Stefan Mesch dreht eine Extrarunde: Sind bibliophile Blogger Nostalgiker?

Stefan Mesch war mir ein unbeschriebenes Blatt. Bis zu jenem Tag im November 2012 jedenfalls, an dem er in einem Gespräch mit Johannes Schneider vom Berliner Tagesspiegel einen Stein ins Rollen brachte, der die ‚bibliophile‘ Szene im Netz vor den Kopf stieß.

Abermals auffällig wurde mir der bloggende Autor/Kritiker vor einigen Tagen, und zwar als auf SteglitzMind verlinkender Rekordhalter. Hier beziehe ich mich auf diesen Artikel in Stefans Blog.

Dass ich ihn nun eingeladen habe, sich ebenfalls zur Frage zu äußern, ob bibliophile Blogger Nostalgiker sind, hat ebenfalls einen speziellen Hintergrund. Nämlich diesen: Gestern hatten zu der besagten Frage von LiteraturFutur hier einige Bloggerinnen und Blogger Stellung bezogen. Statements, die Stefan für wischi waschi hielt, wie er baldigst in einem sozialen Netzwerk kundtat. – Jetzt, sagte ich mir, jetzt ist er dran! Und zu meiner Überraschung ließ er sich nicht lange bitten …

Nun freue mich, dass er prompt angebissen hat, und bin auf unsere persönliche Begegnung bei LiteraturFutur – neue Formen der Literaturvermittlung – in Hildesheim am 24./25. Mai doch sehr gespannt …

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Für Streber wie mich waren Bücher „wertvoll“, „richtig“, „gut“ – mein Leben lang:

Kindergärtnerinnen, Lehrer freuten sich, wie viel ich las.

Verkäufer, Schreibwarenhändler ließen mich für Stunden blättern, stöbern.

© Stefan Mesch

© Stefan Mesch

Meine Großeltern bezahlten Comics, Magazine.

Meine Mutter entschuldigte / erlaubte / ermöglichte jeden Tag, den ich mich hinter Büchern und Geschichten vergrub.

Sogar mein Vater hatte einen gewissen… Respekt: Er las in 50 Jahren keinen einzigen Roman. „Für sowas habe ich keine Zeit.“ Doch dass ich MEINE Zeit, so lange ich denken kann, mit Büchern „verschwende“, machte er mir nie zum Vorwurf.

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„Sind bibliophile Blogger Nostalgiker?“, fragt das Team der Hildesheimer Literatur- / Medien-Konferenz lit.futur Gesine von Prittwitz. Gestern leitete Gesine die Frage weiter, an eine größere Runde Blogger. Doch viele Statements erschienen mir mau, nichtssagend, unfertig:

Wären die Antworten weniger defensiv ausgefallen, wenn…

…stattdessen jeder Blogger persönlich gefragt worden wäre: „Bist DU Nostalgiker?“

…die Frage gedreht, gewendet worden wäre: „Bloggst du darüber, wie sich Lesen und Literatur verändern? Kuckst du nach vorne? Mit welchem Gefühl?“

Ich bin 30 Jahre alt. Ich las knapp 1.200 Romane, 700 Comics.

Ich schreibe über Bücher für ZEIT Online und den Tagesspiegel, bin auf Seite 300 meines ersten eigenen Romans, „Zimmer voller Freunde„, und durfte mir mein ganzes Leben lang sicher sein, dass jemand anerkennend nickt, sobald ich sage: „Gestern habe ich fünf, sechs Stunden lang gelesen.“

Lesen, sagte meine Welt fast 30 Jahre lang, ist wertvoll. Geschichten sind wichtig. Kultur stiftet Sinn. Literatur ist gut. Bücher sind ein Weg, die Welt zu verstehen. Lektüre „installiert neue Software in unserem Gehirn“:

Wenn ich viel Zeit damit verbringe, zu lesen, werde ich zu einer klugen, weisen, reifen, gebildeten, entfalteten, tugendhaften Person: Bücher bringen uns weiter. Bücher tun uns gut.

