Lieber buchaffine Blogger, wie hältst du es mit Selbst-Verlegtem?

Statements zur Frage „Wie würdest du damit umgehen, wenn dir Self Publisher ihre Titel zur Rezension anbieten“

Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass sich die klassischen Medien und das traditionelle Feuilleton nicht auf Publikationen von Self-Publishern einlassen. Und da Self Publisher vielfach eine starke Affinität zum Netz haben, bleibt ihnen meist gar nichts anderes übrig, als ihr Buchmarketing auf eben diese Kanäle zu konzentrieren. Ein eigenes Blog nebst Homepage gehören inzwischen zum Standard, bisweilen sogar ein Youtube-Kanal. Da wird getwittert, gegoogeltplust oder gepinterestet. Autorenforen und Communities sind ebenfalls ein Mittel zum Zweck. Neben Rezensionen auf Amazon, für die gegebenfalls auch Freunde und der Bekanntenkreis herhalten müssen, rückt die buchaffine Bloggerszene ins Visier, von der man sich Reichweite und Unterstützung bei der Vermarktung erhofft.

Doch wie stehen buchaffine Blogger zu Publikationen von Selbstverlegern? Da ich das etwas genauer wissen wollte, habe ich einige von ihnen um ein kurzes Statement dazu gebeten.– Der Form halber sei angemerkt, dass die Aussagen von 15 bibliophilen Bloggern selbstverständlich nicht repräsentativ sind und Schlussfolgerungen jedweder Art entsprechend fernliegen.

Wie würdest du damit umgehen, wenn dir Self Publisher ihre Titel zur Rezension anbieten?

Das kommt gelegentlich vor. Bisher war jedoch noch nichts dabei, was mich angesprochen und zur weitergehenden Lektüre gereizt hat. – Klingt vielleicht ein bisschen arrogant, ist aber so. GregorKeuschnig, Begleitschreiben

Eine schwierige Frage. Wenn ich den Self Publisher persönlich kenne, ist es schwer, da ich befangen bin. Ich bin ein eher kritischer Leser und möchte eine mir bekannte Person nicht verletzen. Das könnte für mich zu einem Konflikt führen. Ich würde mir den Vorbehalt herausnehmen, keine Rezension zu schreiben, wenn ich mich dazu nicht in der Lage sehe (aus welchen Gründen auch immer). Diesen Vorbehalt hätte ich aber auch bei unbekannten Autoren. Ich hadere noch mit mir, wirkliche „Verrisse“ zu schreiben, dann schreibe ich lieber gar nichts. Auf der einen Seite steht viel Arbeit und Herzblut eines Autors dahinter, auf der anderen Seite hat er das auch an die Öffentlichkeit gebracht, müsste die Kritik also annehmen können. Schwer ist es doch meistens und ich habe die wirkliche Lösung noch nicht gefunden. Das fiel mir auf wissenschaftlicher Ebene leichter, irgendwie war damals das Werk näher als der Autor, ich merke da eine Verschiebung. Sandra Matteotti, Denkzeiten und Bücherwelten

Die Self Publisher sind diesbezüglich – verständlicherweise – wesentlich aktiver als klassische Verlage. Sprich: Mir werden öfter Bücher angeboten. Allerdings selten meinen Interessen entsprechend, weswegen ich meist ablehne. Das hat nichts mit der möglichen Qualität zu tun, mich interessieren bestimmte Genres einfach weniger als andere. Insgesamt suche ich mir am liebsten selbst meine Lektüre aus, da kommt schon genug zusammen. Und ich fühle mich freier, als wenn ich einen Stapel Bücher hätte, den ich eher lesen „muss“ als will. Petra Gust-Kazakos, Philea’s Blog

Ich gehe mit Titel von Self Publisher genauso um, wie mit Verlagen oder Agenturen, die mir Rezensionsexemplare anbieten. Es gibt für mich da keinen Unterschied! D.h. Wer dem „Durchleser“ per Mail oder auch per Post unverlangt ein Leseexemplar anbietet, wird sich zu hundert Prozent sofort in der Ablage P wie Papierkorb wiederfinden. Durchleserin, Durchleser’s Blog

Ignorieren. Christian Köllerer, Dr. Christian Köllerers Notizen

Es ist erst ein paar Mal passiert, dass ich Mails in meinem Posteingang vorgefunden habe, wo mir Self Publisher ihre Titel angeboten haben. Bis jetzt habe ich diese Angebote nicht angenommen. Nicht aus dem Grund, weil sie selbstverlegt sind, sondern weil mich die Titel oder auch der Inhalt nicht angesprochen haben. Meine Lesezeit ist begrenzt, so dass ich mir gerne ganz bewusst die Lektüre suche, die mich interessiert. Selfpublished Büchern stehe ich jedoch nicht grundsätzlich skeptisch gegenüber. Die Möglichkeit des Self Publishing wird auf lange Sicht sicherlich dazu führen, dass Texte und Autoren erfolgreich werden, die es sonst vielleicht nicht geschafft hätten. Ich glaube, dass das eine große Möglichkeit für viele Autoren sein kann, aber auch zu einem Problem werden kann, wenn Autoren und Autorinnen inflationär ihre Texte herausbringen können. Mara Giese, Buzzaldrins Bücher:

Wenn mich das Thema des Romans und die Leseprobe ansprechen würden, hätte ich nichts dagegen auch den Titel eines Self Publishers zu lesen. Kerstin Pistorius, Atalantes Historien

Rezensionswünsche lehne ich grundsätzlich ab, denn ich müsste alle zwei Tage ein ZUSÄTZLICHES Buch lesen, um allen Anfragen nachzukommen. Da spielt es keine Rolle, ob es sich um Bücher aus Verlagen, BoD oder eBooks im Selfpublishing handelt. Allerdings neige ich zu Skepsis gegenüber Büchern, die nicht die Verlagshürde genommen haben. Da entgehen mir gewiss Perlen, aber – Achtung Vorurteil! – noch weniger als bei den Verlagsprodukten. Dazu kommt, dass den Texten oft ein Lektorat fehlt und man deshalb über Stilblüten, Grammatik- und Orthografie-Fehler stolpert. – Allerdings werden auch einige Verlagslektorate immer nachlässiger. Dieter Wunderlich, Dieter Wunderlich: Buchtipps und Filmtipps

Ich arbeite ja in der Buchbranche, beobachte das Phänomen Self Publishing also aus beruflichem Interesse und sehe das Potential, das darin steckt. Daher müsste ich eigentlich sagen: Ich halte es mit selbstverlegten Büchern genauso wie mit den “traditionell” bzw. “professionell” verlegten, d.h. ich informiere mich umfassend über den Titel und entscheide dann, ob er in das Profil von SchöneSeiten passt. Doch die Wahrheit ist, dass ich auf ein solches Rezensionsangebot sehr skeptisch reagieren würde, um nicht zu sagen: Ich würde es vermutlich aus Prinzip ablehnen.

