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Dr. Rainald Simon,

1. Die Stirn zu runzeln ist eine hervorragende, da lebendige, Reaktion auf Worte.

2. Kunstwerke ohne Rätselhaftes? Ist nicht das Enigmatische jedem Kunstwerk eingeschrieben?

3. Epitheta wie "unbeholfen, ungelenk, läppisch" etc. sind subjektive Geschmacksurteile von einem ungemein hohen alpinen Dichterthron herab geäußert. De gustibus non est disputandum. Ich bin bass erstaunt, dass man in der doch gemäßigt temperierten Schweiz derart schimpfen kann.

4. Die Reduplikationen haben es mir nicht einfach "angetan", sie sind ein charakteristischer und damit eigenartiger Zug der frühen chinesischen Literatur und dennoch nahezu immer übergangen worden (es wird übrigens im Nachwort ausgeführt). In meiner Sicht zeugt dieses Unter-den-Tisch-fallen-lassen von magelndem Respekt für den Text und seine Eigenarten. Ist es denn wirklich so schwer zu verstehen, dass der Sinologe, der mindestens einen kleinen Schlüssel zum Original in Händen hält, alle Türen damit öffnen muss?

5. Ich sehe mich nicht als "Nachfahren der klasssichen Moderne", welche Anmaßung wäre das denn! Ich misstraue einfach hergebrachten & abgespielten sprachlichen Mitteln - auch in den Übersetzungen.

6. "Wirkungsäquivalenz" ist ein schmucker Jargonbegriff aus einem Oberseminar für Translationswissenschaft. Er lässt sich nicht kurz und falsch in den Begriff "Wirkung" übersetzen, ( wie es Theobaldy versucht,) enthält er doch das lateinische Adjektiv "aequalis - gleich". Eine Übersetzung soll also die gleiche ästhetische Wirkung erzeugen wie das Original zur Zeit seiner Entstehung, sagen wir am Hofe der Zhou-Könige, oder mindestens die heutige Wirkung des alten Originals auf Menschen in seinem Sprachkreis anstreben? Beides ist unmöglich und deshalb erscheint mir der Begriff sinnlos zu sein. Man sollte sich nichts vormachen: Jede Übersetzung ist eine neue Schöpfung in der Zielsprache, aber überwiegend nicht aus Eigenem, sondern innerhalb der hohen Hürde des Originals und (!!!) der wissenden Erklärungen seiner Exegeten und philologischen Kommentatoren in seiner Sprachwelt. Vielleicht sollte man einfach ein wenig bescheidener und ehrlicher sein, was die Möglichkeiten des Übersetzens angeht.
7. Persönliche Anmerkung des Übersetzers: Ich bedanke mich aufrichtig für den Meilenstein, ich weiß, warum ich die Schweiz bei aller Polemik mag.