Steglitz stellt Filo mit „Filos Bücheruniversum“ vor

Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.

Bianka Boyke pflegt jungesbuch; neuerdings gemeinsam mit einer Jugendredaktion, der auch Filo angehört. Bianka schlug vor, dass wir etwas mehr über die 16-jährige Schülerin und ihr Blog Filos Bücheruniversum erfahren sollten. Nun freue mich, dass sich heute eine junge Nachwuchs-Bloggerin präsentiert.

Dein Steckbrief in Stichworten…

– geboren am 25.12.1996, also ein richtiges Weihnachtskind 😉
– gehe noch zur Schule, aber in 2 Jahren bin ich dann auch endlich mit dem Abi durch
– mein Blog Filos Bücheruniversum bereitet mir mit jedem Tag mehr Spaß

Seit wann, warum und wo bloggst du?

Ich blogge mittlerweile seit starken 9 Monaten, was nicht viel erscheint im Vergleich mit manch alten Hasen. Trotzdem bin ich stolz darauf und hoffe, dass ich meinen Blog noch lange weiterführen kann. Denn der Hauptgrund, warum ich mit dem Bloggen angefangen habe, ist nun mal der Spaß am Rezensionen schreiben und die Freude, mit anderen Lesebegeisterten in Kontakt zu treten. Und jeder weitere Lebenstag meines Blogs macht mir nur noch mehr Lust daran. Die Leute, die ich über den Blog kennen gelernt habe, sind mir sehr ans Herz gewachsen.

Header © Filo

Header © Filo

Für Blogspot habe ich mich als total Unerfahrene in diesem Bereich entschieden, da es mir einfach vom technischen her am einfachsten erschien. Außerdem wusste ich auch kaum von anderen Plattformen, da die meisten Blogs, die ich zu diesem Zeitpunkt kannte, alle über Blogspot liefen.

Deine Themenschwerpunkte…

Mein größter Themenschwerpunkt sind natürlich Bücher. Rezensionen, ob dieses oder jenes Buch empfehlenswert ist, prägen mein Bücheruniversum. Dazu liebe ich es aber auch, mit meinen Lesern in Kontakt zu treten, so dass ich des Öfteren auch mal meine Meinung zu Buchthemen im Allgemeinen abgebe und die Leser dazu auffordere, ihre Meinung zu diesem Thema zu sagen.

Was treibt dich in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb, derzeit besonders um?

Ich finde es gerade besonders spannend, neue Genre für mich zu entdecken. Nachdem der Jugendbuchbereich zurzeit nur so mit Dystopien überschwemmt wird, brauche ich davon mal etwas Abwechslung. Daher lese ich nun auch immer wieder mal einen Thriller und habe auch schon Science Fiction getestet, was mich aber nicht wirklich einnehmen konnte.

Wie machst du den Blog und deine Beiträge bekannt?


Da verfolge ich ehrlich gesagt keine besondere Strategie. Von Anfang an habe ich nicht wirklich Werbung für meinen Blog gemacht. Dass immer mehr Leute zu meinem Blog finden, ist einfach so ins Rollen gekommen. Hauptsächlich beschränkt sich meine Art von „Werbung“ nämlich nur darauf, dass ich auch gerne auf anderen Blogs kommentiere und auf ein paar Literturplattformen aktiv bin.

Was sollte ein Blogger besser sein lassen?


Zu viel über sein Privatleben erzählen. Schließlich wird alles, was man im Internet schreibt, für immer dort zu lesen sein. Außerdem sollte man immer eine angemessene Sprache benutzen und nicht aggressiv oder beleidigend schreiben.

Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?


Besonders am Anfang ist wohl die größte Schwierigkeit die Technik. Vor meiner Bloggerzeit hatte ich keine Ahnung von HTML, Javascript und Co. Und auch jetzt bin ich längst noch kein Profi darin. Um aber einen ansprechenden Blog zu haben, muss man sich diese Fähigkeiten wenigstens ein bisschen aneignen. Zum Glück finden sich dazu im Internet viele hilfreiche Seiten, mit deren Hilfe man sich das technische Know-how beibringen kann.
Eine andere Hürde ist das Bekanntwerden, das Herausstechen aus der Masse. Das gestaltet sich viel schwieriger, weil es dafür keine seitenlangen Anleitungen gibt. Man muss für seinen Blog das gewisse Etwas finden und das ist gar nicht so leicht.

Dein schönstes Erlebnis als Blogger…


Eigentlich ist meine gesamte Bloggerzeit ein schönes Erlebnis, aber vor nicht allzu langer Zeit hatte ich doch so etwas wie den allerschönsten Moment. Kurz vor der Buchmesse gewann ich nämlich durch eine Rezension zum Buch „Und keiner wird dich kennen“ von Blogg dein Buch und dem Beltz & Gelberg Verlag einen Wettbewerb und bin nun „Beltz & Gelberg Buchblogger 2013“. Das allein hat mich natürlich schon sehr gefreut, aber zum schönsten Moment macht es das noch nicht. Richtig glücklich haben mich nämlich die Reaktionen darauf gemacht. Ich habe sehr viele Glückwünsche erhalten, unter den Kommentaren waren aber auch einige, die mich noch mehr gefreut haben als der tatsächliche Gewinn: ernst gemeintes Lob und so liebe Worte, die mir für eine ganze Weile ein großes Lächeln aufs Gesicht gezaubert haben.

Wie gehst du damit um, wenn dir Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?

Wie sollte ich damit groß umgehen? Ich freue mich, dass meine Arbeit auf dem Blog anerkannt wird, so dass ich für Rezensionsanfragen in Frage komme. Es ist ein tolles Gefühl zu sehen, dass das, was man tut, gut ankommt. Und wenn mich das Buch interessiert, dann will ich es natürlich auch gerne lesen.

Und wie würdest du damit umgehen, wenn dir Self-Publisher ihre Titel zur Rezension anbieten?

Da das durchaus schon passiert ist, brauche ich hier gar nicht im Konjunktiv schreiben. Wenn mir ein Self-Publisher ein Rezensionsexemplar anbietet, schaue ich es mir genauso wie die Titel aus den großen Verlagen an. Spricht mich der Klappentext, das Cover und die Idee des Buches an, kümmert es mich nicht, wie das Buch veröffentlicht wurde.

Wie hältst du es mit dem E-Book?

E-Books sind für mich definitiv keine Alternative zum gedruckten Buch, aber eine schöne Ergänzung. Gerade wenn man unterwegs ist, ist ein E-Book deutlich praktischer. Ich habe daher auf meinem Handy einen E-Book-Reader. Viel häufiger und lieber halte ich aber ein gedrucktes Buch in der Hand, das raschelnde Papier und der Duft von frisch gedruckten Seiten kann einfach durch nichts ersetzt werden.

Welche anderen Blogs empfiehlst du (max. 5)?

Sich auf 5 zu beschränken ist wirklich nicht einfach. Aber wirklich zu empfehlen sind diese 5 Blogs, die ich nicht mehr missen möchte: Buchlabyrinth, Les Bookmoiselles, Keine Zeit für Langeweile, Mays Reviews und Lichtgold.

Danke Filo, deinen Antworten ist deutlich anzumerken, wie viel Freude dir das Bloggen über Bücher macht …

Es hat mir viel Spaß gemacht, die Fragen zu beantworten 😉

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Zuletzt stellte sich JuneAutumn mit 1001 Bücher vor. Ihr Wunsch-Interviewpartner war Samy vom Kulturblog der Buchhandlung Jastram. – Eine Übersicht, wer bereits alles Rede und Antwort stand und welche Blogs in den jeweiligen Gesprächen empfohlen wurden, findet sich hier

Steglitz stellt JuneAutumn mit „1001 Bücher“ vor

Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.

Der Vorschlag, dass wir JuneAutumn und ihr Blog 1001 Bücher näher kennenlernen sollten, stammt von DocTotte, der Tottes kleines Literaturlexikon pflegt.

Dein Steckbrief in Worten…

Ehemalige Literaturstudentin, die an der Uni ihre Liebe zu den Büchern nicht ausleben konnte und auf der Suche nach anderen Möglichkeiten ist… Mein Traum ist es, irgendwann einmal meine Brötchen mit Büchern zu verdienen, also schauen wir mal, was die Zukunft bringt.

Seit wann, warum und wo bloggst Du?

der Kopf dahinter © JuneAutumn

der Kopf dahinter © JuneAutumn

1001 Bücher gibt es seit anderthalb Jahren. Vorher habe ich einige Versuche gestartet, auf anderen Plattformen und mit gemischten Themen. Nun fühle ich mich aber bei WordPress sehr gut aufgehoben, da es leicht zu bedienen ist und eine große Community hat. Ich blogge, weil ich hoffte und nun weiß, dass da draußen noch andere sind, die genauso oder zumindest ähnlich denken wie ich. Das ist in einer Stadt, die hauptsächlich auf naturwissenschaftliche Studiengänge setzt, selten zu finden. Es ist schön zu wissen, dass man nicht alleine ist.

Deine Themenschwerpunkte…

Das ist relativ einfach. Ich lese mich durch die „1001 Bücher, die man gelesen haben sollte, bevor man stirbt„. Das ist zwar nur eine von vielen Listen, aber ich habe mich für diese entschieden, weil sie so umfangreich ist. Dass immer noch vieles und vor allem viele Länder nicht vorhanden sind, stört zwar, kann aber kompensiert werden. Auf jeden Fall denke ich, dass man einen guten Eindruck erlangt und darauf aufbauend weiterlesen kann… Außerdem hat es mir schon immer geholfen, etwas Konkretes zu haben, das ich abarbeiten kann, so dass ich nicht unterwegs vom Weg abkomme…

Was treibt Dich in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Die Hypes. Ich kann nicht verstehen, dass es immer wieder eine Thematik gibt, die komplett ausgeschlachtet wird. Dabei scheint Qualität oder Anspruch keine große Rolle zu spielen. Ich könnte mir vorstellen, dass Menschen, die sich nicht so sehr mit Literatur auseinandersetzen, ein sehr merkwürdiges Bild bekommen. Wäre Vielfalt nicht angebrachter?

Wie machst Du Deinen Blog und Deine Beiträge bekannt?

Tatsächlich nur über WordPress. Facebook und Twitter habe ich mal ausprobiert, dann aber für mich entschieden, dass ich nicht alles von mir preisgeben und vermarktet werden möchte. So besuche ich regelmäßig viele Blogs, like, was mir gefällt und kommentiere, wenn ich was dazu äußern möchte. Es klappt, ich habe mir eine schöne Gemeinschaft aufgebaut.

Was sollte ein Blogger besser sein lassen?

Das trifft einen wunden Punkt bei mir: Wenn ein Blogger nicht nachsieht, ob sein Beitrag ordentlich und fehlerfrei ist. Natürlich unterlaufen immer mal Tippfehler und dergleichen, und das am Monitor zu kontrollieren ist nicht immer einfach. Dennoch würde ich mir wünschen, dass jeder Verfasser noch einmal Korrektur liest, da ich es äußerst schade finde, wenn ein gut geschriebener Beitrag schlechter wird. Wenn ich zig Fehler sehe, höre ich auf zu lesen, und das ist manchmal äußerst ungerecht. Aber Sprache ist unser Werkzeug, und ich finde, es sollte korrekt angewandt werden. Und ich finde es auch fürchterlich, wenn ein Blogger ewig lange Texte verfasst – auch wenn ein Thema es durchaus verdient, intensiver behandelt zu werden. Aber solche Texte lese ich dann lieber in Papierform (klar, wo sollte ich die herbekommen?) als am PC.

Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?

Er muss Geduld und Ausdauer haben. Die Literaturbloggemeinde ist zwar sehr freundlich und heißt jeden neuen Blogger willkommen, aber es dauert trotzdem seine Zeit, bis man sich eine Community aufgebaut hat. Man sollte regelmäßig bloggen und den Kontakt halten, das heißt, auch verfolgen, was die anderen machen. Ich möchte aber noch sagen, dass es sehr schön ist, dass man auch mal eine schwächere Zeit haben kann, und einem trotzdem alle die Stange halten.