Wirklich begründen, warum ich so verfahren würde, begründen kann ich es nicht; es liegt wohl daran, dass es in meinem Kopf (noch!) eine Art Schranke gibt: Ich verbinde Self Publishing nicht mit Qualität und glaube nach wie vor an die Rolle der Verlage, sprich der Lektoren, der Hersteller, der Graphiker usw., denn wenn dem nicht so wäre, dann müsste ich dringend meinen Berufswunsch überdenken. Gleichzeitig bin ich mir aber sehr wohl darüber bewusst, dass auch die traditionellen Buchverlage schon längst keine Garantie mehr für Qualität sind. Ein Dilemma… Caterina, SchöneSeiten

Diesbezüglich kommen bei mir nur ganz seltene Angebote. Ich gehe damit ähnlich um wie mit allen anderen Angeboten: Falls das Buch mich interessiert, bitte ich nach Möglichkeit um ein eBook, weise allerdings darauf hin, dass ich mich nicht zur Rezension verpflichten mag. – Bislang habe ich auch kein Buch aus diesem Bereich besprochen, wenn ich mich recht erinnere. Marius Fränzel, Bonaventura

Wenn mir Selbstpublisher ihre Bücher anbieten würden, würde ich die genauso behandeln, wie jene von Großverlagen. Allerdings hat mir in all den Jahren nie ein Selbstpublisher ein Buch zur Besprechung geschickt. Ein Buch von einem Selbstpublisher würde mich besonders neugierig machen. Klausbernd Vollmar, kbvollmarblog

In der Regel stehe ich Selbstverlegtem, egal ob Print oder E-paper, was die Qualität betrifft, ziemlich skeptisch gegenüber. Das beträfe auch ein eigenes Werk. Allerdings ist der überwiegende Teil des Verlegten oft auch nicht besser und bloß marktgerecht herausgeputzt. Ich würde mich also nur damit befassen, wenn es mich vom Sprachniveau her anspricht und keinen allzu esoterischen Charakter hat. Sonst reagiere ich einfach nicht und eine dementsprechende Email landet als Werbung im elektronischen Papierkorb. Der Kopf hinter dem Buecherblogger 

Ich glaube, das ist mir noch nicht so oft untergekommen. Ab und an fragt ein Autor um eine Besprechung an, ob der jetzt aber nur „Werbung“ machen will oder Self Publisher ist, keine Ahnung, da ich meistens ablehne und mich nicht drum kümmere. Nicht aus Prinzip, aber ich habe so viel zu lesen, das reicht mir, da brauche ich nicht noch zusätzlichen Stoff. Ausnahmen mache ich allenfalls, wenn es ein Stoff ist der mich wirklich interessiert… Ist vielleicht ein-/zweimal vorgekommen bis jetzt.

In gewisser Weise stimme ich allerdings auch Caterina zu. Mag ein Vorurteil sein…. 😉 Bei einem Publikumsverlag gehe ich von einer gewissen Mindestqualität aus, weil da schon mal kritische Augen drüber gehuscht sind. Nichts finde ich ärgerlicher als einen Text, über den man sich ärgern muss, weil man über Ecken und Kanten stolpert.  Aber das mag, wie gesagt, ein Vorurteil sein, in beiden Richtungen… Flatter Satz, aus.gelesen

Ich habe einmal eine Anfrage erhalten, aber das Genre hat mir überhaupt nicht zugesagt und ich habe abgelehnt. Danach hat es noch einige unschöne Mails gegeben, weil ich mich vielleicht im Antwortschreiben falsch ausgedrückt habe. Das fand ich dann etwas weniger toll. Kurz und gut, gehe ich nicht anders mit einer Anfrage um, als von Verlagen. Das Thema müsste mich schon sehr interessieren, denn zu lesen habe ich wahrlich sonst noch genug. Buechermaniac, lesewelle

Da gilt die gleiche Antwort wie bei unverlangt angebotenen Rezensionsexemplaren oder Bitten um eine Besprechung: aus Prinzip würde ich ablehnen, da ich die Auswahl für meinen Blog selbst zusammenstelle und mich dabei neben den üblichen Quellen, aus denen ich meine Anregungen zur Lektüre oder zum Film- und Musikgenuss bekomme, auch auf Empfehlungen von Freunden, Bekannten oder Bloggern verlasse, auf deren Urteil ich vertrauen kann. Sofern ich jemanden persönlich gut kenne, der etwas geschrieben oder herausgegeben hat, mag das dann nochmal eine andere Sache sein: aber auch da würde ich nur rezensieren, wenn es mir gefällt und zu Jargsblog passt – oder aber schweigen. Jarg, Jargs Blog

Auch die 15 Blogger sind sich einig: Überzeugen müssen Self Publisher durch Qualität. Was es demnach dringend bräuchte, wäre eine Art Gütesiegel, das Lesern und Multiplikatoren hilft, Spreu vom Weizen zu trennen. Allerdings legen die Antworten auch nahe, dass hohe Qualitätsstandards nicht nur für die Publikation selbst gelten. Sie betreffen auch die Präsentation nach außen. Wofür freilich mehr als „nur“ ein zugkräftige Cover, ein gehaltvoller Klappentext und ggf. eine ansprechende Gestaltung der U4 (=Umschlagseite 4 beim gedruckten Buch) in die Waage fällt.

© M. v. Seydlitz

Was denn noch? Eine auf die Publikation exakt zugeschnittene Kommunikationsstrategie, deren einzelne Bausteine professionell erarbeitet sind. Die Statements führen nämlich deutlich vor Augen, dass man über Zielgruppen und potentielle Multiplikatoren möglichst genau Bescheid wissen sollte. Letzteres bedeutet wiederum, dass man sich im Vorfeld eingehend mit den Profilen und Interessengebieten von Blogger auseinandersetzt. Erst danach kann man überhaupt abwägen, ob und welche Blogs als Multiplikatoren in Frage kommen. Daran schließt sich eine weitere Hürde: Ein Rezensionsangebot in Form eines Anschreibens, aus dem deutlich hervorgeht, welche Alleinstellungsmerkmale, Besonderheiten und Qualitäten die Publikation hat und warum sie so gut zum Profil des Adressaten passt.

Dass der immense Aufwand kein Erfolgsgarant ist, sollte niemanden davon abhalten, sich die Mühe zu machen. Schließlich belegt das Stimmungsbild auch, dass Blogger Publikationen von Selbstverlegern zwar kritisch, aber nicht ablehnend gegenüber stehen.