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Doch aller Kitsch, alle Streber-Arroganz beiseite: Bücher brauchen absurd viel Zeit – und Menschen, die ihr Leben so einrichten (können), dass sie Romane lesen können statt kurzer Artikel, Sachbücher (oder einfach nur pragmatisch, kurz die Radio- und TV-Nachrichten verfolgen), haben – keine Frage! – eigene Prioritäten. Ein besonderes… Gemüt.

Wenn ich schnelle FAKTEN will, sauberen Überblick, spröde ‚Wahrheit‘ oder Nutzen, Service, sind Dutzende anderer Medien / Formate schneller, dichter und effizienter.

John Updike, glaube ich, nannte Romane mal „Empathy Machines“: Sie saugen uns ein. Und muten uns zu, auch mal 400 Seiten Gedanken oder Figuren zu folgen, die nicht sofort Funken sprühen, Spaß machen, knallen und gefallen. Als Leser / Buchliebhaber braucht man eine Grund-Geduld, Toleranz und Offenheit.

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Ich glaube, das selbe Gemüt, die selben Tugenden (Grund-Geduld, Toleranz und Offenheit) helfen auch beim Bloggen: Wozu die eigenen Texte, Standpunkte völlig FREMDEN Menschen antragen? Wozu sich diskutieren lassen? Kritik aussetzen?

Für mich sind das das „nostalgische“ Werte:

Offenheit, sich auf Texte, Menschen, Standpunkte einlassen. Nicht-zielgerichtetes Denken. So weit verstehe ich die Frage: Sind bibliophile Blogger Nostalgiker? Sehr viele, bestimmt.

Denn Leser lesen „nostalgisch“. Und Literatur-Blogger bloggen „nostalgisch“.

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Die meisten „Nostalgiker“ aber, die ich kenne, sind anders: Sie wünschen sich Struktur, Netze, Sicherheit. Einen gleichförmigen Rhythmus. Und das bieten andere Formate VIEL stärker als Literatur (und Blogs):

Bei „Nostalgikern“ denke ich an starre Genre-Formate und Immer-das-selbe-Muster-Zeug wie „Monk“. An Sitcoms. An simple, feste Spiele. An Gartenbau. An Puzzles. An einen starken, verlässlichen, ordentlichen Rahmen, der vor Veränderungen und Zumutungen schützt.

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„Nostalgiker“ ist ein Reizwort. Und die Debatte ist für mich so wichtig / spannend, weil viele Blogger – in meinem Alter oder älter – in einer Welt aufwuchsen, die Bücher ähnlich lobte, feierte, fetischierte wie meine Lehrer und Eltern:

Bücher bringen Aufstieg, bessere Chancen. Bücher bringen Klassenmobilität.

Bücher bringen uns voran.

Ich bin nicht der einzige Roman-Streber, der über sein Bücherregal, seine Lese-Listen, seine Goodreads-Seite und seinen Terminkalender blickt und denkt: „Sehr gut. Ich habe Stunden mit etwas Sinn- und Wertvollem, Wichtigen verbracht.“

Ich bin nur nicht mehr sicher, ob das stimmt.

Ich bin nicht sicher, ob ich als Leser noch lange „punkten“ kann.

Romane fressen Zeit. Bücher fressen Platz. Leser sind Eigenbrötler, Träumer und Egoisten. Blogger sind selbstverliebt, in ihre Stimme und ihre beschränkte, eigene Perspektive.

Meine jüngeren, pragmatischeren, aggressiveren Freunde schauen auf mein Bücherregal und sehen: ein Grab für Zeit, Geld, Produktivität. Ich hätte die Welt bereisen können. Häuser bauen. Oder Geld verdienen, um mir den Bau von Häusern zu finanzieren.

Was habe ich in der Hand? Ein paar Lese-Erfahrungen. Erinnerungen an Bücher, vor 15 Jahren gelesen, deren Details schon längst wieder zerfallen.

