliothek“ – an, ich verschlagwortete Bücher als „Deutsch, modern“, „Deutsch, Klassiker“, „international modern“, „international Klassiker“, „Genre oder Sachbuch“, „Graphic Novel“ und fand ca. 2000 Lektüren, an die ich mich erinnern konnte, in der Datenbank: meine Lese-Biografie, öffentlich im Netz.

Ich bin froh, dass ich das 2008 tat: mit 25. Viele Details hätte ich mittlerweile vergessen.

  • Entscheidet, wer eure Buchsammlung sehen sollte. Alle? Nur Goodreads-Freund*innen?
  • Entscheidet, ob ihr knapp zeigen wollt, was ihr aktuell lest… oder eure komplette Lesebiografie einpflegt.
  • Entscheidet, wie ihr Bücher auf ein oder mehrere virtuelle „Regale“ sortiert: „abgebrochen“? „will ich lesen“? „Lieblingsbuch“? etc.

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ein Problem: Vieles fand ich mit 8, 12, 15 umwerfend. Soll das gleichberechtigt neben aktuellen Büchern stehen? Vergebe ich 5 Sterne, weil das GUT war? Oder nur, weil es mich damals glücklich machte?

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09. Meinung – auf eine Zahl von 1 bis 5 reduziert:

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Freund*innen sind oft verwirrt und müde, wenn ich sie bitte, komplexe Meinungen zu einem Buch auf eine Skala von 1 bis 5 zu reduzieren. Doch das ist Übungssache – und macht oft Spaß. Meine Vermutung: Wer online über Bücher ins Gespräch kommen will, sucht im Jahr 2017 gar keine Leseplattformen mehr – sondern kennt fast alle. Je nach Interesse, Zeit, Stimmung, Zielgruppe, Charakter kann ich…

  • Blogs führen (und meine Rezensionen auf Amazon, Goodreads, Lovelybooks etc. kopieren).
  • Lektüren für Instagram fotografieren, Hashtags vergeben, in Hashtags wie „Essay“ Neues entdecken.
  • Amazon-Wunschzettel anlegen.
  • auf Plattformen wie Literaturschock, Lovelybooks in „Leserunden“ gemeinsam mit Fans & Autoren über ein Buch diskutieren.
  • auf Facebook, Twitter, Tumblr Diskussionen eröffnen, mit Freunden oder Fremden.

Bücher auf einer 5-Sterne-Skala zu werten… das ersetzt keine Literaturkritik oder Dialog. Doch es hilft, sich Vorlieben bewusst zu machen. Lese ich zu viele 3-/2-Sterne-Titel in Folge, denke ich z.B. schnell, Lesen per se mache mir gerade keinen Spaß mehr. Goodreads macht die eigenen Gewohnheiten, Ansprüche, Mechanismen sichtbar(er).

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ein Problem: Goodreads will helfen, indem jedem Stern eine Phrase zugeschrieben wird. „I did not like it“ (1), „It was okay“ (2), „I liked it“ (3), „I really liked it“ (4), „It was amazing“ (5 Sterne). Meine eigene Skala: „unfähig oder böse: Ich wünschte, niemand läse dieses Buch“ (1), „misslungen: Ich rate ab“ (2), „nicht misslungen – doch mit größeren Problemen/Schwächen“ (3), „gern gelesen, viele Stärken“ (4), „umwerfend, besonders, aufregend!“ (5 Sterne).

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08. der User-Score: 401 Abstufungen

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Fünf Sterne? Das klingt undifferenziert. Doch zu jedem Buch wird der Durchschnittswert öffentlich gezeigt, bis zur zweiten Kommastelle. Nur die schlechtesten oder umstrittensten Bücher haben einen Score unter 3.00 („Feuchtgebiete“: 2.80, „Deutschland schafft sich ab“: 3.35), und nur Bücher mit besonders euphorischen Fans (z.B. Kinder und Jugendliche) kommen über 4.5 („Harry Potter“, Band 1: 4.44).

Lovelybooks, der deutschsprachige Konkurrent zu Goodreads, zeigt den Score nur als Grafik: Fast jedes Buch hat rund 4 Sterne. Damit ist die Plattform für mich nutzlos – denn ich brauche die genaue Zahl. Und etwas Erfahrung, wie ich sie lesen/verstehen kann:

  • Romane: ab 3.75 lesenswert; ab 4.00 auffällig beliebt
  • Superheldencomics: ab 3.75 lesenswert; ab 4.00 auffällig beliebt
  • Fantasy und Science Fiction: erst ab 4.00 einen Blick wert, oft seltsame Hypes
  • Jugendbücher: ab 3.90 einen Blick wert; ab 4.20 oft krasser Mainstream/Romance.
  • Theaterstücke, Essays, Kurzgeschichtensammlungen: ab 3.90 einen Blick wert

Schullektüren werden schlechter bewertet – weil viele sie unfreiwillig lesen, und sich darüber ärgern. Bildbände haben hohe Wertungen: Weil viele Geld ausgeben? Stolz sind? Sich den Kauf schön reden? Je schwerer, trockener, anspruchsvoller, desto höher der Score: Vielleicht sind die meisten Leser*innen stolz, sich durch ein Buch gekämpft zu haben. Wichtig: Je größer das Fandom, die Nische, je leidenschaftlicher die Subkultur – desto größer die Hype-Gefahr; Bücher von/für Mormonen sowie Liebes-Groschenromane und Erotik haben oft unkritisch hohe Wertungen. Bücher aus den Niederlanden werden dagegen meist absurd schlecht bewertet: Das niederländische Heimatpublikum fühlt sich von ihren Literat*innen genervter als wir Deutschen von unseren.

ein Problem: Der „Ikea“-Effekt zeigt: Wer viel Arbeit investiert, ist stolzer als jemand, der es leichter hat. Vielleicht werden deshalb zähe, mühsame, trockene Bücher oft höher bewertet. Je mehr man denken, mitarbeiten, die Zähne zusammenbeißen muss, desto höher oft der Score. Eine gute Nachricht, eigentlich: Ein breites Publikum bereut die meisten „schwierigen“ Lektüren nicht. Im Gegenteil!

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07. Anlesen, bald lesen, für später merken:

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Bücher können als „gelesen“, „lese ich gerade“, „will ich lesen“ markiert werden. Meine Routine, seit Jahren: Sobald jemand ein Buch erwähnt oder empfiehlt, öffne ich Goodreads, markiere es. Gibt es eine deutsche oder englische Leseprobe, lese ich rein. Ich entscheide, ob ich das Buch interessant finde, selbst lesen würde. Um dieses Anlesen und Bald-Lesen zu organisieren, habe ich einen Zweit-Account:

  • Bei 6.600 Büchern suche ich eine Leseprobe, warte auf die Übersetzung oder die Buchpremiere.
  • 13.000 Bücher wurden von mir angelesen
  • 2.7000 Bücher von mir als „angelesen und gemocht“ markiert: Ich lege sie auf meine Amazon-/Medimops-/Rebuy-Wunschzettel, blogge über sie, habe sie oft billig gebraucht gekauft und noch ungelesen im Regal stehen.
  • Hier, im Zweit-Account, nutze ich präzisere Verschlagwortungen und sortiere auf mehr Regale: „zweiter Weltkrieg“, „Bücher mit Illustrationen“, „Bücher für Neun- bis Vierzehnjährige“, „in Deutschland erschienen, doch gerade nicht im Buchhandel erhältlich“ etc.
  • Sucht jemand Bücher für Teenager, die von Essen handeln, internationale Comics, die in Japan spielen etc., kann ich in zehn Minuten erste Listen erstellen.
  • Ich bin oft stundenlang in Bibliotheken, Buchhandlungen, Antiquariaten oder vor Regalen von Freund*innen. Ich blättere durch Bücher und markiere, was mich packt/interessiert – und was mich kalt lässt.

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ein Problem: Um schnell zu sehen, welchen Eindruck solche angelesen Bücher auf mich machten, gebe ich den vielversprechenden 4 Sterne, den abstoßenden 2, und allem, das ich nicht unbedingt lesen will, 3. Weil alle Sterne öffentlich sind, beeinflusse ich damit Scores – ohne, das Buch zu Ende gelesen zu haben. Verboten ist das nicht. Doch besonders bei aktuellen deutschen Titeln, die noch kaum bewertet wurden, gebe ich manchmal keine Wertung ab: Statt – anonym, und ohne, komplett gelesen zu haben – durch eine 2-Sterne-Wertung Menschen Lust aufs Buch zu nehmen.

ein größeres Problem: Bei Amazon-Kritiken werden Rezensionen von Menschen, die das Produkt nachweislich bestellten, bevorzugt. Bei Goodreads aber kann man durch Kampagnen und anonyme Sockpuppet-Accounts Scores leicht ändern. Deshalb nehme ich Scores erst ab ca. 30, 40 Einzelwertungen ernst. Viele deutschsprachige Titel aus kleinen Verlagen haben aber nur sechs, sieben Stimmen: Ihre Scores werden nie repräsentativ.

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06. „Lesezwillinge“, Vertrauenspersonen:

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Unter jedem Goodreads-Profil: die Option „Compare Books“. Eine Extra-Seite zeigt alle Titel, die man gemeinsam hat – und stellt die Wertungen gegeneinander. Eine Funktion, die ich auch gern bei Kritiker*innen hätte, die im Feuilleton rezensieren; denn sie lässt überraschend tief blicken: Ich werte Haruki Murakami und viele feministische Memoirs überdurchschnittlich hoch. Meine 3 Sterne für „Tschick“ und „Der Fänger im Roggen“ fallen aus dem Rahmen. Viele Deutsche geben Christian Kracht und Bret Easton Ellis einen Stern – oder fünf.

  • Die Rezensionen unter jedem Buch sind nach Beliebtheit sortiert: Unter den ersten fünf sind oft schon ein, zwei interessante Stimmen.
  • Ich sehe oft nach, wer meine Lieblings- oder Hass-Bücher ähnlich euphorisch oder negativ wertete wie ich.
  • Öffne ich die Profile, klicke ich auf „Compare Books“ und sehe nach, ob ich die Wertungen plausibel/hilfreich finde.
  • Lovelybooks wurde als Bestseller- und Unterhaltungs-Plattform vermarktet. Goodreads lockt auch Expert*innen, Akademiker*innen, Nerds: Ich folge Menschen, die z.B. italienische Hochliteratur lieben, Rrriot Girls oder Mangas mit Schwulen und Lesben.

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ein Problem: In David Lodges „Changing Places“ gibt ein Literaturprofessor auf einer Party zu, nie „Hamlet“ gelesen zu haben – mit Folgen für seine Karriere. Ich fragte einen Germanisten-Freund, ob er zu Goodreads will. Er zierte sich lange: „Zeige ich, welche Bücher ich las, dann zeige ich damit auch, welche Bücher ich NICHT las. Ein peinlicher Offenbarungseid!“ Jeder sieht, dass ich „Krieg und Frieden“ nie las, „Die Blechtrommel“ abbrach, nichts von Heinrich Böll kenne.

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05. Rankings und Listen.

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Spotify kennt meinen Musikgeschmack gut genug, um mir zweimal pro Woche („Mix der Woche“, „Release Radar“) je 30 Songs vorzuschlagen – von denen viele gut passen. Auch Netflix hat eine beliebte „Recommendation Engine“. Die Empfehlungen bei Goodreads sind flau: Sobald ich deutsche Bücher bewerte, greift das System auf deutsche Bücher zurück – von denen die meisten in den USA erschienen. Weil dort noch immer Bücher über den zweiten Weltkrieg gefragt sind, heißt das: Statt Gegenwartsliteratur empfiehlt mir Goodreads – seit die persönlichen Empfehlungen eingeführt wurden (2011) – fast NUR Holocaust-Memoirs.

Unpersönlich dagegen – doch spezifisch und hilfreich: „Listopia“. Der Bereich, in dem jede*r öffentliche Listen erstellen und Titel auf bestehenden Listen nach oben voten oder neu einfügen kann.

Wer promoviert, an einem längeren Text arbeitet oder eine Nische erforschen will: Erstellt eine Liste – und schaut, ob sie wächst!

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ein Problem: Auf den ersten Blick wirkt Goodreads zu US-fixiert. Es hilft, Listen auf Deutsch anzulegen – sonst werden sie bald von englischsprachigen Vorschlägen, Favoriten dominiert.

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04. In Deutschland: lieber Lovelybooks?

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Vorgestern las ich die Verlags-Programmvorschauen für Herbst 2017: Immer wieder wurde versprochen, dass der Verlag Geld an Lovelybooks zahlt, um als dort Werbung für den neuen (meist: Unterhaltungs- oder Liebesroman) Verlosungen und -Leserunden einzurichten. Als PR-Plattform scheint Lovelybooks immer wichtiger zu werden. Auf Goodreads dagegen pflegen Verlage oft nicht einmal das deutsche Cover, den deutschen Klappentext ein (…bis Fans/deutsche User*innen das übernehmen).

Goodreads wird „deutscher“/“deutschsprachiger“, indem man…

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ein Problem: Der US-Markt sowie US-Klassiker werden durch viele, recht diverse US-Leser*innen in aller Vielfalt abgebildet – auch die Hochliteratur und akademische Diskurse. Ich finde dauernd rezensierende US-Bibiothekar*innen, Pädagog*innen. Mit etwas Mühe kann ich (immerhin) auch nach philippinischen, rumänischen, portugiesischen Bestsellern suchen. Doch die Vielfalt deutscher Verlage zeigt sich leider immer noch eher, indem man erst eine Stunde im „Perlentaucher“/Feuilleton liest, dann eine Stunde im Bahnhofsbuchhandel blättert.

„I already know how people like me, people who read books professionally and with a particular set of aesthetic values, respond to a text. I go to reader reviews to see how the other half reads“ …begründet Literaturkritikerin Laura Miller – recht klassistisch / von oben herab – warum sie sich freut, dass Laienkritik, Fan-Meinungen und die Stimmen der Menschen, die meist nur zum Vergnügen lesen, durch Plattformen wie Goodreads sichtbarer werden.

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03. …und meine Daten?

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2013 wurde Goodreads von Amazon gekauft.

Auf Goodreads selbst änderte sich nichts: Ein Button namens Get a Copy leitet mich (schon seit zehn Jahren) an einen Online-Bookstore meiner Wahl; ich selbst stellte dort „Amazon.de“ ein – nicht, um die Bücher dort zu kaufen, sondern, weil sich dann mit ein, zwei Klicks gleich eine Online-Leseprobe öffnet.

Die Übernahme ist problematisch, weil…

  • Amazon auf Goodreads noch schneller sehen kann, welche Bücher einen Hype/Sog entwickeln – besonders auch bei Fans und gebildeteren Käufer*innen.
  • Buch-Scores leicht zu manipulieren sind.
  • Bücher via Newsletter, Anzeigen etc. auf der Seite beworben (oder unsichtbarer gemacht) werden können.
  • Kindle-Daten dem Konzern zeigen, WIE wir lesen, wo wir abbrechen und pausieren…
  • …und Goodreads-Daten jetzt zusätzlich genau zeigen, was wir lesen WOLLEN.

Als User sind Goodreads und Amazon für mich nicht vergleichbar: Auf Goodreads kann ich Bücher markieren, sortieren, sichtbar machen oder wegklicken, in einer Optionen-Fülle, die mir Online-Stores oder Datenbanken nie gaben. Mir kommt das vor, als könne ich mit Leuchtstiften, Stickern, Handwagen etc. durch eine Buchhandlung laufen – und alles wegwerfen, umsortieren, anstreichen, nach meinen Vorstellungen stapeln. Die Amazon-Website gibt mir kaum Optionen, mich als Leser zu organisieren: Hier geht es um Angebote, Überflutung, Werbung, Kaufanreize. Goodreads dagegen ist – bislang – weiterhin ein Ort, an dem ICH entscheiden kann, was ich mir speichere und sichtbar halte.

Trotzdem glaube ich, dass Amazon durch die Goodreads-Daten noch aggressiver planen kann. (Gut, immerhin: Dass die meisten dieser Daten auf Goodreads offen sind und ich selbst – z.B. als Journalist – von außen ebenfalls viele Schlüsse aus all den Scores und Rankings etc. ziehen kann: Die Seite hat mir VIEL mehr gegeben und gezeigt, als ich bisher, durch meine Daten, dort „einzahlte“.)

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02. Abseitiges, Serien, Direktvergleiche:

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„Was macht gute Literatur aus?“, „Was macht Buch X besser als Y?“, das sind Irrsinns-Fragen: Sie müssen immer neu gestellt, verhandelt werden – und Goodreads hat auf sie keine besonders klugen oder neuen Antworten. Eine Frage aber, die die Plattform HERVORRAGEND beantwortet: „Welche Bücher lasen Menschen gern – und: lieber als andere?“

Ich bin besonders oft bei Goodreads, wenn ich mich nicht über EIN konkretes Buch informieren oder austauschen will – sondern frage:

Ich liebe die Website GraphTV: Sie zeigt, wie IMDB-User*innen alle Episoden von Serien bewerten – und liefert damit klare Tendenzen: Welche Serien laufen sich tot? Wo lohnt sich erst die zweite Staffel? Was wird besser und besser? [Beispiele: „The Americans“, „Friends“, „Game of Thrones“, „The Walking Dead“).

Goodreads ist kein Werkzeug, das mir objektiv zeigen kann: Die folgenden Bücher sind gut.

Doch Goodreads kann mir überraschend präzise Tendenzen, Entwicklungen, Abstufungen zeigen.

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ein Problem, das ich oft fürchte, aber nicht besätigen kann: „Unbequeme“ Bücher, Zumutungen, Herausforderungen, Irritationen, Kurswechsel, Experimente – werden sie auf Goodreads abgestraft? Werden nur Wohlfühl-Titel hoch bewertet oder Autor*innen gelobt, die keine Wagnisse eingehen, nur eine feste Formel bedienen? Nein. Die Scores zeigen: Auch das aller-breiteste Publikum ist VIEL kritischer, experimentierfreudiger meist.

schade aber: Wer Band 1 einer Serie, Reihe nicht mag, steigt aus. Wer Band 17 liest, liebt die Reihe meist. Deshalb haben Reihen oft immer höhere Wertungen – vielleicht auch solche, die den Hype nicht verdienen?

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01. nie wieder die Angst: „Nichts macht mir Spaß!“

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Wenn ich krank bin, müde, deprimiert, frage ich nicht mehr: Was soll ich lesen, sehen, hören? Die vielen Watch- und to-Read-Lists helfen mir, Titel präsent zu halten, auf die ich mich freue. Ich öffne Goodreads in Antiquariaten, Bibliotheken, als Wunschzettel, Merk- und Einkaufsliste. Ich war nie suizidal – doch ein Blick auf die Listen macht mir wie NICHTS ANDERES klar, wie viel ich noch nicht kenne… und unbedingt kennen will. Kultur, auf die ich mich freue. Geschichten, Figuren, Stimmen, für die ich mir Zeit nehmen will.

Mein Leben fühlt sich weiter, offener an – seit ich solche Listen pflege. #Vorfreude!

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ein Problem: Für mich ist das Routine:

  • Bücher im Gespräch mit Freund*innen, im Feuilleton oder in Buchläden entdecken.
  • Sie auf Goodreads finden, Kritiken und den Score nachlesen.
  • Die Leseprobe anlesen.
  • …und DANN entscheiden: Will ich das kaufen und komplett lesen?

Viele Freund*innen brauchen das nicht: Sie lassen sich Bücher leihen oder schenken, kaufen nach Cover und Gefühl, sparen sich langes Überlegen. Ich bin Literaturkritiker: Mir ist wichtig, dass ich in alle bekannteren Bücher wenigstens kurze Blicke warf, mir einen ersten Überblick verschaffte, nicht zu viel Zeit mit Dutzendware verbringe. Doch ich verstehe alle, die sagen: „Eine Datenbank pflegen – über die eigenen Lese-Absichten? Wozu?“

Ich verbringe gut vier Tage im Monat, Bücher zu finden, zu sortieren, anzulesen, Redakteur*innen vorzuschlagen, in Listen zu bloggen.

Ich verbringe oft weniger als vier Tage im Monat damit, Bücher zu lesen.

Für mich passt diese Balance meist. Passt sie für euch? Dann: Goodreads, gern.

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Romane 2017: Die besten neuen Bücher – Herbst, Frankfurter Buchmesse & Weihnachten

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angelesen, vorgemerkt, entdeckt: meine Vorauswahl der literarischen Neuerscheinungen in der zweiten Jahreshälfte 2017 – neue Bücher für die Zeit zwischen Spätsommer, Frankfurter Buchmesse und Weihnachten.

Jeden Winter suche ich Romane / Neuerscheinungen und mache eine erste Liste für die Bücher des Jahres:

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Hier meine Auswahl für Herbst und Winter 2017.

Die Klappentexte/Buchbeschreibungen wurden von mir gekürzt.

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angelesen und gemocht:

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neue Bücher 2017 Colson Whitehead, Mariana Leky, Geoffrey Household.png

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Colson Whitehead: „Underground Railroad“ (Hanser, 21.8. – Deutsch von Nikolaus Stingl) „Cora ist eine von unzähligen Schwarzen, die auf den Baumwollplantagen Georgias schlimmer als Tiere behandelt werden. Da hört sie von der Underground Railroad, einem geheimen Fluchtnetzwerk. Über eine Falltür beginnt eine atemberaubende Reise, auf der sie Leichendieben, Kopfgeldjägern, obskuren Ärzten, aber auch heldenhaften Bahnhofswärtern begegnet. Jeder Staat, den sie durchquert, hat andere Gesetze, andere Gefahren. Wartet am Ende wirklich die Freiheit?“

Mariana Leky: „Was man von hier aus sehen kann“ (Dumont, 18.7.) „Selma, eine alte Westerwälderin, kann den Tod voraussehen. Immer, wenn ihr im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Unklar ist allerdings, wen es treffen wird. Das Porträt eines Dorfes, in dem alles auf wundersame Weise zusammenhängt.“

Geoffrey Household: „Einzelgänger, männlich“ (Kein & Aber, 5.9. – Deutsch von Michel Bodmer) „Europa Anfang der Dreißigerjahre: Ein Jäger schleicht sich auf das Anwesen eines gefürchteten Diktators, legt an und zielt. Ein unvorstellbar spannender Thriller, geschrieben aus der Sicht des Verfolgten.“ [Klassiker von 1939]

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neue Bücher 2017 Gael Faye, Betty Smith, Tom Drury

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Gael Faye: „Kleines Land“ (Piper, 2.10. – Deutsch von Brigitte Große, Andrea Alvermann) „Als Kind pflückte Gabriel in Burundi mit seinen Freunden Mangos von den Bäumen. Heute lebt er in einem Vorort von Paris. Dorthin floh er, als der Bürgerkrieg das Paradies seiner Kindheit zerstörte. Doch er muss noch einmal zurück.“

Betty Smith: „Ein Baum wächst in Brooklyn“ (Suhrkamp/Insel, 23.10. – Deutsch von Eike Schönfeld) „Die elfjährige Francie Nolan ist eine unbändige Leserin – und möchte Schriftstellerin werden. Ein Traum, der im bunten, ruppigen Williamsburg von 1912 kaum zu erfüllen ist. Hier brummen die Mietshäuser vor all den Zugewanderten.“ [Klassiker von 1944.]

Tom Drury: „Grouse County“ (Sammelband einer Romantrilogie, ich las und mochte „Die Traumjäger“; 5.8. – Deutsch von Gerhard Falkner, Nora Matocza) „Irgendwo im Mittleren Westen: Das Leben der Menschen zerbröckelt langsam, alle jagen unrealistischen Träumen nach – und sind Dorn im Auge des örtlichen Sheriffs, Dan Norman, der die Harmonie in seinem County wahren will. Die jüngere Generation sieht dagegen nur einen Ausweg, dem ländlichen Mief zu entkommen: nie mehr zurückkehren. Der Band enthählt die drei Romane »Das Ende des Vandalismus«, »Die Traumjäger « und den bisher auf Deutsch unveröffentlichten Roman »Pazifik«.“

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neue Bücher 2017 Tim Winton, Margaret Atwood, Elena Lappin

Tim Winton: „Inselleben. Mein Australien“ (Luchterhand, 24.7. – Deutsch von Klaus Berr) [Ich glaube, das ist der schwülstigste, unfreiwillig komischste Klappentext, den ich dieses Jahr las. Winton selbst schreibt zum Glück nicht halb so… pfaffenhaft.]

Margaret Atwood: „Aus Neugier und Leidenschaft. Gesammelte Essays [bis 2005]“ (Berlin Verlag, 13.10. – Deutsch von Christiane Buchner, Claudia Max, Ina Pfitzner) “ Rezensionen zu John Updike und Toni Morrison; ein Afghanistan-Reisebericht, der zur Grundlage für den ‚Report der Magd‘ wurde, leidenschaftliche Schriften zu ökologischen Themen, Nachrufe auf einige ihrer großen Freunde und Autorenkollegen…“

Elena Lappin: „In welcher Sprache träume ich?“ (Kiepenheuer & Witsch, 7.9. – Deutsch von Hans Christian Oeser) „Hineingeboren ins Russische, verpflanzt erst ins Tschechische, dann ins Deutsche, eingeführt ins Hebräische und schließlich adoptiert vom Englischen – jede Sprache markiert einen neuen Lebensabschnitt in der Familiengeschichte Elena Lappins: Fragen nach Heimat, Identität, Judentum und Sprache. Sensibel geht sie den Erzählungen, Lebenslügen und Geheimnissen der Eltern und Großeltern nach und schildert, was es heißt, mit gleich mehrfach gekappten Wurzeln zu leben und auch nach dem Verlust einer Muttersprache schreiben zu wollen.“

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neue Bücher 2017 Benjamin Alire Saenz, Guy Gavriel Kay, James Corey

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Benjamin Alire Saenz: „Die unerklärliche Logik meines Lebens“ (Jugendbuch, Hanser bei Thienemann, 19.8. – Deutsch von Uwe-Michael Gutzschhahn) „Sich gegenseitig auffangen – das haben Sal und seine beste Freundin Samantha bisher immer geschafft. Doch gelingt das auch, wenn alles droht, auseinanderzubrechen? Das letzte Schuljahr stellt ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Sam gerät an einen miesen Typen, während Sal verzweifelt versucht, nicht zu einem zu werden.“

Guy Gavriel Kay: „Am Fluss der Sterne“ (Fantasy, spielt 400 Jahre nach „Im Schatten des Himmels“, Fischer TOR, 26.10. – Deutsch von Ulrike Brauns) „Einst galt Xi’an als schönste Stadt der zivilisierten Welt, der Kaiserhof als Hort des Luxus und der Kultur. Doch seit Kitai in weiten Teilen an die Barbaren aus dem Norden gefallen ist, herrscht Angst auf den Straßen, und das Heulen der Wölfe hallt durch verfallene Gemäuer.“

James Corey: „Babylons Asche“ (Science Fiction, Band 6 der „The Expanse“-Reihe, Heyne, 13.6. – Deutsch von Jürgen Langowski) „Die Menschheit hat das Sonnensystem kolonisiert. Auf dem Mond, dem Mars, im Asteroidengürtel und noch darüber hinaus gibt es Stationen und werden Rohstoffe abgebaut. Doch die Sterne sind den Menschen bisher verwehrt geblieben. Als der Kapitän eines kleinen Minenschiffs ein havariertes Schiff aufbringt, ahnt er nicht, welch gefährliches Geheimnis er in Händen hält – ein Geheimnis, das die Zukunft der ganzen menschlichen Zivilisation für immer verändern wird.“

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deutschsprachige Literatur:

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Jana Hensel: „Keinland. Ein Liebesroman“ (Wallstein, 31.7.) „Jana Hensel lotet in kunstvollen Zeitsprüngen und Erinnerungen an Tage in Berlin und Nächte in Tel Aviv, an tiefe Innigkeit und immer wieder scheiternde Gespräche die Grenzen zwischen zwei Liebenden aus. Martin, der als Jude in Frankfurt am Main aufgewachsen ist, Deutschland aber nach der Wiedervereinigung verlassen hat und nach Tel Aviv gezogen ist, und Journalistin Nadja.“

Theresia Enzensberger: „Blaupause“ (Hanser, 24.7.) „Luise Schilling ist jung, wissbegierig und voller Zukunft. Anfang der brodelnden zwanziger Jahre kommt sie an das Weimarer Bauhaus, studiert bei Professoren wie Gropius oder Kandinsky und wirft sich hinein in die Träume und Ideen ihrer Epoche. Zwischen Technik und Kunst, Populismus und Avantgarde, den Utopien einer ganzen Gesellschaft und individueller Liebe wird Luise deutlich, dass der Kampf um die große Freiheit vor dem eigenen kleinen Leben nie Halt macht.“

Maren Wurster: „Das Fell“ (Hanser Berlin, 24.7.) „Vic freut sich auf die Reise mit Karl. Doch dann fährt Karl mit seiner Ex-Freundin und der gemeinsamen Tochter an die Ostsee und reagiert nicht auf Vics Nachrichten. Vic steigt aufs Fahrrad und fährt los, immer weiter durch eine Landschaft, die immer fremder wird. Etwas verändert sich in Vic, etwas Unheimliches kommt zum Vorschein.“

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Thomas Lehr: „Schlafende Sonne“ (Hanser, 21.8.) „Der Dokumentarfilmer Rudolf Zacharias will die Vernissage einer früheren Studentin besuchen. Milena zieht in der Ausstellung nicht nur eine künstlerische Lebensbilanz, sondern die ihrer Zeit. Historische Katastrophen stehen neben den privaten Verwicklungen dreier Menschen, die Spuren führen von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs bis ins heutige Berlin. Ein überwältigendes Fresko dieses deutschen Jahrhunderts: tragisch, komisch, grotesk, und immer wieder ganz persönlich und intim.“

Sabrina Janesch: „Die goldene Stadt“ (Rowohlt Berlin, 18.8.) „Peru, 1887. Augusto Berns will die verlorene Stadt der Inka gefunden haben. Wer ist der Mann, der vielleicht El Dorado entdeckte? Erst seit kurzem weiß man, dass Machu Picchu von einem Deutschen entdeckt wurde. Ein Roman, der uns in eine exotische Welt eintauchen lässt [uff] – und zeigt, was es bedeutet, für einen Traum zu leben.“

Klaus Cäsar Zehrer: „Das Genie“ (Diogenes, 23.8.) „Boston, 1910. Der elfjährige William James Sidis wurde von Geburt an mit einem speziellen Lernprogramm trainiert. Doch als er erwachsen wird, bricht er mit seinen Eltern und weigert sich, seine Intelligenz einer Gesellschaft zur Ver­fügung zu stellen, die von Ausbeutung, Profitsucht und Militärgewalt beherrscht wird.“

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Dietmar Dath: „Der Schnitt durch die Sonne“ (S. Fischer, 24.8.) „Sechs Menschen werden zusammengerufen, um zur Sonne zu reisen: eine Schülerin, ein Koch, ein Finanzberater, eine Mathematikerin, ein Gitarrist und eine Pianistin. Sie erfahren, dass es dort eine Zivilisation gibt, die anders ist als alles, was Menschen kennen. Mit neuen Körpern sollen sie drei große Aufgaben bewältigen und geraten dabei zwischen die Fronten eines gewaltigen Konflikts. »Der Schnitt durch die Sonne« steht in der Tradition von H.G. Wells, Stanisław Lem und Arno Schmidt. Ein abenteuerlicher, philosophischer und politischer Roman, der sich den drängenden Fragen unserer Gegenwart stellt.“

Marcus Braun: „Der letzte Buddha“ (Hanser Berlin, 21.8.) „1995 erkannte der Dalai Lama in einem sechsjährigen Jungen den elften Panchen Lama, den zweithöchsten Würdenträger Tibets. Chinas Regierung zog den Jungen aus dem Verkehr und installierte an seiner Stelle den Sohn regimetreuer Kader. Marcus Braun lässt den echten Heiligen zwanzig Jahre später wieder auftauchen – in Los Angeles, als Surfer. Als Jonathan erfährt, wer er in Wahrheit ist, unterzieht er sich einem Lama-Coaching. Als sich der echte und der falsche Panchen Lama gegenüberstehen, geraten alle Gewissheiten ins Wanken. Der neue Roman eines der originellsten deutschsprachigen Autoren.“

Patricia Hempel: „Metrofolklore“ (Klett-Cotta/Tropen, 9.9.) „Mitte 20 muss man unglücklich verliebt sein, damit man in den Dreißigern das Liebesglück noch mehr zu schätzen weiß« – das gilt auch für lesbische Archäologiestudentinnen. Wie aber damit umgehen, wenn die schöne Helene im Universitätsflur auftaucht? Eine solche Frau, ebenso makellos wie heterosexuell, kann man schließlich nicht einfach von der Seite anquatschen. Und wie besänftigt man gleichzeitig die unerwartet heftigen Kinderwünsche der eigenen Partnerin? Im Gewand eines Minneliedes verhandelt dieses unerschrockene Debüt die Grenzen der Liebe und der Lust.“

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Sasha Marianna Salzmann: „Außer sich“ (Suhrkamp, 11.9.) „Sie sind zu zweit, von Anfang an, die Zwillinge Alissa und Anton. In der kleinen Zweizimmerwohnung im Moskau der postsowjetischen Jahre verkrallen sie sich in die Locken des anderen, wenn die Eltern aufeinander losgehen. Später, in der westdeutschen Provinz, streunen sie durch die Flure des Asylheims. Noch später, als Alissa schon ihr Mathematikstudium in Berlin geschmissen hat, weil es sie vom Boxtraining abhält, verschwindet Anton spurlos. Irgendwann kommt eine Postkarte aus Istanbul – ohne Text, ohne Absender.“