Dieser Beitrag ist ein Nachtrag zur Gesprächsreihe mit bibliophilen Bloggern, wo die Fragestellung „Wie würdest du damit umgehen, wenn dir Self Publisher ihre Titel zur Rezension anbieten?“ bis zum 5. November nicht berücksichtigt wurde.

Zu weiteren 15 Stellungnahmen zu der Frage geht es hier

Steglitz stellt den „Buecherblogger“ vor

Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.

Die Empfehlung, dass wir den Buecherblogger hier etwas näher kennen lernen sollten, stammt von Gregor Keuschnig, der für das Begleitschreiben verantwortlich ist.

Dein Steckbrief in Stichworten …

Schon seit Jugendjahren beschäftige ich mich intensiv mit Literatur. Als Brotberuf war ich 30 Jahre lang Bibliothekssekretär. Ein Studium der Germanistik und Anglistik habe ich damals aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen.

Seit wann, warum und wo bloggst du?

man zeigt Bein … © Der Buecherblogger

Ich blogge seit September 2009, zuerst auf „Windows Live Spaces“ und nachdem Microsoft diese Plattform eingestellt hatte, habe ich meinen Blog ab Mitte 2010 nach WordPress.com transferiert, wo es mir ganz gut gefällt.
Warum? Ebenfalls ein gesundheitlicher Grund, eine überstandene Lebertransplantation hat mich daran erinnert, mein Lesen und Schreiben einerseits als Verarbeitung und andererseits unter dem Aspekt des Teilens und der Kommunikation seitdem in der Form eines Literaturblogs zu betreiben.
Es ist mir wichtig, nicht nur andere Bücher zu rezensieren, sondern auch kurze eigene Erzählungen und Gedichte zu veröffentlichen, die etwas von meiner Befindlichkeit durchblicken lassen. Meine bisherige Prosa ist stark autobiographisch geprägt.

Deine Themenschwerpunkte …

Eindeutig belletristische Literatur mit dem Schwerpunkt Romane, aber auch vereinzelt Beiträge zu Musik und Spielfilmen oder auch zu Kunstausstellungen und Gemälden.

Was treibt dich in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Szene und Betrieb sind für mich keine positiv besetzten Begriffe. Abgesehen vom ganzen literarischen Universum interessiert mich eigentlich ganz egozentrisch nur das, was ich gerade lese und mein Interesse zu wecken versteht.

Wie machst du dein Blog und deine Beiträge bekannt?

Ich tauche in den Blogrolls anderer Literaturblogs auf, also in erster Linie durch eine Art virtuellen Flurfunk. Auf Facebook landen Verweise zu meinen Beiträgen, was aber kaum von Belang ist. Ansonsten wird man ja im Netz am besten durch Skandale oder das, was man dafür hält, bekannt.

Was sollte ein Blogger besser sein lassen?

Seine Identität komplett fingieren. Pseudonyme und Nicknames sind ok, Alter und Geschlecht nur vortäuschen nicht. Das Recht auf Anonymität kann auch zum Fluch werden.

Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?

Man muss lernen, gegen das Gefühl der Vergeblichkeit anzuschreiben und sich nicht abhängig von der Zahl der Zugriffe oder dem Zwang zur laufenden Veröffentlichung zu machen. Von der Gier nach Anerkennung sollte man sich zugunsten der eigenen Souveränität befreien.

Dein schönstes Erlebnis als Blogger …

Meine Erfahrungen beim Bloggen sind zwiespältig. Intensiver engagiert und mit Gewinn was Besprechungen und Kommentare betrifft, habe ich mich in der Vergangenheit bei zwei Literaturblogs: www.wilde-leser.de, der sich mit Roberto Bolaños Werk beschäftigte und dem Literaturblog Aleatorik. Bei beiden fallen Licht und Schatten zusammen. Mit den wilden Lesern habe ich mich am Schluss sehr gestritten, auch persönlich verletzend, die Zusammenarbeit insgesamt war aber eine gute Erfahrung.

Mit der „Autorin“ des zweiten Blogs glaubte ich eine freundschaftliche Beziehung zu unterhalten, bis sich herausstellte, dass das komplette Weblog lediglich von einer Art weiblicher Kunstfigur betrieben wird, mit dem Ziel, letztlich das Buch eines männlichen Autors zu promoten. Für ein Buch lasse ich den poststrukturalistischen Ansatz vom Tod des Autors und der Text spräche nur für sich noch gelten, nicht aber für ein Weblog und dessen Betreiber, mit dem man direkt kommuniziert. Das Buch ist eine Sache, das Weblog mit seinen Kommentaren empfand ich als grobe Täuschung.

Das schönste Erlebnis allerdings sind die immer wieder auftauchenden, ermunternden Kommentare gewesen, vor allem zu meiner Reihe „Literarische Begegnungen“, sowie einige andere virtuelle Bekanntschaften.

Wie gehst du damit um, wenn dir Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?

Das kam bisher eher selten vor und wenn ergab es sich aus Beziehungen zu anderen Bloggern und Reaktionen auf meine Besprechungen. Einige Rezensionsexemplare bekam ich von dem kulturmaschinen-Verlag, von Guido Rohm, dem Du-Magazin und kürzlich vom dtv-Verlag Janet Frame´s: Dem nächsten Sommer entgegen. Üblicherweise suche ich mir selbst aus, was ich lese und zu welchem Buch ich etwas schreibe. Mein Blog ist nicht kommerziell und meine Meinung nicht käuflich.

Und wie würdest du damit umgehen, wenn dir Self-Publisher ihre Titel zur Rezension anbieten?

In der Regel stehe ich Selbstverlegtem, egal ob Print oder E-paper, was die Qualität betrifft, ziemlich skeptisch gegenüber. Das beträfe auch ein eigenes Werk. Allerdings ist der überwiegende Teil des Verlegten oft auch nicht besser und bloß marktgerecht herausgeputzt. Ich würde mich also nur damit befassen, wenn es mich vom Sprachniveau her anspricht und keinen allzu esoterischen Charakter hat. Sonst reagiere ich einfach nicht und eine dementsprechende Email landet als Werbung im elektronischen Papierkorb.

Wie hältst du es mit dem eBook?

Ich wünsche mir, dass das elektronische Publizieren und der herkömmliche Buchdruck sich gegenseitig befruchten und nicht ausschließen. Ein Medium ändert zwar auch die Kommunikationsformen, ist aber dennoch immer nur Transportmittel, eine Oberfläche, unter der es Gedanken und Träume zu entdecken gibt. Ich benutze bisher nur „Kindle für PC“. Generell steckt in Oberflächen leider auch viel Markt und Konsum.