Romane sind ein subjektives, sperriges, störrisches Medium. Eine umständliche Weise, meist „nutzlose“, schwammige Gefühle und Stimmungen zu vermitteln. Wer einen Partner sucht, um eine Familie zu gründen, freut sich über (Hobby-)Gärtner, Bastler, Köche.

Aber Leser… sind Schluffis. Waschlappen. Opfer. Trödler. Spinner. Egoisten.

Nostalgiker – die vielleicht gerade erst verstehen, dass etwas, für das Oma, Papa und der Kindergärtner großen Respekt, Bewunderung aufbrachten…

…immer weniger Achtung, Platz, Respekt findet. Heute.

Ich bin nicht sicher, ob – heute – Kinder gelobt werden, wenn sie sich 100, 200 Seiten lang in einem Buch versenken. Vielleicht verdienen sie mehr Lob, wenn sie abbrechen. Klug suchen. Effizient entscheiden. Sich zielgerichtet informieren.

Geschickt googeln:

Das mit den „Empathie-Maschinen“, merke ich gerade, hat John Updike nie gesagt. Es war Roger Ebert, der Filmkritiker (danke, Suchmaschine!). Und er sprach nicht über Romane. Sondern übers Kino. Ein Massenmedium, das heute noch Massen begeistert.

Bücher, Leser, bibliophile Blogger dagegen sind am Rand.

Beklatschen, loben, bewundern… tun wir uns nur noch selbst.

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BTW: Womöglich war Stefan mit seinem Urteil etwas voreilig? Wie angekündigt, erscheinen in den kommenden Tagen hier weitere Statements von Bloggerinnen und Bloggern zur Frage „Sind bibliophile Blogger Nostalgiker?“

21 Kommentare zu “Stefan Mesch dreht eine Extrarunde: Sind bibliophile Blogger Nostalgiker?

  1. Pingback: Literaturkritik im Netz: Kritik vs. Testberichte | stefanmesch

  2. Keine Ahnung worauf der Text hinaus will, aber vielleicht sind diejenigen, die sich als bibliophil bezeichnen tatsächlich nostalgisch, weil sie einer kitschig-verzerrten Perspektive ihres Tuns, die erst in einer Rückschau entsteht, erliegen.

    • Keine Ahnung worauf der Text hinaus will

      Das ist auch manchmal besser so.

      aber vielleicht sind diejenigen, die sich als bibliophil bezeichnen tatsächlich nostalgisch, weil sie einer kitschig-verzerrten Perspektive ihres Tuns, die erst in einer Rückschau entsteht, erliegen.

      Wenn ich dich richtig verstanden, kann ich dir zustimmen. Zumindest, was mich und meine Gedankengänge angeht.

      Ich lese kaum noch, weil ich lieber Sport mache. Trotzdem sind meine Wünsche nostalgisch geblieben. Aber hat das wirklich etwas mit Büchern zu tun? Oder werden solche Menschen einfach nur von Büchern angezogen?

    • Ich verstehe ebenso wenig den Sinn der Fragestellung und worauf diese abziehlt. Zunächst müsste definiert werden, was denn „nostalgisch“ heißen soll und was genau „bibliophil“ und wer bezeichnet sich überhaupt freiwillig so? Was soll damit erreicht werden? Und weiter müssten wir darüber reden, wie diese Bezeichnungen dann gewertet werden – positiv, negativ? Aber führt das irgendwohin? Ich halte es immer für sehr schwierig und typisch deutsch etwas in Kategorien zu pressen und be-zeichnen zu wollen – DER Blogger, DIE Blogszene, DER BIBLIOPHILE BLOGGER – wozu brauchen wir solche Kategorien? Um darunter viele vereinzelte aus den unterschiedlichsten Gründen bloggende und über die vielfältigsten unterschiedlichsten Arten von Literatur und Kunst und Weiteres öffentlich zu schreibende Menschen zu subsummieren?

