Jeder junge Mann hat wohl während der Adoleszenz diese pessimistisch, nihilistische Phase; bester Freund dann: Arthur Schopenhauer. In diesem Sinne alles Gute zum 225. Geburtstag.
Der Lebenslauf des Menschen besteht darin, dass er, von der Hoffnung genarrt, dem Tod in die Arme tanzt.
Inwieweit das oben Gesagte für junge Damen gilt, wage und mag ich nicht zu beurteilen.
Ein kurzes Zitat von Jonathan Franzen, das mich heute morgen im Zug begeisterte und ich nicht für mich für mich behalten kann:
Wenn Sie jeden Tag eine Stunde damit verbringen, an Ihrem Facebook-Profil zu basteln, wenn Sie keinen Unterschied darin sehen, Jane Austen auf einem Kindle oder als gedrucktes Buch zu lesen, oder wenn Sie Grand Theft Auto IV für das größte Gesamtkunstwerkt seit Wagner halten, freue ich mich für Sie, solange Sie es für sich behalten.
Und die letzte Szene suggeriert: es war doch alles bloß ein Spiel. Ein filmisches Spiel in theatralischen Kulissen mit musicalesquen Choreographien, so verfilmt Joe Wright “Anna Karenina”.
Eine gute Idee in vielen Szenen, durch geschicktes Einbinden einer Bühne, gar des ganzen Theaters inklusive Publikum, und seien es nur die Darsteller selbst, den Film im Schauspielhaus aufzuführen.
Erscheint es anfangs hin und wieder zu aufgesetzt entfaltet dieser Einfall über den Film eine eigene Dynamik, die als Spielerei zu starken Bildern führt: einzelne Darsteller blicken auf das Geschehen wie auf die Bühne; Anna im Spot, wenn alle Welt sie als Ehebrecherin anstarrt; starke Umsetzung wie Kitty auf ihrem ersten Ball immer mit anderen statt Wronski tanzt und Anna nur mit diesem; besonders hervorzuheben das Pferderennen, bei dem Wronski stürzt und dessen Pferd das Rückgrat bricht.
Und immer wieder, wie auch im Roman, das starke Leitmotiv des ungeheuren, todbringenden Zuges. Weiterlesen
Eine schöne Aktion zum Welttag des Buches im April, an der auch ich teilnehme. Von mir gibt es natürlich ein hier schon rezensiertes Buch, aber natürlich nur eines, das mir auch gefallen hat!
Ich zitiere einfach mal den offiziellen Text:
“Wir Buch-Blogger sind Botschafter in Sachen Lesefreude und deswegen ist der Welttag des Buches unser Tag! An diesem besonderen Feiertag wollen wir die Welt mit unserer Begeisterung für Bücher anstecken. Wir werden bloggen wie die Wilden und wir werden Bücher verschenken!
Wer kann mitmachen? Weiterlesen
Letzte Woche habe ich meine Online-Käufe noch mit meiner Heimatliebe gerechtfertigt, diese Woche muss ich alles zurücknehmen, denn gestern kam in der ARD eine Doku mit dem Titel “Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon” und diese wurde wo gedreht, natürlich zu Hause – in Bad Hersfeld.
Ich habe mich zwar nie der Illusion hingegeben Amazon würde seine Mitarbeiter, z.B. die “Picker und Packer” in Watte packen, aber die aufgedeckten Methoden und Missstände sind für den sorgenlosen Online-Einkäufer doch erschütternd. Leiharbeitsfirmen sind bekanntermaßen sowieso die moderne Form der Sklaverei, aber Amazon weiß auch noch wo sie ihre Mitarbeiter “internieren” können und wie sie sie gefügig machen, diese Umstände zu ertragen und nicht zu mucken.
Leider verwehrt mir die ARD-Mediathek den Link zu finden (die ist auch echt unübersichtlich!), daher kann ich hier nur die offizielle Sendeankündigung und die umfassende FAZ-Frühkritik angeben. Vielleicht hat irgendein Amazonanwalt die ARD schon abgemahnt?!
Doch lieber wieder zum örtlichen Offline-Buchhändler!