Welche anderen Blogs empfiehlst du (max. 5). Und welcher bibliophile Blogger sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Wegen des Ungleichgewichts, das du in deinem ersten Resümee zur Gesprächsreihe konstatiertest, nur Frauen: Nämlich Gleisbauarbeiten…wi[e]der[W]orte…in|ad|ae|qu|atmuetzenfalterin und Tainted Talents. – Hier auch „zu Wort kommen“ sollte die auf immer hohem Niveau bloggende „Gleisbauarbeiterin“.

Danke sehr! Auch dafür, dass ein Blogger hier Bein zeigt …

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Zuletzt stelle sich Caterina mit SchöneSeiten vor. Ihre Wunsch-Interviewpartnerin war die Urheberin von Syn-aesthetisch. – Eine Übersicht, wer bereits alles Rede und Antwort stand, findet sich hier

Steglitz fragt bei Patric Marino nach (Teil 2)

„Es gibt in der Schweiz einen Kleingeist, der verlässlich und treu, aber mit der Zeit langweilig und ermüdend ist …“

Der Berner Patric Marino fiel mir auf, weil er mit „Nonno spricht“ ein literarisches Debüt hingelegt hat, von dem Nachwuchsautoren eigentlich nur träumen können. Hoppla, dachte ich mir, welche Kräfte haben da gewirkt?

Deshalb habe ich den 22-Jährigen im ersten Teil unseres Gesprächs u.a. danach befragt, wie er zu seinem Verlag fand, was er anderen jungen Autoren rät und wie ihm der frühe Ruhm bekommen ist. – Heute erfahren wir von ihm, wie man in der Schweiz die Entwicklungen infolge der Digitalisierung einschätzt, welchen Stellenwert das eBook dort hat, ob Self-Publishing angesagt ist und inwieweit Social Media-Marketingmaßnahmen auch für Schweizer Autoren inzwischen ein Gebot der Stunde sind.

Was treibt dich im Schweizer Literaturbetrieb besonders um?

Patric Marino © Textkiosk / T. Schlup

Egal, wohin es mich im Literaturbetrieb treibt, an welches Festival, welche Lesung, welches Apéro – ich treffe immer die gleichen Leute, Autoren wie Zuhörer. Ich schlage die Zeitung auf und lese eine Kolumne vom Herrn Schriftsteller, ich mache das Radio an und höre ein Gespräch mit dem gleichen Herrn Schriftsteller. Es gibt in der Schweiz einen Kleingeist, der verlässlich und treu, aber mit der Zeit langweilig und ermüdend ist, und manchmal fürchte ich, auch zu einem solchen Geist zu werden.

Wo verortest du im Vergleich zum deutschen Betrieb besondere Unterschiede?

Für mich ist das schwer zu vergleichen, da ich den deutschen Literaturbetrieb kaum kenne. In der Schweiz sind Autoren und Literaturvermittler eine Familie, man kennt sich. In Deutschland kann ich mir das so nicht vorstellen. Diese Überschaubarkeit gilt nicht nur für Bekanntschaften, sondern auch für die Bekanntheit. Die Schweiz ist ein kleiner Markt, um wieder dieses Bild aufzunehmen, und jede Woche stehen da die gleichen Händler mit ihren Ständen an vorgemerkten Plätzen und mit abgesprochenen Preisen.

Welchen Stellenwert hat das eBook bei euch?

In einer großen Buchhandlung in Bern steht, dass eBooks weg gingen wie warme Brötchen und sie deshalb ausverkauft seien, doch ich sehe selten bis nie jemanden mit einem eBook. Vielleicht trauen sich die Leute nicht, sich im öffentlichen Raum mit ihrem E-Reader zu zeigen. Das zeigt, wie tief der Stellenwert bei uns ist.

Wie hältst du es persönlich mit dem eBook?

Ich lese kein eBook. Wenn einer zwei fette Krimis pro Woche liest und sie dann in die Tonne schmeißt, soll er sie besser als eBook lesen. Ich bin ein anderer Lesetyp, ich lese weniger, sinnlicher, und möchte auch mal eine Passage mit Bleistift unterstreichen.

Meinst du, dass dem eBook die Zukunft gehört?

So wie alle neuen Medien sich einen Platz geschaffen haben, wird sich auch das eBook einen Platz schaffen, aber neben dem Buch. Wer so liest wie ich, wird dies weiterhin mit Büchern machen, die er anfassen kann. Für Vielleser oder auch zum Lesen von Zeitschriften oder kürzeren Texten wird der E-Reader oder ein Tablet stärker zum Thema werden. Dazu muss es sich aber erst weiter verbreiten und die digitalen Texte deutlich billiger als die gedruckten sein. Das eBook darf nicht versuchen, das Buch zu ersetzen. Das wird es nie.

Hierzulande wenden sich Autoren immer öfter von den traditionellen Wegen ab, um Publikationen in Eigenregie zu verlegen. Ist diese Entwicklung in der Schweiz ebenfalls absehbar, womöglich bereits angesagt?

Es gibt auch in der Schweiz Bezahlverlage, Books on Demand oder im Eigenverlag herausgegebene Bücher. Ich selbst kenne keine Autoren, die das machen, weder persönlich noch durch Medienberichte, da selbst verlegte Bücher schlichtweg ignoriert werden. Neben den wenigen großen Verlagen gibt es viele Kleinverlage, die auch mal kleinere Werke von großen Schriftstellern herausgeben dürfen. In Eigenregie zu publizieren ist für etablierte Autoren aber unvorstellbar.

Wäre Self-Publishing für dich eine Option?

Nein. Wenn ich ein Buch an die Öffentlichkeit bringe, dann möchte ich, dass es im Buchhandel erhältlich ist und den Lesern vermittelt wird. Mit Self-Publishing wäre dies nicht möglich. Wenn ich hingegen ein Buch für meine Freunde und Familie schreiben würde, kann ich fünfzig Exemplare drucken und sie verschenken.

Wo machst du Chancen und Risiken aus?

Das Geschenkbuch könnte ich selbst gestalten und von Hand herstellen, aber damit sind wir bereits beim ersten Problem: Es gibt unglaublich viel Aufwand, der nicht mit dem Schreiben zu tun hat. Beitragsgesuche, Lektorat, Druckkosten, Pressearbeit, all diese Dinge muss man selbst machen oder bezahlen. Deshalb wird das bei selbst publizierten Büchern häufig nicht gemacht, was für ihre Qualität verheerend ist.

In Deutschland ist es inzwischen üblich, dass Verlagsautoren ihr Buchmarketing selbst in die Hand nehmen (müssen). Zeichnet sich diese Entwicklung auch in der Schweiz ab?

Ja, man hilft beim Marketing so viel wie möglich. Viele Medienanfragen richten sich nicht an den Verlag, sondern an den Autoren. Häufig bringen Autoren auch selbst Kontakte zu Kritikern oder Veranstaltern mit und nutzen diese für ihr Marketing. Der administrative Teil des Marketings sollte aber weiterhin vom Verlag erledigt werden, sodass sich der Autor auf den produktiven Teil, also auf Interviews, Lesungen oder Textbeiträge konzentrieren kann.