      Ich finde interessant, zu erfahren aus welchen Gründen Menschen sich mit bestimmter Literatur beschäftigen, wie sie diese auswählen, bewerten und empfinden, aber jeder soll doch für sich entscheiden, was er wann wie liest und vor allem wieviel. Was interessiert es mich, wieviel Geld man in Bücher investiert und ob man Druckausgaben lieber mal als E-Books? Es geht um Inhalt, es geht um gute Geschichten. Warum muss ich meine Persönlichkeit darüber definieren? Einzig interessant ist dabei, wie ich diese oder jene Literatur empfunden habe, was ich darüber denke. Das kann ein anderer gut oder schlecht finden, er kann anderer Meinung sein und das ist sogar toll und spannend – denn es geht beim Veröffentlichen im Internet für mich persönlich nicht um Profilierung und Anerkennung, sondern darum sich auszutauschen, zu diskutieren, neue Sichtweisen kennenzulernen und die eigene zu erweitern, zu relativieren. Natürlich sieht das auch jeder anders und für manch einen ist das Profilieren wichtiger … ob ich nostalgisch bin oder nicht, was sagt das über meinen Blog aus? Ist das irgendwie wichtig?

  3. Schoen, ein Blogartikel, der mich zum denken anregt 🙂 Danke dafuer.

    Ich lebe seit 7 Jahren in Grossbritannien und lese und schreibe eher in der englischsprachigen Blogosphaere. Meine Erfahrung hier ist, dass bibliophile Blogger hip sind, da sie einem Ideen geben, welche Buecher man lese kann. Natuerlich wird auch hier das Ende des Mediums Buch beweint aber es werden auch die Vorteile der neuen Medien gesehen und in Teilen sich angepasst, indem zum Beispiel E-Buecher eine immer groessere Rolle spielen.

    Ich arbeite hier in einem Supermarkt und wenn ich mittags in der Kantine sitze sehe ich zumindest ein viertel meiner KollegenInnen in einem Buch vertieft und zumeist sind es Romane. Als die konservative Regierung hier versuchte Buechereien zu schliessen, um Geld zu sparen, haben viele protestiert und sind auch aktiv geworden. Buechereien wurden und werden oft privat und mit Ehrenamtlichen weitergefuehrt. Und in diesen gibt es doch tatsaechlich noch „richtige“ Buecher ;-).

    Ich habe mich beim Lesen dieses Artikels gefragt, ob die Frage nicht eine typisch deutsche ist: Man muss alles in eine Kategorie packen und allem eine eher negative Aura geben. Aber vielleicht bin das nur ich. Ich denke, ich werde sie auf meinem zwei-sprachigen Blog weiterfuehren und sehen, welche Reaktionen kommen werden.

    Ich lese Buecher und schreibe darueber ~ sehe ich mich als „nostalgisch“ an? Ja und Nein: Ich bevorzuge, ein Buch aus Papier in meinen Haenden zu halten. Ich bevorzuge es, Romane zu lesen, da lesen meine Ueberlebensstrathegie in einer schweren Kindheit war, da lesen meine Kreativitaet foerdert und da mir lesen einfach Spass macht. Ich koennte nicht ohne Buecher leben. Das ist vermutlich meine nostalgische Seite.
    Aber ich besitze auch einen Kindle aus dem einfachen Grunde, dass ich einige Autoren, die mich interessieren, nicht lesen koennte, denn sie haben nur E-Buecher veroeffentlicht. Ich nehme rege an sozialen Netzwerken teil, weil sie mich mit gleichgesinnten Menschen aus aller Welt verbinden und manchmal bevorzuge ich kurze Texte oder Artikel zu lesen, um Zeit zu sparen. Das ist dann wohl die andere Seite.