Dein schönstes Erlebnis als Blogger…

Da gibt es kein einzelnes Erlebnis. Ich freue mich, dazuzugehören, ich genieße den Austausch mit Gleichgesinnten, und auch die Möglichkeit solcher Interviews, die mehr von einer Person zeigen, finde ich klasse.

Wie gehst Du damit um, wenn Dir Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?

Das ist dank der Natur meines Blogs noch nicht vorgekommen. Meine Leseliste besteht ja aus einer festen Reihe von Büchern, dementsprechend braucht niemand etwas anzubieten. Ich würde demgegenüber allerdings auch sehr skeptisch sein, da ich gerne unbefangen lesen und keine Verpflichtung zu einer positiven Bewertung eingehen möchte.

Und wie würdest Du damit umgehen, wenn Dir Self-Publisher ihre Titel anbieten würden?

Da würde ich grundsätzlich keinen großen Unterschied machen. Ich würde mir den Titel genau ansehen, aber auch hier keine Verpflichtung zu einer positiven Bewertung eingehen wollen.

Wie hältst Du es mit dem E-Book?

Ich kann den Nutzen sehen, den es hat. Und ich habe auch schon von mehreren Lesemuffeln gehört, die dank des E-Books wieder mehr lesen. Seine Existenz ist also okay für mich, aber ich möchte keins haben, da ich tatsächliche Bücher bevorzuge. Ich schleppe sie gerne mit mir rum, halte sie gerne in der Hand, blättere gerne tatsächliche Seiten um… Würde ich allerdings viel auf Reisen sein, würde ich zumindest mit dem Gedanken spielen, mir eines zuzulegen…

Welche anderen Blogs empfiehlst Du (max. 5)? Und welcher Blogger sollte in dieser Gesprächsreihe möglichst auch zu Wort kommen?

Die meisten Blogs, die ich verfolge, sind schon mehrmals empfohlen worden. Ich habe auf meiner Seite Artikel verlinkt, die ich mag, so dass jeder sehen kann, was gerade passiert. Ich möchte Samy vom Kulturblog der Buchhandlung Jastram als Gesprächspartner empfehlen, da er täglich Neues aus der Bücher-, Musik- und Filmszene zu berichten hat, und das in einer sehr unterhaltenden Weise. Außerdem möchte ich mich bei DocTotte für die Überreichung des Staffelstabes bedanken.

Und ich danke dir, dass du den Stab angenommen hast und freue mich, dass du ihn an einen bloggenden Buchhändler weitergibst…

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Zuletzt stelle sich Alban Nikolai Herbst mit Die Dschungel. Anderswelt vor. Seine Wunsch-Interview-Partner waren Sophia Mandelbaum mit  Ze Zurrealism itzelf und Helmut Schulze mit parallalie. – Eine Übersicht, wer bereits alles Rede und Antwort stand und welche Blogs in den jeweiligen Gesprächen empfohlen wurden, findet sich hier

LiteraturFutur 24. / 25. Mai 2013 Sieben visuelle Schlaglichter mit Bonus „Lobo-Protuberanz“

Himmel über Itzum

Himmel über Itzum/Hildesheim © GvP

LitFortune - das Britzel-Quiz

LitFortune – das Britzel-Quiz © GvP

FuturLight

FuturLight © GvP

Lobo-Protuberanzen

Lobo-Protuberanzen © GvP

LitTec

LitTec © GvP

Laura Klatt, Hauke Hückstedt (Ex-Bison-Raucher)

FuturTalk mit Laura Klatt und Hauke Hückstedt (Ex-Bison-Raucher) © GvP

castrum LiteraturFuturums

castrum LiteraturFuturums (Domäne Marienburg, Kulturcampus der Universität Hildesheim) © GvP

Noch mehr Antworten auf die Frage: Sind bibliophile Blogger Nostalgiker?

Am 24./25. Mai findet LiteraturFutur in Hildesheim statt – und auch ich bin dabei. Konzipiert wurde das Format von Studenten der dortigen Universität, die sich mit Kreativem Schreiben, Kulturjournalismus und Kulturwissenschaften beschäftigen. Diskutiert wird über die Zukunft der Literatur und neue Formen der Literaturvermittlung unter digitalen Bedingungen. Gemeinsam mit eingeladenen Autorinnen und Autoren, Literaturvermittlern, Experten aus Verlagen und Agenturen wollen sie während der Veranstaltung versuchen, einige vorläufige Antworten zu finden.

© Litfutur Hildesheim 24./25 Mai 2013

© Litfutur Hildesheim 24./25 Mai 2013

Im Vorfeld der Hildesheimer Zusammenkunft führte Lew Weisz ein Interview mit mir – ein Schnipsel aus meiner langen Rede findet sich hier.

Unter anderem wollte die sympathische Studentin von mir wissen, ob bibliophile Blogger Nostalgiker sind. Da ich das selber gerne wissen möchte, habe ich nicht lange gefackelt und jene um ein Statement dazu gebeten, die bei der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“ dabei sind.

Seitdem ich die Frage, deren Sinnhaftigkeit sich nicht unbedingt auf Anhieb erschließt, an Bloggerinnen und Blogger weitergereicht habe, zieht sie im Netz Kreise. So machte sich hier Jost Renner darüber so seine  speziellen Gedanken, Stefan Mesch steuerte SteglitzMind einen Essay bei und den Krimi-Depeschen war die Frage sogar eine Extra-Nostalgie-Ausgabe wert.

Heute folgen weitere Stellungnahmen von elf Bloggerinnen und Bloggern, für die ich Euch herzlich danke sage!

Wenn ich durch ein Antiquariat laufe, spüre ich die Nostalgie an meinem Mantel zupfen. Dort stehen die Bücher oft bis hoch an die Decke und verströmen ihren eigenen Geruch, an dem ich mich nicht satt schnuppern kann. Die Ausgaben sind meist älter als ich und zeigen mir mit ihren Seiten wie viele Jahre sie schon auf dem Buckel haben. Sie nehmen mich mit in ihre eigene Welt, eine Zeit, die vor mir da war und die ich gern betreten würde, damals, als es beispielsweise literarische Kreise wie die Gruppe 47 gab.

Bücher sind nicht nur Boten der Phantasie und Gedanken, sie reflektieren auch die Gegenwart, in der sie geschrieben werden. Genau betrachtet ist es nicht nur die Nostalgie, die alte Ausgaben in mir hervorrufen, sondern auch reine Neugier. Die ist es, die uns bibliophile Blogger zu den Büchern führt. Warum schlagen wir sonst Bücher auf? Die Nostalgie mag uns hier und da streifen, den einen berührt sie mehr, den anderen weniger, aber sie ist es nicht allein, die uns täglich über Bücher schreiben lässt. Simone Finkenwirth aka Klappentexterin

Ich kann mit solchen blinden Verallgemeinerungen nichts anfangen. Warum sollten bibliophile Blogger Nostalgiker sein? Klar, könnten sie sein. Genau wie Schrebergärtner oder Autobahndrängler. Ich sehe da schlicht keinen Zusammenhang, dafür aber ein sonderbares Klischee, das versucht, zwei Dinge gewaltsam zusammenzubringen. Stephan Waldscheidt mit Schriftzeit

Wikipedia sagt zu Nostalgie unter anderem: „Nostalgikern wird oft Gegenwartsflucht vorgeworfen.“

So gesehen muss ich die Frage mit ja beantworten, denn mit dem Lesen von Büchern flüchte ich in eine andere Welt. Ansonsten sehe ich bibliophile Blogger nicht als Nostalgiker. Wenn viele auch zum altbewährten Notizbuch und zum Kugelschreiber greifen, um sich Notizen für einen Post zu machen, ist es danach das Internet, in dem die bibliophile Begeisterung verbreitet wird. Und da kann man wohl kaum von Nostalgikern reden. Buechermaniac von der lesewelle

Ob „bibliophile Blogger“ Nostalgiker sind, weiß ich nicht. Zum einen halte ich den Begriff für sehr heterogen (vor allem, wenn ich die Liste der von Dir vorgestellten Blogger sehe). Zum anderen weiß ich nicht, ab wann man ein Nostalgiker ist. Zu viele Etiketten – sorry. Gregor Keuschnig mit Begleitschreiben

Ich habe bei deiner Frage einfach definitorische Probleme. Was ist bibliophil und was ist nostalgisch? Letzteres bedeutet ja, grob gesprochen, vergangene Zeiten hochzuhalten und ihnen zu huldigen, indem man ihnen auch ein wenig nachtrauert. Und bibliophil kann eine eher kunstgewerbliche Annäherung an Literatur bedeuten (bibliophile Ausgaben…) oder generell eine Liebe zum Geschriebenen. Wenn ich für mich gelten lasse, Literatur zu lieben und durchaus auch solche vergangener Zeiten, bin ich ein „bibliophiler Nostalgiker“. Aber doch nur, um die Gegenwart besser verstehen und analysieren zu können. Ich bin Traditionalist, weil ich glaube, dass man Traditionen nur fortsetzen und manchmal auch überwinden kann, wenn man sie überhaupt kennt. Etwas, das z.B. den deutschen Krimi betreffend, völlig im Argen liegt. Mit Nostalgie hat das sehr wenig bis gar nichts zu tun. Mit Bibliophilie als kunstgewerblicher Impuls ebenso nicht. Aber wer nicht zurückschaut, schaut auch nicht nach vorne. Oder schaut nach vorne, aber ins Dunkel… Dieter Paul Rudolph mit Krimikultur: Archiv

Bibliophile Blogger Nostalgiker? Nein. Wir bloggen über EINE Form des Geschichtenerzählens, das selbst seit x000 Jahren existiert 😉 Bettina Schnerr-Laube mit Bleisatz

Du hast mich / uns gefragt – und ich versuche mal kurz zu antworten. Bzw. hm, wie soll ich es ausdrücken: so richtig verstehe ich die Frage ja nicht. Wieso sollten denn bibliophile Blogger überhaupt Nostalgiker sein? Sind Blogger nicht Menschen, die sich im Netz bewegen, eine bestimmte Affinität zum digitalen Medium haben, was ja eher auf eine Neigung zur Modernität, zur Zukunft und nicht zur Vergangenheit und Nostalgie hindeutet?

Meint Nostalgie dann eher die Tatsache, dass sie vermutlich noch gedruckte Bücher bevorzugen, obwohl sie sich im Netz bewegen? Oder eher das ihr Content, das sie bevorzugen, Langtexte sind? Und eben nicht kurze Gebrauchstexte aus dem Internet? So wie für viele Menschen heutzutage?

Oder zielt die Nostalgie darauf ab, dass man etwas mag, was immer weniger Leute mögen / tun? Hm, dann muss ich sagen, dass ich einer bin 😉 Aber tatsächlich nur in dem Sinne, dass mich tatsächlich fiktionaler Content sehr viel mehr reizt, sehr viel mehr gibt. Sachtexte sind zwar interessant, aber immer auch Arbeit. Wenn ich aus dem Alltag flüchten oder Spaß haben will, dann möchte ich Fiktion lesen. Nostalgisch in dem Sinne, dass ich es schön fand, in die Bücherei zu gehen. Und schön finde, mich mit Leuten darüber auszutauschen, was ich lese. Und das tun bibliophile Blogger nun im Internet. Aber ist das dann noch nostalgisch? Ist das nicht das Gegenteil davon?

Nostalgie leitet sich ab von den griechischen Wörtern νόστος, nóstos (Rückkehr, Heimkehr) und άλγος, álgos (Schmerz).