Was tust du für dein Buchmarketing?

Ich stelle mich deinen Fragen, gehe mit meinem Buch auf Lesetournee, nenne es unter sonstigen öffentlichen Texten oder bei Auftritten und beantworte die meisten Presseanfragen. Wenn wir bei Festivals auf unseren Schreibmaschinen Geschichten nach Wunsch schreiben, dann stelle ich immer einen Stapel Bücher auf, damit die Leute sehen, was wir sonst noch machen, und meistens gehe ich mit leeren Rucksack heim.

Social Media-Marketingmaßnahmen scheinen inzwischen für Autoren ein Gebot der Stunde. Wie stehst du dazu?

Ich finde es wichtig, auf verschiedenen Kanälen präsent und ansprechbar zu sein, gerade für jüngere Leser. Deshalb habe ich eine Homepage und bin bei Facebook. Ich nutze sie aber weder als Privatperson noch als Schriftsteller, sondern eher als Veranstalter, indem ich Medienberichte verlinke oder Veranstaltungen eintrage. Sonstige Werbung, Privatfotos oder Tagebücher mag ich dort nicht veröffentlichen.

Welche Chancen und Risiken verortest du im Social Web?

Die größte Chance liegt darin, dass ich direkt mein Publikum erreichen und mit ihm kommunizieren kann, und dass ich in meinen Beiträgen völlig frei bin. Darin sehe ich aber auch die Gefahr, dass man sich im Social Web verliert, dass ich auf Facebook mehr schreibe als in den achtzig Seiten meines Buches. Ich brauche Soziale Medien, damit die Leute mein Buch finden und lesen, nicht damit sie meine Beiträge anklicken. Darum habe ich aufgeschrieben, wie ich mit meinen Nonni Tomaten trockne, sonst hätte ich auch einfach meine Ferienfotos auf Facebook stellen können und fertig.

Ich danke dir, Patric, auch für den spannenden Einblick in den Schweizer Literaturbetrieb! Und wünsche deinem Erstling „Nonno spricht“ sehr, dass er auch hierzulande Leser und Anerkennung findet.

Steglitz stellt Caterina mit „SchöneSeiten“ vor

Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts erläutert habe.

Heute stellt sich Caterina vor, die das Literaturblog SchöneSeiten pflegt. Gewünscht hatte sich das Kerstin Pistorius, die Atalantes Historien pflegt.

Dein Steckbrief in Stichworten …

Aufgewachsen bin ich auf der Insel Rügen, zu Hause fühle ich mich aber mittlerweile in Berlin und auch ein wenig in Italien, wo ich eine Weile gelebt, studiert und gearbeitet habe und wohin ich immer wieder gerne zurückkehre. Seit einem Jahr wohne ich im – wie ich finde – mäßig attraktiven Frankfurt und mache meine ersten Gehversuche im Verlagswesen.

Seit wann, warum und wo bloggst du?

Das Bloggen im weitesten Sinne habe ich schon vor langer Zeit für mich entdeckt – wenn man das Basteln von Webseiten, in die man undifferenziert all das hineinpackt, was das eigene Leben ausmacht, und deren einziger Leser man selbst ist, als Bloggen bezeichnen kann. Vor zwei, drei Jahren dann die Wende: Ich wechselte zu WordPress, gab meinem Webauftritt eine inhaltliche Richtung und nahm erstmals Kontakt zu anderen Schreiberlingen auf.

Private Anekdoten gibt es seither keine mehr. SchöneSeiten ist mittlerweile ein reiner Literaturblog, auf dem fast ausschließlich Buchbesprechungen zu finden sind. Warum Literatur? Sie ist meine Leidenschaft, sie begleitet mich sowohl in meinem privaten als auch in meinem beruflichen Leben, sie eröffnet mir Welten, sie zeigt mir, was für ein wunderbares und aufregendes Werkzeug die Sprache ist.

Deine Themenschwerpunkte …

Ich befasse mich hauptsächlich mit deutschsprachiger und internationaler Gegenwartsliteratur fernab der Genres. Dabei gilt mein besonderes Interesse (aufgrund meiner Studienschwerpunkte) einerseits der aktuellen italienischen Literatur, andererseits literarischen Verarbeitungen der Holocaust-Erfahrung. David Grossmans „Stichwort: Liebe“, Jonathan Safran Foers „Everything Is Illuminated“ und Nicole Krauss’ „The History of Love“ gehören zu den beeindruckendsten Romanen, die ich jemals gelesen habe.

Was treibt dich in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

So einiges, da ich wie gesagt selbst in der Branche tätig bin: u.a. die Frage, die Atalante in der Gesprächsreihe bereits aufgeworfen hat, und zwar diejenige nach der Unabhängigkeit der Literaturkritiker und generell aller Kulturschaffenden. Bei der diesjährigen Verleihung des Deutschen Buchpreises ist mir jüngst wieder bewusst geworden, wie sehr hinter den Kulissen auch politische und wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen. Dass es eben nicht einfach nur um gute Texte und gute Autoren geht, ist eine ernüchternde Erkenntnis, wenn man sich ursprünglich mit einem gewissen Idealismus dem Gegenstand Literatur verschrieben hat.

Wie machst du dein Blog und deine Beiträge bekannt?

Indem ich einerseits relativ häufig und ausführlich auf anderen Blogs kommentiere (so viel, dass ich mittlerweile das Gefühl habe, dort präsenter zu sein als auf meinem eigenen Blog) und indem ich andererseits eine Facebook-Seite betreibe, auf der ich allerlei Webfundstücke präsentiere, die über die Inhalte meines Blogs hinausgehen (Rezensionen, Interviews, Debatten, auch Beiträge zu anderen Künsten wie Fotografie und Musik).

schöne Seiten … © Caterina

Außerdem kommentiere ich auf anderen Facebook-Seiten (etwa von Verlagen oder Kulturinstitutionen) nie unter meinem eigenen Namen, sondern ausschließlich als SchöneSeiten, sodass die Leute darauf aufmerksam werden. Übrigens glaube ich, dass meiner Facebook-Seite viel mehr Leute folgen als meinem Blog, wohl weil die knappen „Kulturnews“ bekömmlicher sind als meine weitschweifigen Rezensionen. – Von Werbung für den Blog kann also eigentlich gar keine Rede sein ;).

Was sollte ein Blogger besser sein lassen?