Barbara Schibli: „Flechten“ (Dörlemann, 4.9.) „Wer bin ich? Anna ist ein eineiiger Zwilling. Sie ist aus dem bündnerischen Bever nach Zürich gezogen, um Biologie zu studieren. Nun arbeitet sie in der Flechtenforschung, während ihre Schwester Leta sich der Fotografie widmet. Beide betrachten die Welt durch eine Linse: Anna durch das Mikroskop, während Leta seit der Kindheit obsessiv Anna fotografiert. Als Anna nach Treviso zur Eröffnung von Letas Fotoinstallation »Observing the Self« fährt, fühlt sie sich von ihr verraten, missbraucht und ausgelöscht. Denn Leta hat das einzige Zeichen, das sie beide unterscheidet, wegretuschiert.“

Sven Regener: „Wiener Straße“ (Galiani Berlin, 7.9.) „November 1980: Frank Lehmann, neu in einer Wohnung über dem Café Einfall. Österreichische Aktionskünstler, ein ehemaliger Intimfriseurladen, eine Kettensäge, ein Kontaktbereichsbeamter, der Besuch einer Mutter und ein Schwangerschaftssimulator setzen eine Kette von Ereignissen in Gang, die alle ins Verderben reißen. Außer einen! Kreuzberg, Anfang der 80er Jahre – das war ein kreativer Urknall, eine surreale Welt aus Künstlern, Hausbesetzern, Freaks, Punks und Alles-frisch-Berlinern. Jeder kann ein Held sein. Kunst ist das Gebot der Stunde und Kunst kann alles sein. Ein Schmelztiegel der selbsterklärten Widerspenstigen.“

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Christoph Held: „Bewohner“ (Dörlemann, 18.8.) „Das Nichterkennenkönnen des eigenen Zustands gehört zum Erscheinungsbild der Alzheimerkrankheit. Held hat über viele Jahre in Alters- und Pflegeheimen beobachtet: Er erzählt von Bewohnern, die es so nicht gab, doch deren Geschichten alles andere als erfunden sind.“

Dirk van Versendaal: „Nyx“ (Rowohlt, 17.11.) „Ein visionärer dystopischer Thriller, düster wie ein Film von Lars von Trier. Die Nyx, erbaut 2025, ist ein schwimmendes Ungetüm, viereinhalb Kilometer lang. Der Koloss zieht als gigantisches Alters- und Pflegeheim seine Bahnen durch alle Weltmeere – das ist einfach billiger, als die Alten an Land zu versorgen. Als die junge Ärztin Polly Sutter an Bord geht, tut sich aber schon seit längerem Unheimliches. Immer mehr Alte sterben. Die Nyx durchpflügt unbeirrbar die internationalen Gewässer, während an Bord ein Pandämonium ausbricht…“

Christian Bangel: „Oder Florida“ (Piper, 2.10.) „Matthias Freier, 20, sitzt 1998 in seiner Platte und blickt auf Frankfurt (Oder): Ist das der wilde Osten – oder nur eine öde Brache, die sich fest in der Hand von Neonazis befindet?“

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Frankreich – Gastland der Frankfurter Buchmesse 2017:

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Annie Ernaux: „Die Jahre“ (Suhrkamp, 11.9. – Deutsch von Sonja Finck) „Kindheit in der Nachkriegszeit, Algerienkrise, eine prekäre Ehe, de Gaulle, das Jahr 1968, Krankheiten und Verluste, die so genannte Emanzipation der Frau, Frankreich unter Mitterrand, die Folgen der Globalisierung, das eigene Altern. Anhand von Fotografien, Erinnerungen und Aufzeichnungen, von Wörtern, Melodien und Gegenständen vergegenwärtigt Annie Ernaux die Jahre. Sie schreibt ihr Leben – unser Leben, das Leben – in eine völlig neuartige Erzählform ein, in eine kollektive, »unpersönliche Autobiographie«.“

Arthur Dreyfus: „Nach Véronique“ (Albino, 1.10. – Deutsch von Christiane Landgrebe) „Bernards Frau Véronique wird während eines Urlaubs in Tunesien Opfer eines terroristischen Anschlags. Die Tochter zieht für einige Tage in das elterliche Haus in der Pariser Banlieue. Doch Bernard will Rache. In Tunesien hat der junge Student Seifeddine gute Chancen, die ärmlichen Verhältnisse, aus denen er stammt, zu überwinden. Aber der Tod seines Bruders und die Trennung von seiner Geliebten treiben ihn in die Arme islamistischer Extremisten.“ (hat passable Kritiken – doch der Klappentext klingt, als wimmle das Buch von Women in Refrigerators)

Jean-Marc Ceci: „Herr Origami“ (Hoffmann & Campe, 12.9. – Deutsch von Claudia Kalscheuer) „Ein junger Japaner reist auf der Suche nach seiner großen Liebe nach Italien. Als er sie nicht finden kann, widmet er sich in der Toskana ganz der Meditation und der Herstellung von Washi, traditionellem japanischem Papier. Jahrzehnte später besucht ihn ein junger Uhrmacher. Die Begegnung gibt beiden Leben eine völlig neue Richtung.“

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Négar Djavadi: „Desorientale“ (C.H. Beck, 19.9. – Deutsch von Michaela Meßner) „Ein komisch-tragischer, autobiographischer Debütroman. Kimiâ Sadrs Familie stammt aus dem Iran. Ein zweiter Erzählstrang betrifft Kimiâ und ihre Schwangerschaft. Der Mann dazu ist nur geliehen – Kimiâ liebt eher Frauen. Seit zehn Jahren im Pariser Exil, hat Kimiâ stets versucht, ihr Land, ihre Kultur, ihre Familie auf Abstand zu halten.“

Joseph Andras: „Die Wunden unserer Brüder“ (Hanser, 24.7. – Deutsch von Claudia Hamm) „Die wahre Geschichte des einzigen Europäers, der 1957 im algerischen Unabhängigkeitskrieg hingerichtet wurde – ein poetisches Debüt. Fernand Iveton ist dreißig, als er im November 1956 für die algerische Unabhängigkeitsbewegung in einem verlassenen Gebäude eine Bombe legt. Der Algerienfranzose will ein Zeichen setzen, ohne Opfer zu riskieren. Doch Iveton wird verraten und noch vor der Detonation verhaftet. Ein Franzose auf Seiten der Algerier ist nicht tragbar.“

Philippe Pujol: „Die Erschaffung des Monsters. Elend und Macht in Marseille“ (Sachbuch; Hanser Berlin, 21.8. – Deutsch von Till Bardoux und Oliver Ilan Schulz) „Was Savianos „Gomorrha“ für Neapel und „The Wire“ für Baltimore ist, gelingt Philippe Pujol für Marseille. Ein städtischer Kosmos, in dem massive soziale Gegensätze aufeinander prallen. Von den minderjährigen Straßendealern bis zur unheiligen Allianz zwischen Lokalpolitikern und Immobilienhaie.“

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internationale Literatur:

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neue Bücher 2017 Petre M. Andreevski, Peter Nadas, Attila Bartis

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Petre M. Andreevski: „Quecke“ (Guggolz, 1.8. – Deutsch von Benjamin Langer) „Andreevski (1934–2006) schrieb mit »Quecke« den großen Roman über das Mazedonien zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Jon und Velika, ein Ehepaar aus einem kleinen Dorf in den Bergen, wird von den Umbrüchen der mazedonischen Geschichte erfasst. Es ist die Zeit der Balkankriege und des Ersten Weltkriegs. Die beiden erzählen in wechselnden Kapiteln von ihrem Leben – und zeigen, wie sie zwischen politischen Verwerfungen, Besitzansprüchen und Auseinandersetzungen fast zerrieben werden.“

Péter Nadas: „Aufleuchtende Details“ (Autobiografie, Rowohlt, 22.9. – Deutsch von Christina Viragh) „Während Nádas‘ Mutter am 14. Oktober 1942 in Budapest mit der Straßenbahn zur Entbindung fährt, liquidiert ein Einsatzkommando das Getto in Mizocz.
Jedes Ereignis, so Nádas, wirkt auf alle anderen Ereignisse ein – ob in der Politik oder der privaten Lebensgeschichte. Den weitgespannten Verflechtungen folgen Nádas‘ Memoiren nicht chronologisch, sondern assoziativ, wie in seinen großen Romanen. Und durch jede einzelne Episode zieht sich die geheime Frage: Wie bin ich zu dem geworden, der ich bin, wenn jede persönliche Erinnerung, jede Prägung, untrennbar mit Geschichte verstrickt ist? Und so erzählt dieses Buch nicht zuletzt davon, wie Identität unter schwierigen Bedingungen wächst, während sie sich permanent im Strom der Zeit zu verlieren droht.“

Attila Bartis: „Das Ende“ (Suhrkamp, 9.10. – Deutsch von Terezia Mora) „András Szabad wächst in einer ungarischen Kleinstadt auf, innig geliebt von seiner Mutter, einer Bibliothekarin. 1956 wird sein Vater wegen Teilnahme am Aufstand verhaftet. Als er nach drei Jahren völlig gebrochen nach Hause kommt, stirbt die Mutter – das Ende einer Kindheit. Mit dem Vater zieht er nach Budapest, und András entdeckt das Fotografieren. Die Kamera wird seine Leidenschaft, das Organ, mit dem er der Welt auflauert, sie sich vom Leib hält und aufs Bild bannt. Als er Jahrzehnte später vom Unfalltod Évas erfährt, einer nach Amerika emigrierten Pianistin, mit der ihn eine Amour fou verband, beginnt er sein Leben niederzuschreiben – kurze Episoden, gestochen scharfe Dialoge.“

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neue Bücher 2017 Paolo Cognetti, Elizabeth Day, Nicolas Dickner

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Paolo Cognetti: „Acht Berge“ (DVA, 11.9. – Deutsch von Christiane Burghardt) „Pietro und Bruno erkunden als Kinder die verlassenen Häuser des Bergdorfs. Als Männer schlagen die Freunde verschiedene Wege ein. Der eine wird sein Dorf nie verlassen, der andere zieht als Dokumentarfilmer in die Welt. Er ringt mit Bruno um die Frage, welcher Weg der richtige ist. Stadt oder Land? Gehen oder Bleiben? Was zählt wirklich im Leben?“

Elizabeth Day: „Die Party“ (Dumont, 19.9. – Deutsch von Klaus Timmermann und Ulrike Wasel) „Martin Gilmour hat nur einen Menschen, der ihm wirklich etwas bedeutet: Ben. Wenn er es sich auch nicht eingesteht, so dreht sich in seinem Leben doch alles darum, Ben zu gefallen und ähnlich zu sein. Ben ist das genaue Gegenteil von Martin: attraktiv, beliebt, reich. Martin genießt es, dazuzugehören. Und so tut er alles für Ben – wirklich alles.“

Nicolas Dickner: „Die sechs Freiheitsgrade“ (Frankfurter Verlagsanstalt, 30.8. – Deutsch von Andreas Jandl) „Ein verlorener Trailerpark im Süden Québecs: Die fünfzehnjährige hochbegabte Tüftlerin Lisa bricht aus. Éric ist der Einzige, der sie versteht. Doch wegen chronischer Platzangst hat der junge Hacker das Haus seit Jahren nicht verlassen. Gemeinsam schmieden sie einen Plan, der Lisa auf die ungewöhnlichste Weltreise seit Jules Verne schickt. Die ehemalige Kreditkartenbetrügerin Jay muss Lisas Fährte aufnehmen. Ein globales Gesellschaftsspiel beginnt.“

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neue Bücher 2017 Zurab Karumidze, Ljudmila Ulitzkaja, Szczepan Twardoch

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Zurab Karumidze: „Dagny oder: ein Fest der Liebe“ (Weidle, 1.9. – Deutsch von Stefan Weidle) „Ein großes postmodernes Spiel – doch die zentrale Figur, Dagny Juel, gab es wirklich: Sie wurde am 4. Juni 1901 in Tiflis von einem nicht erhörten Liebhaber erschossen. Sich selbst erschoß er dann auch. Dagny Juel war Norwegerin, lernte früh Edvard Munch kennen und wurde sein Modell (etwa für die berühmte »Madonna«). Später traf sie auf August Strindberg, der sie erst liebte und dann in einem Drama vernichtete. Schließlich aber heiratete sie den Bohemiensatanisten Stanislaw Przybyszewski.“

Ljudmila Ulitzkaja: „Jakobsleiter“ (Hanser, 21.8. – Deutsch von Ganna-Maria Braungardt) „Nach der Revolution ziehen Jakow und Marussja mit ihrer kleinen Familie nach Moskau. Während Marussja der neuen Regierung vertraut, erkennt Jakow bald die Missstände. Unter Stalin wird er nach Sibirien verbannt. Seine Frau lässt sich scheiden, auch der Sohn wendet sich ab, und seine Enkelin Nora sieht er nur einmal als Kind. Sie, die ein bewegtes Leben führen wird – Bühnenbildnerin, alleinerziehend, georgische Liebschaft – lernt ihren Großvater erst aus seinen Liebesbriefen an die Großmutter kennen. Angeregt durch den Briefwechsel ihrer eigenen Großeltern hat Ljudmila Ulitzkaja einen Roman geschrieben, der die Geschichte Russlands im 20. Jahrhundert aus unmittelbarer Nähe erzählt.“

Szczepan Twardoch: „Der Boxer“ (Rowohlt Berlin, 24.1. – Deutsch von Olaf Kühl) „Jakub Shapiro ist ein hoffnungsvoller junger Boxer und überhaupt sehr talentiert. Das erkennt auch der mächtige Warschauer Unterweltpate Kaplica, der Shapiro zu seinem Vertrauten macht. Doch rechte Putschpläne gegen die polnische Regierung bringen das Imperium Kaplicas in Bedrängnis; er kommt in Haft. Jakub Shapiro muss die Dinge in die Hand nehmen: Er geht gegen Feinde wie Verräter vor, beginnt – aus Leidenschaft und Kalkül – eine fatale Affäre mit der Tochter des Staatsanwalts, muss zugleich seine Frau und Kinder vor dem anschwellenden Hass schützen – und nimmt immer mehr die Rolle des Paten ein. Ein überragender, thrillerhafter Roman, der eine eruptive Epoche geradezu körperlich erlebbar macht.“

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Sachbücher:

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Ijoma Mangold: „Das deutsche Krokodil. Meine Geschichte.“ (Rowohlt, 18.08.) „Ijoma hat dunkle Haut, dunkle Locken. In den siebziger Jahren wächst er in Heidelberg auf. Seine Mutter stammt aus Schlesien, sein Vater ist aus Nigeria nach Deutschland gekommen, um sich zum Facharzt für Kinderchirurgie ausbilden zu lassen. Weil es so verabredet war, geht er nach kurzer Zeit nach Afrika zurück und gründet dort eine neue Familie. Erst zweiundzwanzig Jahre später meldet er sich wieder. Wie wuchs man als «Mischlingskind» und «Mulatte» in der Bundesrepublik auf? Wie geht man um mit einem abwesenden Vater? Wie verhalten sich Rasse und Klasse zueinander? Und womit fällt man in Deutschland mehr aus dem Rahmen, mit einer dunklen Haut oder mit einer Leidenschaft für Thomas Mann und Richard Wagner?“

Rebecca Solnit: „Die Mutter aller Fragen“ (Tempo, 17.11. – Deutsch von Kirsten Riesselmann) „»Warum haben Sie keine Kinder?« Diese »Mutter aller Fragen« wird Rebecca Solnit hartnäckig von Journalisten gestellt, die sich mehr für ihren Bauch als für ihre Bücher interessieren. Sie erklärt in ihren Essays, warum die Geschichte des Schweigens mit der Geschichte der Frauen untrennbar verknüpft ist, warum fünfjährige Jungen auf rosa Spielzeug lieber verzichten, und nennt 80 Bücher, die keine Frau lesen sollte, schreibt über Männer, die Feministen und Männer, die Vergewaltiger sind.“

Mareike Nieberding: „Als wir das Reden vergaßen. Eine Tochter-Vater-Geschichte“ (Suhrkamp, 23.10.) „Ihre ganze Kindheit und Jugend wurde Mareike Nieberding von ihrem Vater abgeholt. Egal, wo sie war, egal, wie betrunken. Um ein Uhr nachts vom Schützenfest, um sieben nach der Schicht in der Kneipe. Sitzt sie ihm heute gegenüber, fragt sie sich, wer dieser ergrauende Mann eigentlich ist, was er fühlt, ob er glücklich ist. Wenn er sie vom Bahnhof abholt, reden sie auf dem Weg nach Hause über das Leben von Nachbarn und Bekannten, bis sie schließlich wortlos vor ihrem eigenen stehen. Sie streiten nicht. Sie haben sich nur nichts zu sagen. Als wir das Reden vergaßen erzählt davon, warum die meisten Tochter-Vater-Beziehungen nach der Pubertät nicht mehr dieselben sind. Und wie man sich wieder nahekommt, wenn man sich schon fast verloren hat.“

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neue Sachbücher 2017 Konrad Paul Liessmann, Andreas Reckwitz, Martin Reichert

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Konrad Paul Liessmann: „Bildung als Provokation“ (Zsolnay, 25.9.) „Bildung wurde zu einer säkularen Heilslehre für die Lösung aller Probleme – von der Bekämpfung der Armut bis zur Integration von Migranten, vom Klimawandel bis zum Kampf gegen den Terror. Während aber „Bildung“ als Schlagwort in unserer Gesellschaft omnipräsent wurde, ist der Gebildete, ja jeder ernsthafte Bildungsanspruch zur Provokation geworden. Konrad Paul begibt sich in die Niederungen der Parteienlandschaft und die Untiefen der sozialen Netzwerke und denkt darüber nach, warum es so unangenehm ist, gebildeten Menschen zu begegnen.“

Andreas Reckwitz: „Die Gesellschaft der Singularitäten“ (Suhrkamp, 9.10.) „Das Besondere und Einzigartige wird prämiert, eher reizlos ist das Allgemeine, Standardisierte. Der Durchschnittsmensch mit seinem Durchschnittsleben steht unter Konformitätsverdacht. Das neue Maß der Dinge sind die authentischen Subjekte mit originellen Interessen und kuratierter Biografie, aber auch die unverwechselbaren Güter und Events, Communities und Städte. Spätmoderne Gesellschaften feiern das Singuläre. Ausgehend von dieser Diagnose, untersucht Andreas Reckwitz den Prozess der Singularisierung, wie er sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Ökonomie, Arbeitswelt, Netzkultur, Lebensstilen und Politik abspielt.“

Martin Reichert: „Die Kapsel. AIDS in der Bundesrepublik“ (Suhrkamp, 13.11.) „Gib Aids keine Chance – fast jeder Deutsche über dreißig kennt den Slogan dieser 1987 gestarteten Kampagne. »Truvada« heißt das Wundermittel, mit dem sich diese Forderung nun erfüllen soll. Die Kapsel, die HIV-Infizierten schon seit einiger Zeit zu Therapiezwecken verschrieben wird, dient mittlerweile auch der Prophylaxe. Aids hat die Art und Weise, wie wir leben und wie wir lieben, tiefgreifend verändert. Die Kapsel berichtet davon, wie die Krankheit ihren Weg ins Bewusstsein der Bundesrepublik fand.“

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neue Sachbücher 2017 Alexander Gorkow, Ayelet Walman und Michael Chabon, Asne Seierstad

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Alexander Gorkow: „Hotel Laguna. Meine Familie am Strand.“ (Kiepenheuer & Witsch, 17.8.) „In der kleinen Bucht von Canyamel auf Mallorca verbrachte Gorkow seit den späten 60ern prägende Kindheitsurlaube. Mehr als 30 Jahre später trifft er nun Freunde von damals – und findet neue. Hier sieht er klar: seine, unsere Träume und Verluste. Zugleich Familienroman und Mentalitätsgeschichte: über unsere Urlaube, unser Land und unsere Sehnsüchte.“

Ayelet Waldman (…die ich sehr mag, und mit der ich 2010 ein langes Interview führte, LINK) und Michael Chabon (Hrsg.): „Oliven und Asche. Schriftstellerinnen und Schriftsteller berichten über die israelische Besetzung in Palästina“ (Kiepenheuer & Witsch, 5.10.) „Die israelische Besatzungspolitik: International gefeierte Autorinnen und Autoren machen sich vor Ort ein Bild. Breaking the Silence wurde von ehemaligen israelischen Soldaten gegründet, die in den besetzten Gebieten gedient und Ungerechtigkeit direkt erlebt haben. Eva Menasse, Dave Eggers, Colum McCann und Arnon Grünberg reisten in die besetzten Gebiete. Der Leser reist z.B. mit Rachel Kushner in ein palästinensisches Flüchtlingscamp mitten in Jerusalem, lernt mit Taiye Selasi etwas über die verbotene Liebe zwischen Israelis und Palästinensern oder lässt sich von Helon Habila die verblüffende Genese der Israelischen Sperranlage erzählen.“

Asne Seierstad: „Zwei Schwestern. Im Bann des Jihad“ (Kein & Aber, 4.10. – Deutsch von Nora Pröfrock; auch Freund Sebastian Christ veröffentlicht im Herbst ein Buch über einen IS-Aussteiger, „Meine falschen Brüder“) „Aufgewachsen und sozialisiert im europäischen Westen, verlassen zwei norwegisch-somalische Schwestern im Alter von 16 und 19 ihr Heimatland Norwegen. Ihr Ziel: der IS. Die Familie trifft das völlig unvorbereitet. Über soziale Medien halten sie Kontakt, versuchen herauszufinden, wo die Schwestern sich genau befinden und was die Gründe für ihre Handlungen sind. Irgendwann bricht der Kontakt ab, und der Vater begibt sich auf die lebensgefährliche Reise nach Syrien. Warum radikalisieren sich junge Frauen, die in gesicherten Verhältnissen aufwachsen? Åsne Seierstad nähert sich der Frage mit der Neugier und Genauigkeit einer der renommiertesten Journalistinnen Europas.“

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neue Sachbücher 2017 Christiane Westermann, Henry Hitchings, Joachim Kalka Peanuts

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Christiane Westermann: „Die Sache mit dem Abschied“ (…ich finde sie oft gehemmt, verstockt – und bin gespannt, ob das lesenswerter wird, indem sie ein existenzielles Thema aufgreift; Kiepenheuer & Witsch, 9.11.) „»Zur letzten Sendung komme ich nicht«, sagte Christine Westermann scherzhaft schon Jahre, bevor an ein Ende der von ihr und Götz Alsmann moderierten TV-Sendung »Zimmer frei« auch nur zu denken war. So tief saß ihre Angst vor drohenden Abschieden. Wie schwer wiegt der Abschied von einem Freund, von dem man sicher war, dass er einen überleben würde? Wie leicht kann es sein, eine Stadt, einen Wohnort hinter sich zu lassen?“

Henry Hitchings (Hrsg.): „Die Welt in Seiten. Liebeserklärungen an Buchhandlungen“ (Atlantik bei Hoffmann & Campe, 17.11.) „Daniel Kehlmann sinniert über den Wunsch, nicht angesprochen zu werden. Saša Stanišic’ darüber, wie man in einer neuen Stadt einen »Dealer« findet, ohne an einen Besserwisser zu geraten. Elif Shafak beschwört die Atmosphäre einer Istanbuler Buchhandlung herauf – ihr Chaos und ihre Vielfalt, den Geruch nach Tabak und Kaffee. 15 Schriftsteller aus aller Welt erörtern die soziale, kulturelle und politische Funktion von Buchhandlungen – ob in Bogotá oder Delhi, in London oder Berlin, in Kopenhagen oder Nairobi.“

Joachim Kalka: „Die Peanuts. 100 Seiten.“ (Reclam, 29.9.) „Was fasziniert uns an den Kindern (und dem Hund), die doch im Grunde nichts Besonderes erleben? Joachim Kalka zeigt, welche Strömungen der amerikanischen Gesellschaft, etwa der Hype der Psychiatrie, sich in den Peanuts spiegeln.“

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Comics / Graphic Novels:

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Manu Larceret: „Brodecks Bericht“ (Reprodukt, Oktober – Ulrich Pröfrock) „Ein Winter kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Abseits von einem kleinen Dorf im deutsch-französischen Grenzgebiet lebt Brodeck. Als er eines Abends ins Wirtshaus geht, trifft er auf eine schauerliche Szene: Die Dorfgemeinschaft hat soeben kollektiv einen Fremden ermordet. Brodeck ist entsetzt, doch die Männer zwingen ihn, einen Bericht zu verfassen, der ihre Tat rechtfertigen soll…“ [ich las die Romanvorlage an: Link]

Barbara Yelin & Thomas von Steinaecker: „Der Sommer ihres Lebens“ (Reprodukt, September) „Gerda steht am Fenster des Seniorenheims. Lange hat sie die Frage aufgeschoben, jetzt sucht sie eine Antwort: Hatte sie ein glückliches Leben? Während sie versucht, den Alltag im Heim zu meistern, denkt sie zurück an ihre Jugend in den 1960er Jahren; ihre Begeisterung für ein Fach, in dem sie als Frau schief angesehen wurde, die Astrophysik; die harte Wahl, die sie damals treffen musste, in jenem Sommer ihres Lebens: zwischen ihrer Liebe zu Peter und einer Karriere im Ausland… Die erste Zusammenarbeit zwischen der Zeichnerin Barbara Yelin und dem Schriftsteller Thomas von Steinaecker.“

Jillian Tamaki: „Grenzenlos“ (Reprodukt, September – Deutsch von Sven Scheer) „Jenny ist ganz besessen von ihrem Spiegel-Facebook-Double – einer virtuellen, idealen Version ihrer selbst.“

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danke an Ilja Regier, der – wie in den Vorjahren – sehr viele Verlagsvorschauen in seinem Blog verlinkte:

Antje Kunstmann +++ Albino +++ Atlantik +++ Aufbau +++ AvivA +++ Berenberg +++ Berlin Verlag +++ Blumenbar +++ Braumüller +++ C. Bertelsmann +++ C. H. Beck +++ Diogenes +++ Dörlemann +++ Dumont +++ DVA +++ edition.fotoTAPETA  +++ Frankfurter Verlagsanstalt +++ Galiani-Berlin +++ Guggolz +++ Hanser +++ Hanser Berlin +++ Hoffmann und Campe +++ Insel +++ Jung und Jung +++Kein & Aber +++ Kiepenheuer & Witsch +++ Kindler +++ Klett-Cotta +++ Knaus +++ Liebeskind +++ List +++ Louisoder +++ Luchterhand +++ Manesse +++ Matthes & Seitz Berlin +++ Mikrotext +++ Nagel & Kimche +++ Piper +++ Reclam +++ Reprodukt +++ Rowohlt +++ Rowohlt Berlin +++ S. Fischer +++ Schöffling & Co. +++ Suhrkamp +++ Tempo +++ Tropen +++ Ullstein +++ Ullstein Fünf +++ Verbrecher +++ Wallstein +++ Weidle +++ Zsolnay / Deuticke

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P Olfermann

Wonder Woman: die 10 besten Comics (Buchtipps, Lesereihenfolge, Empfehlungen)

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Batman und Superman haben seit 50 Jahren immer wieder neue TV-Serien und Kinofilme. Ihre Städte, Gegner, Liebes- und Vorgeschichten sind bekannt. Wonder Woman (1941) ist fast genauso alt – doch wieder und wieder wird ihr Hintergrund verändert: eine tolle Figur – der oft die tollen Autor*innen fehlen.

Hier sind meine persönlichen Empfehlungen: lesenswerte Comics – für Einsteiger und Fans.

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01 – DC Helden

Superman Batman DC Helden

[Link] …von Paul Dini, Zeichnungen (nein: Gemälde!) von Alex Ross:

Fünf großformatige, kurze, bildlastige Helden-Portraits als wunderbarer Sammelband. Je eine – recht menschliche, gefühlvolle – Begegnung mit Superman, Batman, Wonder Woman, Captain Marvel/Shazam, dazu ein Abenteuer der Justice League und eine Handvoll weiterer Helden-Kurzbiografien. Ein Bilderbuch. Ein Coffee Table Book. Ein Buch zum Kennenlernen, Verschenken – und Staunen. [Hier die US-Ausgabe.]

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02 – Trinity

superman batman trinity

[Link] …von Matt Wagner:

Eine recht kurze, etwas simple/kindische Geschichte über die ersten Begegnungen von Superman, Wonder Woman und Batman. 50er-Jahre-Atmosphäre – charmant, für Kinder und Kindsköpfe. Im Gegensatz zu Tipp 1 kein Buch, für das ich viel Geld ausgeben würde. Im selben Stil, sehr lesenswert; aber mit einer recht kleinen Rolle für Wonder Woman: „The New Frontier“ von Darwyn Cooke.

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03 – A League of One / The Hiketeia

[Link] …von Christopher Moeller

Ein charmantes Kinder- und Märchenbuch über Wonder Womans Versuch, eine unterirdische Zivilisation vor einem Drachen zu retten: kindlich, harmlos, kurz und recht naiv… aber toll zum Vorlesen oder als Gute-Nacht-Lektüre, macht Lust auf die Figur. Etwas erwachsener, aber genauso schnell gelesen: „The Hiketeia“, eine Kurzgeschichte, in der Batman und Wonder Woman in Gotham City kämpfen. „The Hiketeia“ ist die Eröffnung eines viel längeren, komplexeren Wonder-Woman-Epos von Autor Greg Rucka, das ich sehr mag. Doch für sich allein funktioniert das Buch gut als… Häppchen zum Kennenlernen. [Link]

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04 – Wonder Woman: The True Amazon

[Link] …von Jill Thompson

2002 bis 2006 schrieb Greg Rucka moderne, sehr politische „Wonder Woman“-Comics. 2011 bis 2014 schuf Brian Azzarello ein blutiges, aber originelles Fantasy-Epos über Wonder Womans Krisen mit Zeus und Hera. Wer klagt, es gäbe kaum gute Geschichten über die Amazonen-Prinzessin, irrt. Was bisher aber schmerzlich fehlte: Bücher für Kinder im Grundschulalter. Jill Thompson zeigt in fast naiven Aquarellen, wie Diana als verwöhnte, hochmütige junge Thronerbin um die Bewunderung der Amazonen aus dem Hofstaat ihrer Mutter kämpft – doch an Stallmeisterin Alethea scheitert. 120 Seiten lang glauben wir, zu lesen, wie aus Diana eine Heldin, Diplomatin und „True Amazon“ wird. Tatsächlich aber nimmt die Geschichte, wie in einem archaischen Märchen, eine existenzielle, überraschend kraftvolle Wendung. Als Kind hätte mich das Buch über Jahre begeistert und schockiert. Noch heute, mit 34, kann ich die Fortsetzung nicht erwarten. Harmlose Bilder. Doch die allergrößten Fragen, Themen, Konflikte.

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05 – Wonder Woman (1987)

Batman v Superman, Wonder Woman Perez

[Link] …von George Perez (Text und Zeichnungen):

Ein Klassiker – zeitlos, aber unfassbar achzigerjahrig. In vier Sammelbänden (…und Fortsetzungen, mit neuer Zeichnerin, die ich noch nicht kenne) erzählt George Perez die Anfänge, ersten Schritte von Diana jenseits ihrer Amazonen-Heimat. Alles ist überfrachtet, pomadisiert, verschnörkelt, barock. Und trotzdem so charmant, sich-selbst-und-seine-Figuren-ernst-nehmend, dass man bis heute mit Genuss lesen kann.

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06 – Sensation Comics (Sammelband 3)

[Link] …von verschiedenen Zeichner*innen und Autor*innen

Kurzgeschichten zwischen 10 und 30 Seiten, erst digital veröffentlicht, dann als Heftreihe und Sammelband. Ich mochte Sammelband 2 der „Superman“-Kurzgeschichtensammlung „Adventures of Superman“, und Sammelband 3 der folgenden „Wonder Woman“-Sammlung: sympathische Vignetten, Episoden und Experimente, leider oft recht konventionell/zweitklassig gezeichnet. Ein schöner Weg, viele Facetten der Figur kennen zu lernen und zu sehen, wie unterschiedliche Autor*innen kurze, manchmal originelle Fragestellungen an die Heldin tragen.

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07 – The Legend of Wonder Woman

Batman v Superman, Legend of Wonder Woman

[Link] …von Renae de Liz, Zeichnungen von Ray Dillon:

Manchmal sind Comics halbkompetent geschrieben, erzählt – doch laugen mich nach wenigen Seiten aus: Figuren aus “The Walking Dead” sagen zu viele Dinge dreimal. Ihre Sprechblasen sind überfüllt, die Dialoge hölzern. Auch “The Legend of Wonder Woman” krankt an solchen unpräzisen, öden Geschwätzigkeiten. Alle Frauen hier sehen aus wie Disney-Prinzessinnen. Doch kindgerecht ist die Geschichte über Dianas erste Jahre als Kriegerin und Diplomatin trotzdem nicht: Kein Kind hätte Nerven für so langatmiges Geblubber. Solide Geschichte, toll für Leser*innen ab ca. 9. Aber: uff. Kürzt diese Paraphrasen!