Das sagt Wikipedia. Als Blogger, der sein Blog „schmerzwach“ nennt, möchte ich kurz „ja“ sagen, ich bin Nostalgiker. Aber dann frage ich mich: was tut mir weh, wenn ich an Bücher oder die gegenwärtige Literatur denke? Nichts. Und wohin möchte ich zurückkehren? Ich finde alles ganz gut, wie es ist. Etwas unübersichtlich vielleicht. Aber war es früher besser? Nein. Ich denke nicht. Ich weiß nicht, ob ich die Frage damit beantwortet habe. Jannis Plastargias mit schmerzwach

Der Sinn der Frage erschließt sich mir aus dem Kontext nicht. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Deshalb meine Antwort: „Wieso?“. Peter Hetzler von Comickunst

Ich kann natürlich schwerlich für alle sprechen, aber ich selbst halte mich für einen Mix aus Nostalgie und neugieriger Aufgeschlossenheit.
Ich schau mir gern Neues an, weiß aber auch alte Dinge oder Ideen zu schätzen, wenn sie gut sind.
Bücher gehören eindeutig dazu.
Schrift ist eben mit der Entdeckung der (Messbarkeit der) Zeit die wichtigste Erfindung, die die Menschheit gemacht hat.
Alles andere ist im Zweifelsfall praktisch verzichtbar, weil die Zivilisation in der Schrift steckt. DocTotte mit Tottes kleines Literaturlexikon

Leider aber kann ich Deine Frage nicht beantworten, weil ich mich, wie ich bereits notierte, nicht als bibliophilen Blogger verstehe. Spannende Dinge ereignen sich in den Räumen des Schreibens, der Zeit, der Papiere, der Methoden, der Verbreitung von Gedanken und ihren Zeichen. Anbei ein kleiner particles-Text, – so wie ich das sehe. andreas louis seyerlein: particles

Was die Frage angeht, so finde ich sie viel zu allgemein. „Inwiefern?“ möchte ich da gern zurückfragen. Nostalgiker sind ja nicht einfach nur Leute, die ein Faible für alte oder altmodische Dinge und Tätigkeiten haben, sondern Menschen, die die Vergangenheit idealisieren und sich in einer „Früher-war-alles-besser-Attitüde“ nach ihr sehnen und am liebsten die Gegenwart fliehen würden. Ein typischer Vertreter wäre die Hauptfigur aus „Midnight in Paris“, doch selbst er entscheidet sich am Ende für die Gegenwart, weil er den ungesunden Aspekt einer übertriebenen Vergangenheitsverliebtheit erkennt.
Inwiefern sollten bibliophile BloggerInnen NostalgikerInnen sein? Weil sie in ihren Blogs versuchen, die Salonkultur mit modernen Mitteln zu beleben? Manche BloggerInnen können mit E-Books und entsprechenden Readern nichts anfangen – andere sind davon begeistert und äußern dies auch in ihren Blogbeiträgen. Einige haben ein Faible für altmodische Dinge wie Notizbücher oder Füller und doch nutzen sie fleißig WordPress, Twitter et al. Mit Sicherheit gibt es etliche, die schöne alte Dinge mögen, aber das macht sie nicht zu NostalgikerInnen oder Gegenwartsflüchtlingen. Auch die Lesevorlieben sind kein Kriterium: Von Besprechungen zeitgenössischer Literatur bis zu tatsächlich bibliophilen Ausgaben findet sich so ziemlich alles. Alle bibliophilen BloggerInnen über den Nostalgiekamm scheren zu wollen, halte ich daher für Unfug. Petra Gust-Kazakos mit Philea’s Blog

Steglitz stellt Alban Nikolai Herbst mit „Die Dschungel. Anderswelt“ vor

Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.

Die Dschungel. Anderswelt ist ein Blog unter jenen, die im bisherigen Verlauf der Gesprächsreihe mehrfach Lob auf sich vereinen konnten, sich aber noch nicht vorgestellt haben. Über Pfingsten ergab sich unverhofft eine Gelegenheit, Alban Nikolai Herbst zu bitten, hier mitzutun. Er ließ sich zu meiner großen Freude, nicht lange bitten …

Seit wann, warum und wo  bloggen Sie?

Ich begann 2003, weil eine damals noch blutjunge Geliebte, die ein, zwei meiner Bücher gelesen hatte, der Meinung war, ich solle nicht nur immer theoretisieren, sondern müsse auch „real“ im Netz zugegen sein. Also programmierte sie mir die heute leider verwaiste Site „Herbst & Deters Fiktionäre“ . Kurz darauf wurde ich in einen Buchprozeß gezogen, eine der unterdessen gängigen Persönlichkeitsrechts-/Kunstrechtsauseinandersetzungen, in deren Folge mein Roman „Meere“ verboten wurde; er ist unterdessen, leicht modifiziert, wieder frei. Der Prozeß verbot mir gewissermaßen den Mund für alles, so empfand ich das, was privat war. Also eröffnete ich mein erstes Weglog, damals noch bei free city und begann darin, Privates zu poetisieren, zu thematisieren, Fragen nach Zusammenhängen von Privatem und Öffentlichem zu stellen und das auf das Netz zu übertragen. Vorher schon hatte ich in einigen Chats mit verschiedenen Identitäten gespielt, war ein fünfzehnjähriges Mädchen, ein achtzigjähriger Mann usw. – was den Grund hatte, daß ich für meine Romane Sprech- und Sprachhaltungen ausprobieren und trainieren wollte. Besonders, aus der imaginierten Innensphäre einer Frau zu sprechen, ist sehr heikel, wenn es um Glaubwürdigkeiten geht. In neuerer Zeit zeigt das der „Fall Torik“, wo so etwas aber meisterhaft gelang, vor allem auf Dauer, was wiederum mein Ziel nie war; ich wollte einfach nur Figuren möglichst glaubhaft gestalten können.

Der Ort des Geschehens - eine Momentaufnahme beim Beantworten der Fragen © Alban Nikolai Herbst

Der Ort des Geschehens – eine Momentaufnahme beim Beantworten der Fragen © Alban Nikolai Herbst

Hinzu mischte sich mein Interesse an den Verbindungen privaten Erlebens mit dem, was dann poetisch in Romanen und Erzählungen daraus wird. Ich fing also Faktisches und Fiktives zu vermischen an und begleitete das von allem Anfang an mit theoretischen Überlegungen, die ich ebenfalls öffentlich formulierte. Daraufhin bekam ich eine Email von Oliver Gasser, einem der, kann man sagen, netzaffinen Autoren der allerersten Tage: Er finde, schrieb er mir, daß ich, um meine Vorstellungen auch poetisch realisieren zu können, eine andere Plattform brauche, und zwar dringend. Durch seine Vermittlung kam ich vor knapp zehn Jahren an Twoday, also Knallgrau in Wien. Gassner empfahl, mir die dortige, damals noch vorausweisende, Technologie unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, davon hätten ganz gewiß beide Seiten etwas. Twoday tat das und tut es bis heute. Deswegen, weil ich mich dem Unternehmen verpflichtet fühle, habe ich den Hoster nie gewechselt, auch dann nicht, als andere Technologien nach vorne und schließlich weit voraus drängten. Ich habe einen starken Freundschaftsbegriff.

Ihre Themenschwerpunkte …

Unterdessen sehr weit gespannt. Es gibt – je in gesonderten Rubriken zusammengefaßt – die halb persönlichen, halb fiktiven, weil immer wieder von „klassischen“ Erzählungen durchzogenen Arbeitsjournale, die von ihren Lesern als eine Art tägliche Sitcom rezipiert und ganz sicher so auch einfach konsumiert werden; es gibt die Beiträge, in denen literarische Texte ausprobiert werden, bisweilen skizzenartig, bisweilen schon sehr ausgeführt, also Gedichte, Erzählungsanfänge, Romanauszüge; es gibt Notate und Paralipomena, d.h. Aphorismen, die oft sehr zugespitzt, bisweilen provokant sind; es gibt einen stark ausgebauten Bereich, der sich mit Sexualmoral usw. beschäftigt; es gibt Briefwechselauszüge, aber auch tatsächlich im Weblog und nur darin stattfindende Briefwechsel; es gibt quasi philosophische, vor allem kunstphilosophische Partien; es gibt „Fundstücke“ der Banalität, bzw. banaler Beobachtungen und den Versuch, Schlüsse aus ihnen zu ziehen; es gibt, sozusagen überfassend, das Unternehmen einer kleinen Theorie des Literarischen Bloggens usw. Unter letzterem Namen ist bereits ein Buch entstanden, das auch als eBook erhältlich und im Netz recht ausführlich diskutiert worden ist – meines Wissens das erste Unternehmen dieser Art überhaupt. Hinzukommen als eigener, sehr ausgeführter Bereich Rezensionen zum Musiktheater und zur E-Musik. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Tagebücher anderer Autoren; ich hatte die Idee eines „chorischen“ Tagebuches, also möglichst vieler Stimmen zu jedem Tag; sie hat sich aber nie wirklich realisiert. – Und schließlich gibt es eine erstaunlich viel beachtete und diskutierte Rubrik, die sich mit literarischen Übersetzungen beschäftigt, also in der sie vorgelegt, modifiziert und/oder verworfen werden. Das letzte Projekt dieser Art habe ich mit dem in Italien lebenden Lyriker Helmut Schulze, der selbst ein spannendes Weblog führt, begonnen und Partie für Partie eingestellt; wir stehen jetzt davor, daß es ein Buch wird. Es handelt sich um frühe Skizzen von James Joyce, seinen „Giacomo Joyce“, von denen es bislang nur eine einzige, unterdessen vierzig Jahre alte Übersetzung von Klaus Reichert gibt. Unsere „Aneignungen“ dieser Dichtung werden im Herbst dieses Jahres sowohl als Print als auch eBook erscheinen. Das Besondere ist, daß man die Entstehungsgeschichte mitsamt Irrtümern, Ideen usw. im Netz wird weiter nachlesen können.

Was treibt Sie in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Na ja, es ist ein Teil meiner Arbeit, insofern ich zu denjenigen Autoren gehöre, die aus der Printwelt kommen und sie auch gar nicht völlig verlassen wollen; ich bin durch das herkömmliche Buch sehr geprägt, es gehört zu mir. Aber ich habe ein riesiges Interesse am Netz als einem neuen Medium von Literatur, gerade auch von Dichtung, der hier Bereiche aufgeschlossen werden, in die sie bislang nicht eindrang. Es gibt eine beachtenswerte Szene insbesondere für Lyrik, die in Buchausgaben selten höhere Auflagen erzielt als zwischen 500 und 1000 Exemplaren. Manche meiner Gedichte aber sind vieltausendfach gelesen, um manche gibt es die heftigsten Auseinandersetzungen. Ähnliches gilt für die Prosa. Dabei macht es mich ärgerlich, ja manchmal wütend, mit welcher Ignoranz der herkömmliche Literaturbetrieb das Netz als literarisches Ausdrucksmedium abzutun versucht, nicht selten mit schwer diskriminierenden Artikeln. Es wird hier ein Machtkampf um Deutungshoheit, das heißt letztlich: um Einkommen geführt, die man sich sichern will – auch wenn das auf Kosten vieler geschieht, die im Netz vorzügliche poetische Arbeiten vorlegen. Meist werden die gar nicht erst angeschaut. Ja, das treibt mich sehr und leidenschaftlich um.

Hinzu kommen die Auseinandersetzungen um das Urheberrecht. Ich mag mich hier nicht wiederholen, meine Position ist in Der Dschungel deutlich nachzulesen. Aber ich will doch betonen, daß eine Neuauffassung dessen, was ein Urheberrecht wäre, dringend ansteht.

Wie machen Sie Ihr Blog und die Beiträge bekannt?