Ich möchte anderen Bloggern ungern sagen, was sie tun und lassen sollten, da ich meinen Blog selbst nicht gerade vorbildlich führe. Mir fehlt leider die Zeit (und hin und wieder auch die Geduld), meine Seite regelmäßig mit Material zu speisen, was zur Folge hat, dass sie – für Internetverhältnisse – ziemlich selten aktualisiert wird und es lange Durststrecken gibt. Andererseits bin ich der Ansicht, dass man die Leser auch nicht überfordern sollte: Ich denke, ein bis drei Beiträge pro Woche sind ein guter Schnitt (den ich selbst nicht einhalte).

Ansonsten gelten die üblichen Regeln: fair und sachlich sein (sowohl in den eigenen Beiträgen als auch in den Kommentaren), gut argumentieren, nicht beleidigen, sich um ein zivilisiertes Miteinander bemühen.

Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?

Das Bloggen ist wie gesagt ungemein zeitintensiv, zumindest wenn man den Kontakt zu anderen Bloggern sucht und um einen regen Austausch bemüht ist. Mir fällt es schwer, oft und regelmäßig Beiträge zu veröffentlichen. Um dennoch nicht in Vergessenheit zu geraten, füttere ich eifrig meine Facebook-Seite (was kaum Aufwand bedeutet) und melde mich häufig auf den anderen Blogs zu Wort.

Dein schönstes Erlebnis als Blogger …

An ein spezielles Erlebnis kann ich mich nicht erinnern, generell empfinde ich aber diesen Dialog, in den man mit den anderen Bloggern tritt, als überaus bereichend. Es ist immer schön zu wissen, dass man nicht nur für sich selbst schreibt, sondern dass es da Leser gibt, die sich für deine Texte interessieren und die aus ihnen irgendeine Erkenntnis gewinnen – und sei es die Erkenntnis, dass man völlig verschiedener Meinung ist.

Wie gehst du damit um, wenn dir Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?

Das ist bisher noch nicht vorgekommen. Ich selbst habe noch nie ein Rezensionsexemplar angefordert, und mein Blog ist offenbar noch nicht so bekannt, dass die Verlage von selbst auf mich zukommen. Generell lehne ich diese Prozedur nicht ab, allerdings würde ich mich umfassend über das jeweilige Buch informieren und mich vergewissern, dass es in etwa meinem Geschmack entspricht. Außerdem lasse ich mich ungern unter Druck setzen, da ich ohnehin schon so wenig Zeit für meinen Blog zur Verfügung habe, d.h. ich würde mir eine ausreichend lange „Bearbeitungsfrist“ zusichern lassen.

Und wie würdest du damit umgehen, wenn dir Self-Publisher ihre Titel zur Rezension anbieten?

Ich arbeite ja, wie bereits gesagt, in der Buchbranche, beobachte das Phänomen Self-Publishing also aus beruflichem Interesse und sehe das Potential, das darin steckt. Daher müsste ich eigentlich sagen: Ich halte es mit selbstverlegten Büchern genauso wie mit den „traditionell“ bzw. „professionell“ verlegten, d.h. ich informiere mich umfassend über den Titel und entscheide dann, ob er in das Profil von SchöneSeiten passt. Doch die Wahrheit ist, dass ich auf ein solches Rezensionsangebot sehr skeptisch reagieren würde, um nicht zu sagen: Ich würde es vermutlich aus Prinzip ablehnen.

Warum das?

Wirklich begründen kann ich es nicht; es liegt wohl daran, dass es in meinem Kopf (noch!) eine Art Schranke gibt: Ich verbinde Self-Publishing nicht mit Qualität und glaube nach wie vor an die Rolle der Verlage, sprich der Lektoren, der Hersteller, der Graphiker usw., denn wenn dem nicht so wäre, dann müsste ich dringend meinen Berufswunsch überdenken. Gleichzeitig bin ich mir aber sehr wohl darüber bewusst, dass auch die traditionellen Buchverlage schon längst keine Garantie mehr für Qualität sind. Ein Dilemma…

Wie hältst du es mit dem eBook?

Ich benutze beruflich einen e-Reader, um Manuskripte zu lesen und zu prüfen – das reduziert den Papierverbrauch ungemein, was ja auch keine schlechte Sache ist. Allerdings habe ich noch nie ein eBook gekauft, für meine privaten Lektüren bevorzuge ich dann doch das gedruckte Buch.

Welche anderen Blogs empfiehlst du (max. 5). Und welcher bibliophile Blogger sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Viele der Blogs und Blogger, die ich sehr schätze und die eine große Inspirationsquelle für mich darstellen, wurden bereits genannt und mitunter auch schon in dieser Interviewreihe vorgestellt, weshalb ich ihre Namen an dieser Stelle nicht wiederholen werde. Hinzufügen möchte ich Bibliophilin, wortlandschaften (der zwar leider selbst nicht mehr bloggt, aber nach wie vor sehr eifrig liest und kommentiert), das glasperlenspiel13 sowie 1001 Bücher. Als nächste Gesprächspartnerin wünsche ich mir Syn-aesthetisch, die mich überhaupt erst in die Gemeinschaft der Literaturblogger eingeführt hat und der ich hiermit ganz herzlich danke.

Danke sehr, Caterina. Die Urheberin von Syn-aesthisch wurde in der Gesprächsreihe ja bereits verschiedentlich mit Lob bedacht. Nun hoffe ich doch sehr, dass sie sich den Fragen stellen wird.

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Zuletzt stellte sich Buechermaniac mit der lesewelle vor. Ihre Wunsch-Interviewpartnerin war die Betreiberin von glasperlenspiel13. – Eine Übersicht, wer bereits alles Rede und Antwort stand, findet sich hier

Bloggen nach étiquette? Anmerkungen zur Gesprächsreihe mit bibliophilen Bloggern

Dass lose Gespräche mit bibliophilen Bloggern ein brauchbarer Kompass sein könnten, um sich im Dickicht der buchaffinen Netzszene etwas besser zurechtzufinden, dies fand inzwischen viel positive Resonanz. Die Interviewreihe, die Petra Gust-Kazakos am 5. September an den Start brachte, nahm schnell Fahrt auf. Mit der Lesewelle, deren Urheberin sich gestern präsentiert hat, haben wir inzwischen 20 Blogs, deren Betreiber und Intentionen näher kennengelernt. Ein großes Dankschön gebührt allen Gesprächspartnern. Außerdem meine ich, dass man nun ein erstes Resümee versuchen könnte.

wie bei Tisch, so im Blog … © G.v.Prittwitz

Mit einer Frankophilen, die in Paris lebt, einem Türken aus Istanbul, drei Schweizerinnen, einem deutschen Blogger, der in Norfolk wohnt, zwei Literaturbloggern aus Österreich und allerlei Empfehlungen, die über die deutschen Sprachgrenzen hinausführen, kann man guten Gewissens behaupten, dass das Projekt internationales Flair entwickelt. Angenehm ist auch, dass das ungleiche Verhältnis zwischen den Geschlechtern, das ich am 30. September noch konstatierte, sich im vergangenen Monat etwas zugunsten der weiblichen Anteile verschoben hat. Die Frauen haben zwar aufgeholt, überholt haben sie die männlichen Buchblogger allerdings noch nicht.