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08 – Wonder Woman, “Identity Crisis”, “Infinite Crisis”

Batman v Superman, Identity Crisis

[Link] …von Greg Rucka (meinem Lieblings-Comicautor), Geoff Johns und vielen anderen:

Seit 2003 war Wonder Woman vor allem Diplomatin. Trotzdem musste sie hin und wieder in den Hades steigen, oder in einem Footballstadium wie eine Gladiatorin gegen Medusa kämpfen. Eine moderne, kultivierte Frau – in archaischen Rollen, tragischen globalen und persönlichen Konflikten. Rucka schrieb zur selben Zeit auch “Superman”-Comics, und beide Reihen mündeten in einem (großartigen) Justice-League-Crossover, “Identity Crisis” und, 2006, “Infinite Crisis”. Ich habe hier [Link, Punkt: ‘Identity Crisis, 2005’] aufgeschrieben, in welcher Reihenfolge diese fünf bis ca. 15 Bände am meisten Spaß machen. Lesereihenfolge am besten:

(1) Wonder Woman: Down to Earth, 160 Seiten, DC Comics 2004
(2) Wonder Woman: Bitter Rivals, 128 Seiten, DC Comics 2004
(3) Wonder Woman: Eyes of the Gorgon, 192 Seiten, DC Comics 2005
(4) Brad Meltzer: Identity Crisis, 288 Seiten, DC Comics 2005
(5) Wonder Woman: Land of the Dead, 128 Seiten, DC Comics 2006
(6) Batman: The OMAC Project, 256 Seiten, DC Comics 2005
(7) Superman: Sacrifice, 192 Seiten, DC Comics 2006
(8) Wonder Woman: Mission’s End, 208 Seiten, DC Comics 2006
(9) Geoff Johns, Phil Jimenez, George Perez: Infinite Crisis, 264 Seiten, DC Comics 2006

…und dann gern weiter zu „52“ (vier Bände)

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09 – Wonder Woman (New 52, Band 1 bis 6)

Batman v Superman, Wonder Woman

[Link: 6 Bände] …von Brian Azzarello, Zeichnungen von Cliff Chiang:

Diana muss eine junge Schwangere beschützen – vor dem Zorn der Götter, sechs Sammelbände lang. Simple, aber stilsichere Zeichnungen. Kluge, schnippische Dialoge und Figuren. Nur Wendungen hat diese Odyssee durch London und die antike Unterwelt fast keine; und zwischen den pompösen griechischen Gottheiten wirkt Diana zu oft wie eine machtlose, zufällige Randfigur. Ich kenne keine zweite Mainstream-Comicreihe aus den letzten Jahren, die 30 Hefte lang auf gleichbleibend hohem Niveau eine schlüssige, anspruchsvolle Geschichte erzählte. Respekt! Doch der letzte Funke… fehlt.

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10 – Batman 66 meets Wonder Woman 77

[Link] …von Jeff Parker und Marc Andreyko, Zeichnungen von David Hahn:

Ein kindlicher, aber nie alberner Retro-Comic, der Figuren aus der „Batman“-TV-Serie von 1966 und der „Wonder Woman“-TV-Serie von 1977 zusammen bringt und zeigt, wie Diana (unsterblich) und Bruce Wayne (im zweiten Weltkrieg: ein Grundschüler) das späte 20. und frühe 21. Jahrhundert erleben. Schwungvoll erzählt, toll designt/gestaltet, ein Wohlfühl-Comic, der viele Fragen übers Altern und Sich-Verändern aufwirft und mit originellen Wendungen überrascht.

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bedingt zu empfehlen: für Fans

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„Wonder Women: Earth One“

Grant Morrison (…mit dessen Comics und dessen Fans ich oft große Probleme habe) erzählt Wonder Womans Geschichte neu – und unterstreicht dabei alle Aspekte, die besonders skurril oder absurd wirken. Das Ergebnis wirkt an vielen Stellen wie plumpe Sexploitation… aber trifft durchaus den Geist der frühen Comics von 1941.

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„Wonder Woman“ von Phil Jimenez

Ein schwuler Autor und Zeichner, der Fan der George-Perez-Serie von 1987 war und die Figur vergöttert, füllte mehrere Sammelbände mit feministischen und engagierten, doch oft sehr trägen, überfrachteten Geschichten: Scheitern, auf hohem Niveau. Ein lesenswertes Einzelkapitel, das alles, was gut und schlecht an Jimenez‘ Zeichen- und Erzählweise ist, bündelt: Das Treffen von Wonder Woman und Lois Lane in „Wonder Woman“ 170.

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„Wonder Woman“ von Gail Simone

Fünf Sammelbände, in denen eine große Geschichte… erst viel zu langsam in Fahrt kommt… und dann enttäuschend verpufft. Wer langen Atem mitbringt, wird besonders Simones zweite und dritte Sammlung trotzdem mögen.

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„Wonder Woman“ von Greg Rucka (2016 bis 2017)

25 Hefte, vier Sammelbände: Ein ambitionierter „Wonder Woman“-Neustart auf zwei Zeitebenen und mit zwei tollen Zeichnerinnen, Nicola Scott und Bilquis Evely, in dem sich Diana, Cheetah, Steve Trevor und Veronica Cale jahrelang quälen, den Kopf zerbrechen und gegenseitig im Weg stehen. Die Geschichte mäandert, jeder Sieg entpuppt sich als Niederlage, und ein weiterer Zeichner, Liam Sharp, bleibt viel zu düster und heavy-metal-albumhaft: Hier fehlen Erzählfreude und Schwung.

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keine Empfehlung:

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„Wonder Woman: The Greatest Stories ever told“

Eine Best-of-Sammlung, die leider zeigt, wie wenig gute Geschichten es bis ca. 2002 gab: skurril – aber langatmig, trübselig, deprimierend.

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„Who is Wonder Woman?“

Autor Allan Heinberg schrieb auch das Drehbuch zum WW-Kinofilm von 2017. Seine Comics aber sind mau. Auch die ihm folgende Autorin, Bestseller-Star Jodi Picoult, bietet wenig Lesenswertes: Massenware.

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„Amazons Attack“

Interessante Idee – mit banaler Wendung/Erklärung: Durch eine plumpe Intrige erklärt Königin Hippolyta den USA den Krieg, und verwüstet Washington. Antiklimax, undurchdacht.

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„Wonder Woman: Odyssey“

Zwei banale, schleppende Sammelbände vom (oft tollen) „Babylon 5“-Autor J. Michael Straczynski: Ein böser Zauber ließ Wonder Woman vergessen, dass sie eine Amazone ist. Gefangen in einem Paralleluniversum prügelt sie sich zurück in die Realität.

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„Wonder Woman 77“

Viel zu knappe, apolitische, harmlose und läppische Kurzgeschichten für Fans der 1977 produzierten „Wonder Woman“-TV-Serie.

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„Injustice: Gods Among Us“

Ein sehr langer, politischer/dystopischer Comic über eine Zukunft im DC-Universum, in der Superman glaubt, die Welt durch mehr Kontrolle und Überwachung sicherer machen zu können, während Batman als Widerstandskämpfer untertaucht. „Year One“ und „Year Two“ sind sehr lesenswert und emotional – doch Wonder Woman hat eine recht dümmliche, eindimensionale Rolle als martialische Schreckschraube an Supermans Seite: Autor Tom Taylor wird Diana nicht gerecht.

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„Odyssey of the Amazons“

Trost- und freudlose Fantasy-Saga über Amazonen aus Themyscira, die in der Vorzeit martialische/nichtssagende Begegnungen mit u.a. Wikingern haben.

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„Super Hero Girls“

Die DC-Heldinnen als junge Schülerinnen, für Leser*innen ab sechs Jahren, im Stil der „Disney Princesses“: Figuren und Zeichnungen fehlt Biss und Witz, die Geschichten bleiben arg simpel, alles wirkt püppchenhaft-sexualisiert. Besonders in Sammelband 3, „Summer Olympus“, steht Wonder Woman im Mittelpunkt. [Um Welten besser, für Leser*innen ab ca. 11: „Supergirl: Being Super“]

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„Super Powers“

Comic für Vor- und Grundschüler, das als Geschichte um Batman, Superman und Wonder Woman beginnt… doch sich zu schnell in einer (enttäuschend witzlosen) Anspielungs- und Gastauftritts-Parade verliert. Ich mochte, vom selben Zeichner-/Autoren-Team: „Tiny Titans“ und, besonders, „Superman Family Adventures“.

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„Bombshells“

Was, wenn es kaum Männer mit Superkräften gäbe – sondern alle DC-Heldinnen prägend waren: schon ab den 40er Jahren, im zweiten Weltkrieg? „Bombshells“ ist ein feministischer und sehr sexualisierter Remix der DC-Figuren. Viele Heldinnen sind lesbisch oder queer, und alle lassen es möglichst dramatisch krachen. Trotz vieler Fans und guter Kritiken hat mich die Reihe bisher nicht gekriegt: zu wenig Politik, zu viel Spice-Girl-haft-nichtssagende „Girl Power“.

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„Superman/Wonder Woman“

Von 2011 bis 2016 waren Superman und Wonder Woman ein Liebespaar. Der Beziehung selbst fehlt Tiefe und Charme, und der gemeinsame Comic „Superman/Wonder Woman“ bietet wenig Interessantes: Klar könnte man interessant/lesenswert erzählen, was sich ändert, wenn zwei der mächtigsten und wichtigsten Figuren im DC-Universum eine Beziehung führen. Fünf Sammelbände lang erzählte diese Reihe leider… nicht viel.

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„Superman, Batman, Wonder Woman: Trinity“

längere Kritik von mir hier [Tagesspiegel, Link]: Sehr lange, schleppende Geschichte über eine Helden-Welt, aus der Batman, Superman und Wonder Woman plötzlich entfernt werden. Das heißt: Statt über die drei Titel-Figuren zu erzählen, geht es vor allem darum, wo und wie sie fehlen. Schade!

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zum aktuellen Kinofilm:

Wonder Woman ist eine interessante – weil widersprüchliche – Figur. Ich glaube, der Kinofilm ist so erfolgreich und beliebt, WEIL er die Widersprüche der Figur einem großen Publikum zeigt: spannende Frau, spannende Grundsatzfragen zu Krieg und Pazifismus.
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In den Comics – und besonders auch im Film – geht es viel um die Frage, wie man für Frieden KÄMPFT. Ob man Kriege mit Gewalt stoppen kann. Und welche Menschen „verdienen“, dass man sich für sie opfert: Nach dem Superman-Film „Man of Steel“ (2013) und „Batman v. Superman“ (2016) zeigt auch „Wonder Woman“ (2017), wie Helden*innen scheitern – an einer komplexen Welt.
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grundsätzlich:
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  • Wonder Woman wurde 1941 erfunden. Autor William Moulton Marston war Professor, Psychologie, Feminist, Fan von Bondage und „lustvoller Unterwerfung“, in einer polyamourösen Beziehung mit zwei Frauen… und der Erfinder des Lügendetektors. All diese Aspekte prägten die Figur – sorgen aber auch dafür, dass fast alle Comics, die vor 1987 erschienen, recht hanebüchen/skurril sind.
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  • Dem Mainstream-Publikum die Figur bekannt, weil sie a) als eine der ersten weiblichen Heldinnen gegen die Nazis kämpfte, b) 1972 auf der Erstausgabe von Gloria Steinems feministischem „Ms.“-Magazin abgebildet war, c) 1977 eine bei Kindern populäre TV-Serie hatte.
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  • Seit 1986 gibt es mehrere recht gute, bis heute lesenswerte WW-Comicreihen: Wonder Woman, Batman und Superman sind die drei wichtigsten und bekanntesten Figuren des Verlags „DC Comics“; alle drei arbeiten in den Comics oft eng zusammen. Meist erscheinen Comics ein- bis zweimal im Monat als 20seitiges Heft, ca. sechs Hefte erzählen als Sammelband eine zusammenhängende Geschichte. Pro Monat gibt es meist sechs oder sieben parallele „Batman“-Reihen, doch höchstens zwei bis drei „Wonder Woman“-Reihen. Insgesamt also: weniger Material, und immer wieder Phasen, in denen jahrelang keine besonders guten Hefte/Sammelbände erscheinen.
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  • 1984 floppte der Heldinnenfilm „Supergirl“ (DC). 2004 und 2005 floppten die Antiheldinnen-Comicverfilmungen „Catwoman“ (DC) und „Elektra“ (Marvel). Seit 2008 hat Marvel Comics großen Erfolg mit Heldenfilmen (Iron Man, The Avengers, Captain America, Thor, Guardians of the Galaxy… doch bisher kein Film über eine weibliche Figur in der Hauptrolle); und seit 2013 versucht DC eine ähnliches „Cinematic Universe“ aus verknüpften Filmen (2013 „Man of Steel“, 2016 „Batman v. Superman“ und „Suicide Squad“, Ende 2017 „Justice League“, später „Aquaman“, „The Flash“ etc.)
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  • Der „Wonder Woman“-Kinofilm ist wichtig, weil er nach über zehn Filmen mit männlichen Hauptfiguren in den letzten Jahren der erste Versuch war, einer heroischen HeldIN einen großen Blockbuster zu widmen (…auch Regie führte eine Frau, Patty Jenkins; das Drehbuch ist von einem Mann). Es gibt eine Handvoll erfolgreicher Heldinnen-TV-Serien seit 2015: „Agent Carter“ und „Jessica Jones“ (beide Marvel) und „Supergirl“ (DC). Doch „Wonder Woman“ war der… Testballon, ob solche Figuren einen Kinofilm tragen können. Viele Fans und Kritiker mochten bereits Wonder Womans kurze Szenen in „Batman v. Superman“ (2016).
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  • Tatsächlich übertraf „Wonder Woman“ (2017) die Erwartungen, hat die besten Heldenfilm-Kritiken seit Jahren, wird von Feministinnen gefeiert und… darf jetzt als Beweis/Beruhigung dienen: Leute WOLLEN starke Frauen sehen. Große Erleichterung!
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„Falls du einen Asteroiden stoppen willst, rufst du Superman. Wenn du ein Verbrechen aufklären willst, Batman. Um einen Krieg zu beenden, Wonder Woman“, sagt WW-Autorin Gail Simone.
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Wonder Woman wird in den Comics immer wieder als umsichtige und intelligente Diplomatin gezeigt, die zeigt und reflektiert, dass jeder Mensch für viele Dinge steht: Sie selbst eben als Frau mit Superkräften, die in einem Matriarchat groß wurde. Es gibt großartige Comics über die Diplomatin, Menschenrechtlerin, Spokesperson, Feministin, Staatsfrau Wonder Woman.
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Doch es gibt auch die wütende Kriegerin mit blutbespritztem Schwert und Korsage, die leichthin Gegner abschlachtet. Fast alle Comic-Autor*innen wollen Wonder Woman als „starke Frau“ zeigen und an ihrem Beispiel erklären, was für sie eine „starke Frau“ ausmacht – doch das Ergebnis variiert von Sammelband zu Sammelband: archaische Kriegsprinzessin? Modische, bisexuelle Pop-Feminismus-Ikone? Blutrünstiges Pin-up-Girl?
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Der Film zeigt, wie Prinzessin Diana von Themyscira ihre Insel verlässt und den ersten Weltkrieg beenden will – weil sie glaubt, dass Kriegsgott Ares den Krieg angezettelt hat und es ihre Aufgabe als Amazone sei, ihn zu stoppen, mit einem Schwert namens „Godkiller“. Die große Stärke des Films: dass er die richtigen Fragen stellt… statt vorschnell Antworten zu schustern: Man schaut mit Kopfschmerzen und schlechtem Bauchgefühl, und überlegt „Jetzt will sie Frieden bringen – indem sie einen Gott ermordet?“ und „Was, wenn statt Ares einfach nur die Schlechtheit der Menschen Grund ist für den Weltkrieg?“ etc.
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Faszinierende Fragen und Widersprüche, die den Film lebendig und halbwegs spannend machen – auch, wenn die Antworten am Ende des Films dann doch recht unterkomplex ausfallen.
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Ich denke bei allen DC-Held*innenfilmen seit „The Dark Knight“ (2008) oft ans Sprichwort „Wenn du nichts anderes hast als einen Hammer, sieht jedes Problem für dich aus wie ein Nagel.“
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Wonder-Woman-Comics erzählten schon immer viel von Kriegen – weil Kriegsgott Ares einer der wichtigsten Antagonisten im Comic ist.
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Bisher aber wurde die (unsterbliche) Heldin noch nie im 1. Weltkrieg gezeigt: Das Setting macht Spaß, weil die Figur (jung, unerfahren, sah noch nie einen Mann und weiß nichts über die Moderne) und der Krieg (nihilistisch, diplomatisch verworren) schlecht zueinander passen. Im Superman-Film „Man of Steel“ bricht der unerfahrene Superman einem Gegner das Genick, weil er sich nicht anders zu helfen weiß. Seine Adoptiveltern raten ihm den ganzen Film über, die Menschheit sich selbst zu überlassen und sich ums private Glück zu kümmern: „Du schuldest diesen Leuten nichts.“
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Auch Wonder Woman hört im ersten Weltkrieg von allen Seiten kritische bis zynische Fragen: Haben die Menschen/Männer eine Heldin und Retterin verdient?
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Ich finde die Frage harsch, unsympathisch und unheroisch (…weil ich will, das idealistische Helden wie Superman und Wonder Woman GERN helfen)… doch ich freue mich, dass sie einen Nerv trifft, weil wir uns als Gesellschaft gerade ständig fragen: Wo schauen wir weg? Wessen Sorgen nehmen wir ernst? Kann die westliche Welt Weltpolizei spielen? Und: Wird etwas besser, durch militärische Stärke/Druck?
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Der Kinofilm hat, wie gesagt, keine guten Antworten. Doch erstmal sitzt man zwei Stunden im Kino und denkt „Oha. Diese Frau… kann sich selbst einsetzen wie einen Hammer. Doch all die Probleme, vor die sie im Film gestellt wird, sind doch gar keine Nägel. Was jetzt?“
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Das ist klug/spannend. Denn es passt zu einer… allgemeinen politischen Ratlosigkeit, wenn wir aktuell über Kriege, Macht, globale Verantwortung und Gerechtigkeit sprechen. „Wonder Woman“ hat Humor. Doch es ist kein Wohlfühl-Film: Weil er fast nur Probleme zeigt, die eine Kriegs-Amazone nicht ändern kann, spontan, mit einem Schwert.
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…und dann, Spoiler: 
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mein größtes Problem.
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Ich kann zwar viele „Wonder Woman“-Comics grundsätzlich empfehlen – doch es gibt zwei Elemente ihrer Geschichte, die immer wieder verändert werden: a) Hat sie einen mächtigen Vater, z.B. Zeus? und b) Ist sie moralisch stark, weil oder obwohl sie auf einer Amazonen-Insel aufwuchs?
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Die Amazonen leben auf der Insel Themyscira, abgeschottet vom Rest der Welt. Weil Amazonen-Königin Hippolyta ein Kind will, formt sie eine Figur aus Lehm/Ton. Eine Göttin hat Mitleid und haucht der Figur Leben ein: Diana/Wonder Woman ist das einzige Kind der Insel. Hippolyta ist eine weise Regentin, die Amazonen haben fortschrittliche Technologie und eine tolle Kultur – der Comic zeigt eine matriarchale, feministische Utopie (und: oft sind Hippolyta und/oder Wonder Woman selbst lesbisch oder bisexuell). So war das, schon seit 1941.
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Doch jedes Mal, wenn ein neuer Autor (fast immer sind es Männer) die Comicreihe übernimmt, ändert sich etwas:
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  • 1987 neu: die Götter schenkten den Amazonen die Insel, weil Herkules Hippolyta vergewaltigt hatte. Später aber verzeiht Hippolyta dem Vergewaltiger und verliebt sich neu in ihn. Uff.
  • 2011 neu: Die Amazonen sorgen heimlich für Nachwuchs, indem sie Matrosen auf die Insel locken, vergewaltigen, ermorden, und die männlichen Kinder verstoßen. Hippolyta wusste das und hielt es vor Wonder Woman geheim. Uff.
  • 2012 neu: Wonder Woman ist nicht aus Ton, sondern entstand beim Sex zwischen Zeus und Hippolyta. Uff.
  • 2016 neu, in „Earth One“: Wonder Woman ist die Tochter von Vergewaltiger Herkules. Uff.
  • 2016 neu, in „The Lies“ / „The Truth“: Wonder Woman darf ihre Mutter und die Amazonen-Insel nie wieder sehen oder betreten. Uff.
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Auch im Kinofilm sind die Amazonen a) krass gestrig und insgesamt eher fragwürdig/eine sterbende Kultur, und b) merkt Diana, dass ihre Mutter sie belogen hat: Zeus ist ihr leiblicher Vater.
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Das klingt wie eine Kleinigkeit/ein Detail. Doch ich finde es SO bezeichnend, schlimm, traurig, dass es seit Jahren fast keine „Wonder Woman“-Geschichte/-Version mehr gab, in der a) die Amazonen eine echte Utopie verkörperten und b) Wonder Woman wegen einer starken Mutter und einer starken Kultur zur starken Heldin wurde – nicht, weil sie in Wirklichkeit von einem besonderen Gott/Mann gezeugt wurde.
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„Wonder Woman“ (2017): tolle Frau, gute Comics, schlechter Film [Deutschlandfunk Kultur]

meine Lieblings-Zeichnung, von Maris Wicks

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heute nochmal, ganz kurz, zum Film:

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Seit 1941 fasziniert Wonder Woman in Comics. Die Verfilmung ihrer Abenteuer scheitert – doch macht Lust aufs Lesen.

„Du schuldest dieser Welt gar nichts“, warnt eine Mutter ihren Sohn – und hofft, dass er stumm bleibt, sich nicht einmischt, unter die Räder kommt. Sie heißt Martha Kent. Ihren Sohn nannte sie Clark: Er stammt vom Planeten Krypton. Der Film hieß „Man of Steel“, und war 2013 Grundstein für eine zynische, oft deprimierende Helden-Filmreihe, die auch mit „Wonder Woman“ (2017) nicht viel besser, schwungvoller, sehenswerter wird.

Am Ende von „Man of Steel“ brach Superman, der in den Comics seit Jahrzehnten versucht, niemals zu töten, einem Gegner das Genick. Ich hoffte damals, dass dieser Totschlag in einer Fortsetzung besprochen, durchdacht, in Frage gestellt wird. Stattdessen war „Batman v. Superman“ (2016) noch missmutiger, solipsistischer: Männer, die es hassen, Held zu sein und ihren Job nur machen, um Schlimmeres zu verhindern, schlagen voller Paranoia aufeinander ein. Wer will ich sein? Was habe ich der Welt zu geben? Wie kann ich helfen, sie zu gestalten?

„Wonder Woman“-Comics stellen diese Fragen seit 1941. Autoren und Autorinnen wie George Perez (ab 1987), Greg Rucka (ab 2002), Brian Azzarello (ab 2011) und Jill Thompson (2016) finden immer wieder große, politische, wunderbare Antworten. Ich habe zehn Comic-Empfehlungen hier im Link gesammelt: https://stefanmesch.wordpress.com/2017/06/15/wonder-woman-die-10-besten-comics-buchtipps-lesereihenfolge-empfehlungen/

Vom Kinobesuch rate ich ab. Denn „Wonder Woman“ ist ein besserer Film als alle DC-Comic-Verfilmungen seit „The Dark Knight“ (2008). Doch damit immer noch leider: kein guter. Prinzessin Diana lebt als einziges Kind auf der geheimen Amazonen-Insel Themyscira. Als der Spion und Pilot Steve Trevor auf der Insel notlandet und vom großen Krieg erzählt, der die Welt seit 1914 heimsucht, sind sich die Frauen einig: Kriegsgott Ares steckt dahinter. Diana, die nie zuvor einen Mann sah, zieht mit Steve in die Schützengräben Belgiens.

„Falls du einen Asteroiden stoppen willst, ruf Superman. Wenn du ein Verbrechen aufklären musst, Batman. Und um einen Krieg zu beenden, Wonder Woman“, erklärt Comicautorin Gail Simone die oft verwirrenden Mehrfachrollen der Figur: eine Prinzessin, die keine Hierarchien mag. Eine Vordenkerin aus einer vormodernen Zivilisation. Eine Diplomatin, die mit dem Schwert kämpft.

„Wonder Woman“ scheitert erst in den letzten zehn Minuten: Als die Heldin von Liebe spricht, nachdem sie Gegner zerhackte. Als sich der Weltkrieg tatsächlich beenden lässt, indem ein Kriegsgott verdroschen wird. Und als klar wird: Diese Frau ist nicht (nur) körperlich oder moralisch stark, weil sie in einer utopischen Gender-Blase aufwuchs, die Frauen stärkte und ernst nahm. Sondern (mindestens: auch), weil sie eine heimliche Tochter von Zeus ist.

Nach „Man of Steel“ war unklar, welche Lehren Superman ziehen würde. Kaum welche, zeigte erst die Fortsetzung „Batman v. Superman“. Nach „Wonder Woman“ stehen ähnliche Fragen im Raum: Was tut diese enttäuschend martialische Kriegsprinzessin in den Jahren 1918 bis 2016? Wie handelt sie im zweiten Weltkrieg? Bleibt sie unentdeckt – statt Menschen auf der ganzen Welt zu inspirieren, das 20. Jahrhundert zu prägen? Ist die Moral erneut nur ein myopisches „Du schuldest dieser Welt gar nichts“?

Wenn ein einzelner Heldenfilm wie „Ant-Man“ (2015) nur mäßig erfolgreich ist, fragt sich Hollywood nur: Investieren wir in eine Fortsetzung? Oder lieber nicht? Als der Heldinnenfilm „Supergirl“ (1984) floppte, entschied Hollywood dagegen pauschal: Superheldinnen funktionieren nicht im Kino. Lieber keinen großen Versuch mehr wagen, die nächsten 30 Jahre.

Deshalb: Wunderbar, dass „Wonder Woman“ fast nur gute Kritiken erhielt, international erfolgreich ist. Der Film macht Lust auf die Figur und ihre vielen Comics, Geschichten und Widersprüche. Er macht Lust auf weitere Filme von Regisseurin Patty Jenkins und Hauptdarstellerin Gail Gadot. Und er macht Lust auf viel mehr Blockbuster, in denen Frauen Männer retten, nicht umgekehrt. Über Krieg und Verantwortung, Unterdrückung, Moderne und Matriarchat, fremde Kulturen und das 20. Jahrhundert aber hat „Wonder Woman“ erschreckend wenig zu sagen.

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PROSANOVA 2017: Stimmen der Presse & Fotos

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Literaturfestival PROSANOVA 2017 | Foto: Mara Giese

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Alle drei Jahre findet in Hildesheim PROSANOVA statt (Website), das Festival für junge deutschsprachige Literatur.

2011, als einen der ersten Beiträge in meinem Blogs, sammelte ich die Stimmen der Presse in einem Eintrag (Link).

Auch zu PROSANOVA 2014 machte ich eine Presseschau hier im Blog (Link).

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Hier gesammelt: die wichtigsten Pressestimmen zu PROSANOVA 2017 (8. bis 11. Juni 2017, Hildesheimer Nordstadt)

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01_“Das Publikum ist sehr jung. Die Stimmung ist relaxt, aber nicht kuschelig, nur freundlich und solidarisch. Auf die Platzhirsche der deutschen Literatur hat man mit Absicht deutlicher als zuvor noch verzichtet, aber alle Stimmen, die ich höre, sind mindestens interessant. Sascha Ehlert hat in der Welt die „große, laute, wütende, böse Literatur“ auf dem Festival vermisst. Grow up. Den starken Mann zu markieren hatte auf diesem Prosanova zum Glück niemand nötig.“ Ekkehard Knörer, taz, „Liebesbriefe und Shitstorms“

02_“Welchen Einfluss kann das Prosanova auf den etablierten Literaturbetrieb haben? Und welche Impulse können davon für die Gesellschaft ausgehen? Die Sachbuchautorin Mithu Sanyal ist skeptisch: „Das sind alles Stimmen, die ich hier vertreten fühle, und die ich in der deutschen Literatur auch finde, aber ob das angekommen ist, dass das ein großer, wichtiger Teil der Literatur ist, das weiß ich nicht. Das ist immer noch dieses: Das ist eine Einzelstimme. Nein, es sind ganz viele. Das sind gar nicht mehr Einzelstimmen.“ Auf dem Prosanova bleibt die junge Literaturszene weitgehend unter sich. Selbst in Hildesheim wissen nur wenige um das Festival. Gegenwartsliteratur in der Blase oder Impulsgeber mit Einfluss?“ Simone Schlosser, Deutschlandfunk, „Literatur zwischen Stahlträgern“

03_4-Minuten-Audio-Feature von Jule Hoffmann bei Deutschlandfunk Kultur, „Das ‚andere‘ Literatur-Festival in Hildesheim“ (nur bis Dezember 2017 online)

04_“Wenn man Leute auf ihre Privilegien hinweist, fühlen sie sich oft auf den Schlips getreten. Das Festival schafft aber einen Raum für Frauen, People Of Color und nicht-binäre Personen, der sonst im Betrieb nicht vorhanden ist. Und darum geht’s: über Themen sprechen zu können, ohne die Quotenfrau dabei haben zu müssen.“ Interview mit Autorin Sirka Elspass (Fragen von Juli Zucker) Missy Magazine, „Ich will weniger höflich sein“

05_kurze Notate und Snapshots, gesammelt für Logbuch Suhrkamp

06_Mitschnitte, Podcasts, Features und kurze Texte bei Litradio

07_Beiträge für Fabian Thomas‘ Social-Media-Spiel „Diskursbingo“ bei Instagram und Twitter sowie die Hashtags pn17 (Twitter | IG) und prosanova17 (Twitter | IG)

08_“Wir haben die vitale fünfzigjährige Hundesalonbesitzerin mit dem blinden Pudel aus dem dritten Stock des Gebäudes, in dessen ersten zwei Stockwerken das Festivalzentrum liegt, im Nokia am Ohr, die uns sagt, wir sollen die Party jetzt beenden, es sei zu laut. […] wir haben nach dem Festival eine Anzeige wegen Körperverletzung am Hals, weil die vitale Frau mit dem blinden Pudel, der wir schon am ersten Abend ein Zimmer im Dorint Hotel anbieten, die aber wegen ihres Hundes nicht woanders schlafen kann, aufgrund von Schlafmangel eine Depression bekommt, am Sonntag Abend erklärt uns die Polizei, dass wir die Veranstaltung für beendet erklären müssen, andernfalls rückt die Bereitschaftspolizei aus Hannover an und räumt das Gelände, und das wird dann richtig teuer.“ PROSANOVA-Mitbegründer Paul Brodowsky über PROSANOVA 2005, Prosanova im Praesens II

09_kurze Text- und Bildmontage von mir, zur Einstimmung auf PROSANOVA 2017

10_“Ein Moment, den ich so schnell nicht vergessen werde, war die Autofahrt während der Commoonity. Eine wahnsinnig aufregende Performance. Wer da keinen Platz mehr ergattert hat, tut mir leid, denn ich hatte das krasse Gefühl von etwas sehr Einmaligem. Besonders schön war, dass ich meine Litaffin-Partnerin Juliane überredet habe, noch mitzukommen und diesen Moment mit ihr teilen konnte.“ Fotos und kurze Statements im „Humans of New York“-Stil: Ann-Kathrin Canjé, „Humans of Prosanova“

11_kurzes Abschlussinterview mit Ole Schwabe, Mitglied der Künstlerischen Leitung, bei Radio Tonkuhle, Hildesheim: „Fazit Prosanova“ (Audio)

12_“Um direkt bei Mithu M. Sanyal zu bleiben, die wirklich eine beeindruckende Frau ist, darf auch ihr Vortrag „Rape Revisited“ in meiner Highlight-Liste nicht fehlen. Ganz unprätentiös und klar hat sie über Vergewaltigung gesprochen. Welche falschen Annahmen darüber in der Gesellschaft herrschen, wie Vergewaltigungen historisch zu beleuchten sind und wie wir sie differenzierter im Verhältnis zu Sex betrachten können.“ Juliane Noßack, Poesierausch, „So war das Prosanova 17“

13_“Das Programm ist gesprächslastig, diskussionsfreudig, am Debattenpuls und eben stark auf den Prozess, die Textarbeit, Unfertiges ausgerichtet. Die Auftretenden sind zum Großteil Autorinnen. Prosanova ist immer auch: Ein Wasserstandsbericht. Eine Zustandsbeschreibung der Szene. Wie wird gerade geschrieben und worüber und worüber muss jetzt mal gesprochen werden?“ Fixpoetry, Andreas Thamm: „Plaudereien auf dem Prosanova: Birgit Birnbacher, Maren Kames, Yael Inokai“

…und, Teil 2: „Plauderein auf dem Prosanova II: Juan S. Guse, Alina Herbig“: „Weißt du einen Satz, eine Formulierung, irgendwas in deinem Buch, worüber du dich heute ärgerst? Alina: Ich glaube nicht, dass es Sätze sind, aber mir fallen beim Vorlesen immer wieder so Kleinigkeiten auf: Wieso hört der Satz da auf? Wieso habe ich da einen Punkt gemacht? Die Sachen streiche ich dann durch und lese ich auch anders. Ich habe auch ein paar Sachen schon für die zweite Auflage geändert. Es sind keine dramatischen Sachen. Andererseits glaube ich, dadurch, dass ich jetzt mit den Reaktionen auf diesen Roman konfrontiert werde, hätte ich wahrscheinlich, wenn ich die vorher mitgedacht hätte, einen ganz anderen Roman geschrieben. Ist aber vielleicht auch ganz gut, dass ich die vorher nicht hatte.“

