Es heißt ja, dass die Kleineren unter den Verlagen zwar oho, aber viel zu wenig bekannt sind. Wer und wo sind sie? Wie behält man die immer größer werdende Kleinverlegerszene im Blick? Was treibt junge Verleger an und um? Welche Strategien verfolgen sie, um auf dem Buchmarkt Fuß zu fassen? Was packen sie anders an als die Etablierten? Wie definieren sie ihre Zielgruppe, wo finden sie ihre Nische? Welche Risiken sehen sie und wo verorten sie ihre Chancen?
Fragen, die in einer losen Gesprächsreihe mit Verlegern und Verlegerinnen aufgegriffen werden. Heute stehen Beatrice Maritz und Andreas Grosz Rede und Antwort, die 2006 die edition pudelundpinscher ins Leben gerufen haben. Vorgeschlagen hatte das Hartmut Abendschein, der die edition taberna kritika verantwortet.
Seit wann existiert die Edition?
In einem alten Holzhaus, das zur Zeit der Erfindung des Buchdrucks, aber noch vor der Entdeckung von Amerika erbaut wurde und in den Schweizer Alpen steht, gründeten wir 2006 unseren kleinen Verlag.
Machen Sie alles alleine?
Wir – Beatrice Maritz und Andreas Grosz – führen so viele Arbeiten wie möglich selber aus, lassen unsere Bücher im italienischsprachigen Nachbarkanton drucken, weil das so praktisch und recht umweltfreundlich ist, und erteilen hie und da auch Aufträge.
Die Programmschwerpunkte … Und Ihre persönlichen Highlights?
Im Augenblick sind 25 Titel lieferbar, ausschließlich analog. Als Programmschwerpunkte gelten immer noch Lyrik, nicht ganz marktkonforme Prosa und Übersetzungen.
Und die Highlights? Wie war das doch zum Beispiel an den letzten Solothurner Literaturtagen, als wir im SWIPS-Zelt hinter unserem Bücherstand auf Neugierige warteten: Da schnappte sich eine junge Frau ein Buch von unserem Tisch und las daraus ihren beiden Kolleginnen vor. Es handelte sich um „Abstecher ins bürgerliche Jenseits“ von Wilfried Happel. Er lebt übrigens in Berlin …
Warum musste es unbedingt ein Verlag sein?
Gewisse Dinge bahnen sich langsam an. Viele Jahre Buchhandel, eigene fast lebenslange Schreiberfahrung, eine fast manische Bücherliebe – das musste irgendwann fast zwangsläufig zur Gründung eines eigenen Verlags führen.
Woher beziehen Sie trotz sattsam bekannter Schwierigkeiten Ihr Engagement?
Das fragen wir uns bisweilen tatsächlich auch.
Was hat sich infolge der Digitalisierung in Ihrer Arbeits-/Vorgehensweise verändert?
Der Computer ermöglicht vieles, was früher mit viel mehr Schwierigkeiten verbunden war – zum Beispiel auch die Gründung eines Verlags.
Was machen Sie anders als die anderen? – Wie positionieren Sie sich gegenüber der Konkurrenz?
Wir basteln leidenschaftlich gern, das erlaubt uns, so unabhängig wie möglich zu sein. Wir machen niemandem viel streitig, deshalb ist von Konkurrenz auch kaum etwas zu spüren.
So Sie Ihren Verlag neu aufstellen könnten, was würden Sie heute anders angehen als in der Startphase?
Gewisse – auch schlechte – Erfahrungen gehören zu jedem Anfang. Anders geht es nicht. Wirklich schief gelaufen ist bisher kaum etwas.
Wie gewinnen Sie Autoren?
Wir kennen Autorinnen und Autoren, wir lassen uns welche empfehlen, wir erhalten Manuskripte …
Wie organisieren Sie Ihren Vertrieb?
Wir haben eine Auslieferung in der Schweiz und eine in Deutschland, wir haben einen Vertreter, der in unserem Auftrag die deutschsprachige Schweiz bereist, wir versenden unsere Verlagsvorschauen und Newsletters an Presse und Literaturinteressierte, und wir versuchen, da und dort ein wenig aufzufallen.
Was tun Sie, um im Buchhandel Fuß zu fassen? – Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Sortiment?
Siehe oben. Wir verschenken Lese-Exemplare und decken unseren eigenen Bücherbedarf in Buchhandlungen. u einzelnen Buchhändlerinnen und Buchhändlern pflegen wir persönliche Beziehungen.
Wie halten Sie es mit Amazon?
Wir gehen Amazon aus dem Weg. Die dort herrschenden Arbeitsbedingungen und andere Seltsamkeiten legen uns ein solches Verhalten nahe.
Was tun Sie für Ihr Marketing?
Unser Möglichstes.
Wie halten Sie es mit dem Schweizer Buchhändlerverband?
Wir sind (noch) nicht Mitglied des SBVV.
Für wen machen Sie Bücher: Wie definieren Sie Ihre Zielgruppe, wo sehen Sie Ihre spezielle Marktnische?
Leute, die gute, schöne, handliche Bücher mögen. À propos „schön“: Unsere Covers werden von Künstlerinnen und Künstlern gestaltet. Vielleicht nennt sich das „eine Marktnische“.
Wo sehen Sie für Ihren Verlag die größten Chancen?
In seiner Kleinheit. Die gewährleistet eine gewisse Unsinkbarkeit (aber das haben schon Riesen und Titanen von sich behauptet …)
Welche besonderen Risiken verorten Sie für Ihren Verlag?
Dass uns die Puste ausgeht.
Was schätzen Sie an der Independent-Szene besonders?
Das Unkonventionelle, Leidenschaftliche. Und die Freundschaft unter Kolleginnen und Kollegen.
Was würden Sie jenen raten, die mit dem Gedanken spielen, einen Verlag an den Start zu bringen?
Macht euch auf Wunder gefasst (auch auf blaue). Seid also offen und unvoreingenommen.
Welche kleinen, unabhängigen Verlage empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?
verlag die brotsuppe, edition 8, edition howeg, Vexer Verlag, Verlag im Waldgut, edition taberna kritika, die Hartmut Abendschein hier bereits vorgestellt hat. Klopfen Sie doch einmal in Biel beim verlag die brotsuppe an.
Herzlichen Dank für diesen Einblick!
_____________________________________________________________________________________________
Ich würde mich freuen, wenn Ihr das Vorhaben unterstützt, kleinere Verlage zu entdecken. Etwa indem Ihr Vorschläge macht, wer hier möglichst Rede und Antwort stehen sollte. Und bitte vergesst nicht auf die entsprechenden Verlage zu verlinken. – Danke sehr! Mehr zur Intention der losen Gesprächsreihe mit Verlegerinnen und Verlegern erfahrt Ihr hier. Zu einer Übersicht über die Empfehlungen, die bislang zusammengekommen sind, geht es hier
Die edition pudelundpinscher im Netz:
Hat dies auf Wunderwaldverlag rebloggt.
Hat dies auf Nekos Geschichtenkörbchen rebloggt.