Mehr als das Gender-Ungleichgewicht, das aktuell bei 8 : 12 liegt, überrascht mich, dass das Bloggen über Bücher und den Literaturbetrieb offenbar ein Kinderspiel ist. Abgesehen von Selçuk, dessen Plattform in der Türkei zweitweilig verboten war, schilderte bislang kein einziger meiner 20 Gesprächspartner, dass dabei dezidierte Probleme oder Hindernisse auftreten. Dies wiederum steht im Widerspruch zu dem Erfahrungsbericht eines Bücherwurms, der vor wenigen Tagen im Social Web seine Runden machte. Und zwar berichtete die Bloggerin über Situationen, in denen sie es hasst, ein Blogger zu sein. Wie das? U.a. musste sie sich gegen Bashing zur Wehr setzen, weil sie sich weigerte, unaufgefordert zugestellte Titel zu besprechen. – Doch lest selbst …

Solch negative Erfahrungen spiegeln die Interviewbeiträge hier jedenfalls nicht. Zwar beklagen die Gesprächspartner durchgängig Zeitmangel oder gewisse technische Probleme, die sich im Anfangsstadium allerdings legen. Selten wird die Sinnfrage gestellt: „Wozu machst du das eigentlich? Das liest doch eh niemand, das braucht die Welt doch nicht, niemand wartet auf deine Texte“, fragt Sandra Matteotti sich in ihrem Beitrag.

Gelegentlich stößt man auf Selbstzweifel, ob man den eigenen bzw. den Ansprüchen anderer genügt und ob man Atem genug hat, um kontinuierlich zu bloggen. Bisweilen schimmert auch durch, dass ausbleibende Resonanz und magere Klickraten die Freude am Bloggen mindern. Ab und zu wird zudem bemängelt, dass die Debattier- bzw. Kommentarfreudigkeit in der bibliophilen Netzszene nur wenig ausgeprägt ist. Im Großen und Ganzen stimmt man jedoch unisono darin überein, dass bibliophile Blogger keine Hürden zu nehmen hätten.

An einem solchen Bild einer „schönen heilen Blogger-Welt“ kratzen vereinzelt allerdings die Kommentare. So wurden beispielsweise im Zusammenhang mit dem ungleichgewichtigen Genderverhältnis Überlegungen angestellt, warum Bloggerinnen (in der öffentlichen Wahrnehmung) eine Minderheit stellen. Klausbernd beklagte die Tendenz, dass auf Blogs „eine Kultur affirmativer Inhaltslosigkeit“ gepflegt wird. An anderer Stelle legte er wiederum dar, dass es keine Perspektive sein kann, Kultur im Netz auf Dauer kostenlos zur Verfügung zu stellen. Und Dieter Wunderlich berichtete in einem seiner Kommentare von Situationen, in denen er sich ausgebeutet fühlt. Flattersatz thematisierte eine Abhängigkeit von der Plattform, auf der gebloggt wird, und Mila wies in einer Randbemerkung darauf hin, dass eine öffentliche Selbstdarstellung auch der Tendenz Vorschub leisten kann, sich in einem möglichst positiven Licht zu präsentieren. Deutliche Kritik an der Bloggerkultur übte Martin alias emhaeu, der Rumgekritzelt betreibt, in einem seiner Kommentare zum Gespräch mit Klausbernd:

In viele Blogs und Communities ist eine seltsame Höflichkeit eingezogen, im ursprünglichen Sinne: Courtoisie – Leben nach der Etikette des Hofes. Und wie in der Kultur der adligen Höfe der vorbürgerlichen Zeit zieht sich ein Regelwerk durch die Blogsphäre, die sowohl den Austausch wahrer Empfindungen als auch eine ehrliche Diskussion verhindert. […]. Fein, wer von uns würde nicht gerne ständig gelobt? Aber sind wir tatsächlich alle so schwach, haben wir ein derart zerbrechliches Selbstbewusstsein, dass jeder Anflug von Kritik vermieden werden muss, dass das „Like it“ zum Pflichtprogramm degeneriert? Wäre sehr schade, weil das Medium doch eigentlich wie geschaffen ist für einen Austausch.

Und nun frage ich mich, warum dieser Kuschelkurs, beobachtet ihr das auch? Und: Ist das etwa eine Besonderheit der bibliophilen Szene, dass man sich die Welt im Netz lieber heil und schön bzw. rosa schreibt?

Steglitz stellt Buechermaniac mit „lesewelle“ vor

Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.

Heute stellt sich Buechermaniac mit der lesewelle vor. Der Vorschlag stammt von Manuela Hofstätter, die lesefieber.ch pflegt. Die Beiden verbindet nicht nur das Bloggen, sondern auch ein gemeinsames Waschküchenerlebnis.

Dein Steckbrief in Stichworten …

Buechermaniac von der „lesewelle“ ist weiblich und wenn sie nicht im Büro sitzt, zählt sie Kochen, Reisen, Film, Fotografie und Sprachen zu ihren Leidenschaften. Und: Sie ist absolut Buchverrückt. Ursprünglicher Berufswunsch: Buchhändlerin, fiel der damaligen Rezession zum Opfer. Und – unglaublich aber wahr – es gab zu jener Zeit Absagen mit der Begründung „Mädchen bilden wir lieber nicht aus, die heiraten sowieso.“

Seit wann, warum und wo bloggst du?

Ich bin erst seit Juli 2011 mit der „lesewelle“ im Netz. Oft kann ich Bücher im Bekanntenkreis und in unserem Lesezirkel, der seit zehn Jahren besteht, empfehlen, die gerne gelesen werden. Da hat es mich gereizt, mich mit einem Literaturblog zu versuchen. Wenigstens als Hobby wollte ich etwas mit Büchern machen und es macht mir riesigen Spaß. Nach nervigen Versuchen bei Jimdo und Blogspot, habe ich mich für WordPress entschieden. Für Laien ist diese Plattform relativ einfach zu bedienen und viele Blogs, die ich sonst noch mag, sind auch hier vertreten. Und nur noch dies, ich finde es sehr amüsant, dass Manu Hofstätter, die lesefieber.ch betreibt, und lesewelle im gleichen Haus wohnen.

die absolut Buchverrückte © lesewelle

Deine Themenschwerpunkte …

Buchbesprechungen, hauptsächlich Belletristik, aus aller Herren Länder. Gerne stelle ich Gedichte mit einem passenden Foto ein, denn Lyrik kommt im Literaturbetrieb häufig zu kurz. Ich berichte von Lesungen und Themen rund ums Buch. Zwischendurch gesellen sich auch Fotos dazu, die mir gefallen. Im Gegensatz zu Manu mag ich den „Freitags-Füller“. Er stellt immer wieder eine Herausforderung an meine Hirnzellen dar, denn ich muss mir überlegen wie ich die Lücken zu den vorgegebenen Worten fülle. Ich sehe das auch als eine Art Schreibübung.