14_“Ständig bilden sich Schlangen, obwohl es selten wirklich voll ist. Am Sonntag stellen sich Menschen schon in einer Schlange an, obwohl es bei der Insellesung auf dem Parkplatz ganz sicher keinen Einlassstopp geben wird, einfach aus Gewohnheit. Die Schlange, in der sich alle mehr oder weniger ordentlich einreihen.“ Anke Dörsam, meermoabit, „Prosanova 2017“

15_“Die Mischung aus ungewöhnlichen Lesungen, Performances, Installationen, politischen Vorträgen, Panels und Partys ist zu hundert Prozent gelungen. Das alles wurde von Studierenden organisiert und wir staunen, zu welchen Höchstleistungen diese fähig sind. […] Ein großes Klassentreffen der jungen, hippen Literatur sozusagen. Wenn in drei Jahren mehr Menschen angelockt werden könnten, die sich (noch) nicht dem Literaturbetrieb verschrieben haben, wäre der Austausch über Literatur auf dem Festival wohl noch vielseitiger.“ Litaffin, Ann-Kathrin Canjé, „Prosanova 17: Over and Out. Rückblick“

16_“Wie Sprache und Macht zusammenhängen, lerne ich außerdem noch einmal ausführlich in Hornscheidts Workshop „Exit Gender“. Gibt es etwas neben, zwischen, über oder unter „Mann“ und „Frau“? So lautet eine der Ausgangsfragen. Definitiv! Doch wie setze ich diese Varianten von Geschlecht in einem Text um, ohne dass es den Schreib- und Lesefluss stört? Indem ich beschreibe, was eine Person macht und welche Eigenschaften außer Geschlecht sie auszeichnet. Voller Eindrücke, neuer Erkenntnisse und Literaturtipps auf der persönlichen „must read“-Liste fährt Team Ullstein zurück nach Berlin und freut sich auf all das, was da zurzeit im Prozess ist und hoffentlich bald zu Büchern wird.“ Marie Krutmann im Ullstein-Blog Resonanzboden, „Was ist eigentlich junge Literatur? Spurensuche auf dem Prosanova“

17_“Was auffiel war vor allem die Menge an Diskussions- und Gesprächsformaten, die es sich zum Ziel setzten nicht nur eine junge Literatur abzubilden, sondern diese in ihrem Kontext und vor dem Hintergrund eines literarischen Betriebs zu betrachten und zu hinterfragen.“ Textmagazin, Milena, „Prosanova 17“

18_“Die inhaltliche Setzung wirkt weiterhin zu mutlos und unnötig insiderisch bis verkopft. Wo soll die große, laute, wütende, böse Literatur entstehen, die unsere Gegenwart auch mal nachhaltig kritisiert, wenn die talentiertesten Nachwuchsautorinnen und -autoren bei ihrem großen Jahrestreffen nur über öde-abstrakte Begriffe wie Material und Prozesse reden?“ Sascha Ehlert in der Welt, „Last Exit: Hildesheim“

19_“Keine fertige »große, laute, wütende, böse Literatur« wird präsentiert, wie es Sascha Ehlert in der WELT fordert, sondern eine Literatur, die sich im Prozess versteht und mit ihrem Prozesshaften arbeitet – still –, und dafür benötigt es einen affirmativen Raum, um einen respektvollen Zugang zueinander zu finden, eine Art »erhabene Besänftigung« (PM), keine giftigen Schlagabtäusche und Konfrontationen. […] Als Abbild junger Literatur hat es allemal an verschiedensten Stellen gegen die männlichen, konservativen Kollektive der Literaturlandschaft ein Zeichen gesetzt.“ Rudi Nuss im S.-Fischer-Blog hundertvierzehn, „Prosa Nova Orbis Hildesheim“

20_“*Vorlesen* gibt es nicht mehr. Aber wirklich von sich lassen möchte auch kaum ein Text. Bewegungen bleiben erstmal im Testmodus, im „Was-wäre-wenn“. Vielleicht müsste diese Literatur-Praxis sich ein Vorbild am Gelände nehmen. Wenn ich hierhin gehe und den Zaun hinter mir zuziehen lasse, komme ich nicht so schnell zurück. Bleib doch mal da, geh da doch mal weiter, verirr dich ein bisschen! Installation und Performance begegnen mir als Zitat, aber ich würde da gern weiter lesen und sehen, was passiert, wenn der Text sich von seiner Umgebung wirklich angehen lässt. Wenn er sich anstecken lässt von den Räumen und Situationen, in die er gestellt wird, statt seine eigene Atmo nochmal auszupacken. Für einen Moment.“ Tilman Richter im Merkur: Zeitschrift für europäisches Denken, „Streamen, Floaten, Driften. Prosanova-Rumhängen“

21_“Damit die Autoren auf PROSANOVA | 17 nicht in der Überzahl sind, haben wir sehr viel gelesen und nicht bloß auf die Namen vertraut, die eh schon jede°r kennt. Oft lohnt es sich, die vorgetrampelten Wege zu verlassen. Wir hätten am Anfang auch nicht gedacht, dass das so einfach geht.“ schöner Grundsatz-/Programmatiktext von Helene Bukowski bei Suhrkamp über zehn Grundsatzfragen der Festival- und Programmgestaltung, „Die zehn Eckpfeiler des Literaturfestivals PROSANOVA“

22_“Es geht um die noch andauernde Vorherrschaft des weißen, heterosexuellen Mannes. Um das einmal sehr deutlich zu sagen für diejenigen, die sich von der Terminologie weißer, heterosexueller Mann angegriffen fühlen – darin ist kein Vorwurf formuliert für das weiß– und heterosexuell-und männlich-geboren-sein, denn so ist man eben. Darin kann keine Schuld liegen. Es drückt bloß die Bewusstmachung aus, dass man durch diese angeborenen Merkmale mit dem größtmöglichen Privileg ausgestattet ist, dass man in unserer Gesellschaft genießen kann. Weil man maximal der Norm, dem Akzeptierten, dem Machtvollen und Gesehenem entspricht. Daraus entsteht ein Gefälle, das sich bewusst und unbewusst ausübt, das die Leute sortiert nach wichtig und weniger wichtig. Ein System der Über- und Unterordnung, das noch nicht allen geläufig zu sein scheint, und zu dem ich nie wieder die Klappe halten werde.“ Tatjana van der Beek, Mitglied der künstlerischen Leitung von PROSANOVA 2017, im Festivalblog über die Sexismus-Debatte am Literaturinstitut Hildesheim: „Wenn Sexismus eine Neuigkeit ist“

23_“Wann verkommen politische Forderungen und Aussagen zur bloßen Attitüde? Wann sind sie großartig und klatschen genau ins Mark der Gegenwart? Und was haben Sätze aus dem Programmheft wie die Aufführung berührt politische, soziale und emotionale Themen wie Identität, Macht und Liebe mit subtiler Direktheit eigentlich mit Literatur zu tun? Beantwortet wurden diese Punkte mal schlechter und mal besser, ganz wie es sich für ein Festival gehört, das ästhetische Risiken eingeht und nicht einfach nur Großautoren-Polonaise veranstaltet. Auffälligerweise machten viele Schreibende einfach ihr Ding, hatten wenig zu tun mit dem Wording und den Ankündigungen des Festival.“ etwas… schnippisch-ironisierender Text im Merkur von Florian Kessler & Lena Vöcklinghaus – der für mich stellenweise klingt („Wording“), als sei die Diversity und Ideologiekritik, um die sich das Festival sehr bemühte, etwas, das… „der Literatur“ hier unbeholfen aufgepfropft/angehaftet wird. „1000 kritische Bierbongs starren dich an“

…dazu noch einmal Ekkehard Knörer in der taz: „Maren Kames [hat] einen schönen kurzen Essay geschrieben als Vorwort fürs Institutsjahrbuch, gegen Angebertexte und ihre Verfasser. Aber dergleichen kann es für den scheidenden Studiengangsleiter Hans-Josef Ortheil in Hildesheim natürlich nicht geben, so hat er das Vorwort aus dem Jahrbuch gekickt. Außerdem hat das Institut wegen eines anonymen Studierendentexts gerade eine Sexismusdebatte am Hals – kein Wunder an einem Ort, an dem es kaum weibliche Lehrende gibt. Es wäre sehr zu wünschen, dass sich das und manches mehr unter Ortheils Nachfolger beziehungsweise doch hoffentlich: Nachfolgerin ändern wird.“

[kurz von mir: Mich irritiert/stört die Annahme, kritische Texte „könne es für Hanns-Josef Ortheil natürlich nicht geben“: Ich selbst fand Marens Text nicht übertrieben streitbar. Ich weiß nicht, warum er nicht als Vorwort veröffentlicht werden konnte/durfte… doch ich selbst schrieb schon ein (Link, 2007), zwei (Link, 2012) längere und kritischere Vorworte über Probleme in Hildesheim – ohne, dass Hanns-Josef Ortheil intervenierte: Ich fühlte mich von ihm bestärkt, solche Texte zu schreiben und zu veröffentlichen – auch in studiengangseigenen Verlagen. Siehe auch: Ekkehard Knörer, unten in den Kommentaren.]

24_“Das Prosanova17 ist ein Literaturfestival, das bewusst überwiegend Frauen* einlud und feministische Themen auf der Agenda hatte. Ich sitze in Lesungen und habe Tränen in den Augen, weil es sich plötzlich nicht mehr anfühlt, als könnte ich kein Teil von dem Ganzen sein. Weil Positionen gezeigt werden, mit denen ich mich identifizieren kann. Positionen, die in großen Teilen meines Studiums in Hildesheim verborgen blieben, was dazu geführt hat, dass ich mit dem Schreiben aufgehört habe, als ich her kam. Dazu muss gesagt werden, dass ich überhaupt erst mit dem Ziel zu schreiben nach Hildesheim gekommen bin. Den Fun daran hat mir das Institut ziemlich bald genommen. Lange haben mir Worte gefehlt das zu beschreiben. Aber es liegt nicht daran, dass ich nicht schreiben kann, oder nichts zu sagen habe. Es liegt daran, dass mir aber genau das suggeriert wurde – und dass ich mich in Lehrinhalten nicht wiederfinde, spielt dabei eine ausschlaggebende Rolle.“ Jana Zimmermann in Merkur: deutsche Zeitschrift für europäisches Denken: „Wir würden dann jetzt weiter machen“

25_“Politisches Bewusstsein brauchen wir heute mehr denn je. Der belanglose Hedonismus der letzten Jahre hat ausgedient. Heute wird gegen Normen und Strukturen gedacht, geschrieben, gelesen, diskutiert und getanzt. Eine Entwicklung, die das diesjährige Prosanova Festival aufgegriffen und vier Tage diskursiv und praktisch umgesetzt hat. Eine gute Möglichkeit, um den Finger in die Wunde zu legen und jede*n Besucher*in mit einem Anstoß zur Selbstreflektion nach Hause zu schicken. Zu welcher marginalisierten Gruppe gehöre ich? Welchen Machtstrukturen bin ich ausgesetzt? Welche produziere ich selbst?“ Julia Tautz auf Lesflaneurs.de

26_Fotos und kurzer Text zum Festival-Samstag von Blogger Frank R. Rudkoffsky

27_“Der eine oder andere etablierte Name also, aber nicht die ganz großen Stars – klar, es geht ja um junge Literatur. Da wundert es zwar nicht, dass das klassische Lesungspublikum ab fünfzig aufwärts ausbleibt, ein bisschen mehr Durchmischung täte dem Ganzen aber dennoch gut, man hat den Eindruck, es ist fast ausschließlich der Literaturbetrieb anwesend: Nachwuchsautoren, Lektoren, Agenten. Ich selbst bin beruflich hier und fühle mich tatsächlich wie auf Klassenfahrt. […] Alle drei Jahre findet es statt, und genauso häufig wechseln die Kuratoren und mit ihnen die Veranstaltungsorte, Fragestellungen und Künstler. Auch deshalb haftet dem Prosanova vermutlich der Charme des Provisorischen an, des Unfertigen; vielleicht liegt es aber auch nur an den verlassenen Industriehallen, die dieses Jahr als Schauplatz dienen, an der Einrichtung aus Selbstgezimmertem, Sperrmüll und Omas Wohnzimmerdeko. Ein in jeglicher Hinsicht eigenwilliges und liebevoll gestaltetes Festival.“ SchöneSeiten, Caterina Kirsten, „Prosanova | 17“

…auch Bloggerinnen & Freundinnen Mara Giese und Blauschrift sowie die Literatur-Vloggerin Luba Goldberg-Kusnetzova waren vor Ort – ich freue mich auf weitere Fazits, in den nächsten Tagen.

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28_17-Minuten-Film von Yannic Federer, „Kulturu First #17: PROSANOVA“

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…und Teresa Streiß auf Facebook über ein Orga-Grundsatzproblem:

„Prosanova 2017: haben Sie ein festivalbändchen? Haben Sie auch einen stempel? Nein durch diese tür darfst du nicht raus. Nein hier kannst du nicht rein. Nein du darfst das nicht essen. Nein essen gibt es hier nicht. Nein bitte die andere tür. Haben Sie einen stempel? (Aber auch: inhaltlich top. Und slushys mit vodka!)

[…] dieses wochenende fühlte sich so an, als hätte das orgateam über all die tolle politik und Literatur das organisieren vergessen und ganz am ende nachschieben müssen. Vielleicht Sachzwänge (so denke ich mir das zurecht), von wegen räume nicht zu voll werden lassen und so, aber eher uncharmant gelöst durch „bürokratie“ a la du brauchst diesen Stempel und dann dieses bändchen und du musst auf dieser liste stehen und die tür führt nur rein und die andere raus, aber morgen auch schon wieder anders. Gefühlt viele Kommunikationsprobleme innerhalb des teams, so sachen wie nein du ķannst nicht für jemand anderes eine karte für commoonity kaufen und abends dann hundert stunden warteliste weil warum hast du dir denn nicht von jemand anderem heute morgen schon eine kaufen gelassen? Und statt regelflexibilität und hauptziel wohlfühlen eher so nein essen dürfen nur die Künstler und vielleicht bleibt aber ja was übrig das kannst du dann vielleicht und die Künstler dürfen aber auch nur mittags und wenn sie abends wollen, müssen sie zahlen […]. Die essenssituation überhaupt eher so mau soll heißen: mittags gibt’s nix, generell, wenn man kein blaues bändchen hat. Und zeig gefälligst jedes mal deine pfandmarke, wenn du was neues kaufst, und stempel kontrollieren wir auch noch nachts um 4. (Dafür auch nachts um 4 noch: klo putzen, und geputzte klos find ich tendentiell sehr gut ja) Vielleicht würde ich zusammenfassen: sie war sehr deutsch, die junge deutsche gegenwartsliteraturorganisation. Aber wie gesagt: inhaltlich bzw von den veranstaltungen her vielleicht sogar mein liebstes prosanova bisher.“

von mir: Zustimmung. Ich wünsche mir für PROSANOVA 2020, dass das Festivalzentrum betretbar ist, ohne, vorher ein Ticket zu lösen. Dann wären nicht nur Studierende und Betriebsmenschen auf meinen Fotos – sondern hoffentlich z.B. auch viel mehr interessierte Anwohner*innen und Kurzbesucher*innen. #hermetik #blase #abgeschottet

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Fotos von mir. Tag 1 (Donnerstag, 8. Juni):

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Tag 2: Freitag, 9. Juni

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Tag 3: Samstag, 10. Juni

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Tag 4: Sonntag, 11. Juni

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…und drei Fotos vom offiziellen Festival-Fotografen Paul Olfermann:

fast 800 – großartige! – Fotos auf der Facebook-Seite (Link)

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Ich selbst studierte von 2003 bis 2008 in Hildesheim:

Bei PROSANOVA 2005 war ich Praktikant und Autor für die Festivalzeitung, 2008 Mitglied der Künstlerischen Leitung, 2011 und 2014 Gastautor bei der Festivalzeitung & Podiumsgast.

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Vielfalt, Diversity und Minderheiten im Jugendbuch: Young-Adult-Literatur gegen Rassismus (Buchtipps)

Diversity im Jugendbuch Buchtipps

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Jugendbücher mit Hauptfiguren of Color? Queeren Figuren? Held*innen mit Behinderung? Oder Bücher, die nicht in westlichen Ländern spielen?

Nicht jedes Buch mit nicht-weißen Hauptfiguren ist gleich ein Buch „gegen Rassismus“: Antirassistische Texte kenne ich vor allem als Sachbuch.

Aber: Bücher sind einer der einfachsten Wege, neue, fremde Perspektiven, Lebenswelten, Identitäten besser zu verstehen. Darum mag ich Bücher mit Hauptfiguren, die wenig mit mir gemein haben – und kenne z.B. VIEL mehr gelungene Jugendbücher von, mit und über Frauen.

Hier sind meine Empfehlungen und “bald lesen!”-Favoriten von Titeln, deren Erzähler und Erzählerinnen aus anderen Kulturen kommen, Minderheiten angehören oder Minderheitserfahrungen machen.

andere Jugendbuch-Empfehlungslisten von mir:

Buchtipps von Jugendlichen für Jugendlichen gibt es auf Bücherkinder.de; Buchtipps mit Schwarzen Hauptfiguren hier im .pdf von Berit Pohle.

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zehn diverse Jugendbücher, die ich las und sehr empfehlen kann:

  • Sharon M. Draper: „Mit Worten kann ich fliegen“ (Buch ab ca. 11; Erzählerin mit Schwerstbehinderung)
  • Susan Nussbaum: „Good Kings Bad Kings“ (Ensemble-Roman über Jugendliche mit Behinderung, teils queer, und einige Betreuer*innen; viele Figuren of Color)
  • Octavia Butler: „Vom gleichen Blut“ (feministischer Zeitreise-Roman über eine Schwarze Frau in den 70ern, die sich auf einer Plantage als Sklavin wiederfindet)
  • Claudia Gray: „Star Wars: Verlorene Welten“ (politischer Star-Wars-Roman über Mädchen und Jungen, die gemeinsam beim Imperium anheuern, ihre Erfahrungen und Privilegien.)
  • G. Willow Wilson: „Ms. Marvel“ (junge muslimische Superheldin in New Jersey, bisher 7 Bände. Band 2 ist fade, der Rest großartig!)

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Mit Worten kann ich fliegen  Good Kings Bad Kings  Vom gleichen Blut  Star Wars: Verlorene Welten (Journey to Star Wars: Das Erwachen der Macht)  Ms. Marvel, Vol. 1: No Normal

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And the Violins Stopped Playing  Go Set a Watchman  Ask the Passengers  Stuck Rubber Baby  Girl in Translation

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Im Mai las ich durch ca. 600 Leseproben von (fast nur: englischsprachigen) Young-Adult- und Middle-Grade-Novels, und fand weitere Titel, auf die ich Lust habe.

45 Bücher, angelesen, vorgemerkt, sehr gemocht:

(alle Inhaltsangaben sind die offiziellen Klappentexte, von mir leicht gekürzt.)

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Linda Sue Park: „Der lange Weg zum Wasser“ (Original: „A Long Way to Water“, 2010)

„Um für ihre Familie Wasser bei der Wasserstelle zu holen, läuft Nya täglich acht Stunden. Salva flieht aus seinem vom Krieg zerstörten Dorf. Er läuft quer durch Afrika, auf der Suche nach einem sicheren Ort und seiner verschollenen Familie. Zwei fesselnde Stimmen erzählen von Not und Vertreibung – aber auch von Hoffnung.“ [der US-Klappentext ist klüger, konkreter und nennt mehr als nur „Afrika“:  „Two stories, told in alternating sections, about a girl in Sudan in 2008 and a boy in Sudan in 1985.“]

Patricia McCormick: „Der Tiger in meinem Herzen“ (Original: „Never fall down“, 2012)

“Das radikale kommunistische Regime der Roten Khmer übernimmt die Macht in Kambodscha. Es folgt ein schrecklicher Völkermord, dem zwei Millionen Menschen zum Opfer fallen – ein Viertel der gesamten Bevölkerung. Arn hat überlebt. Doch der Preis dafür war hoch. Denn er ist selbst zum Täter geworden. Und es ist ihm schwer gefallen, den Tiger in seinem Herzen zu bändigen. Schonungslos und brutal erzählt Patricia McCormick von den Killing Fields. Es braucht nachhaltig beeindruckende Bücher wie dieses, um aufzuzeigen, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind und welche Fehler sich niemals wiederholen dürfen.”

Deborah Ellis: „Die Sonne im Gesicht“ (Original: „The Breadwinner“, 2001)

„Als ihr Vater verhaftet wird, nimmt die elfjährige Parvana seinen Platz auf dem Markt in Kabul ein. Hier hatte er den vielen Analphabeten ihre Post vorgelesen. Wegen der restriktiven Gesetze der Taliban kann sie sich jedoch nur als Junge verkleidet in der Öffentlichkeit zeigen. Und begibt sich so in große Gefahr.“

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Jason Reynolds: „Coole Nummer“ (Original: „When I was the Greatest“, 2014)

„Eine Freundschaft in Brooklyn. Ali hat sich fast sechzehn Jahre von allem Ärger ferngehalten. Dann ergibt sich die Gelegenheit, mit seinem Freund Noodles und dessen Bruder Needles auch mit den großen Jungs zu spielen. Gefährlich, wenn der Freund nur eine Riesenklappe, aber sonst nicht viel hat, und sein Bruder durch sein Tourette-Syndrom unberechenbar ist, sobald er sein Strickzeug nicht parat hat.“

Jason Reynolds: „Nichts ist okay“ (Original: „All-American Boys“, 2015)

„Rashad wollte nur eine Tüte Chips kaufen. Plötzlich wird er vor die Tür gezerrt, und ein Polizist stürzt sich auf ihn. Erst im Krankenhaus kommt Rashad wieder zu sich. Rashad ist schwarzer Hautfarbe, der Polizist ein Weißer. Beobachtet hat die Szene ein anderer Jugendlicher: Quinn Collins, weiß, Freund der Familie des Polizisten und Mitschüler von Rashad. Quinn ist schockiert. Warum wurde Rashad niedergeprügelt? Ist sein Freund, der Polizist, ein Rassist? Beide Jugendlichen erzählen ihre Geschichte. Zur selben Zeit gerät eine Stadt in Ausnahmezustand.“

Nnedi Okorafor: „Akata Witch“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2011)

„Born in New York, but living in Aba, Nigeria, twelve-year old Sunny is a little lost: She is albino and thus, incredibly sensitive to the sun. All Sunny wants to do is be able to play football and get through another day of school without being bullied. But once she befriends Orlu and Chichi, Sunny is plunged in to the world of the Leopard People, where your worst defect becomes your greatest asset. Together, Sunny, Orlu, Chichi and Sasha form the youngest ever Oha Coven. Their mission is to track down Black Hat Otokoto, the man responsible for kidnapping and maiming children.“

Nnedi Okorafor schreibt Science-Fiction-, Fantasy- und Jugendromane, oft afrofuturistisch – die auch in Deutschland erscheinen, im Verlag Cross Cult. „Akata Witch“ (und eine geplante Fortsetzung, 2017) sind noch nicht auf Deutsch erschienen.

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Johanna Reiss: „Und im Fenster der Himmel“ (Original: „The upstairs Room“, 1972)

„Herbst 1941: Als die Deutschen die Niederlande besetzen, geraten die neunjährige Annie und ihre Schwester in große Gefahr – weil sie Juden sind. Hilfreiche Bauern verstecken die beiden Schwestern in einer kleinen Kammer auf dem Dachboden. Fast drei Jahre lang leben sie dort in drangvoller Enge und sehnen sich nach frischer Luft und Bewegung.“

Gloria Whelan: „Stich für Stich“ (Original: „Homeless Bird“, 2000)

„Eine dreizehnjährige Inderin wird mit einem ihr unbekannten Mann verheiratet, der kurz darauf stirbt. Als Witwe hat sie in der indischen Gesellschaft jede Existenzberechtigung verloren und wird von der Schwiegermutter versklavt. Ganz unten angekommen, findet sie Hilfe und einen Ansatz zu einem weitgehend selbstbestimmten Leben.“

Cynthia Kadohata: „Kira-Kira“ (Original: selber Titel, 2004)

„‚Kira-Kira‘ bedeutet ‚glänzend, leuchtend‘. Genau dieses Leuchten zaubert Lynn ihrer kleinen Schwester Katie jeden Tag herbei, selbst, als das Leben für sie dunkler wird: Sie ist eine Meisterin darin, immer wieder aufs Neue die glänzenden Dinge des Lebens zu zeigen. Ob das Blau des Himmels oder der Glanz in den Augen des anderen, obwohl es die aus Japan stammende Familie im Amerika der 1950er Jahre alles andere als leicht hat.“

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Nicola Yoon: „The Sun is also a Star“ (Original: selber Titel, 2016)

„Schicksalsfäden einer großen Liebe. Als Daniel und Natasha in New York aufeinander treffen, verguckt er sich sofort in das jamaikanische Mädchen. Die zwei teilen einen Tag voller Gespräche über das Leben, ihren Platz darin und die Frage: Ist das zwischen uns Liebe? Doch Natasha soll noch am selben Abend abgeschoben werden.“

Holly Goldberg Sloan: „Glück ist eine Gleichung mit 7“ (Original: „Counting by 7s“, 2013)

„Willow ist ein Energiebündel, denkt immer positiv und interessiert sich für alles: Sie studiert das Verhalten von Fledermäusen, züchtet Zitrusfrüchte im Garten und begeistert sich für die Schönheit der Zahl 7. Ihr größter Wunsch ist es, gleichaltrige Freunde zu finden. Dafür lernt sie sogar Vietnamesisch. Doch dann verunglücken ihre Adoptiveltern bei einem Autounfall. Es ist wie ein Wunder, wie Willow mit ihrer Art zu denken – ihrer Hochbegabung – und ihrem ungebrochenen Charme ihre Welt zusammenhält.“

Lisa Williamson: „Zusammen werden wir leuchten“ (Original: „The Art of being normal“, 2015)

“David ist 14 und wünscht sich, ein Mädchen zu sein. Das seinen Eltern zu beichten, steht auf seiner To-do-Liste für den Sommer gaaaanz unten. Bisher wissen nur seine Freunde Essie und Felix Bescheid, die bedingungslos zu ihm halten und mit denen er jede Peinlichkeit weglachen kann. Aber wird David je als Mädchen leben können? Und warum fasziniert ihn der geheimnisvolle Neue in der Schule so sehr?” [ich HASSE, dass dieser Klappentext Transsexualität und “beichten”/”Peinlichkeit” so nah aneinander rückt.]

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Carole Wilkinson: „Hüterin des Drachen“ (Original: „Dragon Keeper“, 2003, Band 1 einer bisher sechsbändigen Reihe)

„141 v. Chr. im China der Han-Dynastie: Die elfjährige Ping, die als Sklavin beim Kaiserlichen Drachenhüter lebt, wagt gemeinsam mit dem Drachen Long Danzi die Flucht aus dem Schloss. Ziel der beiden ist das Meer, an das Long Danzi einen wertvollen und geheimnisvollen Drachenstein bringen will. Die weite Reise bringt die beiden mehr als einmal in Lebensgefahr, doch Ping wächst in ihre Rolle als Drachenhüterin hinein.“

Sharon Creech: „Salamancas Reise“ (Original: „Walk two Moons“, 1994)

„Salamanca reist mit ihren Großeltern quer duch die Vereinigten Staaten. Es ist die gleiche Reise, zu der ihre Mutter vor Monaten aufgebrochen und von der sie nie mehr zurückgekehrt ist. Salamanca besucht alle Orte, die auch ihre Mutter besucht hat. Unentwegt hofft Salamanca, ihre Mutter wiederzufinden – bis die verdrängte Wahrheit ihres tödlichen Unfalls zur Gewissheit wird.“

Lynne Kelly: „Chained“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2012)

„After ten-year-old Hastin’s family borrows money to pay for his sister’s hospital bill, he leaves his village in northern India to take a job as an elephant keeper and work off the debt. He thinks it will be an adventure, but he isn’t prepared for the cruel circus owner. The crowds that come to the circus see a lively animal who plays soccer and balances on milk bottles, but Hastin sees Nandita, a sweet elephant and his best friend. Hastin knows that the only way they will both survive is if he can find a way for them to escape.”

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30 weitere Jugendbücher – bisher nur auf Englisch:

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Wendy Wan-Long Shang: „The Great Wall of Lucy Wu“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2011)

„Lucy Wu, aspiring basketball star and interior designer, is ready to rule the school as a sixth grader. Then she finds out that Yi Po, her beloved grandmother’s sister, is coming to visit for several months – and is staying in Lucy’s room. Lucy’s vision of a perfect year begins to crumble, and in its place come an unwelcome roommate, foiled birthday plans, and Chinese school with the awful Talent Chang.“

Grace Lin: „Dumpling Days“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2012; Band 3 einer Reihe – doch der erste, der mir Lust macht)

„This summer, Pacy’s family is going to Taiwan for an entire month to visit family and prepare for their grandmother’s 60th birthday. Pacy’s parents have signed her up for a Chinese painting class, and at first she’s excited. But everything about the trip is harder than she thought it would be – she looks like everyone else but can’t speak the language, she has trouble following the art teacher’s instructions, and it’s difficult to make friends in her class. At least the dumplings are delicious. As the month passes by, Pacy eats chicken feet (by accident!), gets blessed by a fortune teller, searches for her true identity, and grows closer to those who matter most.“

Yoshiko Uchida: „A Jar of Dreams“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 1981)

„Growing up in California during the depression isn’t easy for eleven-year-old Rinko. She desperately wants to fit in and be like everyone else, but instead she is ridiculed and made to feel different because she is Japanese. But when Aunt Waka comes to visit, she teaches Rinko the importance of her Japanese heritage, and the value of her own strengths and dreams.“

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Leanne Hall: „Iris and the Tiger“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 201x)

„Twelve-year-old Iris has been sent to Spain on a mission: to make sure her elderly and unusual aunt, Ursula, leaves her fortune–and her sprawling estate–to Iris’s scheming parents. But from the moment Iris arrives at Bosque de Nubes, she realises something isn’t quite right. There is an odd feeling around the house; while outside, in the wild and untamed forest, a mysterious animal moves through the shadows. When Iris discovers a painting named Iris and the Tiger, she sets out to uncover the animal’s real identity – putting her life in terrible danger.“

Natalie Dias Lorenzi: „Flying the Dragon“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 201x)

„American-born Skye knows little of her Japanese heritage. Her father taught her to speak the language, but when their estranged Japanese family, including Skye’s grandfather, suddenly move to the United States, Skye must be prepared to give up her All-Star soccer dreams to take Japanese lessons and to help her cousin, Hiroshi adapt to a new school. Hiroshi, likewise, must give up his home and his hopes of winning the rokkaku kite-fighting championship with Grandfather. Faced with language barriers, culture clashes and cousin rivalry, Skye and Hiroshi have a rocky start. But a greater shared loss brings them together. They learn to communicate, not only through language, but through a common heritage and sense of family honor. At the rokkaku contest at the annual Washington Cherry Blossom Festival, Hiroshi and Skye must work as a team in order to compete with the best.“

Lisa Travis: „Pack-n-Go-Girls Adventure: Thailand, 1 – Mystery of the Golden Temple“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2014)

„Nong May and her family have had a lot of bad luck lately. When nine-year-old Jess arrives in Thailand and accidentally breaks a special family treasure, it seems to only get worse. Pack-n-Go Girls introduces children ages 6-9 to different countries around the world: early chapter book adventures, packed with spooky mysteries, international friendships, and lots of fun and easy multicultural learning.“ [Es gibt auch drei Romane der Reihe, die in Österreich spielen.]

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Meg Medina: „Yaqui Delgado wants to kick your Ass“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2013)

„Some girl tells Piddy Sanchez that Yaqui Delgado hates her and wants to kick her ass. Piddy doesn’t even know who Yaqui is. Word is that Yaqui thinks Piddy isn’t Latin enough with her white skin, good grades, and no accent. At first Piddy is more concerned with trying to find out more about the father she’s never met and how to balance honors courses with her weekend job at the neighborhood hair salon. But as the harassment escalates, avoiding Yaqui and her gang starts to take over Piddy’s life.“

Pam Munoz Ryan: „Becoming Naomi León“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2004)

„Naomi Soledad Leon Outlaw has clothes sewn in polyester by Gram, and difficulty speaking up at school. But with Gram and her little brother, Owen, Naomi’s life at Avocado Acres Trailer Rancho in California is happy and peaceful… until their mother reappears after seven years of being gone, stirring up all sorts of questions and challenging Naomi to discover and proclaim who she really is.“

Esmeralda Santiago: „Almost a Woman“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 1998)

„‚Negi‘, as Santiago’s family affectionately calls her, leaves rural Macún in 1961 to live in a three-room tenement apartment with seven young siblings, an inquisitive grandmother, and a strict mother who won’t allow her to date. At thirteen, Negi yearns for her own bed, privacy, and a life with her father, who remains in Puerto Rico. Translating for Mami at the welfare office in the morning, starring as Cleopatra at New York’s prestigious Performing Arts High School in the afternoons, and dancing salsa all night, she yearns to find balance between being American and being Puerto Rican. When Negi defies her mother by going on a series of hilarious dates, she finds that independence brings its own set of challenges.“

Eine Autobiografie, kein Jugendbuch. Ein ähnlicher Titel, den ich sehr mochte: „Wie eine Feder auf dem Atem Gottes“ von Sigrid Nunez.

