Ausschnitt aus Hannes Bajohr, „Wendekorpus“, Edit Nr. 65
Der Autor, Wissenschaftler und Herausgeber Hannes Bajohr beschäftigt sich schon seit einiger Zeit mit zwei sehr interessanten Themen: Dem konzeptuellen Schreiben und der digitalen Literatur.
So hat Bajohr in der Juli-Ausgabe des Merkur (dessen Blog im Übrigen unumwunden zu empfehlen ist) einen ausführlichen Artikel zur Gegenwartsliteratur und der Furcht vor dem Digitalen veröffentlicht; im Themenheft der Neuen Rundschau zur Zukunft der Literatur und der aktuellen Edit gibt es Textproben, in denen Bajohr selbst seinen Entwurf des konzeptuellen Schreibens, das anhand von genau definierten Textkorpora verfährt (vgl. dazu Swantje Lichtenstein: Vom Lesen, Schreiben und den Konzepten), vorstellt. Konnte man sich bislang über die Arbeit Bajohrs auf dessen Webseite informieren, hat er nun zusammen mit dem Kommunikationsdesigner und ebenfalls dem konzeptuellen Schreiben zugewandten Gregor Weichbrodt das Textkollektiv 0x0a – Eskaliertes Schreibenlassen gegründet, das beider bisherige Arbeitsschwerpunkte zusammenführt:
0x0a ist der Hexcode für den Zeilenumbruch. Es ist ein Zeichen, das es im Analogen nicht gibt, nicht gesprochen werden kann und nur als “Steuerzeichen” existiert – und damit ideales Symbol für den Versuch, genuin Digitale Literatur zu produzieren. 0x0a soll ein Workshop, Labor, Schaufenster und eine Anlaufstelle für digitale konzeptuelle Literatur werden und die Diskussion über diese Literaturform in Deutschland anregen.
Sehr lesenswert ist gleich der Eröffnungsartikel über eine Podiumsdiskussion in New York, die wohl zumindest bei einem der Zuhörer für etwas Ernüchterung gesorgt hat und genug Anlass bot, folgende Formel aufzustellen:
Digitized Literature ≠ Digital Literature ≠ Internet Literature
Daran anknüpfend noch eine erfreuliche Meldung der letzten Woche: Bei Luxbooks liegt jetzt die äußerst umfangreiche, von Annette Gilbert herausgegebene und von Shane Anderson und Uljana Wolf übersetzte Anthologie REPRINT vor, die sich dem Themenfeld der experimentellen Schreibweisen, insbesondere der Appropriation (Kenneth Goldsmith: „The New Sentence? The Old Sentence, reframed, is enough.“) seit den sechziger Jahren in seiner ganzen Bandbreite widmet.

Da tut sich doch etwas im Insektenstaat. Read on!