    Als ich ein Teenager war in den 80igern hat man uns immer erzaehlt, dass die Jugendlichen nicht mehr lesen. Komisch nur, dass es immer noch Buecher gibt und meine Generation immer noch liest…… vermutlich sind wir halt nur nostalgisch 😉

    • Lieber Ludger,
      das freut mich arg sehr. Und ich möchte allen anraten, die Stefans Gedanken hier nachvollzogen (sic!) haben, sich danach auf den Weg zu deinen Überlegungen zu machen, um auch darüber nachzudenken.
      Danke vielmals, ja, ich freue mich gar arg sehr …

  4. Das ist gerade mal ein (in Zahlen: 1) Roman pro Woche, wenn wir von 24 Jahren Lesezeit ausgehen. Schwach, Stefan, sehr schwach. (Du solltest auf Gedichte umsteigen, dann schaffst du, ohne mit der Wimper zu zucken, sicher drei oder vier Bücher die Woche).

  5. Statements, die Stefan für wischi waschi hielt, wie er baldigst in einem sozialen Netzwerk kundtat.

    Freut mich, die einzige akzeptierte Wahrheit lesen zu dürfen.

    Meine jüngeren, pragmatischeren, aggressiveren Freunde schauen auf mein Bücherregal und sehen: ein Grab für Zeit, Geld, Produktivität. Ich hätte die Welt bereisen können. Häuser bauen. Oder Geld verdienen, um mir den Bau von Häusern zu finanzieren.
    Was habe ich in der Hand? Ein paar Lese-Erfahrungen. Erinnerungen an Bücher, vor 15 Jahren gelesen, deren Details schon längst wieder zerfallen.

    Genau das denke ich inzwischen auch, wenn ich Bücherwände sehe – was hätte man mit dem Geld alles Sinnvolles machen können. Ich sehe Bücher inzwischen als eine ziemlich effektive Möglichkeit an, Geld zu verschwenden. Es gibt Leute, die geben 200 Euro (und mehr) für Bücher im Monat aus – aufs Jahr gerechnet soviel wie ein angeblich exklusives Hobby wie Polo kostet. Nur, dass man beim Polo noch an der frischen Luft ist.

    Wenn ich viel Zeit damit verbringe, zu lesen, werde ich zu einer klugen, weisen, reifen, gebildeten, entfalteten, tugendhaften Person: Bücher bringen uns weiter. Bücher tun uns gut.

    Als Leser / Buchliebhaber braucht man eine Grund-Geduld, Toleranz und Offenheit.

    Offenheit, sich auf Texte, Menschen, Standpunkte einlassen.

    Soviel Selbstverliebtheit auf einem Fleck. Wenn es danach geht, müssten Bücherblogger weitestgehend dementsprechende Menschen sein. Meine Erfahrung besagt Gegenteiliges.


    Ich glaube, das selbe Gemüt, die selben Tugenden (Grund-Geduld, Toleranz und Offenheit) helfen auch beim Bloggen: Wozu die eigenen Texte, Standpunkte völlig FREMDEN Menschen antragen? Wozu sich diskutieren lassen? Kritik aussetzen?

    Der Durchschnittsblogger lässt doch keine Kritik an sich heran und schon gar keine fremden Meinungen, sondern drückt lieber den Löschknopf. Sich und seine Standpunkte diskutieren lassen, käme keinem in den Sinn. Frei nach dem Motto: “Meine Meinung steht fest. Bitte verwirren Sie mich nicht mit Tatsachen.”


    Ich bin nicht der einzige Roman-Streber, der über sein Bücherregal, seine Lese-Listen, seine Goodreads-Seite und seinen Terminkalender blickt und denkt: “Sehr gut. Ich habe Stunden mit etwas Sinn- und Wertvollem, Wichtigen verbracht.”

    Und jemand, der sich per Sport in Form hält tut das nicht? Oder jemand, der (komplexe) Computerspiele spielt, die mehr fordern, als es ein Buch je könnte.

    Das ist sicherlich sehr unhöflich, aber Text ist selbstverliebter Bullshit.

