Kein Zutritt für Pudel!
Monat: Mai 2007
Der himmelblaue Himmel

„Sky Blue Sky“ kann man sich auf wilcoworld.net in voller Länge als Stream anhören.
Mit Spannung erwartet, kommt es unerwartet entspannt daher: „Sky Blue Sky“, das neue Album von Wilco.
Brüchig ist Jeff Tweedys Stimme immer noch, wenn er die ersten Zeilen von Either Way anstimmt, aber was auf „A Ghost Is Born“ noch die Feedback-Orgie At Least That’s What You Said war, ist hier einem harmonischeren Ton gewichen: „I will try to understand – either way“. Man hört das Album tatsächlich gerne, stellt man irgendwann fest. Hier und da dudelt eine Orgel im Hintergrund mit, und aus unverfänglich beginnenden Stücken wie You Are My Face bricht plötzlich ein instrumental rockender Refrain heraus, den man spontan auf der Tischplatte mitklopft.
Die laut-leise-Wechsel, die man ja in ähnlicher Form von Wilco schon kennt, bleiben aber nicht das einzige Stilmittel auf dem neuen Album. Mindestens dreimal behauptet der Rezensent, deutliche Steely-Dan-Anklänge herausgehört zu haben, nämlich beim verspielten Impossible Germany (dessen Text mir im übrigen wohl immer ein Rätsel bleiben wird), und den genialen Side With The Seeds und Shake It Off. Reinster Seventies-Rock, extrem cool und konzentriert gespielt. Was ebenfalls eine der Stärken von „Sky Blue Sky“ ist: die Experimente wurden aufgegeben, was der klassischen Song-Struktur zugute kommt. Bestes Beispiel: Hate It Here, das mit einem wunderbar schwarzen Humor die Story des verlassenen Liebhabers erzählt, der sich mit Hausarbeit die Einsamkeit erträglich macht: er hält das Haus in Ordnung, faltet seine Hemden, lernt mit der Waschmaschine umzugehen und fürchtet sich vor dem Nichtstun:
What am I gonna do when I run out of shirts to fold?
What am I gonna do when I run out of lawn to mow?
What am I gonna do if you never come home?
Tell me, what am I gonna do?
Mit einem Blues-Riff, das sich ohne Scheu aus der Spät-Phase der Beatles bedient, ist das einer der besten, weil rundesten Songs des Albums geworden.
Die Melancholie ist natürlich geblieben, auch wenn „Sky Blue Sky“ musikalisch eines der rundesten und entspanntesten Werke Wilcos geworden ist. Gut, dass der Himmel nicht immer himmelblau ist – denn worüber sollte Jeff Tweedy sonst schreiben?
Aufbruch in den Toten Winkel

In seinem neuen Roman „Kali. Eine Vorwintergeschichte“ besingt Peter Handke die edle Einfalt des Salzbergwerks.
160 Seiten, groß bedruckt. Bei einem konstanten Lesetempo von etwa zwei Seiten pro Minute hat man „Kali. Eine Vorwintergeschichte“ in gut zweieinhalb Stunden durch. Was bietet der neue Handke in diesem knapp bemessenen Zeitraum dem Leser?
Eine namenlose Sängerin unternimmt eine Reise zu einem fremden Ort, dem „Toten Winkel“, wo ein surrealer Salzberg die Landschaft überschattet. Der Gemeinschaft um das Bergwerk dort kommen auf mysteriöse Weise die Kinder abhanden, „verschwinden, gehen, jeden Tag mehr, verloren, sind verschollen.“ Handkes Heldin wird den jüngst verschollenen Andrea wiederfinden. Doch davon weiß sie zunächst nichts.
Der Roman setzt ein nach dem letzten Auftritt ihrer Tournee; gleichzeitig ist es auch der Beginn des Winters. Eine geheimnisvolle Bestimmung veranlasst die „Vorwintersängerin“ Genannte, die Großstadt der Hochhäuser, Neonreklamen und Zeitungsverkäufer, die den Ewigen Frieden ausrufen, während die Zeitungen vom Dritten Weltkrieg berichten, zu verlassen. Ziel ist ihr Kindheitsort, genauer: die Nachbargegend dieses Ortes, der Tote Winkel. Grund für die Abreise ist die Liebe – zu wem, wird hier vorerst nur rätselhaft umschrieben: „Einer gehört mir. Wird mir gehören. Einer. Bald schon. Demnächst. So steht es geschrieben. Er weiß es bloß noch nicht. Wehe ihm. Wohl ihm.“
The Lust for Life. Die neue Travis-LP vor Gericht