[Nachtrag] Hier der Link zum Beitrag in der ARD-Mediathek: http://www.ardmediathek.de/das-erste/reportage-dokumentation/ausgeliefert-leiharbeiter-bei-amazon?documentId=13402260
Einer der höchsten Juristen des Landes war vor seiner Stelle als stellvertretendem Vorsitzenden des 2. Strafsenats beim BGH Musiker, Kraftfahrer und Postzusteller. Heute, eben tätig als Richter, gibt er seit mehr als 10 Jahren einen der wichtigsten Kommentare zum Strafgesetzbuch heraus, ist Professor in Würzburg und geisterte kurzzeitig durch die Medien, weil er sich den Umgang des BGH mit seinen Mitarbeitern (mit ihm) so nicht gefallen lies.
Prof. Dr. Thomas Fischers Vita liest sich erst kurios und dann wie die eines Karrieristen. Dieser Mann kann nicht so selten wie man vermuten mag, aber selten genug damit man es erwähnen muss, schreiben. Dies mag nicht unbedingt (allein) an seinem Werdegang liegen, der doch in nuce durchaus sympathisch anmutet, aber ich denke , dass so jemand nicht nur aus der Lebenserfahrung seiner Position, Macht und seines Wissens schöpft, sondern ihm mag auch zu Gute kommen, dass er eben nicht stromlinienförmig, sondern über Umwege zu dieser (seiner Lebenserfahrung und Position) gelangte. Weiterlesen
So gern ich Amazon auch mag und seine Vorzüge genieße, aber hin und wieder sollte man doch sein Geld auch zum örtlichen Buchhändler tragen. Merkwürdigerweise habe ich aber z.B. eine Abneigung gegen Thalia, was bei einer Pro-Einstellung zu Amazon inkonsequent scheint, denn das Nebeneinander von Büchern mit Katzenbabykalendern, Haushaltshilfen und Plundern stößt mich ab. Bücher sind ein Konsumgut und Leute verdienen mit ihnen Geld, aber manchmal will ich das gerne ausblenden und bei Amazon werde ich nicht (immer) bei der Suche nach xyz auch noch auf den Hello-Kitty-Badezusatz aufmerksam gemacht, dort gelingt mir das visuelle Selektieren.
Bei den meisten Lesern völlig unumstritten ist dagegen die Affinität zu örtlichen, bitte freien, Buchhändler. Meine Heimatstadt hatte zu meiner Schulzeit zwei ernstzunehmende Buchhändler in der Innenstadt: die Buchhandlung “Oertel” und die “Hoehlsche Buchhandlung”. Weiterlesen
Alma (Schindler-)Mahler-(Gropius-)Werfel(-Kokoschka) hatte sie alle. Die Liste ihrer Liebhaber liest sich tatsächlich wie das Who-is-who der großen Künstler, Architekten, Musiker und Literaten.
Die Dame lief mir das erste Mal in der Autobiographie von Elias Canetti über den Weg, nicht unbedingt als sympathische Zeitgenossin geschildert. Doch, und das muss man ihr lassen, und lassen ihr eigentlich auch die Angewiderten, alle, ihr Leben liest sich wie ein Panoptikum der Zeit kurz vor dem ersten Weltkriegs bis zum Ende des zweiten. Daher steht ihr Buch “Mein Leben” schon länger bei mir auf er Wunschliste und, Glück gehabt, ich habe es bis jetzt weder gelesen, noch gekauft. Als ich es in den virtuellen Einkaufswagen gelegt hatte, habe ich vor der Bestellung quergelesen und wurde auf die, sehr gut bewertete, Biographie von Oliver Hilmes aufmerksam. Ein absoluter Glückgriff!
Es ist schwierig mich richtig für eine Biographie zu begeistern. Aber Herr Hilmes, Hut ab, das ist die beste Biographie die ich (je?, zumindest seit langem!) gelesen habe (Autobiographien ausgenommen!). Bereits das Vorwort hat mich gefesselt. Nicht aber weil es den Mund mit Andeutungen wässrig gemacht hätte, sondern weil es ehrlich war. Hilmes beschreibt seine Quellenarbeit, die Schwierigkeiten die Biographie einer Frau zu schreiben, die ihr ganzes Leben lang, selbst ihr Geschichte ins rechte Licht zu rücken versucht hat, aber er lässt, trotz der teilweise heftigen Ausbrüche Almas in ihren Tagebüchern, Gnade walten: “Doch ehe man sich moralisch darüber [über die Tagebucheintragungen]erhebt, sollte man bedenken, was wir zu lesen bekämen, wenn wir selber mit der gleichen Ehrlichkeit, Rückhaltlosigkeit, ja Rücksichtslosigkeit wie Alma zu Papier brächten, was wir wirklich denken und fühlen. [..] Dem Tagebuch vertraut man ja gerade solche Dinge an, über die man sonst zu keinem Menschen sprechen kann, darf oder will.”
