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Bertram Reinecke,

Ja, die religiösen Bezüge bei Wittgenstein sind auf den ersten Blick nicht leicht zu sehen, dennoch weitreichend und ganz zwanglos. Interessant ist, dass Wittgenseitin immer wieder das Antitheologische der Religion herausarbeitet. (Das ist wohl nicht bloß antidogmatisch, sondern verweist die Religion aus dem Spiel um Wahrheit. Mir ist das ungemein plausibel.) Nachtragenswert wäre auch eine Parallele zum frühen Fichte. Aber wenn man das schreibt unterliegt man schon einem Irrtum. Religion ist so ja gerade nicht das „Sinnstiftende“, (allenfalls dessen Ausdruck?) und Tiefe. Die letzten Sätze des Tractatus faszinieren natürlich und sind immer wieder besprochen worden. Gleichwohl sind sie die Hauptkandidaten für Wittgensteins Selbstkritik, dass das Werk Kitsch enthalte, insofern an manchen Stellen Nachdenken durch Pathos ersetzt worden sei. Man liest den Satz zu gerne so, dass dann am Ende doch die Mystik irgendwie „hinein“ käme. Aber vielleicht muss man es eher so lesen: Die Mystik wird von ihrem Sockel gestoßen: das worauf sich die Mystik bezieht, ist etwas banal Alltägliches, etwas, dass sich aufbläht weil der Sprache Werkzeuge fehlen. Von dorther seinen Anschein der Tiefe gewinnt. Etwas aber, dass jedem schon begegnet ist. (Auch wenn er es nicht als solches reflektierte.) Es geht also bei der Verlegung dieser kommunizierenden Röhre nicht darum etwas aufzuladen, sondern vllt. darum beim mystischen etwas Luft abzulassen, statt der Geste des „hinein“ eine des „heraus“ oder „hinab“.