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Renée Watson: „Piecing me together“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2017)

Jade believes she must get out of her neighborhood if she’s ever going to succeed. Her mother says she has to take every opportunity. She accepted a scholarship to a mostly-white private school and even Saturday morning test prep opportunities. But some opportunities feel more demeaning than helpful. Like an invitation to join Women to Women, a mentorship program for “at-risk” girls. Except really, it’s for black girls. From “bad” neighborhoods. But Jade doesn’t need support. And just because her mentor is black doesn’t mean she understands Jade. Friendships, race, privilege, identity—this compelling and thoughtful story explores the issues young women face.

Christopher Grant: „Teenie“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2010)

„High school freshman Martine (Teenie for short) is a good student. She’s desperate to be accepted into a prestigious study abroad program in Spain so that she can see what life is like beyond the streets of Brooklyn. But when the captain of the basketball team starts to pay attention to her and Cherise, her best friend, meets a guy online, Teenie’s mind is on anything but her schoolwork. Can Teenie get her act together in time to save her friendship with Cherise and save herself from a potentially dangerous relationship?“

Sharon G. Flake: „The Skin I’m in“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 1998)

„Thirteen-year-old Maleeka, uncomfortable because her skin is extremely dark, meets a new teacher with a birthmark on her face and makes some discoveries about how to love who she is and what she looks like: Miss Saunders, whose skin is blotched with a rare skin condition, serves as a mirror to Maleeka’s struggle. Miss Saunders is tough, and through this, Maleeka learns to stand up to tough-talking Charlese.“

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Shelia P. Moses: „Joseph“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2008)

„For Joseph Flood, life is tough. Tough because of Mama’s addiction to drugs and alcohol. Tough because Daddy is away with the army fighting in Iraq. Tough because it looks like there’s no way out once you’re living in a homeless shelter in a North Carolina ghetto neighborhood. And tough because Joseph is enrolled in yet another new school where he doesn’t know anyone and has to keep what’s going on in his life a secret. Joseph struggles to keep Mama clean while trying to make new friends and join the school tennis team. Can a boy who’s only fifteen years old win his daily battle to survive?“

Matt de la Pena: „We were here“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2009)

„When it happened, Miguel was sent to Juvi. The judge gave him a year in a group home—said he had to write in a journal so some counselor could try to figure out how he thinks. The judge had no idea that he actually did Miguel a favor. Ever since it happened, his mom can’t even look at him in the face. Most of the time, running away is the quickest path right back to what you’re running from.“

J. A. McLachlan: „The occasional Diamond Thief“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2014)

„On his deathbed, Kia’s father discloses a secret to her: a magnificent diamond he has been hiding for years. Fearing he stole it, she too keeps it secret. She learns it comes from the distant colonized planet of Malem, where her father caught the illness that eventually killed him. When she is training to be a translator, she is co-opted into travelling to Malem. Using her skill in languages and her skill of picking locks, she learns what she must do to set things right: return the diamond to its original owner. But how will she find out who that is when no one can know that she, an off-worlder, has a Malemese diamond?“

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Linda Williams Jackson: „Midnight without a Moon“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2017)

„Rose Lee Carter, a 13-year-old African-American girl, dreams of life beyond the Mississippi cotton fields during the summer of 1955. Her world is rocked when a 14-year-old African-American boy, Emmett Till, is killed for allegedly whistling at a white woman.“

Jean Alicia Elster: „The Colored Car“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2013)

„Coming of age in Depression-era Detroit. In the hot summer of 1937, twelve-year-old Patsy takes care of her three younger sisters. Times are tough, and Patsy’s mother helps neighborhood families by sharing the food that she preserves. But May’s decision to take a break from canning to take her daughters for a visit to their grandmother’s home in Clarksville, Tennessee, sets in motion a series of events that prove to be life-changing for Patsy. After boarding the first-class train car at Michigan Central Station in Detroit and riding comfortably to Cincinnati, Patsy is shocked when her family is led from their seats to change cars. In the dirty, cramped „colored car,“ Patsy finds that the life she has known in Detroit is very different from life down south. As summer wears on, Patsy must find a way to understand her experience in the colored car and also deal with the more subtle injustices that her family faces in Detroit.“

April Sinclair: „Coffee will make you black“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 1995)

„Set on Chicago’s Southside in the mid-to-late 60s, Coffee Will Make You Black is the moving and entertaining tale of Jean „Stevie“ Stevenson, a young black woman growing up through the Civil Rights and Black Power movements. The novel opens at a time when, for black families, seeing a black person on television was an event; when expressions like „I don’t want nothing black but a Cadillac“ and „Coffee will make you black“ were handed down from one generation to the next without comment. Stevie is a bookworm, yet she longs to fit in with the cool crowd. Fighting her mother every step of the way, she begins to experiment with talkin‘ trash, „kicking butt,“ and boys. With the assassination of Dr. King she gains a new political awareness, which makes her decide to wear her hair in a ‚fro instead of straightened, to refuse to use skin bleach, and to confront the prejudice she observes in blacks as well as whites. April Sinclair writes frankly about a young black woman’s sexuality, and about the confusion Stevie faces when she realizes she’s more attracted to the school nurse — who is white — than her teenage boyfriend.“

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Ronald Kidd: „Night on Fire“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 201x)

„Thirteen-year-old Billie Simms doesn’t think her hometown of Anniston, Alabama, should be segregated. When she learns that the Freedom Riders, a group of peace activists riding interstate buses to protest segregation, will be traveling through Anniston on their way to Montgomery, she thinks that maybe change is finally coming. But what starts as a series of angry grumbles soon turns to brutality as Anniston residents show just how deep their racism runs. Billie is about to come to grips with the deep-seated prejudice of those she once thought she knew, and with her own inherent racism that she didn’t even know she had.“

Robin Talley: „Lies we tell ourselves“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2014)

„In 1959 Virginia, the lives of two girls on opposite sides of the battle for civil rights will be changed forever. Sarah Dunbar is one of the first black students to attend the previously all-white Jefferson High School. An honors student at her old school, she is put into remedial classes, spit on and tormented daily. Linda Hairston is the daughter of one of the town’s most vocal opponents of school integration. She has been taught all her life that the races should be kept separate but equal. Forced to work together on a school project, Sarah and Linda must confront harsh truths about race, power and how they really feel about one another.“

Deborah Wiles: „Revolution“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2014)

It’s 1964, and Sunny’s town is being invaded.  Or at least that’s what the adults of Greenwood, Mississippi, are saying. All Sunny knows is that people from up north are coming to help people register to vote.  They’re calling it Freedom Summer. Sunny has a new stepmother, a new brother, and a new sister crowding her life, giving her little room to breathe. And things get even trickier when Sunny and her brother are caught sneaking into the local swimming pool–where they bump into a mystery boy whose life is going to become tangled up in theirs.“

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Aisha Saeed: „Written in the Stars“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2015)

„Naila’s conservative immigrant parents have always said the same thing: She may choose what to study, how to wear her hair, and what to be when she grows up—but they will choose her husband. Following their cultural tradition, they will plan an arranged marriage for her. And until then, dating—even friendship with a boy—is forbidden. When Naila breaks their rule by falling in love with Saif, her parents are livid. Convinced she has forgotten who she truly is, they travel to Pakistan to visit relatives and explore their roots. But Naila’s vacation turns into a nightmare when she learns that plans have changed—her parents have found her a husband and they want her to marry him, now! Despite her greatest efforts, Naila is aghast to find herself cut off from everything and everyone she once knew. Her only hope of escape is Saif . . . if he can find her before it’s too late.“

Nancy Garden: „Annie on my Mind“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 1982)

„This groundbreaking book is the story of two teenage girls whose friendship blossoms into love and who, despite pressures from family and school that threaten their relationship, promise to be true to each other and their feelings.“

Emily M. Danforth: „The Miseducation of Cameron Post“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2012)

„When Cameron Post’s parents die suddenly in a car crash, her shocking first thought is relief. Relief they’ll never know that, hours earlier, she had been kissing a girl. Cam is soon forced to move in with her conservative aunt Ruth and her well-intentioned but hopelessly old-fashioned grandmother. Survival in Miles City, Montana, means blending in. Then Coley Taylor moves to town. Beautiful, pickup-driving Coley is a perfect cowgirl with the perfect boyfriend to match. She and Cam forge an unexpected and intense friendship — one that seems to leave room for something more to emerge. But just as that starts to seem like a real possibility, ultrareligious Aunt Ruth takes drastic action to ‘fix’ her niece.“

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Shaun David Hutchinson: „At the Edge of the Universe“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2017)

„Tommy and Ozzie have been best friends since the second grade, and boyfriends since eighth. Then, Tommy vanished. More accurately, he ceased to exist, erased from the minds and memories of everyone who knew him. Everyone except Ozzie. When Ozzie is paired up with the reclusive and secretive Calvin for a physics project, it’s hard for him to deny the feelings that develop between them, even if he still loves Tommy. But Ozzie knows there isn’t much time left to find Tommy.“

Andrew Smith: „Stick“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2011)

„Fourteen-year-old Stark McClellan (nicknamed Stick because he’s tall and thin) is bullied for being “deformed” – he was born with only one ear. His older brother Bosten is always there to defend Stick. But the boys can’t defend one another from their abusive parents. When Stick realizes Bosten is gay, he knows that to survive his father’s anger, Bosten must leave home.“

Elly Swartz: „Finding Perfect“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2016)

„Molly’s mother leaves the family to take a faraway job with the promise to return in one year. Molly knows that promises are often broken, so she hatches a plan to bring her mother home: Win the Lakeville Middle School Slam Poetry Contest. Molly’s sure her mother would never miss that. Right…? But as time goes on, writing and reciting slam poetry become harder. Actually, everything becomes harder as new habits appear, and counting, cleaning, and organizing are not enough to keep Molly’s world from spinning out of control.“

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Wendelin Van Draanen: „The Running Dream“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2011)

„Jessica thinks her life is over when she loses a leg in a car accident. She’s not comforted by the news that she’ll be able to walk with the help of a prosthetic leg. Who cares about walking when you live to run? As she struggles to cope with crutches and a first cyborg-like prosthetic, Jessica feels oddly both in the spotlight and invisible. People who don’t know what to say, act like she’s not there.“

Sarah Miller: „Miss Spitfire. Reaching Helen Keller“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2007)

„Annie Sullivan was little more than a half-blind orphan with a fiery tongue when she arrived at Ivy Green in 1887. Desperate for work, she’d taken on a seemingly impossible job — teaching a child who was deaf, blind, and as ferocious as any wild animal. But Helen Keller needed more than a teacher. And if anyone was a match for Helen, it was the girl they used to call Miss Spitfire.“

Ginny Rorby: „Hurt go happy“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2006)

„Thirteen-year-old Joey Willis is used to being left out of conversations. Though she’s been deaf since the age of six, Joey’s mother has never allowed her to learn sign language. Everything changes when Joey meets Dr. Charles Mansell and his baby chimpanzee, Sukari. Her new friends use sign language to communicate, and Joey secretly begins to learn to sign. But as Joey’s world blooms with possibilities, Charlie’s and Sukari’s choices begin to narrow–until Sukari’s very survival is in doubt.“

Bücher mit Jungen, Bücher für Jungen: Kinderbücher und Jugendbücher (Buchtipps)

(Foto: Teil eines Bühnenbildes von Simone Dede Ayivi. „Planet X“, Theater im Pavillon Hannover)

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Bücher für Jungen von 9 bis ca. 13, 14, 15?

Mich nervt, wenn Produkte nach Geschlecht getrennt werden.

Bücher sind einer der einfachsten Wege, neue, fremde Perspektiven, Lebenswelten, Identitäten besser zu verstehen. Darum mag ich Bücher mit Hauptfiguren, die wenig mit mir gemein haben – und kenne VIEL mehr gelungene Jugendbücher von, mit und über Frauen.

Falls jemand Bücher über männliche Kinder sucht, oder einem männlichen Kind ein Buch geben will, in dem es sich besonders leicht und gut wiederfinden/spiegeln kann: Hier sind meine Empfehlungen und „bald lesen!“-Favoriten.

In den USA wird meist getrennt zwischen Young-Adult-Literatur (für Leser*innen im High-School-Alter, ab ca. 14) und den „Middle-Grade-Novels“: Romane zwischen 150 und 250 Seiten, oft in recht einfacher Sprache. Hier im Eintrag geht es um diese Bücher: kürzer, einfacher, oft etwas didaktischer als die – auch in Deutschland aktuell populäre – Young-Adult-Literatur.

Empfehlungslisten von mir:

Buchtipps von Jugendlichen für Jugendlichen gibt es auf Bücherkinder.de; Buchtipps mit Schwarzen Hauptfiguren hier im .pdf von Berit Pohle.

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zehn Jugendbücher über/mit Jungs, die ich las und sehr empfehlen kann:

 

 

.The Thief of Always  Löcher. Die Geheimnisse von Green Lake.  Hüter der Erinnerung  Krabat  Tanz der Tiefseequalle: Roman
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Asche fällt wie Schnee  The Invention of Hugo Cabret  Nagle einen Pudding an die Wand  Okay for Now  Rebels - Servants of the Empire - Imperial Justice
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sowie:

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Vertraute Fremde  This Boy's Life  How to be Gay: Alles über Coming-out, Sex, Gender und Liebe
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keine Empfehlung: David Benioffs oberflächlicher Leningrad-Roman „Stadt der Diebe“ und die schrecklich zusammen-fantasierte Holocaust-Parabel „Der Junge im gestreiften Pyjama“ von John Boyne.

Im Mai las ich durch ca. 600 Leseproben von Middle-Grade-Novels, und fand weitere Titel, auf die ich Lust habe.:

über 30 Bücher, angelesen, vorgemerkt, sehr gemocht:

(alle Inhaltsangaben sind die offiziellen Klappentexte, von mir leicht gekürzt.)

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Wesley King: Daniel is different (Original: „OCDaniel“, 2016)

„Bloß nicht auffallen! Daniel hofft, dass niemand seine komischen Angewohnheiten bemerkt. Doch als er plötzlich eine mysteriöse Nachricht erhält, ist es gar nicht mehr so leicht, sich zu verstecken: Auf einmal wird aus Daniels Leben ein richtiger Krimi.“

Brian Selznick: Wunderlicht (Original: „Wonderstruck“, 2011)

„»Wunderlicht« verknüpft zwei fesselnde Geschichten: Ben fühlt sich seit dem Tod seiner Mutter verlassen. Rose, die allein bei ihrem Vater lebt, ist fünfzig Jahre zuvor genauso einsam. Als Ben im Nachlass seiner Mutter einen geheimen Hinweis entdeckt und Rose sich eine einmalige Gelegenheit zur Flucht bietet, ergreifen die beiden Kinder die Chance und riskieren alles, um das zu finden, was sie so sehr vermissen: Freundschaft, Liebe und Geborgenheit.“

Mike Revell: Wundervogel (Original: „Stonebird“ 2015)

„Liams Familie zieht nach Swanbury, ins Haus seiner Großmutter. Hier begegnet er der geflügelten Steinfigur vom Dach der Kirche. Wundervogel entpuppt sich als Beschützer und Bewacher über Liams neues Leben. Mit Wundervogels Hilfe kann Liam Dinge geschehen lassen, die vorher nur in seiner Phantasie möglich waren. Als Liam schließlich das alte Tagebuch seiner Großmutter in die Hände fällt, stellt er fest: Auch Großmutter hat Wundervogel gekannt – und er scheint gleichzeitig der Schlüssel zu einem großen Geheimnis zu sein, das sie hütet…“

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Christian Duda: „Gar nichts von allem“ (Originalausgabe, 2016)

„Magdi ist 11, und glühender Fan des Boxers Mohammed Ali. Denn Ali ist stark, fair und unbesiegbar. Ganz anders als Vater. Der buckelt nach oben und tritt nach unten. Unten, da stehen Magdi und seine drei Geschwister. Und Mutter. Was den arabischen Vater und die deutsche Mutter eint, ist der Wille, »gebührliche« Kinder großzuziehen. Bloß nicht unangenehm auffallen! Deshalb müssen Magdi und seine Geschwister besser sein als die anderen. Und wenn sie nicht besser sind, dann hilft Vater nach. Christian Duda blickt zurück in die 1970er Jahre: ein Kind in der Zange zwischen gesellschaftlichen Ressentiments und innerfamiliärem Druck.“

Sally Nicholls: „Wie man unsterblich wird“ (Original: „Ways to live forever“, 2008)

„Sam ist elf und hat Leukämie. Seine Beobachtungen und Gedanken hält er in einem Tagebuch fest – mit dem wissenschaftlichen Vorsatz, sein Sterben für die Nachwelt zu dokumentieren. Doch bevor es so weit ist, will er sein Leben in vollen Zügen genießen. Zusammen mit seinem ebenfalls krebskranken Freund Felix erstellt er eine Liste mit Dingen, die er unbedingt noch erleben will: einen Weltrekord aufstellen. Teenager sein. In einem Luftschiff fahren. Und tatsächlich gelingt es den beiden, die Liste auf höchst originelle Weise abzuarbeiten.“

Susin Nielsen: „Die hohe Kunst, unterm Radar zu bleiben“ (Original: „The reluctant Journal of Henry K. Larsen“, 2012)

„Wehe, es kommt raus, was Henrys Bruder getan hat. Weil Henry (13), seit ES passiert ist, nur noch Robotersprache spricht, hockt er viel beim Seelendoc. Als er Alberta trifft, die zwar auch nicht normal, aber ziemlich toll ist, fragt er sich, ob es für ihn tatsächlich ein Leben DANACH gibt.“

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Sue Townsend: „Adrian Mole“ (fiktive Tagebuchreihe, ab 1984. Vergleichbar mit „Berts Katastrophen“, aber smarter)

„Pickel, Schule und Mädchen. Mal altklug, mal herzerfrischend naiv kommentiert er aus der Sicht des Heranwachsenden die – für seine Begriffe – reichlich verworrene und undurchschaubare Erwachsenenwelt. Ihm ist unbegreiflich, wie der Rundfunk seine Gedichte ablehnen kann. Adrian sieht sich als missverstandener Intellektueller und allein gelassen im Kampf gegen eine uneinsichtige, unsensible Umwelt.“ (der erste Sammelband auf Deutsch: hier)

Markus Zusak: „Der Joker“ (Original: „I am the Messenger“, 2002)

„In Eds Briefkasten liegt eine Spielkarte. Darauf stehen drei Adressen. Die Neugier treibt ihn hin zu diesen Orten, doch was er dort sieht, bestürzt ihn zutiefst: drei unerträglich schwere Schicksale. Etwas in Ed schreit: »Du musst handeln! Tu endlich was!« Dreimal fasst er sich ein Herz, dreimal verändert er Leben. Doch wer ihn auf diese eigenartige Mission geschickt hat, ist ihm völlig schleierhaft. Eine Geschichte über Zivilcourage, mit viel Situationskomik erzählt.“

Katherine Applegate: „Der unvergleichliche Ivan“ (Original: „The one and only Ivan“, 2012)

„Ivan, ein Silberrücken-Gorilla, lebt in einer heruntergekommenen Zirkus-Mall. Sein Hobby ist die Kunst: Er überlegt, wie er den Geschmack einer Mango oder das Rauschen der Blätter in Farben und Linien festhalten kann. Doch als mit Ruby, dem Elefantenbaby, eine neue Attraktion in die Mall kommt, wird Ivan aus seiner Lethargie gerissen.“

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Jack Cheng: „Hallo Leben, hörst du mich?“  (Original: „See you in the Cosmos“, 2017)

„Der 11-jährige Alex plant, seinen iPod mit einer selbstgebauten Rakete ins All zu schießen, um den Außerirdischen das Leben auf der Erde zu erklären. Gemeinsam mit seinem Hund Carl Sagan wagt er die große Reise quer durchs Land zu einer Convention von Raketen-Nerds. Dabei lernt er nicht nur die unterschiedlichsten Menschen kennen, sondern erfährt auch eine Menge über Freundschaft, Familie und Liebe.“

Benjamin Alire Sáenz: „Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“  (Original: „Aristotle and Dante discover the Secrets of the Universe“, 2012)

„Dante kann schwimmen. Ari nicht. Dante kann sich ausdrücken und ist selbstsicher. Ari fallen Worte schwer und er leidet an Selbstzweifeln. Dante geht auf in Poesie und Kunst. Ari verliert sich in Gedanken über seinen älteren Bruder, der im Gefängnis sitzt. Mit seiner offenen und einzigartigen Lebensansicht schafft es Dante, die Mauern einzureißen, die Ari um sich herum gebaut hat. Ari und Dante werden Freunde.“

Benjamin Alire Sáenz: „Die unerklärliche Logik meines Lebens“  (Original: „The inexplicable Logic of my Life“, 2017)

„Sich gegenseitig auffangen – das haben Sal und seine beste Freundin Samantha bisher immer geschafft. Doch gelingt das auch im größten Chaos? Das letzte Schuljahr stellt ihre Freundschaft auf eine harte Probe: Sam gerät an einen wirklich miesen Typen, während Sal versucht, nicht zu einem zu werden.“

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Stuart Gibbs: „Spion auf Probe“ (Original: „Spy School“, 2012; bisher fünf Bände.)

„Ben ist 13. Spion sein – das war schon immer sein größter Traum. Eines Tages steht ein waschechter Geheimagent vor ihm: Ab sofort darf er die CIA-Spionage-Schule besuchen. Ben ist ziemlich intelligent und kann super mit Zahlen umgehen, aber als Sportskanone würde er sich nicht bezeichnen. Ben lernt ziemlich schnell, dass es gar nicht so leicht ist, ein Spion zu sein…“

David Baddiel: „Der total verrückte Elterntausch“ (Original: „The Parent Agency“, 2014)

„Welcher Neunjährige wünscht sich nicht ab und zu bessere Eltern? Barrys Eltern sind nicht nur langweilig, arm und immer müde – sie haben ihn auch noch Barry genannt, was nun wirklich unverzeihlich ist. Barry wird in eine Welt katapultiert, in der sich Kinder ihre Eltern aussuchen können. Wie es ist, so richtig reiche Eltern zu haben (wie die Scheffel-Reibachs)? Oder berühmte und glamouröse (wie das Starduo Vlassorina)?“

Michelle Cuevas: „Kasimir Karton. Mein Leben als unsichtbarer Freund“ (Original: „Confessions of an imaginary Friend“, 2015)

„Manchmal wundert sich Kasimir schon, warum ihn niemand beachtet. Im Sportunterricht wird er nicht als Letzter ins Team gewählt, er wird gar nicht gewählt. Der Busfahrer schließt die Tür vor seiner Nase, und seine Eltern vergessen, ihm bei den Mahlzeiten einen Teller hinzustellen. Nur seine Zwillingsschwester Fleur hält zu ihm. Eines Tages macht er eine schockierende Entdeckung: Er ist unsichtbar! Fleur hat sich ihn ausgedacht! Mit dem Wunsch, ein echter Junge zu werden, begibt sich Kasimir auf eine lange Reise…“

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Adam Rex: „Happy Smekday“ (weibliche Hauptfigur, Vorlage zum Disney-Film „Home“; Original von 2007)

„Es ist Weihnachten, als überall auf der Welt Aliens landen. Sie benennen die Erde in „Smekland“ um und entführen Gratuitys Mum. Das will sich die Elfjährige nicht gefallen lassen: Sie trifft den tollpatschigen Alien J.Lo, und reist in einem schwebenden Auto quer durch die USA. Eine skurrile, einfühlsame und immer wieder überraschende Alien-Geschichte.“

Lee Bacon: „Joshua Schreck“ (Original: „Joshua Dread“, 2012, bisher drei Bände)

„Joshuas Eltern sind Superschurken. Erst in letzter Sekunde wird das Schreck-Dou (mal wieder) vom reichlich aufgeblasenen Superhelden Captain Saubermann gestoppt. In letzter Zeit gehen in Joshuas Nähe Dinge in Flammen auf oder es kommt zu spontanen Explosionen. Joshua steht vor der Frage: Superschurke oder doch lieber Held? Dann werden seine Eltern von seltsamen Wesen aus Rauch entführt!“

Margaret Peterson Haddix: „Schattenkinder“ (Original: „Amongst the Hidden“, 1998; sieben Bände)

„Luke ist ein Schattenkind, der dritte Sohn seiner Eltern in einer Gesellschaft, die nur zwei Kinder pro Familie erlaubt. Würde er entdeckt, müsste er mit dem Tod rechnen. So ist er gezwungen, sich zu verstecken. Als der Wald um das Haus seiner Familie einer Wohnsiedlung weichen muss, darf er nicht mal mehr nach draußen ans Licht. Bis er im Fenster des gegenüberliegenden Hauses ein Mädchen entdeckt; und das, obwohl es in dieser Familie schon zwei Jungen gibt. Luke ist beeindruckt von der Tatkraft und der Lebenslust, die Jen aufbringt. Aber kann man mit 12 Jahren einem totalitären Regime die Stirn bieten?“

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Lisa Williamson: „Zusammen werden wir leuchten“ (Original: „The Art of Being normal“, 2015)

„David ist 14 und wünscht sich, ein Mädchen zu sein. Das seinen Eltern zu beichten, steht auf seiner To-do-Liste für den Sommer – gaaaanz unten. Bisher wissen nur seine Freunde Essie und Felix Bescheid, die bedingungslos zu ihm halten und mit denen er jede Peinlichkeit weglachen kann. Aber wird David jemals als Mädchen leben können? Und warum fasziniert ihn der geheimnisvolle Neue in der Schule so sehr?“ [ich HASSE, dass dieser Klappentext Transsexualität und „beichten“/“Peinlichkeit“ so nah aneinander rückt.]

Ami Polonsky: „Gracefully Grayson“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2014)

Alone at home, twelve-year-old Grayson Sender is happy. But at school, Grayson is determined to fly under the radar: “He” is a girl on the inside, stuck in the wrong gender’s body. Strengthened by an unexpected friendship and a caring teacher who gives her a chance to step into the spotlight, Grayson might finally have the tools to let her inner light shine.“

M.G. Hennessey: „The other Boy“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2016)

„Twelve-year-old Shane Woods is just a regular boy. He loves pitching for his baseball team, working on his graphic novel, and hanging out with his best friend, Josh. But Shane is keeping something private, something that might make a difference to his teammates, to Josh, and to his new crush, Madeline. And when a classmate threatens to reveal his secret, Shane’s whole world comes crashing down.“

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Marcin Szczygielski: „Flügel aus Papier“ (Original: polnisch, 2013)

„Warschau, 1942: Rafal lebt mit seinem Großvater im Ghetto. Nur wenn er liest, fühlt er sich geborgen und sicher. Als die Nazis ihn nach seiner Flucht aus dem Ghetto entdecken, wird er im Traum auf wundersame Weise vom Helden aus seinem Lieblingsbuch gerettet.“

Eric Walters: „We all fall down“ (Original: selber Titel, 2006; es gibt einen Band 2 mit deutlich schlechteren Kritiken)

„Eigentlich hat Will keine Lust, seinen Vater für ein Schulprojekt einen Tag bei der Arbeit im World Trade Center zu begleiten – was soll daran schon spannend sein? Doch dann fliegt ein Passagierflugzeug in den Nachbarturm. Sofort herrscht Chaos: Ein Unfall? Ein Anschlag? Was sollen sie selbst tun? Noch bevor Will und sein Vater eine Entscheidung treffen können, taucht am Horizont ein zweites Flugzeug auf.“

Andrea Warren: „Surviving Hitler“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2001)

„When twelve-year-old Jack Mandelbaum is separated from his family and shipped off to the Blechhammer concentration camp, his life becomes a never-ending nightmare. With minimal food to eat and harsh living conditions threatening his health, Jack manages to survive by thinking of his family.“

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Ellen Emerson White: „The Journal of Patrick Seamus Flaherty, Vietnam, 1968“

[die „My Name is America“-Buchreihe erzählt historische Ereignisse aus der Perspektive von Teenagern, in Form von erfundenen Tagebüchern. Noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2002.]

„A young marine is fighting a war no one understands while his sister is fighting on the home front to bring her brother home: As the marine writes in his journal about his experiences as a soldier, his siter seeks peace. Poignant and comlex, these two characters will give readers glimpse into perhaps the most tumultuous time in modern American history.“

Patricia McCormick: „Der Tiger in meinem Herzen“ (Original: „Never fall down“, 2012)

„Das radikale kommunistische Regime der Roten Khmer übernimmt die Macht in Kambodscha. Es folgt ein schrecklicher Völkermord, dem zwei Millionen Menschen zum Opfer fallen – ein Viertel der gesamten Bevölkerung. Arn hat überlebt. Doch der Preis dafür war hoch. Denn er ist selbst zum Täter geworden. Und es ist ihm schwer gefallen, den Tiger in seinem Herzen zu bändigen. Schonungslos und brutal erzählt Patricia McCormick von den Killing Fields. Es braucht nachhaltig beeindruckende Bücher wie dieses, um aufzuzeigen, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind und welche Fehler sich niemals wiederholen dürfen.“ (toller Klappentext!)

Michael Morpurgo: „A Medal for Leroy“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2012)

„Inspired by Walter Tull, the first black officer in the British army: Michael doesn’t remember his father, an RAF pilot lost in the war. And his French mother doesn’t like to talk about her husband. But then Auntie Snowdrop gives Michael a medal, followed by a photograph, which begin to reveal a hidden history. A story of love and loss.“

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15 weitere Jugendbücher – bisher nur auf Englisch:

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Eric Dinerstein: „What Elephants know“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2016)

„Abandoned in the jungle of the Nepalese Borderlands, two-year-old Nandu is found living under the protective watch of a pack of wild dogs. Fate delivers him to the King’s elephant stable. When the king’s government threatens to close the stable, Nandu, now twelve, searches for a way to save his family and community.“ (uff: klingt sehr exotisierend und verkitscht.)

Lynne Kelly: „Chained“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2012)

„After ten-year-old Hastin’s family borrows money to pay for his sister’s hospital bill, he leaves his village in northern India to take a job as an elephant keeper and work off the debt. He thinks it will be an adventure, but he isn’t prepared for the cruel circus owner. The crowds that come to the circus see a lively animal who plays soccer and balances on milk bottles, but Hastin sees Nandita, a sweet elephant and his best friend. Hastin knows that the only way they will both survive is if he can find a way for them to escape.“

Roland Smith: „Elephant Run“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2007)

„In 1941, bombs drop from the night skies of London. Nick’s mother sends him to live with his father in Burma, on the family’s teak plantation. But Japanese soldiers invade, and Nick’s father is taken prisoner. Nick is stranded on the plantation, forced to work as a servant to the new rulers. As life in the village grows more dangerous for Nick and his young friend, Mya, they plan their daring escape. Setting off on elephant back, they will risk their lives to save Nick’s father and Mya’s brother from a Japanese POW camp.“ (eher Young Adult als Middle-Grade: für ältere Kinder. Und: Es gibt bessere 2.-Weltkrieg-Jugend-Thriller, z.B. „Code Name Verity“)

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Tom Rogers: „eleven“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2014)

„Alex always wanted to be a hero. Nothing, that is, until his eleventh birthday. He rescues a stray dog as a birthday gift to himself and doesn’t think his life can get much better. The journey of a boy turning eleven on 9/11.“

Polly Ho-Yen: „Boy in the Tower“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2014)

„Ade loves living at the top of a tower block. His mum hates going outside: She’s happier sleeping all day in their tower, where it’s safe. But one day, other tower blocks on the estate start falling down around them and strange, menacing plants begin to appear. Ade and his mum are trapped, and there’s no way out.“

Amy Sarig King (meine Lieblings-YA-Autorin!): „Me and Marvin Gardens“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2017)

„Obe Devlin has problems: His family’s farmland has been taken over by developers. His best friend Tommy abandoned him. And he keeps getting nosebleeds, because of that thing he doesn’t like to talk about. One day, he sees a creature that looks kind of like a large dog, or maybe a small boar. And as he watches it, he realizes it eats plastic. Only plastic. The animal–Marvin Gardens–soon becomes Obe’s best friend and biggest secret.“

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Lisa Graff: „Absolutely Almost“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2014)

„Albie [Asian-American] has never been the smartest kid in his class. He has never been the tallest. Or the best at gym. He has a long list of the things he’s not very good at. But then Albie gets a new babysitter, Calista, who helps him figure out all of the things he is good at and how he can take pride in himself.“

Natalie Dias Lorenzi: „A long Pitch home“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2016)

„Ten-year-old Bilal liked his life back home in Pakistan. He was a star on his cricket team. But when his father suddenly sends the family to live with their aunt and uncle in America, nothing is familiar. While Bilal tries to keep up with his cousin Jalaal by joining a baseball league and practicing his English, he wonders when his father will join the family in Virginia. Maybe if Bilal can prove himself on the pitcher’s mound, his father will make it to see him play. But playing baseball means navigating relationships with the guys, and with Jordan, the only girl on the team—the player no one but Bilal wants to be friends with.“

Jennifer Brown: „Life on Mars“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2015)

„Twelve-year-old Arcturus Betelgeuse Chambers‘ quest to find life on other planets seems at an end when his parents decide to move to Las Vegas, but while they look for a house he stays with his neighbor, an astronaut who soon becomes a friend.“

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Pete Catalano: „Artifacts“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2016)

„Jax and his friends have been planning the summer at Camp Runamuck. Before they can go, they need to complete an extra credit assignment and find several fake artifacts for a fairy tale display their teacher is presenting at the local library. As they start putting the clues together, they realize that what they’re really searching for is one authentic artifact that can rewrite fairy tales!Enlisting the aid of the Lost Boys, Jax and his friends battle fairy tale villains to see who can get their hand, or their hook, on it first.“

Karuna Riazi: „The Gauntlet“ (weibl. Hauptfigur; noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2017)

„A steampunk Jumanji with a Middle Eastern flair: When twelve-year-old Farah and her two best friends get sucked into a mechanical board game called The Gauntlet of Blood and Sand—a puzzle game akin to a large Rubik’s cube—they know it’s up to them to defeat the game’s diabolical architect. Under the tutelage of a lizard guide named Henrietta Peel and an aeronaut Vijay, the Farah and her friends battle camel spiders, red scorpions, grease monkeys, and sand cats.“

Sheila Turnage: „Three Times lucky“ (weibl. Hauptfigur, noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2012)

„Sixth grader Miss Moses LoBeau lives in the small town of Tupelo Landing, NC. She washed ashore in a hurricane eleven years ago, and she’s been making waves ever since. Although Mo hopes someday to find her „upstream mother,“ she’s found a home with the Colonel–a café owner with a forgotten past of his own–and Miss Lana, the fabulous café hostess. When a lawman comes to town asking about a murder, Mo and her best friend, Dale Earnhardt Johnson III, set out to uncover the truth.“

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Fred Gipson: „Old Yeller“ (auf Deutsch nur gekürzt & veraltet, 1956)

„At first, Travis couldn’t stand the sight of Old Yeller. The stray dog was ugly, and a thieving rascal, too. But he sure was clever, and a smart dog could be a big help on the wild Texas frontier, especially with Papa away on a long cattle drive up to Abilene. Old Yeller proved that he could protect Travis’s family from any sort of danger. But can Travis do the same for Old Yeller?“

Tara Sullivan: „Golden Boy“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, 2013)

„Thirteen-year-old Habo has always been different— light eyes, yellow hair and white skin. His father, unable to accept Habo, abandons the family; his mother can scarcely look at him. His brothers are cruel and the other children never invite him to play. Only his sister Asu loves him well. Then, the family is forced from their small Tanzanian village. Seeking refuge in Mwanza, Habo and his family journey across the Serengeti. His aunt is glad to open her home until she sees Habo for the first time, and then she is only afraid. Suddenly, Habo has a new word for himself: Albino. But they hunt Albinos in Mwanza because Albino body parts are thought to bring good luck. And soon Habo is being hunted by a fearsome man with a machete.“ (Leseprobe überzeugt mich stilistisch – aber der Plot klingt furchtbar.)