Großes Plus (für mich): ihre Kindheit und Jugend wird kurz und knapp auf ca. 40 Seiten, aber ohne, dass man Details vermissen würde, geschildert. Natürlich persönlicher Geschmack, aber ich will nicht über jedes Picknick der Schindlers am Bach und jede Schulstreiterei Almas Details lesen, sondern möglichst schnell an die Stellen, wo es (für den Nicht-Alma-Biographen) spannend wird.
Almas Leben ist ab der Ehe mit Gustav Mahler eine Aneinanderreihung von Events, Reisen, Konzerten, Salonbesuchen und Treffen mit den Geistesgrößen der Zeit: Bahr, Berg, Canetti, Feuchtwanger, Hauptmann, von Hofmannsthal, Kandinsky, Klimt, (Golo, Thomas, Katia, Klaus, Erika) Mann, Ravel, Remarque, Schnitzler, Schönberg, Strauss, Strawinsky, Zuckmayer u.v.a.m.
Erfrischend an Alma und ihrer teilweise sehr derben Art ist der Umstand, dass sie mit jedem dieser Menschen und den anderen die sie trifft, unglaublich ehrlich ist, böse, ironisch und zynisch charakterisiert und so wieder zu den Menschen macht, die auch diese nun einmal waren. Erschreckend dagegen Almas Antisemitismus, den sie sich bis ins hohe Alter bewahrt und der sich in heftigen verbalen Ausbrüchen niederschlägt.
Einzelne Lebensstationen Almas gebe ich hier nicht im Detail wieder, der interessierte Leser, wird sie kennen, bei Wikipedia in Kurzform nachlesen oder sich direkt das Buch bestellen, denn, und hierfür möchte ich den freigewordenen Raum nutzen, Oliver Hilmes schreibt großartig. Ohne allzu viel zu bewerten oder vorzuverurteilen, stellt er Almas Leben, aus den Primärquellen dar, lässt die Drastik dieser stehen um sie anschließend kritisch, aber objektiv, zu beurteilen, lässt dem Leser aber auch Raum für die eigene Meinung. Geht Alma wieder einmal zu hart mit einem der Erwähnten
ins Gericht, stellt er sich sogar schützend vor sie und verweist auf die Intimität der Tagebucheintragungen. Manche sprechen aber auch ohne Erläuterung für sich: “Ich habe eine große Freundschaft und Saufgenossenschaft [sic!] mit Remarque gefunden. Das ist wirklich ein Kerl und eine Erholung auf die Manns, Ludwigs, Feuchtwänglers. (So nannte man den Gnom nämlich in France)!”
Ich kann dieses Buch nicht genug loben, auch wenn mir die Figur Almas nicht unbedingt sympathischer geworden ist, denn vieles war sie, aber wohl nicht sympathisch. Eine Lektüre, die mitreißt, die erneut querlesen lässt und eine interessante Perspektive auf die Großen dieser Zeit erlaubt.
Absolute Leseempfehlung!
Gerne auch noch der Hinweise aus dem “Abspann” der Biographie auf diesen wundervollen Song von Tom Lehrer, der Almas Leben in drei Minuten zusammenfasst:
Oliver Hilmes
Witwe im Wahn – Das Leben der Alma Mahler-Werfel
btb-Verlag, 10 €
ISBN 978-3-442-73411-5
Immer mal wieder taucht große Literatur, die vermisst, vergessen wurde oder auch nie bekannt war auf.
So ist jetzt eine Novelle von Wsewolod Petrow entdeckt worden: “Die Manon Lescaut von Turdej”. Alexander Cammann ist regelrecht euphorisch in seiner Besprechung und auch wenn 16 € für 120 Seiten erstmal recht happig erscheinen, wenn ein Protagonist Werther liest.. werde es wohl auf den Wunschzettel setzen (müssen).
Die Empfehlung habe ich aus der ZEIT und vorangestellt ist eine interessante Aufzählung wiederentdeckter Russen:
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