  6. „Blogger sind selbstverliebt“ – hehe! Mal wieder ein kluger, anregender Artikel, danke dafür an beide Beteiligten. Zurück zum Thema: Die Diskussion ist wohl (leider) notwendig. Das liegt aber nicht an den Bloggern, und auch nicht an den Büchern. Vielmehr liegt es an einem Wandel, der sich in der Gesellschaft vollzieht. Und zwar schon lange, nicht erst seit Aufkommen der Computer. Man mag es mögen oder nicht, abstreiten oder nicht: Die Art, wie wir Infomationen aufnehmen, speichern und verarbeiten, ändert sich. Jeder reagiert darauf auf seine Weise. Ich bin gespannt, wie die bibliophilen Blogger reagieren. Gruß von Snoopy

  7. „Ich bin 30 Jahre alt. Ich las knapp 1.200 Romane, 700 Comics.“
    ( Stefan Mesch, der „Streber“)

    Das ist mit Sicherheit für dieses Alter nicht zeitgemäss.

    Jeder hat so seine Leidenschaften, so auch bibiophile Blogger, Journalisten …etc.,
    die natürlich nicht zu verallgemeinern sind, es sei denn,
    es bestünde ein Mangel an Wissen und Zeit, an Recherche und Tiefgründigkeit.
    Also nimmt man diese gestellte Frage etwas lustig oder legt sie,
    weil eh nicht zu beantworten, zur Seite.

    Jeder macht so seine Beobachtungen, hat seine Erfahrungen.
    Und von denen gibt es bei Steglitz Mind einiges zu lesen.

    Da finden sich Pragmatiker, Leseratten und Denkmäler.
    Die Frische nur in Ausnahmen vorhanden, könnte für Nostalgie sprechen.

    .

  8. Klar sind sie Nostalgiker, die bibliophilen Blogger – wenn es sich bei ihrem Lesen & Bloggen tatsächlich um eine Abkehr von der Welt handelt, die vielleicht als zu verwirrend und bedrängend wahrgenommen wird, um sich auf mehr als überschaubaren 698 möglichst fiktiven Seiten damit auseinanderzusetzen, wenn tatsächlich ein „krankmachendes Heimweh“ sie in ro-man(t)ische Buchwelten saugt, die ihnen geben, was ihre Umwelt ihnen vorenthält. Natürlich gibt es da – neben anderen – nostalgische Aspekte.

    Und was ist schlimm daran? Warum der Aufreger?
    Wer wirft dem WoW-Fighter seinen Ausstieg ins virtuelle Schlachtfeld vor? Dem Schalke-Fan das mantraähnliche Absingen von einfach strukturierten Liedern im Stadion? Dem Kleingärtner das saisonale Aufkämmen seiner Radieschenzucht? Das frisst auch Zeit. Und wie. Da bleibt nach fuffzehn Jahren auch nix. Macht alles keine besseren Menschen. Bestenfalls besseren Salat.

    Bücher bringen uns weiter. Bücher tun uns gut. Davon bin ich überzeugt. Ob auf eine zeitgemäße Weise, das kann man infrage stellen.
    Der Radieschenzüchter beugt sich immer wieder über seine kleinen Pflanzen. Ich beuge mich in historische Szenarien, bereise das Amazonasdelta, verliebe mich, ohne meinen Mann auch nur im Mindesten zu verärgern direkt neben ihm, begebe mich in Skizzen möglicher Welten. Ich vervielfache meinen Erfahrungsspielraum mit jedem Buch, wachse immer ein bisschen mehr über meine Möglichkeiten, meine Zeit, meine Gegenwart hinaus und zwar sowohl als Leser wie auch als bibliophiler Blogger, was mich von dem Radieschenzüchter durchaus unterscheidet.
    Bibliophiles Bloggen hat seinen Wert. Kommunikation über ein Werk bereichert ebenso wie dessen Lektüre, denn: Wer ist so vermessen zu glauben, er hätte z.B. einen Roman in der gesamten Breite und Tiefe erfasst..? Nostalgie ist o.k., solange niemand darüber den Bezug zur Realität verliert – aber auch das ist Privatsache!