Anfangs tat ich das gar nicht, bzw. verschickte wöchentliche Rundmails. Unterdessen nutze ich vor allem – aber allein als Medium des Annoncements – Facebook. Ich hatte aber auch Glück, weil Die Dschungel ziemlich gleich nach ihrem ersten Erscheinen querdurch die Szene diskutiert wurde, oft ablehnend, oft aber auch zustimmend. Das führte zu Verlinkungen, um die ich selbst mich gar nicht kümmern mußte. Manche provokante Stellungnahme tat ihr übriges. Hinzukommt, daß ich eine sehr lange Zeit lang Kämpfe mit Trolls (ich schreibe bewußt nicht Trollen) ausfocht, mich aber zugleich weigerte, Kommentare zu löschen; mir war der, auch wenn bisweilen weit unter der Gürtellinie geführte, Kampf lieber, als daß ich zensiert hätte. Das führte zu einem Schwall von Rezipienten, die sich am Dreck ergötzen wollten; es ist ein bißchen widerlich, aber auf kurze Spannen erhöht Sensationsgier die Zugriffszahlen extrem. Auf lange Sicht übrigens nicht; wenn ich jahrealte Beiträge, etwa Gedichte, wieder neu aufrufe, haben sich die Zugriffszahlen geradezu verkehrt: Long„seller“ sind, meiner jetzigen Erfahrung nach, die „seriösen“ Beiträge und, selbstverständlich, solche, die mit Sexualität zu tun haben.

Bis heute moderiere ich Kommentare nicht; manche allerdings lösche ich unterdessen einfach weg – vor allem, weil es nach den Kämpfen, die Wortschlachten werden konnten – schwere Leser:inn:enklagen und Verluste mir wertvoller Kommentator:inn:en gab. Auch dieser Prozeß ist von theoretischen Reflektionen begleitet worden.

Was sollte ein Blogger besser sein lassen?

Keine Ahnung. Wenn man es gut macht, kann man alles machen. Wie weit der Bogen gespannt wird, hängt aber sicherlich – und da vielleicht sollte jede:r für sich nachdenken – von der persönlichen Belastbarkeit der Autorinnen und Autoren ab. Geschehen in viel gelesenen Weblogs sind, wie im übrigen Leben auch, nicht ohne Folgen, vor allem dann, wenn Blogs mit Klarnamen geführt werden. Mir ist es wichtig, das so zu tun, aber es gibt Konditionen, in denen sich die Verwendung eines Pseudonyms sehr empfiehlt, weil eben auch Blogs nicht „aus der Welt“ sind. Denken Sie an die vielen Präsenzen von Frauen, in denen sie ihre Fantasien präsentieren – etwas, das sehr wichtig ist, daß es geschieht, aber es kann da zu existentiellen, z.B. etwa ökonomischen, Sanktionen kommen, gerade im nach-wie-vor-Patriarchat.

Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?

Man braucht Kontinuität, wenn man nicht einen Anlaß hat, der Leser:innen qua Thema immer wieder herholt. Sehr viele Blogs sterben wieder, und nicht wenige sehr schnell, weil, darin zu publizieren, nicht als Arbeit begriffen wird, sondern als Freizeit. Das kann gutgehen, besonders bei dem, was ich einmal einen Plauderblog genannt habe – es sind dies in meinen Augen aber weniger Blogs als mehr fixierte Chats. Man muß damit umgehen, daß man eventuell jahrelang ins Leere schreibt – aber das ist bei jedem künstlerischen Beruf so. Da ich Die Dschungel als Teil meines literarischen Werkes betrachte und so von Anfang an auch angelegt habe, bin ich aber nicht eigentlich geeignet, Ihre Frage zu beantworten. Ich betreibe Die Dschungel als poetisches Werk, habe sie bisweilen sogar „einen Roman“ genannt. Das ist sicher bei anderen Blog-Autor:inn:en nicht so und muß auch nicht so sein. Bewahre.

Gab’s beim Bloggen auch persönliche Krisen?

Meine persönlichen Schwierigkeiten, ja richtige Krisen hatte ich durchzustehen, wenn ich diffamierend angegriffen wurde. Manchmal kostet sowas eine Woche, um sich wieder zu berappeln. Man kann wütend werden, man kann depressiv werden, ich habe einige Male vorm Computer geweint. Andere Male war ich für meine Nächsten nur sehr schwer zu ertragen, weil ich schon ohnedies cholerisch genug bin. Aber so etwas formt einen. Ist man zäh genug, findet man schließlich akzeptable Umgangsformen und reift dran; man lernt auch einiges über sich selbst und kann das dann wieder poetisch umsetzen, ob nun im Weblog selbst, ob in anderer künstlerischer Weise.

Ihr schönstes Erlebnis als Blogger …

Wirkliche Freundschaften, die sich nie oder wahrscheinlich nie ergeben hätten, gäbe es Die Dschungel nicht. Eine der engsten entstand zu Helmut Schulze (parallalie), den ich oben schon erwähnte, aber auch mit Benjamin Stein (Turmsegler), Phyllis Kiehl (Tainted Talents),  Norbert W. Schlinkert, ebenso wie zu June (changes)und vor allem auch Jutta S. Piveckova (Gleisbauarbeiten), mit der ich quasi ständig diskutiere. Wir sind durchaus nicht immer einer Meinung, aber getragen von gegenseitiger Achtung.

Wenn ich nachdenke, kann ich eine ganze Liste erstellen.

Wie gehen Sie damit um, wenn Ihnen Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?

Tun sie nicht. Sie täten’s aber sofort, wenn ich fragte, da ich auch für „klassische“ Medien rezensiere; ich muß da nur anrufen, halte meine Rezensionstätigkeit indessen in sehr engen Grenzen, weil ich zum Beispiel zu einer solchen Klasse, wie Keuschnig mit dem Begleitschreiben sie repräsentiert, schon aus Zeitgründen nicht aufrücken könnte. Er betreibt das für mich nachdrücklichste und zugleich „ehrlichste“ Rezensionsforum des deutschsprachigen Raums. Meine Achtung vor seiner Leistung ist riesig.

Und wie würden Sie damit umgehen, wenn Ihnen Self-Publisher ihre Titel zur Rezension anböten?

Gefährliche Frage. Ich würde versuchen, in den Text hineinzuschauen, aber immer auch gleich sagen, daß es ziemlich lange dauern kann, bis ich’s schaffe. Das tue ich aber genau so, wenn mich Autor:inn:en um Lektorate bitten oder auch nur um meine Meinung. Wie jede/r andere kann auch ich nicht alles lesen, was erscheint – wobei ich da zwischen Neuen und klassischen Medien keinen Unterschied mache, mir die Neuen vielleicht sogar lieber sind, weil haptische Bücher – Platz brauchen. Davon steht mir ein nur sehr begrenzter zur Verfügung. Am „Fetisch Buch“ hänge ich eitlerweise nur für meine eigenen Texte, bzw. bei Dichtungen, die mir wirklich nahegekommen sind. Da lasse ich ein Buch auch schon mal neu, nach eigenem Entwurf, binden.

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Siehe hierüber. Einen prinzipiellen Unterschied zu gebundenen Büchern mache ich nicht.

Welche anderen Blogs empfehlen Sie?

Wobei ich mich bei allen entschuldigen möchte, die ich ebenfalls nennen müßte, aber begrenzungshalber nicht kann; ich wähle deshalb nach Spanne dessen aus, was im Netz poetisch möglich ist und gehe dabei nach der – zufälligen, nicht alphabetischen – Reihenfolge meiner Bookmarks vor. Imgrunde ist Ihre Frage eine nach der Blogroll, die ich nicht führe, bzw. habe ich auf meiner Site nur sehr wenige feste Links. Es hat sich bewährt, solche Verlinkungen immer an einen Anlaß zu binden; gibt es einen, verlinke ich schnell.

Und welcher bibliophile Blogger sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Herzenswunsch? Sophia Mandelbaum mit Ze Zurrealism itzelf. Freundes- und ebenfalls Herzenswunsch: Helmut Schulze mit parallalie. Einstein hatte unrecht: Gott würfelt. In dem Fall möchte ich’s nicht ihm, sondern Ihnen überlassen.

Das habe ich besonders gerne: Die Qual der Wahl … Danke vielmals, dass Sie hier dabei sind, Alban Nikolai Herbst, ich freue mich sehr darüber.

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Zuletzt stellte sich Miss TT mit Tainted Talents vor. Ihr Wunsch-Interview-Partner war Norbert W. Schlinkert mit seinen Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen. – Eine Übersicht, wer bereits alles Rede und Antwort stand und welche Blogs in den jeweiligen Gesprächen empfohlen wurden, findet sich hier

Steglitz stellt Miss TT mit „Tainted Talents“ vor

Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.

Tainted Talents ist ein Blog unter jenen Zehn, die im bisherigen Verlauf der Gesprächsreihe zwar mehrfach Lob auf sich vereinen konnten, aber noch keine Gelegenheit erhalten haben, sich vorzustellen. Anlässlich der 50. Folge von „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“ habe ich diese Bloggerinnen und Blogger eingeladen, hier mitzutun. – Ich freue mich sehr, dass sich Miss TT heute vorstellt und sage für ihren Beitrag nebst Zeichnungen: danke sehr, danke vielmals …

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Miss TT ist konziliant, bequemlichkeitsheischend und offen vergrübelt. Sie zeichnet oft kleine Tiere und Pikantes, meistens in Tusche, und nur, wenn etwas weder Tier noch pikant ist, verwendet sie Buchstaben. Deswegen gibt es Tage, an denen kein Text entsteht, weil, in diese beiden Kategorien lässt sich doch sehr vieles fassen.

Sie lehrt auch. Ihre Schreibworkshops sind berüchtigt, werden aber dennoch (oder gerade deswegen) seit Jahren immer wieder von Sinnstiftungen gebucht, vermutlich, um welchen zu.

Im Übrigen schätzt sie Klammern, den Einzelgang und Tainted Talents, ihr virtuelles Ateliertagebuch. Auftritte nur, wenn sie dafür bezahlt wird. Hat gehörig Respekt vor Verausgabung, meidet Live-Acts mit Kommunikationsjunkies, liebt Botenstofftrips, lebt dünnhäutig, verschwenderisch, stemmt Hanteln, umgibt sich mit Menschen, die gute Geräusche erfinden, schreibt auf Zettel. Am liebsten allein, manchmal mit Spezialisten. Gute Menschenkenntnis, von der niemand etwas hat, weil sie sich am liebsten vergräbt.

Wird nie unterschätzt, außer von sich selbst, von Selbst dafür aber ständig.

© Tainted Talents

© Tainted Talents / Phyllis Kiehl

Sie „bloggt“ nicht.

Stattdessen führt sie dieses Ateliertagebuch, irgendwer muss es ja tun, denn, man erfährt selten etwas von Künstler:innen, außer dem, was diese für blickdicht und imagefördernd halten. Solcherlei Masquerade läge Miss TT (natürlich) völlig fern, zumal sie fest glaubt, dass Schöpferische der Kür verpflichtet sind, sich mit der Welt zu vermischen. Da sie selbst starke Marktallergien pflegt, liegt es nur nah, diese Vermischung im Netz herbeizuführen: sie ist nicht vor Ort, sondern selbst einer. Auf TT versucht sie sich in durchaus zärtlich bebilderten Ablenkungsmanövern, geschnitzten Deckelchen für die Wucht des Tatsächlichen.

Tatsache ist, eine Weile geht so etwas gut. Doch irgendwann wird diese fehlende Übereinstimmung zwischen Selbstwahrnehmung und Außendarstellung zur Relativierungsfalle. Fällt sie in eine solche, wird sie mitunter, ohne Vorwarnung, verdammt deutlich.

© Tainted Talents

© Tainted Talents / Phyllis Kiehl

 „ – Themen?“

Kunstschaffen, Körper, Tiere. Hürden. Aufladungen. Trainingseinheiten, phy- und psychisch. Schreiben als Sprechersatz. Der weibliche Blick. Initiationsprozesse: ge- und misslingende. Anfänge. Settings. Handlungsanweisungen. Poetisierungen. Selbstbilder und Rollenspiele mit Einladungscharakter. Exzentrik und Akzente. (Wann kam eigentlich das Wort „freischaffend“ aus der Mode?)