Laura Overdeck: „Bedtime Math“ (noch keine deutschsprachige Ausgabe, bisher 4 Bände, seit 2013)

„Inside this book, families will find fun, mischief-making math problems to tackle—math that isn’t just kid-friendly, but actually kid-appealing. With over 100 math riddles on topics from jalapeños and submarines to roller coasters and flamingos, this book bursts with math that looks nothing like school. And with three different levels of challenge (wee ones, little kids, and big kids), there’s something for everyone.“ [sympathisch schrullige Textaufgaben zum im-Bett-im-Kopf-Lösen, nett illustriert.]

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mein Tipp für Erstleser/Erstklässler:

die folgenden drei – sehr einfachen – Comics:

Yotsuba (Manga-Reihe) |  „Kleine Katze Chi“ (Manga-Reihe)  |  „Kiste“ (dt. Reihe)

schlechte Blogs, schlechte Bücher, schlechte Maßstäbe: Wo wird mir Literatur… zu platt?

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„Es gibt keine etablierte Praxis der Kritik von Genreliteratur, von Jugendliteratur und Young Adult-Literatur. Ein Teil dieser Sparten ist dafür zu jung, vor allem aber hat sich die etablierte Literaturkritik darum nie intensiv gekümmert. Blogger, Booktuber und Bookstagramer können hier auf keine etablierten Muster zurückgreifen, sie müssen neue Muster herausbilden.“

…schreibt Netzfreundin und Bloggerin Katharina Hermann in einem lesenswerten, klugen langen Grundsatztext auf 54Books (Link).

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Ich habe Kulturjournalismus studiert und schreibe heute sehr viel und gern über Genre- und Unterhaltungsliteratur, Mangas, Comics, TV-Serien, Popkultur.

„Selbstverständlich ist doch „ich habe mich gut unterhalten gefühlt“ ein legitimes Beurteilungskriterium für einen Unterhaltungsroman. Selbstverständlich ist „ich konnte mich mit der Protagonistin identifizieren“ ein legitimes Beurteilungskriterium für Jugendliteratur, die doch genau darauf in der Regel angelegt ist. Natürlich ist „das Buch ist lustig“ ein legitimes Beurteilungskriterium für ein Buch, das genau das sein will. Nur weil das keine klassischen literaturkritischen Parameter sind, ist das eben nicht unreflektiert oder dumm, sondern vielleicht: schlicht angemessen.

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Als Kritiker bin ich schnell gelangweilt von Büchern, Serien, Filmen, Comics, Erzählwelten, in denen…

1 – Figuren sich kaum entwickeln oder ändern; am Anfang schon absehbar ist, wie die Geschichte endet; oder jeder Teil, jede Episode nach dem selben Muster erzählt ist (z.B. „Monk“).

2 – Nebenfiguren so eindimensional bleiben, dass ich bei Frauen denke „Wow: Sexismus?“ und bei Figuren of Color: „Wow: Rassismus?“ (z.B. „Two Broke Girls“).

3 – EIN Geschlecht angesprochen oder als Zielgruppe gedacht wird, und alle Figuren des anderen Geschlechts am Rand bleiben (z.B. „Herr der Ringe“).

4 – Die Hauptfigur NUR triumphiert und wir eingeladen werden, uns an ihrer Seite dem Rest der Welt überlegen zu fühlen (z.B. James Bond, Batman).

5 – Sprache so egal ist, dass mich Klischees wie „rabenschwarze Nacht“ und „ihr Herz blieb fast stehen“ ablenken (z.B. die meisten deutschsprachigen Krimis).

6 – Figuren Berufe, Krankheiten oder Expertengebiete haben, die niemand richtig recherchiert hat (z.B. „Marienhof“).

7 – Alle Figuren außer den Helden Trottel, Abschaum, Monster bleiben (z.B. „Fear the Walking Dead“? Ich schwanke noch).

8 – Eine Grundstimmung ohne Höhen und Tiefen „zum Abschalten“ einlädt: Statt Irritationen und Details, die man im Hinterkopf behalten sollte, bleibt alles ein harmloser, gemächlicher Brei (z.B. „Sturm der Liebe“).

9 – Gegner keine Argumente haben, nichts dazu lernen, oft nur für das „Falsche“, „Perverse“ Andere stehen, über dessen Bestrafung wir uns freuen sollen (z.B. Märchen, „Law & Order“, Kinder- und viele Disney-Bösewichte).

10 – Dinge erzählt werden, die schon lange erzählt werden, auf eine Art und Weise, die niemanden stören, erschrecken, herausfordern soll (z.B. „heitere“ Unterhaltungsromane).

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Nicht alles, was ich mag, muss in JEDER Hinsicht unbequem, überraschend, ikonoklastisch, schwierig, hermetisch sein.

Doch ich habe mehr Respekt vor einem Werk, das probiert, auf originelle Art und Weise mit meiner Geduld und meinen Erwartungen zu spielen, als mit einem Werk, das mir genau das geben will, was vermeintlich „alle“ gerade „wollen“.

Ein Unterhaltungsroman, der mich *nur* unterhält, ein Jugendbuch, das es mir *nur* möglichst leicht macht, ein wenig Welt durch die Augen der möglichst netten Hauptfigur zu sehen, ein lustiger Roman, der *nur* lustig ist – das ist mir zu wenig. Ich mag Werke, die mir MEHR zeigen als nötig – und Fragen, Gefühle, Reaktionen auslösen, die mir nicht schon beim Blick aufs Cover versprochen wurden.

Das ist kein Argument gegen Katharinas Text oder die Arbeit vieler Blogger*innen.

Sondern einfach mein persönliches Kriterium beim Auswählen von Werken: Geben mir Geschichten nur DAS, womit ich eh gerechnet habe… habe ich keine Lust, meine Zeit mit ihnen zu verbringen. Kritiken und Empfehlungen haben für mich einen Mehrwert, sobald sie sagen „Achtung: Dieser Action-Film ist unerwartet traurig!“ oder „Hey: Schau mal, was hier noch alles drin steckt!“

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Lohnt sich PROSANOVA – Festival für junge Literatur? [8. bis 11. Juni 2017, Hildesheim]

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8. bis 11. Juni 2017 | Hildesheim

über 60 Autor*innen & Künstler*innen

Infos & Tickets  |  Facebook  |  Wikipedia  |  Instagram

Zeitschrift BELLA triste  |  Studiengang Kreatives Schreiben & Kulturjournalismus

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„Das studentische Team hat Wände gestrichen, Teppiche verlegt, Holzinseln gezimmert und Toiletten vergoldet.“

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„Der Schulranzen mit eingebauten Lautsprechern pumpt Beats in die fast fertige Cafébar.“

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„Lena und Martha sind gestern neun Stunden Transporter gefahren, um kostenlose Möbel von Hannover aufs Festivalgelände zu bringen.“

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„Auf dem Festivalgelände dürfen die Brennnesseln nicht vernichtet werden, weil für einige Schmetterlinge gerade Nistzeit herrscht.“

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„Es gibt noch nichts mit Glitzer. Es gibt was mit Hobelspänen und Sägen und Computern.“

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„Als es noch keine Vasen gab, haben wir Bierflaschen vergoldet.“

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„Nee, diese neuen, diese Schriftsteller oder wie sie sich nennen, die fangen immer Sätze an und beenden sie dann nicht. Und ich kann auch nichts damit anfangen. Da werden einem so Bruchstücke vorgeworfen und dann muss man gucken, wie es weiter geht.“ [beim Friseur um die Ecke]

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„Nachtschwärmer dösen in den Betten. Auf der Leinwand lesen virtuelle junge Leute.“

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„Lektoren, das sind einfach bessere Menschen. Bloß keinen Autor heiraten! Die sind wahlweise unglücklich, also von Selbstzweifeln zerfressen, oder im Höhenflug. Am Anfang denkste dir, das ist jetzt halt wegen dem Debüt, aber nee, das bleibt. Widerlich. Also: Hier laufen ja einige Lektoren rum. Ich muss los!“

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„Christina ist schon bevor sie das Diplom machte, mit ihrem Lebensgefährten an den Bodensee gezogen, um dort als Köchin in der Natur- und Wildnispädagogik zu arbeiten.“

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„All die kleinen Szenen, Begegnungen und Selbstdarstellungen des Publikums erinnern mich an Filme von Federico Fellini (1920-1993). Die ganze Kleidungsästhetik der Besucher ist später Fellini. Die Paletten sind Fellini, die alten Sofas, die ewige Sonne, die Gespräche, die Musik, das Herumstreunen und Herumschleichen – alles Fellini!“ [Autor Hanns-Josef Ortheil, 65; Gründer des Hildesheimer Studiengangs Kreatives Schreiben & Kulturjournalismus]

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„Wir gehen durch, wir gehen ins Foyer, zur Veranstaltungstabelle, zum Kiosk, durch den Flur zur Mensa. Die Lesung hat noch nicht angefangen.“

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„Wir gehen raus auf den Schulhof. Wir gehen hoch, wir gehen in den Litroom. Wir gehen durch. Wir gehen auf den Schulhof. Diesmal andersrum. Wir gehen zur Mensa.“

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„2014 feiern wir PROSANOVA in einer leerstehenden Schule. In einer Schule, denke ich, ausgerechnet in einer Schule und schon denke ich Foucault, denke Überwachen und Strafen.“

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„Wir erfahren: in der Hauptschule am Alten Markt sind die ersten Mobbing-Videos Deutschlands entstanden.“

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„In dieser Schule wird getrunken, gefeiert und gevögelt werden. Die unsportlichen Bücherwürmer von früher haben sich zu Organisatoren der Maßlosigkeit entpuppt. […] Es geht darum, Jungautoren so sehr abzufüllen, dass man ihnen die Haare beim Kotzen halten wird.“

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„Marina und ich haben berechnet, dass wir ungefähr 10.000 Klopapierrollen bei Metro kaufen müssen, Marina will von allen Sachen 1000 kaufen, weil sie 1000 liebt.“

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„Wir arbeiten per Hotspot, weil der Techniker von der Telekom, der uns am Mittwoch das Internet bringen sollte, am Festivalgelände kein Klingelschild mit ‚BELLA triste‘ gefunden hat.“

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„Ich sehe zukünftigen Bachmannpreisträgern beim Aufbau einer Bühne zu.“

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„Auf wen oder was freust du dich am meisten?“ – „Tilman Rammstedt. Ich hoffe, ich darf ihn vom Bahnhof abholen.“

 

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„Ich nicke Thomas Klupp zu, ich grinse Helene Bukowski an, ich nicke Benjamin Quaderer zu, ich zwinkere Fiona Sironic zu, ich nicke Stefan Vidovic zu, ich grüße Florian Stern mit Handschlag, ich nicke ihm zu, ich lächle Katrin Zimmermann an, ich schlage mit Alina Rohrer ein, ich winke Fabian Hischmann zu, ich winke ab, ich schüttele den Kopf, ich lasse ihn hängen, ich nicke Ferdinand Schmalz zu.“

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„Auf einer der Holzbänke ist eine Frau ganz in einen E-Book-Reader versunken. Ich glaube, sie ist die erste Person, die ich auf PROSANOVA abseits der Bühnen lesen sehe.“

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„Dass so viele Ehemalige da sind, ist der beste Beweis dafür, dass die Hildesheimer Literatenschule keine bloße Schule ist. Sie ist eine Atmosphäre, eine biografische Heimat, eine Zeit- und Raum-Insel von großer Schönheit.“ [Ortheil]

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„Kai sagt, die alte Intimität sei wieder da, die Intimität von PROSANOVA 2005. Lagerfeuer, dicht zusammen sitzen, horchen und flüstern“

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Komme ich mit dem, was hier geboten wird, irgendwie zurecht oder weiter?, fragen sich die Alumni. „Einige genießen auch die Nostalgie der Rückkehr. Für sie ist Hildesheim jetzt eine leicht berührende Erinnerungsarbeit.“ [Ortheil]

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„Seit über zehn Jahren sind Paul Brodowsky, Thomas Klupp und Claudius Nießen der Schreibschule treu. Thomas umschifft elegant die unangenehmen Themen (Kesslerdebatte, Konkurrenzdruck, Vetternwirtschaft), er strahlt ins Publikum: Schreibschule, das sind warme, vereinende Strahlen der Liebe.“

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„Weil doch derzeit nichts Schwachsinnigeres und Dümmeres in unseren Feuilletons grassiert als die Schreibschulverdammnis: Unrecherchiert. Phrasenhaft. Reiner Feuilletonmüll. Und leider stimmt auch in der Polemik unseres geliebten Flo Kessler, den Hildesheim aufgezogen, genährt und gepäppelt hat (bis es ihm zuviel werden musste und er das Zuviel ausgekotzt hat) kaum etwas.“ [Ortheil]

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„Leif Randt liest von einem Planeten und der Universität dort, und lässt wie gewohnt alles in der Schwebe“

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„Jeder ist eingeladen, aber nur ganz bestimmte Leute kommen dann auch.“ [Ortheil]

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„Christian Kracht kommt dieses Mal nicht zu PROSANOVA, weil er in Afrika wohnt“

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„Talent ist Verpflichtung.“ [Ortheil]

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Seit 2005 findet PROSANOVA alle drei Jahre statt:

2005 war ich Student und Praktikant, 2008 Mitglied der Künstlerischen Leitung, 2011 zum ersten Mal seit drei Jahren als Besucher zurück in der Stadt, 2014 moderierte ich ein Gespräch mit Kathrin Passig.

Auch 2017 bin ich da, und schreibe/blogge u.a. für die Festival-Dokumentation.

Nach jedem PROSANOVA-Festival erscheint ein Buch mit Snapshots, Szenen, Poetik- und Journalismus-Texten. Alle obigen Zitate sind nicht von mir, sondern von Imke Bachmann, Ronja von Rönne, Florian Stern, Michael Wolf und Juli Zucker, erschienen in „Prosanova 4. Ein Kommentar“, herausgegeben von Florian Stern und Hanns-Josef Ortheil, Edition Paechterhaus, 2015. Hier bestellen.

Leseprobe: Link

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Video von mir, zur Arbeit an PROSANOVA 2008:

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Jugendbücher 2017, Sommerbücher 2017: die besten Romane

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angelesen, vorgemerkt, entdeckt: meine Vorauswahl der literarischen Neuerscheinungen in der ersten Jahreshälfte 2016 – neue Bücher für die Zeit zwischen Leipziger Buchmesse, Ostern und Sommer.

deutschsprachige Literatur, neu 2017:

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KATHY ZARNEGIN, „Chaya“ (Weissbooks, 244 Seiten): „Teheran, 70er Jahre: Ein junges Mädchen träumt von der freien Welt. Kaum ist sie aus dem turbulenten Iran in Europa angekommen, verwandelt sich das neugierige Kind im Schnelldurchlauf in eine Frau.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

NAVA EBRAHIMI, „Sechzehn Wörter“ (btb, 320 Seiten): „Als ihre Großmutter stirbt, beschließt Mona, mit ihrer Mutter ein letztes Mal in den Iran zu fliegen. Der Rückflug in ihr Kölner Leben zwischen Coworking und Clubszene ist schon gebucht. Doch dann überredet sie ihr iranischer Langzeitliebhaber Ramin zu einem Abschiedstrip nach Bam, in jene Stadt, die fünf Jahre zuvor von einem Erdbeben komplett zerstört wurde.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

MICHAEL STAVARIC, „Gotland“ (Luchterhand, 352 Seiten): „Eine streng katholische Mutter – Zahnärztin mit eigener Praxis und einem fanatischen Glauben, der die Bibel gefährlich wörtlich nimmt. Was macht das mit dem Sohn? Er hofft, Gott in Gotland zu finden, jenem fernen Sehnsuchtsort der Mutter, die immer behauptete, dort hätte sie seinen Vater kennengelernt.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

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FLURIN JECKER, „Lanz“ (Nagel & Kimche, 128 Seiten): „In einer Projektwoche soll der 14-jährige Lanz einen Blog schreiben. Erst sträubt er sich, doch dann breitet er rückhaltlos sein Leben aus: die Trennung der Eltern, die Kompliziertheit zweier Zuhause, die Ödnis seiner Kindheit in einem Dorf in der Schweiz. Ein Junge, der die Zumutungen der Welt kommentiert, in einer eigenwilligen, wuchtigen, restlos glaubwürdigen Sprache.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

KRISTINA PFISTER, „Die Kunst, einen Dinosaurier zu falten“ (Klett-Cotta, 256 Seiten): „Jeden Abend betrachtet Annika die junge Frau gegenüber. Marie-Louise scheint all das zuzufliegen, wonach Annika sich sehnt: Freunde, Liebhaber, Geselligkeit. Für beide Frauen beginnt ein Sommer in der Provinz, wo Humor und Verzweiflung nah beieinander liegen.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

GERHARD HENSCHEL, „Arbeiterroman“ (Hoffmann & Campe, 576 Seiten): „Martin Schlosser hat sein Studium abgebrochen und jobbt als Hilfsarbeiter einer Spedition. Sein Traum vom Schriftstellerleben hatte anders ausgesehen. Erst nachdem in Berlin die Mauer fällt, über Martins Elternhaus die Tragödien hereinbrechen und seine Freundin Andrea ihn verlässt, um als Bauchtänzerin ihr Glück zu machen, scheint der Durchbruch nahe.“ [Klappentext, leicht gekürzt] Goodreads: Link

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internationale Literatur, neu auf Deutsch:

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RICHARD RUSSO, „Ein Mann der Tat“ (Dumont, 640 Seiten, Deutsch von Monika Köpfer): „Memorial Day in North Barth: Chief Raymer kollabiert auf einer Beerdigung, fällt ins offene Grab und verliert dabei das einzige Beweisstück dafür, dass seine Frau ihn betrogen hat. Die Wand eines Gebäudes, das der impotente Bauunternehmer Carl errichtet hat, stürzt ein. Sein ehemaliger Kontrahent Sully verheimlicht seine schwere Krankheit. Eine illegal gehaltene Giftschlange ist entwichen, und die Bewohner der Kleinstadt müssen Farbe bekennen und von ihren gewohnten Mustern abweichen.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

COLSON WHITEHEAD, „Underground Railroad“ (Hanser, 352 Seiten, Deutsch von Nikolaus Stingl; erscheint am 21. August): „Cora ist nur eine von unzähligen Schwarzen, die auf den Baumwollplantagen Georgias schlimmer als Tiere behandelt werden. Alle träumen von der Flucht – doch wie und wohin? Da hört Cora von der Underground Railroad, einem geheimen Fluchtnetzwerk für Sklaven. Über eine Falltür gelangt sie in den Untergrund und es beginnt eine atemberaubende Reise, auf der sie Leichendieben, Kopfgeldjägern, obskuren Ärzten, aber auch heldenhaften Bahnhofswärtern begegnet. Jeder Staat, den sie durchquert, hat andere Gesetze, andere Gefahren. Wartet am Ende wirklich die Freiheit? Colson Whiteheads Roman ist eine virtuose Abrechnung damit, was es bedeutete und immer noch bedeutet, schwarz zu sein in Amerika.“ [Klappentext, ungekürzt] Goodreads: Link

KENT HARUF, „Unsere Seelen bei Nacht“ (Diogenes, 208 Seiten, Deutsch von Pociao): „Eine Kleinstadt in Colorado. Addie, eine Witwe von 70 Jahren, klingelt bei ihrem Nachbarn Louis, der seit dem Tod seiner Frau ebenfalls allein lebt. Sie macht ihm einen ungewöhnlichen Vorschlag: Ob er nicht ab und zu bei ihr übernachten möchte? Louis lässt sich darauf ein. Und so liegen sie Nacht für Nacht nebeneinander und erzählen sich ihre Leben. Doch ihre Beziehung weckt in dem Städtchen Argwohn und Missgunst.“ [Klappentext, kaum gekürzt] Goodreads: Link

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MAURIZIO TORCHIO, „Das angehaltene Leben“ (Zsolnay, 240 Seiten, Deutsch von Annette Kopetzki): „Ein Mann sitzt seine lebenslängliche Strafe in der Einzelhaft ab – er hat die Tochter des „Kaffeekönigs“ entführt, später einen Wärter umgebracht. Er klagt nicht an, sondern beschreibt, wie das Gefängnis Tag für Tag mehr zum eigenen Körper wird. Ein Roman wie ein Faustschlag, in dem das „Gefangensein“ auch eine Metapher ist für das Menschsein.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

GRAHAM SWIFT, „Ein Festtag“ (dtv, 142 Seiten, Deutsch von Susanne Höbel): „1924. Jane, das junge Dienstmädchen von Beechwood, und Paul, der Spross aus begütertem Haus, haben ein Verhältnis. Doch Paul wird bald – standesgemäß – heiraten. Jahrzehnte später blickt sie zurück und erzählt: von einer Tragödie und einer wundersamen Entfaltung.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

YU HUA, „Die letzten sieben Tage“ (S. Fischer, 304 Seiten, Deutsch von Ulrich Kautz): „Yang Fei ist erst 41 und schon tot. Bevor seine Seele ins Jenseits geht, befindet sich der Verstorbene sieben Tage in einem Zwischenreich, wo er sein Leben Revue passieren lässt: der Abriss seiner Wohnung durch Spekulanten, die Verarmung seines Ziehvaters durch Krankheit, und dann verlässt ihn noch seine große Liebe Li Qing für einen reichen Mann.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

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GAIL HONEYMAN, „Ich, Eleanor Oliphant“ (Lübbe, 525 Seiten, Deutsch von Alexandra Kranefeld): „Eine Pizza bestellen, mit Freunden einen Tag verbringen, einfach so in den Pub gehen? Für Eleanor undenkbar! Erst als sie sich verliebt, wagt sie sich zaghaft aus ihrem Schneckenhaus – und lernt dabei nicht nur die Welt, sondern auch sich selbst noch einmal neu kennen. Ein Debüt mit unvergesslicher Hauptfigur.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

MEGAN HUNTER, „Vom Ende an“ (C.H. Beck, 160 Seiten, Deutsch von Karen Nölle): „Die Erzählerin bekommt ihr erstes Kind. Gleichzeitig überschwemmt eine Flur weite Teile Englands, Feuer brechen aus. Die Frau und ihr Gefährte müssen sich auf eine Insel flüchten. Die kleine Familie wird getrennt. Lyrisch und lakonisch, durchsetzt mit Passagen, die sich wie Bibelzitate lesen, wie ein weibliches Gegenstück zu Cormac McCarthys „Die Straße“.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link – nur 3.58 von 5.

TIMOTHY ZAHN, „Thrawn“ (Blanvalet, 420 Seiten, Deutsch von Andreas Kasprzak; erst im Februar 2018): „Die spannende Vorgeschichte zur erfolgreichsten Star-Wars-Trilogie. Schnell erweist sich Thrawn als unverzichtbar für das Imperium. Sein Aufstieg scheint unaufhaltsam. Als er zum Großadmiral ernannt wird, muss er beweisen, dass er im Krieg gegen die Rebellen stark genug ist.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

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Krimis und Thriller, neu auf Deutsch:

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MINATO KANAE, „Geständnisse“ (C. Bertelsmann, 272 Seiten, Deutsch von Sabine Lohmann): „Die kleine Tochter der alleinerziehenden Lehrerin Moriguchi ist im Schulschwimmbad ertrunken. Moriguchi kündigt ihre Stelle an der Schule, doch zuvor will sie ihrer Klasse noch eine Lektion mit auf den Weg geben. Sie weiß, dass ihre Schüler Schuld am Tod ihrer Tochter haben.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

JUAN DIAZ CANALES, JUANJO GUARNIDO, „Blacksad“ (Carlsen Comics, 304 Seiten, Deutsch von Harald Sachse): „In einer düsteren Großstadt, in der nur Tiere leben, erledigt Blacksad lakonisch seine Fälle. Alle 5 bisher erschienenen Blacksad-Comicbände sowie zwei zusätzliche Geschichten und Skizzenmaterial.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

PETER MAY, „Moorbruch“ (Zsolnay, 336 Seiten, Deutsch von Silvia Morawetz): „Vor 17 Jahren verunglückte Roddy, Leader der Band Amran, mit seinem Flugzeug und blieb verschollen. Fin Macleod, früher Roadie der Band, ist zurück auf der Hebrideninsel Lewis und bekämpft im Auftrag eines Gutsbesitzers Wilderer. Doch der Erste, den Fin zur Strecke bringen soll, ist ausgerechnet sein alter Freund Whistler. Die beiden werden Zeugen eines Moorbruchs, der das Wrack von Roddys Flugzeug zu Tage befördert. Fin erkennt an Whistlers Reaktion sofort, dass etwas nicht stimmt. Ein packender literarischer Krimi aus Schottland.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link (Teil 3 einer Trilogie)

neue Jugendbücher:

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ANKE STELLING, „Erna und die drei Wahrheiten“ (cbt, 240 Seiten): „Warum steckt in „Gemeinschaft“ auch „gemein“? Erna Majewski, 11, besucht eine Gemeinschaftsschule und lebt im gemeinschaftlichen Wohnprojekt. Dass das ganze Gemeinschaftsgetue ungerecht und sogar verlogen sein kann, erleben Erna und ihre Freundinnen, als nach dem Schulfasching jemand mutwillig die Klos ruiniert hat: Weil der Täter sich nicht meldet, sollen jetzt alle dafür büßen. Erna ermittelt. Sie findet heraus, was passiert ist. Aber soll sie es auch verraten? Schließlich gibt es laut einem Sprichwort drei Wahrheiten – deine, meine und die Wahrheit. Und wer kann die schon ertragen?“ [Klappentext, leicht gekürzt] Goodreads: Link

STEFANIE HÖFLER, „Tanz der Tiefseequalle“ (Beltz & Gelberg, 192 Seiten): „Niko, der ziemlich dick ist und sich oft in Parallelwelten träumt, rettet die schöne Sera vor einer Grapschattacke. Sera fordert Niko daraufhin zum Tanzen auf. Der Beginn einer Freundschaft, die im entscheidenden Moment mutig über ihren Schatten springen.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

CHRISTIAN DUDA, „Gar nichts von allem“ (Beltz & Gelberg, 160 Seiten): „Der Vater des 11jährigen Magdi buckelt nach oben und tritt nach unten. Unten, da stehen Magdi, seine drei Geschwister und seine Mutter. Was den arabischen Vater und die deutsche Mutter eint, ist der Wille, »gebührliche« Kinder großzuziehen. Bloß nicht unangenehm auffallen! Christian Duda blickt zurück in die 1970er Jahre: ein Kind in der Zange zwischen gesellschaftlichen Ressentiments und innerfamiliärem Druck.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

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STEPHAN LOHSE, „Ein fauler Gott“ (Suhrkamp, 336 Seiten): „Sommer 1972. Benjamin ist 11. Dann stirbt sein kleiner Bruder Jonas. Nachts sitzt Bens Mutter auf einer Heizdecke und weint. Ben kommt nun extra pünktlich nach Hause, er spielt ihr auf der C-Flöte vor und unterhält sich mit ihr über den Archäopteryx. An Jonas denkt er immer seltener. Sein bester Freund erklärt Ben die Eierstöcke, und sein erster Kuss schmeckt nach Regenwurm.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

NICOLA YOON, „The Sun is also a Star“ (Dressler, 400 Seiten, Deutsch von Susanne Klein): „Als Daniel und Natasha in New York aufeinander treffen, verguckt er sich sofort in das jamaikanische Mädchen. Die zwei teilen einen Tag voller Gespräche. Doch Natasha soll am selben Abend abgeschoben werden.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

JACK CHENG, „Hallo Leben, hörst du mich?“ (cbt, 384 Seiten, Deutsch von Bernadette Ott): „Der 11-jährige Alex plant, seinen iPod mit einer selbstgebauten Rakete ins All zu schießen, um den Außerirdischen das menschliche Leben zu erklären und wagt gemeinsam mit seinem Hund Carl Sagan die große Reise zu einer Convention von Raketen-Nerds.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

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Klassiker, neu aufgelegt:

LEONARD GARDNER, „Fat City“ (Original von 1969, Blumenbar, 224 Seiten, Deutsch von Gregor Hens): „Eine Liebeserklärung an eine Zeit, in der man von der Hand in den Mund lebte. California-Working-Class-Sound, trotzigen Humor und der feinen Melancholie eine deutsche Stimme zu geben.“ [schrecklicher, weil völlig nichtssagender, selbstverliebter Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

VICTOR HUGO, „Die Arbeiter des Meeres“ (Original von 1866, mare, 672 Seiten, Deutsch von Rainer G. Schmidt): „Der Fischer Gilliatt lebt nah bei den Klippen, den Menschen im Dorf erscheint er als seltsamer Kauz. Seit er beobachtet hat, wie Déruchette, die Nichte des Reeders, seinen Namen in den (auf Guernsey äußerst seltenen) Schnee geschrieben hat, kommt er gedanklich nicht mehr von dem Mädchen los – und lässt sich, um ihre Liebe zu erringen, auf einen dramatischen und furchtbaren Kampf mit den Naturgewalten ein.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

ANTANAS SKEMA, „Das weiße Leintuch“ (Original von 1958, Guggolz, 255 Seiten, erstmals auf Deutsch von Claudia Sinnig): „Škėma (1910–1961) hinterließ einen Roman, der bis heute bedeutenden Einfluss auf die litauische Literatur ausübt: Protagonist Antanas Garšva, ein litauischer Exilschriftsteller, arbeitet als Liftboy in einem vielstöckigen New Yorker Hotel. Vor den Sowjets aus Litauen geflohen, hadert er mit der bigotten litauischen Leitkultur und der Trivialität der amerikanischen Konsumgesellschaft, und findet sich verstrickt in ein Dreiecksverhältnis mit seiner Geliebten Elena und ihrem Ehemann.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

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neue Sachbücher:

CORY TAYLOR, „Sterben. Eine Erfahrung“ (Allegria, 176 Seiten, Deutsch von Ulrike Kretschmer): „2015 erfährt die australische Schriftstellerin Cory Taylor, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. In nur wenigen Wochen reflektiert sie über den Sinn der Zeit, die ihr noch bleibt. Sie erfasst die transformative Kraft des Prozesses, in dem sie sich befindet, und es gelingt ihr, sich diesem kreativ und ehrlich zu stellen. Wer liest? Alle, die sich mit der letzten Phase des Lebens auseinandersetzen möchten, um dem Leben selbst Tiefe und Sinn zu geben.“ [scheußlich esoterischer Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

TALI SHAROT, „Die Meinung der anderen“ (Siedler, 304 Seiten, Deutsch von Susanne Kuhlmann-Krieg): „Meinung, Macht und Manipulation. Die Psychologin und Neurowissenschaftlerin Sharot zeigt, wie wir andere Menschen prägen können ― und von ihnen geprägt werden. Wir werden beeinflusst – meist unbewusst und mehr als uns lieb ist. Allzu oft sind wir steinzeitlichen Instinkten und Reflexen unterworfen – und daher zum Scheitern verdammt, wenn wir andere zu etwas bewegen wollen.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

ARAM MATTIOLI, „Verlorene Welten. Eine Geschichte der Indianer Nordamerikas“ (Klett-Cotta, 464 Seiten): „Die Geschichte Nordamerikas zwischen 1700 und 1900 aus der Sicht der »First Peoples«. Die politischen Motive aller Seiten im erbarmungslosen Kampf um den Kontinent. Daneben kommen die kulturellen Leistungen der Indianer ebenso zur Sprache wie die großen sozialen Umwälzungen.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

internationale Literatur, neu 2017, noch nicht übersetzt:

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GEORGE SANDERS, „Lincoln in the Bardo“ (Random House, 343 Seiten): „Abraham Lincoln and the death of his eleven year old son, Willie, at the dawn of the Civil War. On February 22, 1862, Willie Lincoln was laid to rest in a marble crypt in a Georgetown cemetery. Shattered by grief, Abraham visits the crypt, alone, to spend time with his son’s body. Set over the course of that one night and populated by ghosts of the recently passed and the long dead, Lincoln in the Bardo is a thrilling exploration of death and grief, with humor, pathos, and grace.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

KAYLA RAE WHITAKER, „The Animators“ (Random House, 369 Seiten): „In the male-dominated field of animation, Mel and Sharon are best friends and artistic partners, bonding over their working-class roots. After they spent their twenties ensconced in a gritty Brooklyn studio, they are finally celebrating the release of their first full-length feature, which transforms Mel’s difficult childhood into a provocative and visually daring work of art. But with their success come doubt and destruction.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

AYOBAMI ADEBAYO, „Stay with me“ (Canongate, 304 Seiten): „Nigeria in the 1980s: Yejide is hoping for a child. It is all her husband and her mother-in-law wants, and she has tried everything – arduous pilgrimages, medical consultations, dances with prophets. But when her in-laws insist upon a new wife, it is too much for Yejide to bear.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

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FIONA MAAZEL, „A little more Human“ (Graywolf, 304 Seiten): „Phil Snyder: new father, nursing assistant at a cutting-edge biotech facility, and all-around decent guy. His wife has betrayed him, his father is hiding early-onset dementia. Phil also has a special talent—he’s a mind reader and moonlights as Brainstorm, a costumed superhero. A Little More Human, rife with layers of paranoia and conspiracy, questions how well we really know ourselves, showcasing Fiona Maazel at her tragicomic, freewheeling best.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

ADAM SILVERA, „History is all you left me“ (Soho Teen, 320 Seiten): „Griffin’s first love and ex-boyfriend Theo dies in a drowning accident. Griffin is losing himself in his obsessive compulsions and destructive choices.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

BENJAMIN ALIRE SAENZ, „The Inexplicable Logic of my Life“ (Clarion Books, 452 Seiten): „Sal has always been certain of his place with his adoptive gay father and their loving Mexican-American family. But now, life-altering events force him and his best friend, Samantha, to confront issues of faith, loss, and grief.“ [Klappentext, gekürzt] Goodreads: Link

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Queerness, Sex, Coming Out: Stefan Mesch & Antonio Capurro (Interview)

antonio-capurro-peru-interview.