    Mich stört an bibliophilen Bloggern nicht ein latenter Hang zur Nostalgie. Mich stört da etwas ganz anders. Auf die Gefahr hin, demnächst medial erschlagen zu werden und meine eigenen, immer wieder gern gestreuten orthografischen Ausrutscher [berechtigterweise] unter die Nase gerieben zu bekommen, bringe ich das jetzt einmal hier an:
    Ich wünschte mir, dass so mancher bibliophile Blogger, der sich zum Buchkritiker aufschwingt, nostalgisch genug wäre, bisweilen einen Duden zu benutzen! Mir gehen die Fußnägel hoch, wenn ich sehe, wie schwer sich mancher mit Rechtschreibung, Ausdruck und Interpunktion in einem Text tut, der gerade das Werk eines Autors verreißt… Wer geschriebene Worte kritisiert, ist meiner Ansicht im eigenen, öffentlichen Schreiben zu besonderer Sorgfalt verpflichtet.
    P.S.: Was für ein Glück, dass ich nur bibliophil durchs Netz streune, ohne zu rezensieren…

  9. Guten Tag,

    ich verstehe diese Argumentation vollkommen! Aber ich erlebe lesen und schreiben von Kindesbeinen anders. Ich bin Baujahr 1965 und seit Geburt vollblind. Natürlich habe ich in der Landesschule für Blinde lesen und schreiben gelernt. Das wurde ja allen beigebracht. Aber es war keineswegs gern oder „vorgesehen“, dass ausgerechnet eine Landpommeranze aus dem, was man heute bildungsfernes Milieu nennt, so gut und so schnell lesen und schreiben lernt, wie es bei mir durchaus der Fall war. Es gibt übrigens wenige blinde Leser, die eine „normale“ Lesegeschwindigkeit erreichen. Und als ich den ersten Preis im Lesewettbewerb bekommen habe, die Geschichte vom Ebenholzpferd, fiel der Applaus in der Aula im wahrsten Sinne des Wortes pflichtbewusst aus. Natürlich wurden seiner Zeit alle, die „ordentlich“ lesen konnten, gelobt, aber damit lobte sich die Schule vor allem selbst. Schließlich ist es die Aufgabe der Schule Kulturtechniken zu vermitteln. Natürlich bin ich bezogen auf das Lesen und das Schreiben eine unverbesserliche Nostalgikern. Denn diese Beschäftigungen haben mir über viel leere Zeit und schlaflose Nächte im Internat geholfen. Und es hat auch seinen notalgischen Wert, dass ich nicht nur eine gute „Lesemechanik“ entwickelt habe, sondern auch in Diskussionen über Bücher richtig „was reißen“ konnte und bezogen auf das Lesen und das Schreiben argumentativ auch als Erwachsene gut mithalten konnte und kann. Und meine Lese- und Schreiberfahrungen bevölkern ein vielgestaltiges nostalgisches Kabinett. Ja, ich bin nostalgisch. Aber ich bin es nicht nur. ich musste mir die Zeit für Lektüre und meine Prosaarbeit immer erarbeiten. Und ich tue das nach wie vor von Herzen gern, auch wenn die die Bedingungen für, unter denen ich mir diesen Freiraum erhalte, sich geändert haben und sich ändern. Und dabei geht es nicht nur, um weiteres Equipment und Personal, die in das Nostalgiekabinett aufgenommen werden sollen.

    Liebe Grüße

    Christiane

  10. Klar, daß Lesen Zeit braucht. Bloggen ebenso. Ich meine, daß es sich lohnt, sich diese Zeit zu nehmen. Ich für meinen Teil freue mich, daß ich das Lesen von Büchern an meine Kinder weitergeben konnte.

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