Ihre eigenen Romane „Fat Mountain Scenes“ und „Fettberg“ gehören, obwohl ordentlich verlegt, weder Szenen noch Betrieben an. (Stattdessen ist, zum Beispiel, „Fettberg“ seit 2013 Schullektüre an einer hessischen Oberstufe. Ha! Ansonsten sind ihr Szenen schnuppe.)

Miss TT bevorzugt szeneunabhängige Minds und findet diese mehr auf benachbarten Netzrepräsentanzen als auf der Straße. Ist troy, lässt sich aber häufig verführen, vorzugsweise von Hochbegabten, Spinnern und Exzentrikern beiderlei Geschlechts. Um bei den weiblichen zu bleiben: Sie mag die spleenige >>> Sabine Scho, die merkwürdig assoziierende >>> Aimee Bender und den wütend präzisen Blick der >>> Melusine B. Sie mag n i c h t: Lagerbildung. Den Disput um die vermeintliche Nichtqualität von Netzliteratur, der meistens nur davon zeugt, wie stark die Kamele inzwischen überhand genommen haben, die durch kein Öhr mehr wollen.

© Tainted Talents

„auf das Scheiß Öhr“ © Tainted Talents / Phyllis Kiehl

Sie lässt regelmäßig von sich hören und sehen, würdigt Kommentare, spricht darüber, gerne auch mit ihren Seminarteilnehmer:innen, um diese locker zu machen. Ansonsten läuft es ähnlich wie im Offline: regelmäßig kommentierende Stammgäste (die mit der Zeit nicht selten zu Komplizen werden), dazu die Mehrheit schweigender Mitleser:innen, die nur das Wort ergreifen, wenn sie sich thematisch angesprochen fühlen. Blogroll? Keine. Miss TT stellt sich immer vor, wie enttäuschend es für diejenigen sein muss, die ihren Blog dort nicht wiederfinden. Tainted Talents hat sich über gezielte Erwähnungen von Mitblogger:innen verbreitet; einen höheren Bekanntheitsgrad würden weder Miss TT noch ihre übrigen Persönlichkeitsfacetten sonderlich gut aushalten.

© Tainted Talents

„Die guten Stimmen kommen immer nur aus dem Off“ © Tainted Talents / Phyllis Kiehl

„- Tabus?“

Nichts sollte er sein lassen, der Blogger, und die Bloggerin schon gar nicht! Wer, wenn nicht unsereins, ist denn noch einigermaßen unchained? Miss TT plädiert für Aufladungen. (Ohne das selbst konstant gewährleisten zu können.)

© Tainted Talents

„solange sich das Ei nicht vom Arschloch löst, hilft alles Brüten nicht“ © Tainted Talents / Phyllis Kiehl

Es gibt keine Hürden beim Bloggen, die nicht alle anderen Selbstdenker:innen auch nehmen müssten: eigenwillige Formen finden, Kontinuität, individuelles Stehvermögen entwickeln, nichts allzu persönlich nehmen, was an Reaktionen zurückkommt. Vieles ist Projektion; auch die ausgewiesen authentischen Blogs werden von Gästen immer (und mit Recht!) zugunsten eigener Prozesse, Sehnsüchte und Befindlichkeiten instrumentalisiert – mitsamt der Person, die dahinter steht. Wer das weiß und gerade um seiner seltsamen, oft sehr positiven Energieübertragungen willen schätzt, kann sich der Öffentlichkeit getrost stellen. Nebenwirkungen, wie überall, nicht ausgeschlossen.

Das Schönste sind die schnellen Reaktionen der Anderen. Gleich gültig, ob positiv oder ablehnend: die Unmittelbarkeit. Ihre großartige Unvollständigkeit, das Fiebrige daran. Mit so vielen Variablen immer wieder neue Situationen zu bauen, Initiatorin zu sein.

Rezensionsexemplare bietet bislang niemand an, weil ich nicht rezensiere, das können andere besser. (Glaubt Miss TT. Ich selbst würde mir das durchaus zutrauen, habe aber, anders als sie, ein Unschärfeproblem. Das gilt ebenso für Titel, die mir von Self-Publishern angeboten würden.)

© Tainted Talents

© Tainted Talents / Phyllis Kiehl

Meine Mutter liebt E-Books, weil ihr Haus von Papierbüchern bereits überquillt und sie auf ihrem Reader die Schrift groß stellen kann; das reicht mir zunächst als E-xistenzberechtigung. Schade nur, dass das voyeuristische Element dabei verloren geht: Miss TT und ich gucken immer zuerst ins Bücherregal, wenn wir eine fremde Wohnung betreten.

Einige Empfehlungen zum Schluss: Viele unserer Inspirationsblogs haben wir bereits bei SteglitzMind erwähnt gefunden. Der Neugier, die bibliophile Grenzen überschreitet, seien folgende weitere ans Herz gelegt: Norbert W. Schlinkert mit seinen Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen. (Der meines Erachtens auch als weiterer Gesprächspartner geeignet wäre, weil er so gut schwadronieren kann.) Außerdem: Die zarte Iris mit ihren Blütenblättern, der Dichter Helmut Schulze mit Parallalie, die unverwechselbare Sophia Mandelbaum mit  Ze Zurrealism itzelf und der Insulaner Rittiner Gomez mit seinem Logbuch Isla Volante.

So. Habe fertig.

© Tainted Talents

© Tainted Talents / Phyllis Kiehl

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Zuletzt stellte sich Bianka Boyke mit jungesbuch vor. Ihre Wunsch-Interviewpartnerinnen waren Evelyn mit Dreaming till Midnight und Filo mit Filos Bücheruniversum. – Eine Übersicht, wer bereits alles Rede und Antwort stand und welche Blogs in den jeweiligen Gesprächen empfohlen wurden, findet sich hier

Jost Renner dreht eine Extrarunde: Sind bibliophile Blogger Nostalgiker?

Bisweilen treiben Menschen Fragen um, deren Sinnhaftigkeit sich nicht unbedingt auf Anhieb erschließt. So etwa die, ob bibliophile Blogger Nostalgiker sind, die LiteraturFutur im Vorfeld der Hildesheimer Zusammenkunft am 24./25. Mai in einem Gespräch mit mir aufgeworfen hat.

Seitdem ich die Frage an Bloggerinnen und Blogger weitergereicht habe, zieht sie im Netz ihre Kreise. So steuerte etwa Stefan Mesch einen Essay bei und den Krimi-Depeschen war sie sogar eine Extra-Nostalgie-Ausgabe wert. – Für eine Stellungnahme konnte ich nun auch den Blogger Jost Renner aka @Amfortas gewinnen, dem ich einen gewissen Hang zur Nostalgie unterstelle. Nicht allein, weil er Bücher stapelt und der alten Rechtschreibung anhängt. Nein, vornehmlich deshalb, weil er Lyrik schreibt!

BTW: Jost debütierte im Februar 2013 mit einem Gedichtband „LiebesEnden“, weshalb er hier schon einmal Rede und Antwort stand.

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Beginnen will ich meinen Beitrag also mit einer kurzen Begriffsklärung : „Heute versteht man unter Nostalgie im Deutschen eine wehmütige Hinwendung zu vergangenen Zeiten, die in der Erinnerung oftmals stark idealisiert und verklärt reflektiert werden.“ So sagt das das online-Referenzmedium „Wikipedia“. Und mit dieser Definition läßt sich trefflich gegen die unterschwellige Aussage der Frage argumentieren.

In Deutschland speziell, aber auch weltweit sind Bücher aus Papier weiterhin vorhanden und in der Außenwahrnehmung – durch das Feuilleton, Buchhandlungen, Blogs und vor allem Buchhandlungen – nicht nur vorhanden und sichtbar, sondern dominant. Nostalgisch zu sein bedeutete allerdings, sie wären es nicht mehr, und ich (als Leser, ehemaliger Rezensent und Lyriker) hätte gerade noch alle mir erreichbaren Bände gehortet und trauerte einer aktuell nicht mehr vorhandenen Kulturerscheinung nach. Dies hätten die Verfechter des ebooks vielleicht gerne, aber dem ist faktisch nicht so. Und ich bin mir gewiß, daß dies geraume Zeit genau so bleiben wird, ich also den weitgehenden und flächendeckenden Ersatz des Papierbuchs durch das ebook allenfalls in hohem Greisenalter erleben oder eben nach meinem Tode nicht mehr erleben werde. Das hat Gründe.

so lebt ein Bibliomane © GvP

so lebt ein Bibliomane © GvP

Wenn ich also kein Nostalgiker bin, was bin ich dann (die Frage, wer ich denn sei, bedürfte vermutlich eines viele hundert Seiten umfassenden biographischen Werkes)? Zunächst einmal bin ich ein mit Büchern sozialisierter Mensch. In meinem zum Teil akademisch geprägten Elternhaus existierten zwei recht unterschiedliche Bibliotheken, die meine Eltern zusammengetragen und nach ihrem Geschmack zusammengestellt hatten, dann eine sich je nach Lesefähigkeiten sich stetig erweiternde Kinderbibliothek, die mit Elementarbilderbüchern und den damals sehr präsenten Pixibüchern begann, dann einige Märchenbände und – vermeintlich jugendgerecht redigierte, also gekürzte – Fassungen von Klassikern der Jugendliteratur. Zuletzt gesellten sich einige Bände dazu, die sich aufklärerisch mit Jugendproblemen wie Drogen, Ladendiebstahl oder Gewalt auseinandersetzten. Der Übergang zur Literatur fand durch das Durchstöbern der elterlichen Regale und einer recht gut sortierten Schulbibliothek statt. Seit etwa dem sechzehnten Lebensjahr sammele ich Bücher, deren Gesamtzahl nun bei weit über 10.000 Bänden liegt. Somit ist fraglich, ob ich mich noch als bibliophil oder nicht doch eher als biblioman bezeichnen müßte. Eins aber bin ich in Anteilen gewiß : konservativ und elitär.

Es gibt ebooks, und ich habe das sogar zur Kenntnis genommen. Sie sind für mich allerdings praktisch kaum relevant. Das hat mehrere Gründe: 1. ich bin mit Büchern aus Pappe / Papier bzw. Leinen / Papier groß geworden und bevorzuge weiterhin das haptische, olfaktorische Element dieser Form und mag zudem durchaus die Atmosphäre eines mit Büchern möblierten Raumes. 2. Meine Bücher sind mein Eigentum, mit dem ich tun und lassen kann, was mir beliebt – verleihen, verkaufen, z.B. 3. der mich interessierende Teil des Buchmarktes ist im Bereich ebook für mich weder attraktiv, noch relevant, noch überhaupt flächendeckend vorhanden. Ich sagte bereits zuvor, ich sehe mich als zum Teil eher elitär. Somit bewege ich mich vor allem im Bereich der anspruchsvollen Literatur mit Ausweitungen in den literarischen „Mainstream“, der aber dann doch qualitativ meist über Chicklit, „Fifty Shades of Grey“ oder Dan Brown liegt und die Bestsellerlisten diverser Wochenmagazine selten nur ansatzweise berührt. Dort oder im Ratgeberbereich, bei Lexika, Enzyklopädien liegt aber der relevante Teil des ebook-Marktes.

Schau ich mir dagegen mein Interessengebiet an, ergibt sich ein für mich unattraktives Bild : nicht alle Verlage veröffentlichen ihre Bücher als ebooks, die Preise erscheinen mir überteuert, umso mehr als ich kein Eigentum erwerbe, sondern allenfalls eine Lizenz. Amazon und auch google entblöden sich nicht, vermeintlich illegale Kopien eines ebooks auch mal zu löschen, der Weiterverkauf oder auch nur der Transfer auf andere Geräte erweisen sich als schwierig bis unmöglich, es gibt Formatprobleme wie auch Shopgrenzen, selbst bei Amazon, zuletzt ist das Hantieren mit DRM und der notwendigen Adobe-Software zur Verifizierung der Rechte umständlich bis arg kompliziert, sodaß Normalnutzer mit wenig Computerkenntnissen recht schnell an ihre Grenzen geraten, sodaß wohl amazon einen großen Teil des ebook-Kuchens für sich sichern wird können. Der stationäre Buchhandel zudem, und aus diesem komme ich ursprünglich, bleibt weitgehend außen vor. Ich erinnere mich, daß eine Sortimenterin an einem ebook-link beinahe verzweifelte, weil die Kundin diesen nach Kauf nicht öffnen konnte und sich die Ursachenforschung und Problembehebung mit dem Anbieter zeitlich aufwendig und somit unbefriedigend gestaltete.