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A Peruvian journalist contacted me on Facebook:

He saw that I took part in the „Daily Portrait“ photo project in 2016 (article about my experience: here)…

…and wanted to know more about my ideas on queerness, privacy, and sexuality.

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The interview will be published in Spanish at La Revista Diversa.

For my blog, here’s the (long, unedited) English version.

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Tell us about your childhood: Where did you grow up?

I’m 34. I grew up in a wealthy, rural town in Southern Germany: less than 2000 people, no train station. Everyone has a car, most people own their house. My childhood was okay – but I missed culture, diversity, intellectual life. I often point out that I didn’t interact with lesbians until 2003, when I moved away for college. There were two or three boys who were whispered to be gay in my high school – but no visible queerness.

What did you study?

I studied Creative Writing and Cultural Journalism; because I wanted to be an author and a book critic. The „book critic“ part worked out great, and I’m finally finishing my first novel. There is so much culture – literature, journalism, comic books, TV shows, online projects – that’s important and relevant to me: I’m good at scouting, learning, judging and explaining, and I want to be a part of these larger cultural (and sometimes: political) conversations.

Growing up, did you enjoy being nude?

I’m not an outdoor person, nor a sports person, and I have no great memories about enjoying nudity as a child. Quite early, I often felt that nudity had to do with humiliation: Only powerless people were nude. So I tried to stay dressed and not let my guard down. I don’t tan well, my skin is quite pale, and as a teenager, I thought that people would dislike my nude body.

How did you discover your queerness?

I always liked queer characters or people who fought gender stereotypes. Also, my village was so rural and… tense about masculinity that I felt „queer“ and „strange“ just for reading books or being friends with girls.

Sexually, I’m more often attracted to men than to women. Romantically, I had more crushes on girls than men. I think that by the time I was 15, I understood that I was bisexual. But the first man that felt like a possible romantic partner only showed up when I was 18.

How was your first time having gay sex?

I had sex with 26, with my first boyfriend. The relationship was exhausting, but worthwhile. Our sexual mechanics never worked out that well. We have chemistry – but we didn’t have much sex.

How was your coming-out?

I was nervous about my dad and waited until 2014 (!) to tell him. He was the biggest hurdle – although in the end, he surprised me. I gradually started talking to friends and family members since I was 20. I did not enjoy coming out because it felt like I gave up power. I felt like I had to tell people: „Here’s something intimate and sexual about me that doesn’t really concern you. So: Are you okay with it? Or are you disgusted? Come on: You may now judge me.“

I came out before I had boyfriends. Today, I love to introduce my grumpy partner to people and say: „Look! He’s great, we’re happy, I’m bisexual!“ But before I had a partner, it always felt like saying: „Do you want to know if I fantasize about men and/or women every time I jerk off?“ I was passionate about diversity and visibility and talked about that a lot, long before being out to everyone. But my personal sexuality, for the longest time, began and ended with masturbation and some unrequited crushes.

Why did you take part in the „Daily Portrait“ photo project? Did you think a lot before you decided to pose for a nude photo?

In 2013, an awesome Berlin painter, Martina Minette Dreier, asked me if I wanted to model for an oil painting. I sat for the portrait in the nude, and it felt great. In 2016, I lost a lot of weight. I always thought that very soon, I would be a balding, sad and awkward man – but when I realized that I liked my current body, I decided to take part in the project.

It still took a long time – 7 months – because I thought about shame, exposure and my credibility as a cultural journalist… but I wrote about this at length elsewhere, in a longer essay: Link.

Why did you decide to start a blog where you post nude self portrait photos?

I love selfies and quick snapshots, and in 2016, I spent much energy and time on Instagram. I don’t know what „exhibitionism“ means: If you define that as „I want to surprise people by showing my penis publicly or unexpectedly“, I am not an exhibitionist at all. I would not undress in public, or annoy or shock people with nudity. To me, unsolicited dick picks are a form of sexual harrassment.

But I knew that online, in places like Tumblr and Reddit, people who like my body type sometimes LOVE nude pictures of people, quite similar to me. I have never felt very desired by friends at school. But I like myself right now, and I thought: „Here’s the target audience for your nude body.“ I enjoy posting pics to that very specific audience.

Do you like erotic photography?

Yes. I don’t like classic masculinity. Also, young bodies often make me uncomfortable. I dislike many standard poses, and anything with twinks/boyish men.

Do you enjoy porn?

I love amateurs, and any kind of person who shares or overshares online. But I dislike the porn industry, the clichés, the standardized bodies, the exploitation. Lots of it feels sexist, boring and crude.

Do you consider yourself very sexual?

I’m not very sensual, I’m not very cuddly, I don’t enjoy touching many people. Also, I don’t like one night stands and I have spent many years without any sex. So I don’t think I’m „very sexual“. I do enjoy having sex and making out, though – and if I talk to friends, I’m surprised that most of them want less sex or have less energy for sex than me.

Do you consider yourself sexy or attractive?

I only have to be attractive to the one person that I want to attract right now: my partner. He likes me, so all is well. Generally, I don’t think I’m particularly sexy. But I know how to write well: I’ve learned some techniques. I think that in photography and taking selfies, there are many similar techniques. So: I’m learning how to appear sexy in photos. And I think I’m getting better.

What was the most bizarre experience in your life?

Sexuality-wise? Nothing wild. But in a gay bar in 2013, someone tapped my shoulder and said: „Sorry. A stranger just tried to piss on your shoe.“ I was annoyed because it felt completely tactless and disrespectful. If you’re friendly and ask nicely (and if I have some extra shoes), I’m the person to say „Yeah – whatever gets you off. Okay.“ But to try that, without asking?

What kind of feedback do you get from followers on Twitter, Facebook or Instagram?

I love giving and getting book recommendations, I want to share ideas with many people: I love my profiles and my feeds in these networks. If you ask about nudity: People pay me compliments, and often, gay men from Spain or Spanish-speaking countries contact me to say „I wish I could be as brave“ or „I wish I had the confidence to show my body online“. So far, I’ve had these conversations with five or six men; and they’re all Spanish-speaking. Maybe it has to do with catholicism…?

Have you ever meet online friends in person?

Most of the literature and journalism people that I’ve met since finishing university in 2009 were my Facebook friends before I eventually met them in person, yes.

Have you ever blocked people who bother you because they were only looking for sex?

I’ve blocked two or three people on Facebook because of hate speech or personal/political attacks. I never had problems with sexual harrassment. I have met all three of my boyfriends on datings sites – but I don’t like chatting there, and I often dislike the tone that German people use in „kinky“ networks like Gayromeo or Scruff: To me, German „dirty talk“ often sounds too degrading and shame-centered. „Filthy Pig“, „Worthless Fag“, „Pussyboi with Boypussy“ etc.

But even though that tone makes me run, I never personally felt disrespected, no.

What do you do when you are not working?

I love reading – books and articles and graphic novels. But as a book critic, I still can count that as work: Ideally, I just spend 12 to 14 hours a day reading, talking, learning and writing. I love cheap food and very cheap restaurants. And for a while last summer, I was in love with „Pokemon Go“.

What do you think about the new ways to make journalism – like citizen journalism?

If people are paid, they have more time and energy to write. On the other hand, there are passionate experts in every field – who can often do much deeper work because they have much more knowledge. I enjoy book blogs, wikis, fanzines, social media and all other places where people who are not trained journalists still have a voice. But I think that selecting stuff is my personal super-power: You can send me to „messy“ sites like Reddit, and I will ignore the hate-speech, the conspiracy theories and the overall unpleasant atmosphere… and just focus on the good writing and the good ideas that are still there. Theodore Sturgeon said that 90 percent of everything is crap/crud. So of course, 90 percent of „citizen journalism“ is crap, too. I want to focus on the other 10 percent – in every field.

I’m worried that every artistic or journalistic outlet I know is constantly asking for money: There are so many crowdfunding campaigns and kickstarters and patreon links etc. that I sometimes fear that as a journalist and writer I will never find a publisher who will pay me decently. Instead, it will be our job to constantly ask all friends for money and spend more and more time and effort on these campaigns.

Which authors or writers do you admire and what genres do you prefer?

My favorite classic novelists are Vladimir Nabokov, Thomas Wolfe and John Cowper Powys. My favorite living novelist is Stewart O’Nan. I have a soft spot for Young Adult literature (here, my favorite writer is A.S. King) and graphic novels and super-hero books (Greg Rucka). My favorite German writer is Dietmar Dath. Generally, I admire people who get raw and personal. And I enjoy domestic fiction – books about grief, sadness or families, often set in suburbia.

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I took part in a queer photo project, and wrote an essay about it for the Berlin Tagesspiegel (Link). my photo for the article was taken by Mike Wolff.

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Do you remember a gay movie or gay role on TV or cinema?

There are some popular gay favorites that I don’t enjoy: Oscar Wilde, „Queer as Folk“, musicals and pop divas, and many boarding-school novels like „A Separate Peace“ or German queer-ish classics like „Unterm Rad“ by Hermann Hesse or „Katz und Maus“ by Günther Grass.

My favorite German soap opera, „Verbotene Liebe“, started when I was 12 and almost always had compelling and fun queer characters – particularly lesbians. I didn’t like their most famous gay couple, Christian and Olli, because they were both quite masculine and sporty bland characters. In 2006, I was hooked on „As the World Turns“, a US soap opera, and the (dramatic and self-obsessed) gay character Luke Snyder.

In my early teens, I liked lesbian or gender-nonconforming heroines in „Lady Oscar“ and „Sailor Moon“. Today, I love Batwoman and many lesbian or queer comic book characters, often written by author Greg Rucka.

„Ugly Betty“ is queer, cheery and has a diverse and fun cast. As a kid, I enjoyed dandyesque, foppish characters like John Steel in „The Avengers“, Elim Garak in „Deep Space Nine“ or anyone played by Peter Cushing. I liked „Brokeback Mountain“. HBO’s „Looking“ bores me. I have tons of favorite queer authors: Alison Bechdel, Marcel Proust, Hubert Fichte. I loved David Levithan’s „Two Boys Kissing“.

What is the most comfortable place in your house or outside to ne naked?

I need warmth to feel comfortable, and I need privacy to be nude. There is no warm AND private outside place where I can be nude. Inside, I enjoy taking baths or showers, and I love overheated rooms, botanical gardens, greenhouses and saunas.

Are you thinking of recording videos or to show more your butt?

I move quite awkwardly and can’t imagine filming myself stripping without having to laugh. I think my butt looks okay, but every time I try to shoot a decent photo of it, it looks pale and flabby. Celebrities often post butt pics. But my pictures never turn out like this.

What is the part of your body that men like most?

I’m not flirting a lot, and I don’t ask what men who see me in person like about me. People who see me online sometimes comment on my scruffiness/body hair. But then: hair is just a common fetish.

What is the part of your body that you like the most?

Most strangers seem to understand that I’m usually friendly and interested: I don’t think I’m super-charismatic. But somehow, my body language signals „I’m smart and alert and friendly“, and I like that. I also like my eyes, when I’m not too tired.

If a magazine offered you money to pose nude on the cover or centerfold, would you say yes?

The „money“ part sounds weird: I don’t know if I ever want to feel like my sexuality or body can be bought. But yeah – I would partake in nude art, or sex-related projects.

Is there any sexual fantasy you want to make happen?

Bondage. Also, I have never done anything sexual outside/in nature.

How do you see LGBT rights in your country and worldwide?

I think visibility matters: It’s important to see and hear queer people in public, in culture and in schools. I don’t think most people even CAN be „anti-gay“ once they meet so many queer people that „I’m anti-gay“ sounds like „I’m anti-brown-eyed-people“.

I’d love to think that things get better. But the tone, aggression and hate of all these current backlashes – ISIS and Russia, Trump and European xenophobia – shock me almost every day: We can’t take civilization for granted. Or democracy. Or tolerance.

Is there more acceptance in your country?

More than when I was a kid? I hope so. There is no marriage equality yet, and gay couples can’t adopt, and too many people still think that you can’t have „Christian values“ and, at the same time, openly talk about homosexuality in schools. German politicians and pundits talk about „Leitkultur“ (a cultural standard about what it should mean to be a proper, „real“ German) a lot, and I think that as a country, we are obsessed with being „normal“ and „regular“.

Every time queer people want to be aknowledged for NOT „being normal“, people get angry quickly: Ideally, queer people, non-white people etc. should just work hard to blend in, and not address discrimination; the idea seems to be that if everyone acts „normal“ enough and never complains, no one would be discriminated against, anyways. I admire people who stand out. Or complain. Or fight to be aknowledged. That’s why I love activists, rabble-rousers and politically queer people.

Have you ever been to a gay wedding?

No. I spent lots of time in Toronto from 2009 to 2013, I’m close friends with three gay or lesbian Canadian couples, but I met them after they were married or I wasn’t in Canada when they had their ceremony. I have one German gay friend who is getting married this summer, but I haven’t met his partner yet – we only became friends last year. I wish I had more queer real-life Berlin friends, and I wish I had more older queer role models.

Single? Looking? Dating?

Since summer of 2014, I’m in a relationship with a German florist. Most of the time, I live with him in his Berlin apartment. It’s not an open relationship, and we both hope that we’ll stay together for decades. Everything is more fun when he is around. We’re crazy happy to have each other.

What do you know about my country, Peru?

For a couple of weeks in 2001, my mom had an au-pair from Peru: a very, very shy girl who was too nervous, quiet and demure. We never really established a connection, and she switched to another family. It felt like having a maid – it was uncomfortable for everyone.

I sampled and liked „The Cardboard House“ by Martin Àdán. But I don’t even know any other Peruvian literature.

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Online Nudity, Exposure on the Web: Essay (German version published in the Berlin Tagesspiegel)

daily portrait berlin

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I spent time in Toronto and New York, I’m a literary translator… but I only translate English to German, and most of my journalistic texts are written in German.

There is one article that English-speaking friends ask me about nearly every day.

So I decided to do a quick and rough translation into English:

My original article was printed in the Berlin Tagesspiegel. „Nackt im Netz. Was es heißt, sich zu entblößen“ (Online Version: Nov 5th, 2016)

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Nude, Online

As a teenager, I panicked when I had to be naked in front of others. Aged 33, I used an art project to confront my fears.

I had my first kiss with 21. I first had sex with 26. I first had good sex with 29; barely four years ago. Now, nude pictures of me are online, on Tumblr and Twitter. I can’t control who sees or spreads them. For many people, that would be a nightmare.

For me, it was a choice.

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I: The “Daily Portrait” Project

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I’m in a woman’s room, but don’t know anything about the person who lives here; and I won’t meet her today. By the window, her boyfriend Fatih is taking off his clothes. Fatih has just spent two weeks in Turkey to visit his family. I met him eight minutes ago. We talk in English: While I mount an expensive camera on a tripod, Fatih shows me a large flute from Turkey, an old book, a bow and an arrow… props that he wants to use for his photo session. It takes me about twenty minutes to shoot ten or twelve nude pictures.

Two hours later, the picture that both of us like most is displayed online: a thoughtful man with shaved pubes stands between a potted plant and lots of girlish knickknacks, bright windows in his back. He has raised the bow, aims the arrow to a wall that is barely two feet away. It’s an absurd pose that tells a lot about Fatih’s self-image, the decoration style of his girlfriend and about body images, masculinity and ideas of „authenticity“ in Berlin, 2016.

In 2012, Czech photographer Martin Gabriel Pavel photographed friends and strangers in a studio in Prague; one portrait a day, for one year. He only showed their heads and upper bodies. This was the first round of his „Daily Portrait“ project. Men displayed their naked chests, women wore bras. In 2013, Pavel took daily polaroids in public places around Prague. Once again, his subjects were mostly young local people. In 2014, for „Daily Portrait 3“, he covertly took quick daily digital snapshots of tired commuters on the Prague subway.

Only now, for “Daily Portrait 4”, taken over an 18-month period in 2015 and 2016, Pavel stopped taking the shots himself. Initially, on a visit to Berlin, he took some portraits of new acquaintances. But quickly, he wondered: Why not give up control? From mid-2015 to early October 2016, Pavel’s digital camera was passed through Berlin, from one stranger to the next.

One day, a stranger showed up at your door and took a photo of you. Afterwards, he or she left the camera with you; and the next day, you we assigned another stranger to visit, take their nude picture and leave the camera with them: a roundabout of Berliners, taking pictures of complete strangers in their homes. Pavel only e-mailed the instructions and the contact data. He maintained the project’s blog, Flickr, Tumblr and Facebook pages and coordinated everyone’s e-mail, but was only present to take the first picture in 2015 and to be the subject of the very last picture in 2016. Some of the participants posed in their underwear. But most of them, as intended by the project, are pictured naked.

I had noticed the project through newspapers and blogs, through the popular Facebook page and because images from the project spread through Tumblr and showed up in many erotica blogs, both straight and queer. In January 2016, I recognized a friend in one of the pictures, and for weeks, I rather pitied her: „Was she mocked? Are people disappointed? What was the worst consequence once people saw that she decided to had her picture taken?“

I wondered how I would deal with glances, reactions, judgements about my body – and judgements because I chose to display myself in such a public project.

In mid-September, my father turned 60. He wanted to celebrate with everyone. He still lives where I grew up, in a village in Southern Germany, populated by less than 2000 people. Some of them already follow my public writing, my blog or my instagram, and think of me as arrogant or narcissistic. To me, it was unthinkable to participate in „Daily Portrait“ before my father’s party, and then travel home to confront these people.

In the end, I needed lots of time. I finally took the courage to e-mail Martin Gabriel Pavel, but did not hear back from him for two weeks. I assumed the project had already been completed once 366 pictures appeared online. Then, surprisingly, Martin sent me a very quick e-mail: Was I still up for this? I could become photo subject number 372 and then shoot photo number 373, Fatih.

While I took Fatih’s picture, I asked Fatih when he decided to participate himself. „Only yesterday. I e-mailed Martin at the airport in Turkey.“ This is how nearly all the people who make projects like these work seem to function: They’re spontaneous, playful, confident, direct. It took me seven months to decide to have my picture taken. In the finished photo, I’m tense and seem to eye something just out of frame, to my right – as if there was not just a stranger in my room, photographing me. But also a scorpion. Or a snake. Or all the people from my father’s birthday party.

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II: Exposure = Humiliation?

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Even before hitting puberty, I was anxious in locker rooms. My heart raced and I was afraid of nervous involuntary boners. What if some deplorable hides or steals my clothes? What if I ridicule myself by being naked? Why do I lack all self-esteem and turn into a wet blanket the moment crowds can observe my body? I knew that once this panic became obvious to others, they would exploit it. So I did everything to appear calm.

I have never been more thin-skinned or vulnerable in front of other people than in these moments after gym or swim class. Even today, my wardrobe serves as an armor, a corset that holds me up. Once nude, I am all nerves. I panic – because I have to try my hardest not to panic.

In my family, nudity is no big taboo. I have no childhood trauma; my parents were pretty great about sex ed. When I was eight or nine, a group of giggling girls ripped off my clothes at a birthday party where I was the only boy – but at the time, I thought of this as a silly, needlessly nasty prank. Nothing sexualized. Some years later, once boys nonchalantly got in and out of their swimming trunks or took a very public nude shower – voluntarily, and seemingly without any fear or discomfort, even after very quick, not that sweat-inducing single-period gym classes – I was envious and bewildered: Why did they have such thick skin? Was it just me who saw undressing as a HUGE thing?

Every since I saw nude people on TV, I thought of nudity as a power game.

On TV shows and movies from the 80s and 90s, nude scenes are often about humiliation and control. One scene from “Police Academy 2” has the sporty, boorish heroes have their revenge on a scrawny, brainy and tense instructor by replacing his shampoo bottle with epoxy. Gleefully observed by all these enemies, the older guy has to stumble through HIS precinct, both hands glued to his ruined hair, defenseless, naked, surrounded by sadists who won’t stop laughing.

Then, there was „Mann-o-Mann“, a dating show where male candidates who weren’t masculine enough were eliminated through spiteful “girls” that pushed everyone into a swimming pool. No one had to undress – but when they emerged, drenched and dripping, I had a hard time understanding why the audience enjoyed their fall. Regularly, TV invited me to laugh at “unmanly” outsiders: often men who were deemed too nerdy or cerebral. Good-looking, „normal“ guys stole or ruined these guys‘ clothes, and the masses loved the humiliation.

Some of my childhood’s greatest idols – I immediately connected to them: they seemed extremely brave – were the hapless and reserved older dads and teachers invited to “Hanna-Barbera-Party”, a low-rent German “Disney Club”-type of variety show: Every week, one malicious kid, to celebrate their birthday, challenged some (usually male) authority figure to sit in a public “gunge chair”. Host Metty Krings plus a guy dressed as Yogi Bear plus whole classes of sadistic, angry, power-drunk school mates smiled as this “birthday kid” pulled a lever. Now, the dad or teacher had to show his friendliest “All is well. It’s all in good fun!” face… while being drenched in green gunge. Growing up, I knew that many kids saw me as exactly the kind of stiff and tense know-it-all person who deserved that kind of public treatment.

Today, I’m naked, online. Is this my way to search out “slime shower”-like situations voluntarily – and get them over with? Am I giving up control – to prevent the humiliation and loss of control that I have feared since childhood? A loss of control that, in the end, was never forced upon me, anyways?

If celebrities undress – does it diminish them? So often, characters undress. To make things worse, they sometimes HAVE to undress – for an audience of spiteful onlookers. I can hardly bear to watch these moments of submission. To me, it’s an absurdly heroic, dramatic sacrifice. Videos of military hazings, fraternity rituals, bullying make me angry; and when such scenes are staged, I’m perplexed: Voluntarily naked people (often: movie stars) lend their naked bodies to portray involuntarily naked people (often: victims). Should I pity the characters, or admire the actors?

In 1995’s magical realism drama „Powder“, Sean Patrick Flanery, an omnipresent teen idol and pretty-boy of the 1990s, plays a bald, albino-pale outsider with secret mental powers. A pack of jealous and hateful small-town jocks strip him and push him into mud puddles. I couldn’t believe that someone as conventionally pretty as Flanery, star of „Young Indiana Jones”, at the height of his teen idol career decided to shave his head, get covered in white make-up and show his penis in one of the least flattering nude scenes I know.

Similarly, I could not understand what made 20-year-old Drew Barrymore agree to display her nipple to photographer David LaChapelle, or Sharon Stone to show her vagina in “Basic Instinct”: To me, Stone’s half-a-million-dollar salary seemed barely enough to make up for the humiliation.

For five seasons, Guillermo Diaz played a sexy and charismatic drug dealer in “Weeds”. In 2010, he modeled for an indie gay magazine that displays naked amateurs, “Pinups”. He’s traipsing through an apartment and fiddles with a record player in the nude: a typical “gay bear”, his penis rather small. His career and his standing as sex symbol didn’t suffer. Will such public, surprising displays of nudity make celebs smaller? Or can they make them bigger: multi-dimensional, more complex?

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This is only 1/4th of the text. I will continue the translation over the next few days, until the complete article is online. For now, here is a brief summary:

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When I was a kid, there was a lot of “embarrasment nudity” on TV:

Shows or movies where powerless people were stripped.  

I started to admire these people, especially if they were famous: There is no reason that someone like Sharon Stone or Drew Barrymore had to show their body to a kid like me.

Often, the context of their nudity felt humiliating. Still: These people were brave enough to expose themselves like that, and I admired them for it.

I got older, more confident and independent – but I still thought: “Being nude, publicly, would be the worst thing that could happen to me.”

But gradually, I asked myself: Why is this such a big deal to me? What’s the worst that could happen if someone saw a nude picture of me?

For decades, I’ve admired people who had no hang-ups about nudity. And even though I have *massive* hang-ups about nudity myself and I consider this a huge deal, I finally tried it myself, and it felt like an important step:

In the end, it’s just my body. Being nude felt cathartic, and I’m glad that I did the same “brave” thing that I admired other people for.

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tagesspiegel stefan mesch

the original, German version of the essay. my photo for the article was taken by Mike Wolff.

meine Lieblingssongs: 400 Songs seit 1997

personal-soundtrack

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Am 26. Oktober 1997 fing ich an, Tagebuch zu führen. Ich war 14 und in der 9. Klasse. Ich schrieb bis 2004, und machte jedes Jahr einen „Soundtrack“ mit 20 persönlichen Lieblingssongs. Heute, als schlichte Liste: Alle 380/400 songs von 1997 bis 2017.

I started keeping a diary on October 26th, 1997. I was 14 and in 9th grade. I kept up until 2004, and every year, I made a ‘personal soundtrack’ with songs that reflected last years’ themes and storylines. Here are all 380/400 songs from 1997 to 2017.

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[Videos hier im Link] Jahr 1 – 1997/98

Del Amitri: Nothing ever happens
Frank Black: Man of Steel
Don Henley: Boys of Summer
Alanis Morissette: Thank you
REM: Everybody Hurts

Gus: Don’t fear the Reaper
Cowboy Junkies: Sweet Jane
Buffalo Tom: Soda Jerk
Green Day: Good riddance
Patsy Cline: Never no more

W.G. Snuffy Walden: Theme from ‘My so-called Life’
Vonda Shepard: You belong to me
Mark Snow: ‘Millennium’ Theme
Ryuichi Sakamoto: Harry to Hospital (from ‘Wild Palms’)
Michael Nyman: The Departure (from ‘Gattaca’)

Roxette: June Afternoon
Silverchair: I miss you love
Jewel: Foolish Games
Pachelbel: Canon in D (Quartet)
David Bowie, Lou Reed et al.: Perfect Day


[Videos hier im Link] Jahr 2 – 1998/99

Chemical Brothers: Let forever be
Baz Luhrman: Sunscreen 1999
Shanks & Bigfoot: Sweet like Chocolate
David Bowie: Seven
Manic Street Preachers: If you tolerate this

David Gray: Please forgive me
Live: The Dolphin’s Cry
Savage Garden: Two Beds and a Coffee Machine
Sting: Brand New Day
David Bowie: Something in the Air

P.J. Harvey: Love too soon (‘Book of Life’ soundtrack)
Jann Arden: Run like Mad (Theme from ‘Dawson’s Creek’)
Bon Jovi: Real Life (‘Ed TV’ OST)
‘Neon Genesis Evangelion’: Fly me to the Moon (Frank Sinatra cover)
The Fifth Dimension: (Last Night) I didn’t get to sleep at all (‘Last Night’ OST)

Red Hot Chilli Peppers: Otherside
Morcheeba: Fear and Love
Foo Fighters: Learn to Fly
Carole King: You’ve got a Friend
Chemical Brothers: Asleep from Day


[Videos hier im Link] Jahr 3 – 1999/2000

Alanis Morissette: That I would be good
Michael Penn: Lucky One
Keith Caputo: Broken
Aimee Mann: Save me
Aimee Mann: Wise up

Bush: Letting the Cables sleep
The Corrs: So young
Travis: Driftwood
Paula Cole: I don’t want to wait (Theme from ‘Dawson’s Creek’)
Annie Lennox: Seventeen again

Andreas Johnson: Glorious
Travis: Why does it always rain on me?
Melanie: Mr. Tambourine Man
Keith Caputo: Why
Keith Caputo: Selfish

Andreas Johnson: The Games we play
Briskeby: Loveenterprise
Counting Crows: Round here
Heather Nova: Paper Cup
Melanie: Leftover Wine


[Videos hier im Link] Jahr 4 – 2000/01

Aimee Mann: Par for the Course
JJ72: Oxygen
Eskobar: On the Ground
Better than Ezra: At the Stars
Eva Cassidy: I know you by heart

Neil Finn: Message to my Girl (Live Piano Solo)
Robbie Williams: Road to Mandalay
K’s Choice: Live for real
Bliss: Not quite Paradise
Eva Cassidy: Anniversary Song

Chris Isaak: Graduation Day
Krezip: I would stay
Crash Test Dummies: Superman Song
Five for Fighting: Superman
Semisonic: Gone to the Movies

The Wallflowers: We could be Heroes
Willard Grant Conspiracy: Another lonely Night
Maná: En el muelle de san blas
Starsailor: Love is here
The Divine Comedy: The Summerhouse


[Videos hier im Link] Jahr 5 – 2001/02

Joe 90: Cars go by
Christian Kane: Not here
Elvis Costello: Every Day I write the Book
Dar Williams: As cool as I am
Starsailor: Good Souls

David Gray: This Year’s Love
Jann Arden: Hanging by a Thread
Jewel: Emily
Jim Croce: These Dreams
Eskobar: Angels

Melanie: Detroit or Buffalo
PJ Harvey: Who will love me now?
U2: Walk on
Pet Shop Boys: You choose
Aimee Mann: 4th of July

Train: Drops of Jupiter
Elton John: Tiny Dancer
Melanie: Long long Time
REM: Nightswimming
REM: Sweetness follows


Jahr 6 – 2002/03

Tracy Chapman: Almost
Kristofer Astroem: Poor Young Man’s Heart
Bright Eyes: No Lies, just Love
The Cardigans: Communication
Coldplay: The Scientist

Dar Williams: The Kind of Love you never recover from
Tori Amos: Winter
Ryan Adams: La Cienega just smiled
The Smiths: Asleep
Kieran Goss: Time that’s in between

Aimee Mann: Invisible Ink
Dar Williams, Richard Shindell, Lucy Kaplansky: Speaking with the Angel
Ryan Adams: Goodnight, Hollywood Boulevard
Counting Crows: Holiday in Spain
Splender: I think God can explain

Norah Jones: Come away with me
Smashing Pumpkins: Disarm
Vega4: The Love you had
Kieran Goss: Worse than Pride
Kristofer Astroem: Where were you


Jahr 7 – 2003/04

Damien Rice: Eskimo
Damien Jurado: Halo Friendly
Adam Green: Secret Tongues
Matt Skiba: Good Fucking Bye
Tori Amos: Pretty Good Year

The Weakerthans: Plea from a Cat named Virtue
Something Corporate: Konstantine
Life of Agony: Angry Tree
Keane: We might as well be Strangers
The Postal Service: This Place is a Prison

Dakota Suite: Pillows in the Water
Bright Eyes: Haligh, Haligh, a Lie, Haligh
Dar Williams: February
Colin Hay: Waiting for my real Life to begin
Fisher: Hello it’s me

Sophia: I left you
Keith Caputo: Got Monsters
Marillion: Daybreak
Bright Eyes: Southern State
Taladorn: Little Tale


Jahr 8 – 2004/05

Tom McRae: Bloodless
The National: Karen
The National: Daughters of the Soho Riots
The Good Life: Under a Honeymoon
Slut: Something to die for

Sarah McLachlan: Posession
Radiohead: Black Star
Bright Eyes: Tereza and Tomas
Placebo: Special K
Fiona Apple: Never is a Promise

The Decemberists: Grace Cathedral Hill
PJ Harvey & Radiohead: This Mess we’re in
I am Kloot: The same deep ater
Tom McRae: Hidden Camera Show
JJ72: Brother Sleep

Counting Crows: Colorblind
Dar Williams: Whispering Pines
Maritime: The Window is the Door
Kristofer Astroem: Man of Steel
Abra Moore: Summer’s Ending


Jahr 9 – 2005/06

Stephen Fretwell: Do you want to come with?
Arcade Fire: Cold Wind
Red Hot Chili Peppers: Dosed
Arcade Fire: Rebellion (Lies)
Sia: Breathe me

Michael Penn: Walter Reed
Death Cab for Cutio: Transatlanticism
James Blunt: Goodbye my Lover
Damien Rice: Amy
Oasis: Let’s all make believe

Audioslave: I am the Highway
Richard Shindell: The Courier
Keane: Can’t stop now
Bright Eyes: Arc of Time (Time Code)
Coldplay: Fix You

Turin Brakes: Painkiller
The Killers: Indie Rock & Roll
The Decemberists: Engine Driver
David Gray: Slow Motion
John Vanderslice: Exodus Damage


Jahr 10 – 2006/07

Wolf Parade: Dinner Bells
Patrick Wolf: Bluebells
Great Lake Swimmers: Merge, a Vessel and a Harbour
Neutral Milk Hotel: Two-Headed Boy
Colin Meloy: Everyday is like Sunday

Whiskeytown: Houses on the Hill
The National: Lit up
The New Pornographers: Sing me Spanish Techno
Joanna Newsom: Peach, Plum, Pear
Scissor Sisters: It can’t come quickly enough

Wolf Parade: This Heart’s on Fire
Bright Eyes: Devil Town
Anthony and the Johnsons: You are my Sister
Anthony and the Johnsons: Cripple and the Starfish
Iron and Wine: Passing Afternoon

Iron and Wine: Naked as we came
Travis: Battleships
Okkervil River: Black
The Mountain Goats: Palmcorder Yalna
The Mountain Goats: Cotton


Jahr 11 – 2007/08

Tom McRae: Human Remains
Styrofoam: Snow Crush Killing Song
The Mountain Goats: You or your Memory
Simon & Garfunkel: The only living Boy in New York
Josh Rouse: Flight Attendant

Lali Puna: Faking the Books
Jens Lekman: If you ever need a Stranger to sing at your wedding
Clap your Hands say Yeah: Upon this Tidal Wave of young Blood we surf
Counting Crows: Le Ballet D’Or
Patty Griffin: Kite Song

Keith Caputo: Silver Candy
Tegan and Sarah: Walking with a Ghost
Stars: The Woods
Earlimart: Bloody Nose
Nizlopi: JCB

Josh Ritter: Good Man
Gavind deGraw: I don’t want to wait
Pete Yorn: Simonize
The Booke (a tiny ocean): Waiting for a Superman
Chris Cornell: Scream


Jahr 12 – 2008/09

Frightened Rabbit: Keep yourself warm
Conor Oberst: Lenders in the Temple
Josh Ritter: Song for the Fireflies
Jason Molina: Cross the Road, Molina
Dar Williams: Midnight Radio

Rilo Kiley: Pictures of Success
Irma Kooper: You’ll be mine
Damien Jurado: Go first
Dar Williams: O Canada Girls
Björk: Who is it?