„The Boy With No Name“ baut konsequent auf dem bisher erschienenen Travis-Werk auf. Nur „12 Memories“ bleibt, wie auch hier im Bild, etwas links liegen.
Auf die lads ist eben Verlass: Travis melden sich mit dem mittlerweile fünften Longplayer „The Boy With No Name“ zurück, der natürlich wieder ein Meisterwerk ist. Naja, zumindest fast. Eine Live-Besprechung, synchron beim Hören notiert.
Play! Los geht’s mit 3 Times And You Lose. Der melancholische Opener. Beginnt leise, steigert sich dann etwas und klingt im Refrain wie „Magic Pie“ von Oasis auf Be Here Now. Dann aber poltert Selfish Jean im „Lust for Life“-Rhythmus los, großartig! Fran schreit sich die Seele aus dem Leib, wie er es zuletzt nur bei „Good Feeling“ tat. Aufdrehen!
Es folgt: Closer, die aktuelle Single (mit dem Ben-Stiller-Video), standesgemäß von einem mccartney’schen (Wald-?)Horn eingeläutet. Ein patentierter Radio-Hit von der Sorte, die Travis am Fließband komponieren könnten. Auch vertreten: einlullende Streicher zum Ersten. Erstmal wachen wir aber wieder auf, und zwar zu Big Chair. Ein überraschend düster wirkendes Bass-Intro, gefolgt von Klavier, erinnert an „12 Memories“ – was die einzige Reminiszenz an den Vorgänger bleiben wird. Fran singt: „You know that I heart you“, im Booklet steht an der Stelle ein Herz – und wie befürchtet nimmt jetzt auch der Kitsch bedenkliche Ausmaße an.
Battleships, ein recht naives Liebeslied, ist für meinen Geschmack etwas zu sehr gesäuselt und insgesamt eher langweilig. Erst beim folgenden Eyes Wide Open darf Neil Primrose wieder in die Bass drum stampfen, und zur Trauer („I can’t stop crying…“) mischt sich Wut („…with my eyes wide open“), die dem Stück einen gesunden Auftrieb gibt. Jetzt sogar Gitarrensoli! Hätte länger sein dürfen!
Schon geht’s aber munter weiter. Bei My Eyes klimpert das Klavier, und Fran hat „fear of dying“; außerdem einlullende Streicher zum Zweiten. In One Night dann scheitert der Versuch des mehrstimmigen Harmoniegesangs kläglich; zu viel Produktion. Aber was ist das? Under The Moonlight kommt unvermittelt ein Kracher daher, der aus den goldenen „The Man Who“-Zeiten stammen könnte: prächtige Akkorde, eine schöne Bridge und auch der Text ist nicht als misslungen zu bezeichnen. Darf gerne zweite Single werden!
Out In Space dagegen begibt sich auf gefährliches Terrain. Eine Pauke lässt den noch in Moonlight-Harmonien schwelgenden Rezensenten zusammenzucken. Ansonsten aber eher vernachlässigbar. Wurde von der Prog-Rock-Zusammenarbeit mit Brian Eno, von der Fran in der aktuellen Intro berichtet, kein Stück übernommen (wofür wir dankbar sind!), so ist Colder das am ehesten damit in Zusammenhang zu bringende. Undefinierbare Flächensounds zwingen unweigerlich den Coldplay-Vergleich auf. Was schlechterdings zu bestätigen ist. Eigentlich kein schlechter Song, aber viel zu überproduziert, wofür allein die Tabu-Harfe am Schluss Pate steht.
Jetzt noch der Rausschmeißer New Amsterdam: man wirft einen gewissen „Robert Zimmerman“ in die Runde (kann ja nicht schaden) und erzählt von den Straßen New Yorks; aber warum um Himmels willen singt Herr Healy denn gerade hier so gequetscht? Die dezente Instrumentierung macht das zum Glück wieder wett. Und setzt einen harmonischen Schlusspunkt für ein Album, das gewiss nicht das oben verkündete Meisterwerk-Versprechen einlöst, aber die leider zu verzeichnenden Tiefpunkte durch ein paar richtig ordentliche Songs wieder gut macht. „The Boy With No Name“ schließt nach dieser Lesart nahtlos an den Travis-Kanon an – Kurve gekriegt, Glückwunsch. Und richtig böse sein kann man den lads ja sowieso nicht.
Corporate Design – perfekt platziert
Horror-Spam
Subject: Es ist interessant
Die Berliner U-Bahn Mitarbeiter fanden die Reste eines unbekannten Flugkoerpers. Interessant findet man auch die Ermittlung von moeglichen Gruenden des Unwohlseins einiger U-Bahn Angestellten.
Nach etlichen Inspektionen wurde ein Fremdkoerper gefunden. Wie Wissenschaftler behaupten, koennte der Koerper so gross wie ein Bus sein.
Es wurde auch vermutet, er haette seltsame Strahlen aussenden koennen und das wegen rund um dem Rumpf gebildeter „Totzone“.Naeheres dazu unter http:// …
Wenn man die typischen, bei der Übersetzung aus dem Englischen entstandenen Fehler mal außer acht lässt, wäre das ein guter Anfang für eine spannende Science-Fiction-Erzählung…