Bücherstapler Jost Renner © GvP

Bücherstapler Jost Renner © GvP

Ich sehe für mich weitere Probleme : Um meine Präsenzbibliothek adäquat abspeichern zu können, benötigte ich mindestens 5 – 10 Geräte, alle durchaus anfällig für Verschleiß oder andere Beschädigungen und mehrere Clouds, die, da im Internet eingerichtet und weiterhin dem Zugriff durch die Anbieter ausgesetzt, nicht wirklich sicher sein können (und sollen). Grundsätzlich stellt sich zudem die generelle Frage der Auslagerung von Kultur und Wissen auf digitale Datenträger und Geräte, da auch hier großflächige Zerstörungen nicht auszuschließen sind, erst recht aber nicht der Konkurs eines Anbieters. Hier mögen zwar die Daten zu retten sein, aber was, wenn etwa Kindles nicht nachproduziert würden und somit defekte Geräte nicht ersetzbar wären?

Ebooks gehören mittlerweile zur Kultur, und somit relativiert sich mein Konservatismus ein wenig. Aber auch McDonalds fällt unter den Kulturbegriff, ohne daß ich das sonderlich zu schätzen wüßte. Im Bereich der anspruchsvollen Literatur sind ebooks in meinen Augen derzeit allenfalls Begleitpublikationsformen, die – um nicht den Hardcoverbereich der Verlage zu kannibalisieren – preislich unattraktiv gestaltet sind, sodaß sie, wenn denn überhaupt vorhanden, kaum attraktiv sind. Derzeit ist genau dort auch kein Anzeichen festzustellen, es würde in absehbarer Zeit eine Revolution geben, etwa daß ein Konzern sagt, er gründe ein Imprint und veröffentliche literarisch wertvolle Werke ausschließlich als ebook. Denn dieses Risiko wird man nicht eingehen, da einerseits der Geruch des Zweit- oder Drittklassigen unvermeidbar wäre (wie Originalveröffentlichungen von Filmen auf DVD hinlänglich beweisen), andererseits das Buch in seiner Ausgestaltung als Druckwerk weiterhin viel zu präsent ist. Selbst für „Fifty Shades of Grey“, das ja wohl ursprünglich aus dem ebook-Bereich kam, war es notwendig (und sinnvoll), es als Printversion zu vermarkten. Somit ist das ebook im feuilletonistischen Diskurs über Literatur – zu Recht – derzeit nicht präsent, in der selbstreferenziellen Diskussion über den Buchmarkt dafür überdimensional.

Eine Änderung über Jahrzehnte hinweg wird es geben. Das ebook wird Lexika, Sach- und Fachbücher, Ratgeber und massentaugliche Unterhaltungsliteratur, sowie die Schmuddelecke und natürlich den Self-Publishing-Markt nach und nach vollständig erobern, immer begleitet vom pseudo-euphorischen Geschrei einer Branche, die tapfer im Nebel stochert und nostalgisch an eine Zeit zurückdenkt, in der das Wünschen noch geholfen hatte. Die Self-Publisher werden zusammengenommen vom großen Kuchen der Buchverkäufe etwas abzwacken und Kaufkraft für Besseres, Anspruchsvolleres binden. Wirklich erfolgreich und eben auch sichtbar in einem Riesenstrom der Unzulänglichkeiten werden sie erst dann sein können, wenn es Gatekeeper geben wird, neue Formen des Verlagswesens, die nach Qualität sieben und glaubwürdig empfehlen können. Dennoch werden ebooks und Self-Publishing schon jetzt die Branche, das sind Verlage wie Buchhandlungen, nachhaltig beeinflussen und Umwälzungen erzwingen, allerdings vermutlich weitgehend negative. Die Idee, daß Bücher erstmal Kultur und in erst in zweiter Linie Ware sind, ist derzeit allenfalls ein Lippenbekenntnis oder das kaum gehörte Credo sehr engagierter kleiner und unabhängiger Buchhandlungen und Verlage, während die großen Player mit sich vergrößernder Titelschwemme auf der Suche nach viel Umsatz den Kulturbegriff erfolgreich unterminieren.

Die Beteiligten haben Glück, daß es konservative, wertbewußte Leser gibt, die Halbjahr für Halbjahr nach Wertvollem, Lesenswertem stöbern. Aber man man macht es ihnen zunehmend schwerer.

Stefan Mesch dreht eine Extrarunde: Sind bibliophile Blogger Nostalgiker?

Stefan Mesch war mir ein unbeschriebenes Blatt. Bis zu jenem Tag im November 2012 jedenfalls, an dem er in einem Gespräch mit Johannes Schneider vom Berliner Tagesspiegel einen Stein ins Rollen brachte, der die ‚bibliophile‘ Szene im Netz vor den Kopf stieß.

Abermals auffällig wurde mir der bloggende Autor/Kritiker vor einigen Tagen, und zwar als auf SteglitzMind verlinkender Rekordhalter. Hier beziehe ich mich auf diesen Artikel in Stefans Blog.

Dass ich ihn nun eingeladen habe, sich ebenfalls zur Frage zu äußern, ob bibliophile Blogger Nostalgiker sind, hat ebenfalls einen speziellen Hintergrund. Nämlich diesen: Gestern hatten zu der besagten Frage von LiteraturFutur hier einige Bloggerinnen und Blogger Stellung bezogen. Statements, die Stefan für wischi waschi hielt, wie er baldigst in einem sozialen Netzwerk kundtat. – Jetzt, sagte ich mir, jetzt ist er dran! Und zu meiner Überraschung ließ er sich nicht lange bitten …

Nun freue mich, dass er prompt angebissen hat, und bin auf unsere persönliche Begegnung bei LiteraturFutur – neue Formen der Literaturvermittlung – in Hildesheim am 24./25. Mai doch sehr gespannt …

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Für Streber wie mich waren Bücher „wertvoll“, „richtig“, „gut“ – mein Leben lang:

Kindergärtnerinnen, Lehrer freuten sich, wie viel ich las.

Verkäufer, Schreibwarenhändler ließen mich für Stunden blättern, stöbern.

© Stefan Mesch

© Stefan Mesch

Meine Großeltern bezahlten Comics, Magazine.

Meine Mutter entschuldigte / erlaubte / ermöglichte jeden Tag, den ich mich hinter Büchern und Geschichten vergrub.

Sogar mein Vater hatte einen gewissen… Respekt: Er las in 50 Jahren keinen einzigen Roman. „Für sowas habe ich keine Zeit.“ Doch dass ich MEINE Zeit, so lange ich denken kann, mit Büchern „verschwende“, machte er mir nie zum Vorwurf.

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„Sind bibliophile Blogger Nostalgiker?“, fragt das Team der Hildesheimer Literatur- / Medien-Konferenz lit.futur Gesine von Prittwitz. Gestern leitete Gesine die Frage weiter, an eine größere Runde Blogger. Doch viele Statements erschienen mir mau, nichtssagend, unfertig:

Wären die Antworten weniger defensiv ausgefallen, wenn…

…stattdessen jeder Blogger persönlich gefragt worden wäre: „Bist DU Nostalgiker?“

…die Frage gedreht, gewendet worden wäre: „Bloggst du darüber, wie sich Lesen und Literatur verändern? Kuckst du nach vorne? Mit welchem Gefühl?“

Ich bin 30 Jahre alt. Ich las knapp 1.200 Romane, 700 Comics.

Ich schreibe über Bücher für ZEIT Online und den Tagesspiegel, bin auf Seite 300 meines ersten eigenen Romans, „Zimmer voller Freunde„, und durfte mir mein ganzes Leben lang sicher sein, dass jemand anerkennend nickt, sobald ich sage: „Gestern habe ich fünf, sechs Stunden lang gelesen.“

Lesen, sagte meine Welt fast 30 Jahre lang, ist wertvoll. Geschichten sind wichtig. Kultur stiftet Sinn. Literatur ist gut. Bücher sind ein Weg, die Welt zu verstehen. Lektüre „installiert neue Software in unserem Gehirn“:

Wenn ich viel Zeit damit verbringe, zu lesen, werde ich zu einer klugen, weisen, reifen, gebildeten, entfalteten, tugendhaften Person: Bücher bringen uns weiter. Bücher tun uns gut.

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Doch aller Kitsch, alle Streber-Arroganz beiseite: Bücher brauchen absurd viel Zeit – und Menschen, die ihr Leben so einrichten (können), dass sie Romane lesen können statt kurzer Artikel, Sachbücher (oder einfach nur pragmatisch, kurz die Radio- und TV-Nachrichten verfolgen), haben – keine Frage! – eigene Prioritäten. Ein besonderes… Gemüt.

Wenn ich schnelle FAKTEN will, sauberen Überblick, spröde ‚Wahrheit‘ oder Nutzen, Service, sind Dutzende anderer Medien / Formate schneller, dichter und effizienter.

John Updike, glaube ich, nannte Romane mal „Empathy Machines“: Sie saugen uns ein. Und muten uns zu, auch mal 400 Seiten Gedanken oder Figuren zu folgen, die nicht sofort Funken sprühen, Spaß machen, knallen und gefallen. Als Leser / Buchliebhaber braucht man eine Grund-Geduld, Toleranz und Offenheit.

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Ich glaube, das selbe Gemüt, die selben Tugenden (Grund-Geduld, Toleranz und Offenheit) helfen auch beim Bloggen: Wozu die eigenen Texte, Standpunkte völlig FREMDEN Menschen antragen? Wozu sich diskutieren lassen? Kritik aussetzen?

Für mich sind das das „nostalgische“ Werte:

Offenheit, sich auf Texte, Menschen, Standpunkte einlassen. Nicht-zielgerichtetes Denken. So weit verstehe ich die Frage: Sind bibliophile Blogger Nostalgiker? Sehr viele, bestimmt.

Denn Leser lesen „nostalgisch“. Und Literatur-Blogger bloggen „nostalgisch“.

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Die meisten „Nostalgiker“ aber, die ich kenne, sind anders: Sie wünschen sich Struktur, Netze, Sicherheit. Einen gleichförmigen Rhythmus. Und das bieten andere Formate VIEL stärker als Literatur (und Blogs):

Bei „Nostalgikern“ denke ich an starre Genre-Formate und Immer-das-selbe-Muster-Zeug wie „Monk“. An Sitcoms. An simple, feste Spiele. An Gartenbau. An Puzzles. An einen starken, verlässlichen, ordentlichen Rahmen, der vor Veränderungen und Zumutungen schützt.

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„Nostalgiker“ ist ein Reizwort. Und die Debatte ist für mich so wichtig / spannend, weil viele Blogger – in meinem Alter oder älter – in einer Welt aufwuchsen, die Bücher ähnlich lobte, feierte, fetischierte wie meine Lehrer und Eltern:

Bücher bringen Aufstieg, bessere Chancen. Bücher bringen Klassenmobilität.

Bücher bringen uns voran.

Ich bin nicht der einzige Roman-Streber, der über sein Bücherregal, seine Lese-Listen, seine Goodreads-Seite und seinen Terminkalender blickt und denkt: „Sehr gut. Ich habe Stunden mit etwas Sinn- und Wertvollem, Wichtigen verbracht.“

Ich bin nur nicht mehr sicher, ob das stimmt.

Ich bin nicht sicher, ob ich als Leser noch lange „punkten“ kann.

Romane fressen Zeit. Bücher fressen Platz. Leser sind Eigenbrötler, Träumer und Egoisten. Blogger sind selbstverliebt, in ihre Stimme und ihre beschränkte, eigene Perspektive.