Was treibt dich in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Nicht nur derzeit, ganz allgemein finde ich es immer wieder erschreckend, wenn eine weitere Buchhandlung für immer die Türen schliesst. Da staune ich echt über die Tatsache, dass ausgerechnet in unserer Gemeinde, mit über 40% Ausländeranteil, gleich zwei Buchhandlungen, in unmittelbarer Nähe, seit Jahrzehnten bestehen. Ich persönlich berücksichtige beide Läden, weil ich beide sehr mag und sich immer wieder schöne und interessante Gespräche ergeben, die ich schätze und die beim Onlineanbieter und in der Großbuchhandlung nicht stattfinden.

Wie machst du dein Blog und deine Beiträge bekannt?

Zurzeit bin ich weder auf Facebook noch auf Twitter, weil ich mich dort nicht sehr gerne aufhalte, aber vielleicht überleg ich es mir ja noch. Gerne kommentiere ich auf anderen Blogs, wenn ich etwas zur Diskussion beitragen möchte und wenn es passt, erwähne ich mein Blog in Gesprächen unterwegs.

Was sollte ein Blogger besser sein lassen?

Werbung passt nicht, da klicke ich persönlich ziemlich schnell weiter. Überladene Seiten, wo man vor lauter Geblinke das Wesentliche aus den Augen verliert und immer wieder den Hinweis auf den amerikanischen Versandhandel findet, schätze ich auch nicht besonders.

Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?

Jeder sollte sich im Klaren sein, dass ziemlich viel Zeit investiert werden muss, um einen Blog seriös zu betreiben. Diesen Anspruch habe ich vor allem aber an mich selbst. 100% berufstätig sein, Haushalt erledigen, Lesen, mit Leidenschaft bloggen und dabei die Partnerschaft nicht zu kurz kommen zu lassen, ist eine große Herausforderung, die es zu bewältigen gilt. Wenn ich Rezensionen schreibe, tue ich mich manchmal noch schwer, die passenden Worte zu finden. Wenn ich bei Bloggern reinschaue, die beruflich im Buchhandel tätig sind oder Literaturwissenschaften studieren oder studiert haben, komme ich mir mit meinem Stil eher stümperhaft vor. Bis meine Beiträge aufgeschaltet werden korrigiere ich sie noch x Mal und schreibe alles um, bis sie meinem eigenen Urteil standhalten. Trotz allem bereitet mir die Arbeit, die der Blog mit sich bringt, Freude. Es ist für mich wie beim Aufstieg auf den Berg: umkehren oder aufgeben gilt nicht. Das lässt mein Dickschädel niemals zu.

Dein schönstes Erlebnis als Blogger …

Als erste Bloggerinnen, die in der Literaturszene schon längst einen Namen haben, bei mir kommentierten und mich bei sich verlinkten, hat mich das riesig gefreut. Dass sie weiterhin bei mir lesen und sich zu Wort melden, freut mich noch mehr. Ganz generell finde ich es toll, wenn sich eine Diskussion zu einem Beitrag entwickelt, manchmal geschieht das noch viel zu wenig. Als sich ein Verlag, aufgrund einer Rezension, bei mir bedankte und mir ein Bücherpaket zustellte, weil ihn meine Meinung zu den Romanen interessiert, war ich platt. Das sind die Momente, die mich beflügeln, antreiben, denn manchmal bin ich unsicher, ob das, was und wie ich es mache, anderen gefällt, denn ehrlich gesagt, fände ich es ziemlich öde, wenn ich meine einzige Leserin wäre.

Wie gehst du damit um, wenn dir Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?

Das ist zwar erst zweimal vorgekommen. Beide Male musste ich aus Zeitmangel ablehnen. Ich möchte mich nicht unnötig unter Druck setzen und Bücher lesen müssen, damit bald eine Rezension im Netz steht. Lieber wähle ich meine Lektüre deshalb selber aus. Über ein Buch zu sprechen, das nicht ich ausgewählt habe, ist nicht unbedingt mein Ding. Es gibt so viele fantastische, literarische Werke, die ich noch lesen möchte, da bleibt einfach keine Zeit für Uninteressantes.

Wie hältst du es mit dem eBook?

Ich schaue hin und wieder einem eBook-Benutzer über die Schultern, kann mich aber noch nicht begeistern. Ich mag das gebundene Buch und wenn es eine bibliophile Ausgabe ist, halte ich es erst recht gern in Händen. Um Platz zu sparen und auf Reisen mag das eBook ein Argument sein, aber vorläufig will ich mich nicht mit weiterer Elektronik herumschlagen, da bin ich zu altmodisch.

Welche anderen Blogs empfiehlst du (max. 5). Und welcher bibliophile Blogger sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Oh je, es gibt so viele Blogs, die ich sehr schätze und auf denen ich gerne regelmäßig eintauche. Einige von ihnen haben sich hier bereits vorgestellt, deshalb nenne ich sie jetzt nicht nochmals, sondern möchte andere Blogs berücksichtigen. Die nicht genannten mögen mir verzeihen.

Bücherwurmloch von Mariki  und Klappentexterin begeistern mich beide gleichermaßen. DruckSchrift finde ich sehr schön, da findet man Neues und Altes über Buchkunst, Druck, Papier etc., was mich sehr interessiert. Die vier Autorinnen von Die Seitenspinnerinnen sind mir sehr ans Herz gewachsen und ich möchte sie nicht mehr missen. Dann ist da noch die Bücherliebhaberin von glasperlenspiel13, mit der ich unter anderem die Leidenschaft für Irène Némirovskys Werk teile.

Ich wünsche mir deshalb, dass glasperlenspiel13 in dieser Interviewreihe zu Wort kommt und wir mehr über sie erfahren dürften.

Vielen Dank Buechermaniac. Dann haben wir ja jetzt mit dir, Manus lesefieber.ch sowie den Blogs „Denkzeiten“ und „Bücherwelten“ von Sandra  hier eine feine „Triplette Suisse“ beieinander.

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Zuletzt stellte sich Harald Sack mit Biblionomicon vor. Seine Wunsch-Interviewpartnerinnen waren die beiden Betreiberinnen von leselink.de. – Eine Übersicht, wer bereits alles Rede und Antwort stand, findet sich hier