Bob Dylan: Ballad of a thin Man
New Amsterdams: Watch the World cave in
Cat Power: Willie
Joshua James: FM Radio
Patty Griffin: Burdungy Shoes

Nicole Atkins: Neptune City
Richard Shindell: The Humpback Whale
Windmill: Fashion House
Mumford and Sons: White Blank Page
Augustana: Boston


Jahr 13 – 2009/10

James Yorkston: Woozy with Cider
Kate Earl: Melody
Northern Portrait: I give you two Seconds to entertain me
The National: Runaway
Alex Cornish: Scotland the Brave

Richard Shindell: Are you happy now?
David York: Decimate
Johnny Cash: The Man comes around
Avett Brothers: I and love and you
Brett Dennen: Ain’t gonna lose you

Dan Magnan: Robots
Marina and the Diamonds: I am not a Robot
Chris Garneau: Baby’s Romance
Over the Rhine: Ohio
Patty Griffin: Making Pies

Frank Turner: Ballad of me and my Friends
Mark Davis: The Wide Atlantic
Die Antwoord: Enter the Ninja
Final Fantasy: CN Tower was built upon the Dead
Essie Jain: Indefinable


[Videos hier im Link] Jahr 14 – 2010/11

Frightened Rabbit: Poke
Say hi: Take you Dancing
Jesse Payne: The Manhattan Project
The Extra Lens: Cruiserweights
REM: ÜBerlin

Perry Keyes: In ancient Rome
Bill Callahan: The Breeze (my Baby cries)
Fanfarlo: The Walls are coming down
Sufjan Stevens: Chicago
Pete Yorn: Lose you

The Mountain Goats: You were cool
The Irrepressibles: In his Shirt
Young Republic: Girl from the Northern States
Matt Nathanson: Bent / Such Great Heights (Live version)
My Morning Jacket: Phone went west

Boy: Drive Darlin’
Beirut: A Candle’s Fire
Pickering Pick: Egypt
Xiroi: Goodbye Goodbye
The Gaslight Anthem: We did it when we were young


[Videos hier im Link] Jahr 15 – 2011/12

Dillon: Thirteen Thirtyfive
James Vincent McMorrow: Breaking Hearts
Andrew Bird: Fake Palindromes
Gregory Alan Isakov: That Moon Song
The Head and the Heart: Down in the Valley

Ghosts I’ve met: Winter’s Ruin
Holcombe Waller: Qu’Appelle Valley, Saskatchewan
Ben Howard: Depth over Distance (Live)
Melanie Safka: Uptown & Down
Gladys Knight: Midnight Train to Georgia

P.J. Harvey: England
Bill Callahan: One fine Morning
Rebecca Black: Friday
Jim Bryson & The Weakerthans: Freeways in the Front Yard
Lambs and Wolves: The only Light

Freelance Whales: Generator First Floor
Andrew Bird: Scythian Empire
The National: I need my Girl
Talking Heads: The Big Country
Ayano Tsuji: Kazeni Naru (to become the wind) (Acoustic Version)


[Videos hier im Link] Jahr 16 – 2012/13

Ellen and the Escapades: Coming back home
Xavier Rudd: Whirlpool
Jim Bryson: Fell off the Dock
Lonesome Leash: Ghosts
Fruit Tree Foundations: Just as scared

Augustines: Chapel Song
Birdy: Terrible Love
Josh Groban: Brave
Depeche Mode: Broken
Julia Stone: Bloodbuzz Ohio

Fran Healy: Crossfire
The Mountain Goats: High Hawk Season
Field Report: Route 18
Shelby Earl: Swift Arrows
The Mountain Goats: Marduk T-Shirt Men’s Room Incident

Phosphorescent: Song for Zula (live at WFUV)
Oscar and the Wolf: All we want (unplugged)
Bryan John Appleby: Road (The Doe Bay Sessions; live / unplugged)
The Mountain Goats: Then the Letting go
Windmill: Gallery Masterpiece


[Videos hier im Link] Jahr 17 – 2013/14

Boy and Bear: Fall at your Feet
We are Twin: Cold Stone Lips
Paula i Karol: Calling
Amy Macdonald: Slow it down (Acoustic)
Blind Pilot: New York

David Gray: Forgetting
The Tragically Hip: Bobcaygeon
Wye Oak: Civilian
Chris Garneau: Hands on the Radio (Unplugged)
Holcombe Waller: Hardliners

Matraca Berg: Fall Again
Rocky Votolato: Suicide Medicine
Lisa Hannigan: Paper House
Damien Jurado: Yuma, Arizona
Oscar and the Wolf: Moonshine

Conor Oberst: Common Knowledge
Jay Farrar / Ben Gibbard: Big Sur
White Plains: When you are a King
Camera Obscura: Super Trouper
Tanita Tikaram: Everyday is new


[Videos hier im Link] Jahr 18 – 2014/15

Matt Nathanson: Sky High Honey
Joy Kills Sorrow: Was it you
Rachel Platten: Fight Song
San Fermin: Casanova
Oscar and the Wolf: Strange Entity (Rock Werchter 2014)

Travis: Warning Sign
Shannon McNally: Pale Moon
Ozark Henry: Indian Summer
Danny Michel: Ashes to Ashes
Matthew Barber: Revolution of the Sun

A-ha: Lifelines
Admiral Fallow: Guest of the Government
Withered Hand: Love in the Time of Ecstasy
Die Heiterkeit: Wohin gehst du, Cary Grant?
Hoozier: Someone New

Mark Kozelek & Jimmy Lavalle: Gustavo
Peter Broderick: More and more (Mouth Trumpet Version)
Glen Hansard/The Swell Season: Drown Out (live)
Roxette: Spending my Time (live, acoustic)
Dadafon: Slow Day


[Videos hier im Link] Jahr 19 – 2015/16

EL VY: No Time to crank the Sun
Kasper Bjørke: Young Again
Sea Wolf: Whirlpool
Daughter: Get Lucky
Honig: Golden Circle

Owl & Mouse: Don’t read the Classics
Jordan Classen: The Horses are stuck
Jodie Goffe: Birdsong
Josh Ritter: Homecoming
I am Harlequin: Wild One

Lonesome Leash: Momentum
Junip: Line of Fire
Marble Sounds: Come here
Travis: Strangers on a Train
Tom McRae: Alphabet of Hurricanes

Ryan Star: Losing your Memory
Eric Bachmann: Mercy
The Decemberists: Lake Song
Conor Oberst: Next of Kin (live)
Plastic Mermaids: Alaska (live from Ventnor)


Ende Oktober 2017 blogge ich meine 20 Favoriten für 2016/2017. Fünf erste Songs:

Chris Garneau: Pas grave
Chantal Acda: The Sparkle in our Flaws
Josh Ritter: Getting ready to get down
Adam Barnes: Tennyson
Ramin Djawadi: Fake Plastic Trees (Westworld OST)


10 Lieblingslieder, 1997 bis 2017:

Baz Luhrman: Sunscreen
Melanie Safka: Mr. Tambourine Man
Roxette: June Afternoon
Aimee Mann: Save me
Travis: Driftwood

Counting Crows: Round here
The National: Daughters of the Soho Riots
The Mountain Goats: Palmcorder Yalna
Conor Oberst: Southern State

…und eine Coverversion von „Waiting for a Superman“ der Flaming Lips: The Brooke (Link)

„Telex aus Kuba“, Rachel Kushner

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„In ‚Telex aus Kuba‘, einem packenden Roman über die kubanische Revolution, sind sie alle versammelt – die Castros, Che Guevara, der Diktator Batista und US-Präsident Eisenhower. Aber erzählt wird die Geschichte hauptsächlich von zwei Jugendlichen, Everly Lederer und K.C. Stites, die füreinander bestimmt zu sein scheinen: sie die Tochter des Chefs einer amerikanischen Nickelmine und er der Sohn eines leitenden Angestellten der United Fruit Company.

Rachel Kushner hat einen tropisch glitzernden historischen Moment des 20. Jahrhunderts mit großer Raffinesse verdichtet. Man liest mit allen Sinnen, sieht, schmeckt, fühlt mit den Figuren und überlässt sich Kushners herausragender erzählerischer Kraft.“

[Klappentext, gekürzt.]

Im Sommer 2008 machte ich ein Praktikum bei Klett-Cotta. Seitdem schreibe ich hin und wieder Verlagsgutachten: Ich lese Bücher und prüfe, ob sie für Klett in Frage kommen.

„Telex aus Kuba“ las ich schon im Juli 2008: Ich hatte Spaß – doch fand das Buch nicht gut genug für Klett.

2013 erschien Rachel Kushners zweiter Roman: „The Flamethrowers“. Websites wie „The Millions“ lobten das Buch monatelang, und auch die deutsche Ausgabe, „Flammenwerfer“ (2015), wurde mir von Freundinnen empfohlen. Der Goodreads-Score, 3.46 von 5, schreckt mich ab – aber mich freut, dass durch den Erfolg jetzt, neun Jahre später, auch „Telex aus Kuba“ eine Chance auf dem deutschen Markt erhält:

  • 464 Seiten, Rowohlt Verlag
  • Deutsch von Bettina Abarbanell
  • erscheint am 22. April 2017

Meine Gutachten sind drei, vier Seiten lang. Zu „Telex from Cuba“ schrieb ich ein knapperes Statement:

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Rachel Kushner – Telex from Cuba. A Novel.

  • Scribner, Juli 2008
  • Original: englischsprachig [USA]
  • Roman, 322 Seiten.

die Autorin & ihre Themen: Debütroman. Kushner, geboren 1968, war Kommilitonin von Jonathan Franzen (Berkeley; später noch Columbia) und Redakteurin bei verschiedenen Kunst- und Literaturzeitschriften: „Grand Street“, „BOMB“ und aktuell „Soft Targets“. Kushners Mutter war Vorlage für Everly, eine der Hauptfiguren. Dem Roman gingen jahrelange journalistische Recherchen und Befragungen voraus.

Gute Kritiken in Publisher’s Weekly und der New York Times, Blurb von Paula Fox.

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Telex from Cuba“ spielt in den Jahren 1952 bis 1958 und zeigt den schwierigen Alltag zweier Kinder kurz vor der Pubertät… und eine Handvoll Erwachsener – allesamt amerikanische Expats – in einer Siedlung des Importriesen „United Fruit“ – heute: Chiquita – von der Machtergreifung Batistas bis zur (erfolgreichen) kubanischen Revolution. Historische Figuren, vor allem Batista und Castro, haben Sprechrollen. Auch Hemingway tritt auf.

Everly Lederer – das literarische Alter Ego von Rachel Kushners Mutter – ist 9 Jahre alt, als ihr Vater für United Fruit nach Kuba zieht: ein Middle Child mit biestigen Schwestern und nervöser Mutter. Sie nimmt sie das gesellschaftliche Leben auf der Insel als große Inszenierung wahr: Rassismus, Kleinbürgerneurosen und Doppelmoral, alte Frauen, die sich Äffchen halten, junge verwöhnte Männer, die im Dschungel verschwinden, um die Rebellen zu unterstützen. Brennende Zuckerrohrfelder. Rauschende Feste. Der Zeitgeist und die Neurosen, Bedrückungen der 50er Jahre sind plausibel und dicht gezeichnet. Ein – im besten denkbaren Sinn – übervolles, buntes, plastisches Buch. Ein Gesellschaftsroman, multiperspektivisch – aber recht gediegen erzählt.

Gutes Geschenkbuch: mit deutlichem Fokus aufs Historische/Politische zeichnet ein Autor ein hassgeliebtes Land und seine Diktatur. Durchaus in derselben Liga und mit demselben Anspruch wie z.B. Junot Diaz’ „Oscar Wao“. Aber halt: konventioneller.

Die anderen Hauptfiguren sind Ich-Erzähler K.C., Sohn des lokalen United-Fruits-Großgrundbesitzers (…und, wie schön: J.C. und Everly kommen NICHT zusammen. Überhaupt führen alle erwartbaren Figurenkonflikte nie zu großem Melodrama. Gut gemacht!). Außerdem ein französischer Kriegsveteran in Havanna – eine Figur wie bei Camus: testosteronsatt, nihilistisch und mir persönlich zu platt – und eine Tänzerin, die Batistas Mätresse wird.

Niemand stirbt. Die Revolution glückt. Also steigen die Expats ins Boot und fahren weg. Nichts passiert: Everlys Welt hört, als sie 16 ist, einfach auf.

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Susan Cookal in der New York Times zum barocken, schwitzig-tollen [aber: immer grenz-kitschigen] Stil:

Kushner herself evinces an intimate knowledge of her novel’s world and characters. Her style is sure and sharp, studded with illuminating images: In Oriente, “the wind gusted like a personality”; Everly, newly arrived in a new dress, “felt like a tea doily, damp and frilly and out of place,” while La Mazière thinks of Havana as “a damp city where dreams were marbled with nothingness.” When we first see Rachel K, she’s flying above sugar cane fields with K. C.’s father, “a person who was dangerous because he didn’t know which parts of him were rotten, or even that he harbored rot.” These are potent moments, and they make the novel a dreamy, sweet-tart meditation on a vanished way of life and a failed attempt to make the world over in America’s image. Out of tropical rot, Kushner has fashioned a story that will linger like a whiff of decadent Colony perfume.

Ein Amazon-Kunde mault – nicht grundlos:

Great characters and setting; no real plot

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Urteil: Ich gebe vier von fünf Sternen; und bewundere Kushners Fleiß bei der Recherche. Das Buch hat grelle Momente – aber, wie gesagt: Es wirkt absolut plausibel. Toll gemacht.

Trotzdem fühlte ich mich beim Lesen oft, als würde ich von einer netten, recht unkonzentrierten Frau durch ein viel zu großes Haus geführt. Wir blieben in Türrahmen stehen. Saßen auf der Veranda. Mussten UNBEDINGT auch noch in den Keller und den Speicher. Bekamen die GANZ große Tour – mit zahlreichen Umwegen und ein paar Sackgassen – und dachten danach: „Was für ein Ort! Was für ein Anblick!“. Richtig literarisch – also auch: mit Gespür für Timing, Relevanz, oder auch: Humor/Ironie – geht Reiseführerin Kushner nicht vor:

„SO, und jetzt gehen wir schön weiter, da hinten im Dschungel ist der FIDEL CASTRO, kucken wir uns das auch mal an. Zweiergruppen bilden: auf jetzt! Prima.“

Am Ende des – zu langen – Romans war ich eher… erleichtert, dass Kushner alle größeren Schwierigkeiten und Fallen umgehen konnte und das Buch tatsächlich gut zu Ende brachte. Doch so ein ein onkelig-erleichtertes „Na, da hat sie’s aber doch noch ganz gut geschafft!“, ist, glaube ich, keine Haltung, in die man als Lektor verfallen muss: Bei einem versierteren, intelligenteren Buch wäre solche Gönnerhaftigkeit nicht nötig.

„Telex from Cuba“ weckt Außenseitersympathien. Aber keine Begeisterung.

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Superman: Rebirth – Dan Jurgens, Peter Tomasi, neu bei Panini

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am 10. Januar sprach ich über die neuesten „Superman“-Comics in Deutschland, als Studiogast bei Deutschlandradio Kultur:

Text von mir und Link zur Audio-Datei, Deutschlandradio Kultur

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Wer Comics auf Englisch kauft und liest:

Seit Juni 2016 sind die „Superman“-Reihen besser als seit Jahrzehnten.

Mein Tipp:

Erst „Lois & Clark“ lesen (10 Hefte, ein US-Sammelband), dann die beiden parallelen Reihen „Action Comics“ und „Superman“ (erscheinen je zweimal im Monat). Auch „Trinity“ und „Superwoman“ (einmal im Monat) machen Spaß. Im Februar beginnt zudem „Super-Sons“.

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Wer Comics auf Deutsch lesen will:

„Lois & Clark“ erscheint in zwei Bänden bei Panini Comics: Band 1 (Link), Band 2 (Link, 7. Februar).

Dann – 18. April 2017 – „Superman: Sonderband 1“.

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Immer wieder landen langjährige Heldencomics in erzählerischen Sackgassen – und räumen auf, indem ein komplizierter Zwischenfall (Zeitschleifen, Dimensionslöcher, parallele Welten) neue, simplere Zustände schaffen soll. 2011 hieß das: Superman und seine große Liebe Lois Lane werden ersetzt, durch jüngere Versionen, in einer neuen Welt. Jene Doppelgänger waren nie verheiratet, sind schroffer und pragmatischer; ein neuer Lex Luthor ist eher Antiheld als Schurke. 2015 strandete der vorige, ursprünglichere Superman in dieser neuen Gegenwart – in Dan Jurgens Reihe „Lois & Clark“: Er hat jetzt einen Sohn im Grundschulalter und lebt mit seiner Lois heimlich auf einer Farm.

2016, im nicht lesenswerten „The Final Days of Superman“ starb der jüngere Superman. Seitdem übernimmt die ältere Version die Hauptrolle. In vier verknüpften, oft exzellenten Heftreihen – „Action Comics“, „Superman“, „Superwoman“ und „Trinity“ – wird dieses Durcheinander durchdacht, von allen Seiten. Es gibt zwei Lois Lanes. Kann man Lex Luthor trauen? Ein Fremder ohne Kräfte behauptet, Clark Kent zu sein. Supermans Sohn will selbst Held werden. Zu viele ermüdende Kämpfe, mittelmäßige Zeichnungen. Doch tolle Figurenarbeit, Rätsel, Ensembles und Intrigen.

Wirres Chaos? Nein: Ein Helden-Mosaik, so stimmig, herzlich, menschlich wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

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gut gezeichnet, aber keine Empfehlung: die Vorgeschichte "Die letzten Tage von Superman", ab 21. Februar 2017 bei Panini

gut gezeichnet, aber keine Empfehlung: die Vorgeschichte „Die letzten Tage von Superman“, ab 21. Februar 2017 bei Panini

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für die Deutschlandradio-Redaktion und meine Moderatorin fasste ich alles in folgenden Stichpunkten zusammen:

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Es geht um das Comic „Superman: Lois & Clark“, das am 3. Januar auf Deutsch bei Panini erschien.

…und es geht darum, wie der Verlag „DC Comics“ seit 2011 mit der Figur Superman umging.

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Die Figur Superman hatte in den Comics drei große Phasen:

1) 1986 bis 2011
2) 2011 bis 2016
3) heute

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1) grundsätzlich (ab 1986):

– Es gibt zwei große Superhelden-Verlage in den USA: Marvel Comics und DC Comics. Beide veröffentlichen ca. 50 monatliche (oder, neu: zweiwöchentliche) ca. 20seitige Heftreihen über verschiedene Heldinnen und Helden. Fast alle Marvel-Heftreihen spielen im „Marvel-Universum“, fast alle DC-Heftreihen im „DC-Universum“.

– Fünf bis sechs monatliche Hefte werden danach meist als Sammelband veröffentlicht. Auf Deutsch erscheinen diese Sammelbände bei Panini Comics. „Superman: Lois & Clark“ sammelt Hefte, die in den USA von Dezember 2015 bis Sommer 2016 veröffentlicht wurden.

– Die Figur Superman ist nicht nur Hauptfigur in einem alle zwei Wochen erscheinenden Comic namens „Superman“, sondern auch in einer parallelen Reihe namens „Action Comics“, in „Justice League“, in „Trinity“ etc., und hat Gastauftritte in weiteren Reihen wie „Supergirl“, „Super-Sons“ usw.: Wer will, kann monatlich fast 200 Seiten lesen über das Leben dieser Figur – verfasst von mehreren Autoren/Zeichnern, aber alle zusammenhängend/verknüpft.

– Von 1986 bis 2011 erzählten fast alle DC-Heftreihen eine große, zusammenhängende Geschichte: Batman und Superman wurden Freunde, Batman wurde Vater, The Flash hat geheiratet usw.: Figuren sind in ca. 25 Jahren ca. 10 Jahre gealtert. Einige haben Kinder bekommen, alle wurden etwas reifer, besonnener, bürgerlicher. Superman enttarnte sich vor Lois Lane und heiratete sie. Viele dieser Comics sind recht gut, die Figur ist überzeugend gewachsen.

– Bis 2011 aber wurden solche Hintergrund- und Vorgeschichten so lang und kompliziert, dass DC Comics sagte: „Niemand sollte ein Comic von 1986 kennen müssen, um ein Comic von 2011 verstehen zu können. Wir machen einen Neustart.“ Dieser Neustart betraf alle Reihen: In einer Zeitreise-Geschichte verursachte der Superheld The Flash versehentlich ein Paradox… und plötzlich begann vieles von vorne, in 50 Heftreihen, in einem neuen Universum.

[dieser Reboot hieß „The New 52“. ich habe 2011 u.a. hier darüber geschrieben.]

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Superman Batman DC Helden

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2) Superman ab 2011: „The New 52“

– Seit 2011 erzählen alle DC-Heldencomics neue Geschichten… in einem neuen Erzähluniversum… mit den alten Heldinnen und Helden… die aber jetzt verjüngt sind und denen Teile ihrer Vorgeschichte fehlen:

– Superman und Lois Lane sind Redaktionskollegen beim „Daily Planet“, aber waren nie ein Paar. Superman ist jünger, ungestüm, fühlt sich missverstanden und macht viele Fehler. Er verliebt sich in Wonder Woman. Alles ist jugendlicher, frischer, weniger bürgerlich.

– Aber: viele Ehen wurden nie geschlossen, viele Kinder nie gezeugt, vielen Figuren fehlen Tiefe, Vorgeschichte, Erfahrung, Format: Statt den bekannten Helden, Mitte 30, liest man jetzt die Abenteuer von Figuren, die genau so aussehen – doch kaum Mitte 20 sind. Sie sind jünger, naiver, feindseliger, aggressiver. Viele Helden stehen am Anfang und sind einander sehr fremd. Misstrauen, Anfängerfehler, Aggression.

– Dieser 2011er-Neustart war umstritten. Heftreihen wie „Batman“ und „Green Lantern“ kamen gut zurecht. Doch der neue Superman wirkte wie ein traurig naiver Abklatsch der alten Figur: Kritiken, Auflage und Fan-Reaktionen waren schlecht.

– Von 2011 bis 2016 erschien fast kein „Superman“-Comic oder -Sammelband, den ich empfehlen würde. Mir persönlich fehlt auch die Liebesgeschichte mit Lois Lane sehr: Ich lernte Superman in den 90er Jahren kennen, durch die TV-Serie „Superman: Die Abenteuer von Lois & Clark“. Dort spielt der Redaktionsalltag im Daily Planet eine große Rolle, und Lois ist gleichwertige Hauptfigur. Dass sie in den Comics, besonders ab 2011, oft nur eine Randfigur mit Mini-Auftritten bleibt, missfällt mir.

– 2015, in einem (recht schlechten) Comic namens „Convergence“, wurde einigen neuen Helden klar, dass ihre Vorläufer (also: z.B. der Superman von 1986 bis 2011, ich nenne ihn fortan Superman86) entführt und gefangen gehalten wurden, auf einem Planeten: Zum ersten Mal seit vier Jahren sahen wir die alten Figuren wieder. Die „alte“ Lois Lane war schwanger.

– Viele dieser alten Versionen konnten sich retten und befreien… und Superman86 strandete zusammen mit Lois Lane und dem Sohn Jon in der Welt der neuen Figur.

– Der Comic „Lois & Clark“ zeigt diese beiden alten Figuren… die jetzt heimlich in der neuen Welt leben: Seit 2015 gibt es also zwei Lois Lanes, zwei Supermans. Die neuen Versionen wussten aber nichts von den alten: „Lois & Clark“ erzählt, wie sich Superman86 in Kalifornien versteckt, heimlich den Menschen hilft, aber nicht vom neuen, jüngeren Superman entdeckt werden will.

– Dann, 2016, starb der neue Superman plötzlich (…in Geschichten, die ebenfalls gerade bei Panini erscheinen, 2017: „The Final Days of Superman“… die aber nicht besonders gut oder empfehlenswert sind), und DC Comics wagte einen neuen, zweiten Neustart:

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batman vs Superman lois clark

3) 2016: die alte Figur, gestrandet in der neuen Welt: „DC Rebirth“

– Das Sonderheft „DC Rebirth“ erscheint am 28. Februar bei Panini. Es zeigt: Viele Figuren, die 2011 aus der Welt gefallen sind, kommen plötzlich zurück, auf mysteriöse Weise. Alte Geschichten (erschienen vor 2011) werden plötzlich wieder relevant. die neuen Comics, die alle ab diesem Frühling auf Deutsch erscheinen, sind optimistischer, oft besser verständlich, romantischer… Der Verlag versucht, nach dem düsteren Neustart von 2011, jetzt vieles wieder heller zu gestalten, und greift dabei auf alte Figuren und Vorgeschichten zurück.

– In Heftreihen wie „Batman“ ist das gar kein richtiges Thema: Die Geschichten gehen, mehr oder weniger, ungefähr so weiter. Um „Batman“ zu lesen, muss man nichts über diese Paralleluniversen, Zeitreisen, Paradoxien und Doppelgänger wissen. [Die Reihe „Batman“ von Autor Tom King ist nicht besonders gelungen. Aber die Reihe „Detective Comics“ von James Tynion. Empfehlung!]

– Die Superman-Heftreihen dagegen machen all das SEHR zum Thema; und bisher ist das ein großer Gewinn, erzählerisch: Es gibt zwei Lois Lanes. Die „alte“ Hauptfigur trifft neue Versionen ihrer alten Bekannten und Bezugspersonen, die sie von 1986 bis 2011 gut kannte (Batman, Lex Luthor, Wonder Woman etc.) – doch diese Bezugspersonen kannten ihrerseits nur die jüngere (und: jetzt verstorbene) Version von 2011 bis 2016: Superman86 lernt viele Figuren neu kennen, die aussehen wie seine vertrauten Freunde und Gegner… doch andere Rollen spielen. Das Mit- und Gegeneinander mit z.B. dem neuen Lex Luthor ist aktuell ein großes erzählerisches Vergnügen, weil beide Figuren nur eine jeweils andere Version von sich kannten, bisher.

– Supermans Sohn Jon ist fast zehn Jahre alt und entwickelt eigene Kräfte. Von 2011 bis 2016 erzählten die Comics das Leben eines wütenden, unbeholfenen Single-Supermans. Jetzt, seit „Lois & Clark“, geht es um eine glückliche Familie – Superman86, Lois Lane86, Sohn Jon -, die in einer neuen Welt neu durchstartet. Auch diese Lois hat eine interessantere Rolle als seit Jahren – weil Lois86 Mutter ist, aber die jüngere Lois plötzlich Superkräfte entwickelt… und nichts von Lois86 weiß.

– So verwirrend und barock all das klingt: Aktuell sind die Superman-Heftreihen, die alle in den nächsten Monaten neu bei Panini erscheinen, auf Deutsch, ein toller Einstieg. schöne alte Figuren, desorientiert in einer neuen Welt… doch optimistisch und einsteigerfreundlich erzählt. „Lois & Clark“ ist dabei der einfachste und süffigste Einstieg: Wir lernen Sohn Jon kennen, wir erfahren, was Superman86 heimlich/inkognito/undercover in der neuen Welt leistet, und mit dem Ende von „Lois & Clark“ (zwei Sammelbände, Band 2 erscheint am 7. Februar) starten dann mehrere weitere Erzählstränge, in denen man diesen Figuren folgen kann:

– Weil die Heftreihen in den USA schon seit Juni 2016 laufen und ich die Originalcomics las, weiß ich: die Reihen „Superman“, „Action Comics“, „Trinity“ und „Superwoman“ sind einen Blick wert. Als nächstes startet in den USA dann „Super-Sons“, über Supermans Sohn Jon und Batmans Sohn Damian.

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– Verlegerisch und erzählerisch, auf einer Meta-Ebene, geht es hier um Tonfall, Zielgruppen und Zugänglichkeit:

2011 dachte DC Comics: Wir müssen jünger werden, einfacher, härter/jugendlicher/aggressiver – und junge Leser wollen sich nicht mit alten oder verheirateten Helden identifizieren. Weg mit den Vorgeschichten!

2016 wird das korrigiert: Superman und Lois Lane sind ca. 40 Jahre alt, glückliche Eltern, und die Wärme, Besonnenheit, das Miteinander und Vertrauen machen die Comics sympathischer (und: kinderfreundlicher) als seit Jahren.

Mich persönlich freut, dass der Verlag es sich hätte einfach machen können und durch eine WEITERE Zeitreise- und Paralleluniversums-Geschichte alles viel schneller oder sauberer hätte auflösen können. Stattdessen gibt es diesen großen Doppelgänger-Kuddelmuddel… und bisher sorgt der Kuddelmuddel für lesenswerte, aufregende Comics und Konflikte. Alles etwas barock und verwirrend. Aber: sonnig, trotz allem einsteigerfreundlich – und genuin spannend.

Wer die Figuren aus Filmen und Serien ein wenig kennt, doch sich bisher nicht an die Comics traute: „Lois & Clark“ ist der ideale Einstieg.

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batman v superman, superman american alien

ebenfalls lesenswert, steht ganz für sich: „Superman: American Alien“ von Max Landis

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meine Bilanz, bisher:

„Action Comics“ wird ab Sammelband 2 besonders gut; „Superman“ ist ebenfalls ab Sammelband 2 gelungen. „Trinity“ (toll gezeichnet, aber nur ca. jede zweite Ausgabe) und „Superwoman“ (langsam erzählt, etwas träge) sind keine Meisterwerke, aber machen mir Spaß. „New Super-Man“ langweilt mich und spielt bisher keine große Rolle, auch die aktuelle „Supergirl“-Serie ist konventionell, langweilig, zweitklassig. Einen Blick wert: „Supergirl: Being Super“ (keine Verknüpfungen zu den anderen Reihen). Die „Justice League“-Reihen ab „DC Rebirth“ habe ich noch nicht angelesen. Und, wie gesagt: „Detective Comics“ ist großartig.