Meine jüngeren, pragmatischeren, aggressiveren Freunde schauen auf mein Bücherregal und sehen: ein Grab für Zeit, Geld, Produktivität. Ich hätte die Welt bereisen können. Häuser bauen. Oder Geld verdienen, um mir den Bau von Häusern zu finanzieren.

Was habe ich in der Hand? Ein paar Lese-Erfahrungen. Erinnerungen an Bücher, vor 15 Jahren gelesen, deren Details schon längst wieder zerfallen.

Romane sind ein subjektives, sperriges, störrisches Medium. Eine umständliche Weise, meist „nutzlose“, schwammige Gefühle und Stimmungen zu vermitteln. Wer einen Partner sucht, um eine Familie zu gründen, freut sich über (Hobby-)Gärtner, Bastler, Köche.

Aber Leser… sind Schluffis. Waschlappen. Opfer. Trödler. Spinner. Egoisten.

Nostalgiker – die vielleicht gerade erst verstehen, dass etwas, für das Oma, Papa und der Kindergärtner großen Respekt, Bewunderung aufbrachten…

…immer weniger Achtung, Platz, Respekt findet. Heute.

Ich bin nicht sicher, ob – heute – Kinder gelobt werden, wenn sie sich 100, 200 Seiten lang in einem Buch versenken. Vielleicht verdienen sie mehr Lob, wenn sie abbrechen. Klug suchen. Effizient entscheiden. Sich zielgerichtet informieren.

Geschickt googeln:

Das mit den „Empathie-Maschinen“, merke ich gerade, hat John Updike nie gesagt. Es war Roger Ebert, der Filmkritiker (danke, Suchmaschine!). Und er sprach nicht über Romane. Sondern übers Kino. Ein Massenmedium, das heute noch Massen begeistert.

Bücher, Leser, bibliophile Blogger dagegen sind am Rand.

Beklatschen, loben, bewundern… tun wir uns nur noch selbst.

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BTW: Womöglich war Stefan mit seinem Urteil etwas voreilig? Wie angekündigt, erscheinen in den kommenden Tagen hier weitere Statements von Bloggerinnen und Bloggern zur Frage „Sind bibliophile Blogger Nostalgiker?“

Sind bibliophile Blogger Nostalgiker?

Am 24./25. Mai findet LiteraturFutur in Hildesheim statt – und auch ich bin dabei. Konzipiert wurde das Format von Studenten der dortigen Universität, die sich mit Kreativem Schreiben, Kulturjournalismus und Kulturwissenschaften beschäftigen. Diskutiert wird über die Zukunft der Literatur und neue Formen der Literaturvermittlung unter digitalen Bedingungen. Gemeinsam mit eingeladenen Autorinnen und Autoren, Literaturvermittlern, Experten aus Verlagen und Agenturen wollen sie während der Veranstaltung versuchen, einige vorläufige Antworten zu finden.

© Litfutur Hildesheim 24./25 Mai 2013

© Litfutur Hildesheim 24./25 Mai 2013

Im Vorfeld der Hildesheimer Zusammenkunft führte Lew Weisz ein Interview mit mir – ein Schnipsel aus meiner langen Rede findet sich hier.

Unter anderem wollte die sympathische Studentin von mir wissen, ob bibliophile Blogger Nostalgiker sind. Da ich das selber gerne wissen möchte, habe ich nicht lange gefackelt und jene um ein Statement dazu gebeten, die bei der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“ dabei sind.

Danke, dass Ihr mir mit Euren Antworten auf eine wahrlich elementare Frage einmal wieder auf die Sprünge geholfen habt! Eure Darlegungen sind so vielfältig wie die ‚bibliophile‘ Szene im Netz, was genau genommen nicht wirklich überrascht. Im Vorfeld von LiteraturFutur stelle ich sie (nebst den teilweise kritischen Anmerkungen zu der Frage selbst) hier in Fortsetzungen vor:

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Ich meine, die Frage ergibt keinen Sinn. Sind bibliophile Blogger Atheisten? (Ich kenne welche.) Sind veganische Blogger bibliophil? (Ich kenne welche.) Sind katholische Priester Blogger? (Es wird welche geben, ich kenne keine.) Nur katholische Priester, die bibliophil sind, möchte ich mir nicht vorstellen … sandhofer, der mit gemeinsam mit Herrn scheichsbeutel litteratur.ch betreut

Wie immer bei solchen Fragen lässt sich das nicht generalisieren. Es sind schließlich sehr viele bibliophile Blogger ganz vorne mit dabei, wenn es um Diskussionen zum E-Book geht, um die Veränderung der Verlagslandschaft, Self-Publishing (und die Vorzüge davon) und so weiter. Das scheint mir wenig nostalgisch, eher realistisch-pragmatisch und vorwärts gewandt. Und schließlich sind es Blogger – als richtige Nostalgiker würden sie wohl Leserbriefe schreiben oder sich allein in einer Literatur-Diskussions-Runde jeden Montag bei Kerzenschein treffen, um über Bücher zu reden.

Was mich persönlich betrifft: ich bin in Bezug auf bestimmte Bücher schon etwas nostalgisch. Das ist so wie die frühen Erinnerungen an den Geschmack von bestimmten Süßigkeiten – so gab es auch gewisse Bücher, Bilderbücher o.ä., die eine unwiederbringliche zauberhafte Stimmung mit sich brachten. Zum Teil bin ich immer noch auf der Suche nach diesen Büchern – und zugleich will man sie ja gar nicht wiederfinden, weil es zweifellos eine Enttäuschung sein würde, die Bilder wieder zu sehen, die Story zu lesen und festzustellen – oh nein, das ist oberflächlicher Mist.

Die Liebe zum Medium Buch grundsätzlich nostalgisch einzuordnen, halte ich für Quatsch. Klar wird sich viel im Umgang mit Büchern, in der Herstellung etc. verändern – aber die Liebe gilt ja (zumindest bei mir) mehr den Geschichten, dem Prozess des Eintauchens in eine andere Welt – und klar gehört bislang für mich auch ein Buch mit papiernen Seiten dazu. Tatsächlich liebe ich aber mehr den Inhalt als das Außenrum, bin weniger an speziellem Einband und Sonderausgaben in Leder interessiert – und Geschichten und Gedanken, die bleiben, auch wenn die Form sich ändert. Friederike Kenneweg von frintze

Leider glaube ich inzwischen schon, dass bibliophile „Blogger“ Nostalgiker sind, sonst wären sie wohl auch mehr anerkannt und selbst großes Engagement wäre nicht immer nur ein Ehrenamt … Aber Nostalgie ist ja sehr beliebt und auch immer wieder im Kommen 🙂 Bianca Bianka Boyke von jungesbuch

NEIN! 😉 Christian Köllerer von Dr. Christian Köllerers Notizen

Wenn Blogger sich mit den Werken von Schriftstellern beschäftigen, können sie diese auf Papier oder als E-Book lesen. Bei den Postings macht das keinen Unterschied. Ob analoge Bücher bereits nostalgisch sind? Das ist Ansichtssache. Ich glaube es nicht, auch wenn es praktisch ist, auf Reisen nur einen Reader statt fünf Bücher mitnehmen zu müssen. (Übrigens habe ich die Zeitung als iPad-App abonniert, nicht zuletzt, weil damit eine Menge Papier gespart wird.) Die Blogger, die Bücher vorstellen, beschreiben gewöhnlich nicht Papierqualität, Einband, Vorsatz, Lesebändchen, sondern Inhalt und Form eines Romans. Ob sie schön gebundene Bücher lieben, spielt dabei kaum eine Rolle. Also ist auch die Frage nach der Nostalgie in diesem Zusammenhang irrelevant.

Oder ist hier mit Bibliophilie die Liebe zur Literatur gemeint? Eine Lehrerin erzählte mir, dass die Jungs in ihrer Realschule darauf achten, beim Betreten oder Verlassen der Schulbibliothek nicht gesehen zu werden, weil sie Lesen für uncool hielten. Sind die Schüler, die dennoch Bücher ausleihen, Nostalgiker? Vielleicht hat die Literatur in einer von Fernsehen (auch schon totgesagt), elektronischen Medien und Computerspielen geprägten Zeit nicht mehr das Ansehen wie vor 200 Jahren, aber ich bin überzeugt, dass es auch weiterhin Romane und Erzählungen geben wird. (Ob die dann auf Papier oder auf einem Bildschirm gelesen werden, ist unwichtig.) Es tauchen ja auch immer wieder Schriftstellerinnen und Schriftsteller auf, denen inhaltlich und/oder formal etwas Neues einfällt. Die Möglichkeiten der Literatur sind offenbar noch nicht ausgeschöpft. Elektronische Medien eröffnen sogar noch weitere, zum Beispiel können verschiedene Wendungen einer Romanhandlung angeboten werden. In meinen Augen sind Blogger, die sich mit Literatur beschäftigen, keine Nostalgiker, sondern Vermittler einer faszinierenden Kulturwelt. Dieter Wunderlich von Dieter Wunderlich: Buchtipps und Filmtipps

Interessante Frage. Heißt das, dass alle Bücherleser Nostalgiker sind? Oder sind bibliophile Blogger nicht genau das Gegenteil? Nämlich Avantgarde, die über das altertümliche Lesen im modernsten Kommunikationsmedium unterwegs sind? Brigitte Glaser, eine von den vier Autorinnen, die gemeinsam Die Seitenspinnerinnen betreuen

Als ‚bibliophiler Blogger‘ kann ich die Frage natürlich nur aus meiner ureigenen Perspektive beantworten, die sich mit Sicherheit nicht verallgemeinern lässt. Bin ich ein Nostalgiker?

Nein. Ich fühle kein „Heimweh“ nach einer „besseren Vergangenheit“. Ich fühle mich durchaus wohl in der Gegenwart, in der ich mit beiden Beinen fest verwurzelt stehe, und traure nicht vergangenen Zeiten nach.

Natürlich beschäftige ich mich aus Interesse heraus mit der Vergangenheit, und das bestimmt auch aus dem Grund, um meine so geliebte Literatur besser verstehen zu können.

Daher weiß ich natürlich, dass die Aussage „früher war alles viel besser“ stets mit Vorsicht zu genießen ist. Die Vergangenheit wird viel zu oft verklärt, insbesondere von denen, die sich nur an deren positive Seiten erinnern möchten – was ja durchaus in der Natur des Menschen liegt. Die Vergangenheit, die sich die „Nostalgiker“ wünschen, ist aber eher eine Art kuscheliges „Wohlfühl-Disneyland“ und hat nicht mit der Realität zu tun, sondern vielmehr mit einer Art Weltflucht, da man sich von der Moderne gehetzt, getrieben, verschreckt oder gar entmündigt sieht.

Die Liebe zu den Büchern entspringt keiner Nostalgie, sondern ist vielmehr einer ausgeprägten Neugier und der Befriedigung eines Bedürfnisses nach intellektueller Anregung und Unterhaltung geschuldet. Dass diese aber bei manchem zu einer „Weltflucht“ gerät, die auch in einer Nostalgie ausarten kann, ist durchaus möglich. Harald Sack mit Biblionomicon

Die Frage ist schwer, denn – Was kann eine sagen über „bibliophile Blogger“ im Allgemeinen. Ich zumindest traue mich nicht für oder über alle anderen Aussagen zu treffen. Deine Serie zeigt doch wunderbar, dass es den Typus des „bibliophilen Bloggers“ gar nicht gibt (zum Glück).

Für mich kann ich sagen: Ich bin nicht nostalgisch. Aber neige zur Sentimentalität. Zum Unterschied zwischen beiden habe ich mal was geschrieben.

Aber das ist natürlich nur meine Sicht auf diese beiden Worte und ihre Bedeutungsfelder. Ich neige nicht zum Fetischismus, d.h. mir bedeuten „Dinge“, die man anfassen kann, selten viel. Daher hänge ich auch nicht am gedruckten Buch. Aber ich lese gern und meistens ältere Literatur (18., 19., 20. Jahrhundert) und eher seltener Gegenwartsliteratur. Ist das ein Widerspruch? Ich weiß nicht. Aus meiner Perspektive verwirklichen sich durch das Internet (durchaus auch in Form eines Albtraums) Ideen und Utopien der Aufklärung (die „Republik der Gelehrten“, die „totale“ Kommunikation) und der modernen Avantgarden (die Abkehr vom Werkcharakter, serielle Produktionen, die „Löschung“ und „Überschreibung“). Ich schaue zurück in der Hoffnung, nach vorne springen zu können, über die Enttäuschungen hinweg, die Rückschritte und Ausfälle. Ohne Rückkehr aber zu einem Glauben an einen Sinn der Geschichte, noch allerdings auch an das Ende der Geschichte.

Manche Bibliophilen sind sicher nostalgisch. Sie selbst allerdings, glaube ich, begreifen sich eher als Melancholiker.

Ich teile weder die eine noch die andere Haltung.

Bibliophil bedeutet für mich heutzutage nicht mehr: die Liebe zum Buch, sondern: die Liebe zum geschriebenen Wort. Für das sehe ich eine große und vielfältige Zukunft. Für das gedruckte Buch jedoch nur eine Nischenexistenz. Jutta S. Piveckova aka Melusine Barby mit Gleisbauarbeiten

Klar doch sind wir bibliophilen Blogger Nostalgiker, und wir sind stolz darauf! Keine Kultur ohne Nostalgie. Immerhin steckt im Wort Nostalgie die Bedeutung von Rückkehr und Heimkehr. Für mich besitzt dieser Begriff gar keine pejorative Bedeutung sondern eher ein Lob. Aber du weißt ja, die Briten sind wohltuend traditionsbewusst. Klausbernd Vollmar mit kbvollmarblog

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Weitere Überlegungen, ob bibliophile Blogger Nostalgiker sind, könnt Ihr hier nach Pfingsten lesen. – Das Nachdenken über die Frage zog Kreise: So reflektieren KAINe Kolumne darüber, den Krimi-Depeschen war die Frage eine Extra-Nostalgie-Ausgabe wert und Stefan Mesch gab SteglitzMind die Ehre mit einem Essay dazu

Steglitz stellt Bianka Boyke mit „jungesbuch“ vor

Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.

Von Anne-Kathrin und Jessica, die lesErLeben verantworten, kam der Vorschlag, dass wir mehr über Bianka Boyke erfahren sollten, die jungesbuch pflegt.

Dein Steckbrief in Stichworten …

Bianka Boyke (30), selbständige Journalistin und Kinderbuchliebhaberin seit … immer. Studierte Kulturjournalismus, Rechtswissenschaften und Sozialethik in Bern und Marburg. Volontariat beim Medienhaus Lensing. Selbständig seit 2010, u.a. als Gerichtsberichterstatterin, Reporterin für sozialkritische Straßenmagazine und Rezensentin für das Fachmagazin Eselsohr. Kopf ist immer voll mit neuen Projekt-Ideen, die meist nachts zu Papier gebracht und weitergedacht werden, wenn meine beiden Töchter schlafen …

Seit wann, warum und wo bloggst du?

Mit jungesbuch.de bin ich 2010 online gegangen, um dort vor allem Kinderbücher zu rezensieren. Ich habe immer gehofft, daraus irgendwann ein Online-Magazin für alle Kinder- und Jugendbuchbegeisterten machen zu können und probiere noch immer fleißig herum. Recht neu habe ich zum Beispiel eine Jugendredaktion ins Leben gerufen, die Novitäten aus den Bereichen Dystopie, Romantasy, Fantasy, … bespricht. Ein „Ehrenamt“ sollte es allerdings nie werden, weshalb ich meinen Arbeitsenthusiasmus nahezu täglich bremsen muss. Ich nutze WordPress, weil mir das vorgeschlagene Layout gefiel.

Deine Themenschwerpunkte …

der Kopf dahinter © René Boyke

der Kopf dahinter © René Boyke

… sind derzeit durch die noch recht neue Jugendredaktion vor allem Jugendromane. Ich selbst widme mich seit rund einem halben Jahr vor allem Illustratoren und präsentiere die dann mit Galerien und individuellen Portraits. Es liegt wohl am Alter meiner Töchter, dass ich mich derzeit vor allem sehr für Bilderbücher interessiere. Und die Steckbriefe vieler Autoren und Illustratoren fand‘ ich schon immer recht langweilig, versuche da durch individuelle Fragen auch die Persönlichkeit der einzelnen Illustratoren – bzw. sind es bisher hauptsächlich Illustratorinnen – einzufangen und den Lesern Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Wenn ich genügend Zeit habe, gelingt mir das ganz gut. Zudem gibt es immer ein Thema des Monats, weil ich mir zu verschiedenen Themen gerne einen Überblick verschaffe. Das kann ernst sein, wie etwa Depressionen im Bilder- und Kinderbuch, ein Messebericht oder auch einfach nur ein Blick auf die Novitäten unter einem Oberthema, etwa: Tierische Weihnachten, Detektive im Kinderbuch oder Serienheldinnen, die ich vergleiche. Solche Sammler veröffentliche ich dann immer auch im Eselsohr. Aktuell habe ich mich mit Magersucht und Bulimie im Jugendbuch bzw. in Büchern, die für Jugendliche geeignet sind, beschäftigt. Dazu gibt es in diesem Monat ein Interview auf jungesbuch.de.

Was treibt dich in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Das wenige bzw. ungerecht „verteilte“ Geld auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt. Wie schon gesagt, wollte ich aus jungesbuch.de mal ein Magazin machen und zusätzlich versuchen, mich in verschiedenen Projekten für Leseförderung starkzumachen. Zahlen schwirren mir ständig durch den Kopf. 500 bis 1000 Euro für den Illustrator eines ganzen Bilderbuchs, mehr als 95 Prozent der Branche sind kinderlos, vor allem unter den Lektorinnen und den Illustratorinnen, deren Arbeitspensum sich nur Selbständige vorstellen können. 2000 Euro „Gewinn“ am Jahresende für einen 40-Wochenstunden-Job, den Frau als eine Art „Hobby“ betreibt, weil der Ehemann ja Geld nach Hause bringt … Und immer wieder der Satz von verschiedenen Köpfen: „Kinderbücher machen hat nichts mit Kindern haben zu tun.“ Warum eigentlich nicht?! Vielleicht, weil es finanziell nicht möglich ist?

Wie machst du dein Blog und deine Beiträge bekannt?

Erst recht neu auf Facebook und – für eine vergleichsweise kleine Zielgruppe – in meiner Kinderbuchkolumne in der Tageszeitung Ruhr Nachrichten. Zu meinem Buchtipps gibt es immer auch den Hinweis auf meine Seite.

Was sollte ein Blogger besser sein lassen?

Zu viel Privates preiszugeben. Ein Mal im Netz, immer im Netz. Vor allem Fotos der Kinder, die jetzt oder später jeder dank digitaler Gesichtserkennung suchen kann, gehören nicht der ganzen Welt präsentiert.

Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?

Vor allem die rechtlichen Hürden sind hoch und für (junge) Blogger undurchsichtig und auch riskant – wenn etwa Produkte abgebildet oder Zitate übernommen werden, …

Dein schönstes Erlebnis als Blogger …

Da gibt es zwei ganz Aktuelle: Als ich vor wenigen Monaten auf der Suche nach einer Jugendredaktion war, um auf jungesbuch.de mehr Jugendbücher besprechen zu lassen, habe ich 5 Bloggerinnen angeschrieben und alle 5 haben sich sofort zurückgemeldet, weil Ihnen jungesbuch.de gefiel. Und dann freut es mich, dass die Illustratoren für „Meine Galerie“ auf jungesbuch.de mir immerhin pdfs ihrer Werke zukommen lassen und damit Vertrauen schenken und meine Arbeit anerkennen.

Wie gehst du damit um, wenn dir Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?

Ich habe bereits als Studentin als Rezensentin gearbeitet, damals – passend zum Studium – ging es um neuere deutsche Literatur, etwa für das Internetmagazin literaturkritik.de. Später rezensierte ich für Tageszeitungen und inzwischen auch schon seit mehreren Jahren für das Fachmagazin Eselsohr. Darum ist es für mich nichts besonders – auch wenn das jetzt blöd klingt – jedes Jahr hunderte von Büchern geschickt zu bekommen. Zugegeben: ganz am Anfang hat mich das schon beeinflusst, jedes Paket war wie ein kleines Weihnachtsfest. Inzwischen trudelt aber täglich mindestens ein Buch ein und selbst meine 2-Jährige sagt: „Mama, Bucha“, wenn der Postbote klingelt. Verrisse schreibe ich selten, Bücher, die mir nicht gefallen, werden von mir schlichtweg nicht besprochen. Kritik gibt es hingegen oft, nichts ist perfekt, aber auch das kann ein gutes Buch ausmachen. Natürlich treffe ich nach der Durchsicht der Vorschauen selbst eine Vorauswahl. Was ich dann bestelle, oder zu welchen Themen ich Sammler schreibe, entscheide ich immer selbst.

Und wie würdest du damit umgehen, wenn dir Self-Publisher ihre Titel zur Rezension anbieten?

Aufmachung anschauen, Inhaltsangabe und Leseprobe lesen, und mich dann für eine Zu- oder Absage entscheiden. Im Grunde wie bei jeder Mail aus dem Verteiler eines großen Verlages. Ein Buchtipps eines Selfpublishers oder eines ganz kleinen Verlages wäre an dieser Stelle doch ganz nett 😉

Wie hältst du es mit dem E-Book?

Vielleicht werde ich mein erstes E-Book lesen, wenn ich mehr reise. Wenn ich meinen Kindern oder auch im Kindergarten vorlese, wollen die Kids anfassen, am Buch zerren, umblättern und dabei auch mal klebrige Obst- oder Kekshände haben können.

Welche anderen Blogs empfiehlst du (max. 5). Und welcher bibliophile Blogger sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Da empfehle ich – natürlich – die Blogs meiner Mädels, „meiner“ Jugendredaktion. Weil es allerdings sechs sind, MUSS ich alle nennen. Den Stab nur an eine weiterzugeben, ist ohnehin schwer genug. Das wären also: Lea (13) mit Meine Bücherwelt, Noelle (16) mit maybeweforgot, Elisa (16) mit mybookbubble, Filo (16) mit Filos Bücheruniversum, Evelyn (19) mit Dreaming till Midnight und Jessica (19) mit Jessis Bücherkiste.

Falls einer minderjährigen Gesprächsteilnehmerin nichts entgegensteht, entscheide ich mich für Filo, weil sie mir schlichtweg bei meiner Suche nach Rezensentinnen für die Jugendredaktion von jungesbuch.de zuerst aufgefallen ist – wegen ihr hübschen Seite und ihrer Rezensionen. – Zweite Wunschkandidatin ist Evelyn, die ihren Blog gemeinsam mit ihrer Schwester betreibt. Evelyn rezensiert alles, was ihr in die Finger kommt, ihre Schwester zeichnet bekannte Autoren.

Danke sehr Bianka. Und da du bereits über das zulässige Maß hinausgegangen bist, indem du 6 statt 5 Empfehlungen nennst, wollen wir auch bei den Interviewpartnerinnen ein Auge zudrücken und beide zum Gespräch bitten. Ausnahmen im Sinne der Blogger-Nachwuchsförderung sozusagen… Und womöglich zeichnet Evelyns‘ Schwester Miriam gelegentlich etwas für SteglitzMind 😉

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Zuletzt stellte sich Peter Hetzler mit seiner Comickunst vor. Seine Wunsch-Interviewpartnerin war Myriel mit ihrer Bücherzeit. – Eine Übersicht, wer bereits alles Rede und Antwort stand und welche Blogs in den jeweiligen Gesprächen empfohlen wurden, findet sich hier