Glanz@Elend
Magazin für Literatur und Zeitkritik
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Volk ohne Traum
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Froileins to the front?!

Ein Statement von Uve Schmidt

»Wer den Bankenkollaps, einen mehr oder weniger bankrotten Sozialstaat und die nicht gelösten Integrationsfragen für Kennzeichen von gesellschaftlicher Normalität hält, mag diesen Satz als Rechtfertigung dafür nehmen, weiter seine einsamen Pirouetten des Geistes zu drehen. Wer dies nicht tut, soll die Ballettschuhe ausziehen und in den Ring steigen.« Thea Dorn, Herbst 2008 im SPIEGEL

»Was kluge Journalisten längst wagen, trauen sich die ach so unabhängigen Intellektuellen viel zu selten, da sie sich lieber auf den Marktwert moralisch klingender Plattitüden verlassen. Und doch, ich kenne einige deutsche Intellektuelle unter 60, die sofort dabei wären, wenn es um die Neuverkündung der zehn Gebote der Meinungsfreiheit ginge: Du sollst die Meinung  auch der Andersdenkenden verteidigen (und Eva Herman nicht mit Eva Braun gleichsetzen, liebe Thea Dorn).« Cora Stephan, Herbst 2008 im SPIEGEL

Anzunehmen, daß Frauen mutiger sind als Männer, womöglich selbstloser und wahrheitsliebender, muß zumindest relativiert werden, denn »Mut zeiget auch der Mameluck« (von Schiller), d.h. entweder unterschätzt frau schlicht die Gefahren oder sie überschätzt ihren Geschlechtsbonus wie der muselmanische Krieger Allahs Beistand, und was Gemeinsinnigkeit und Wahrheitsliebe betrifft, so führen Frauen in aller Welt aktenkundig die üble Nachrede an, als Denunziantinnen in Unrechtsstaaten und als Mobberinnen in Industriegesellschaften. Tatsache ist, daß Frauen verbal schneller reagieren als Männer, daß sie neugieriger und rachsüchtiger sind als ihre Menschenbrüder, und deshalb haben sie derzeit die Nase vorn. Wahrscheinlich auch, weil das Profil Angelika Merkels dann doch zu moppelig ist, um uns in einer Luisengalerie der Berliner Republik als Nofretete zu gefallen. Dennoch ist von den politischen Mandatsträgerinnen und Ministerinnen ohne Bundestagssitz, von höchsten Beamtinnen und Wirtschaftsführerinnen nicht zu erwarten, daß sie aus Gewissensnot oder intellektueller Abenteuerlust ihre gut gepolsterten Proszeniumslogen preisgäben, falls sie sich angesprochen fühlten, Deutschland zu retten. Die Damen Dorn und Stephan stehen nicht allein, doch sollen sie auch der Hübschheit halber hervorgehoben sein für viele namhafte SchriftstellerInnen, ohne daß sie deren Wortführerinnen wären oder werden wollten, und da man sie als durchtrainierte Einzelkämpferinnen kennt, streben sie m. E. auch keinen Vorsitz an, sozusagen als sinnliche Vormünder der Gleichgesinnten. Aber irgendwie muß irgendbald irgendwas geschehen, soll es nicht mit den »einsamen Pirouetten des Geistes« so weitergehen, d.h. die Empörung sich auf der Stelle drehn. Nur, bittschön, in welchen Ring sollen wir steigen, verehrte Kollegin Dorn?Wer veranstaltet das, wie prall lockt die Börse, oder dachten Sie eher an Benefizschaukämpfe im Freistil, for writers in prison?

Thea Dorn ist eine vielseitig qualifizierte Künstlerin und Gelehrte, in erster Linie eine Fernsehfrau mit moderatorischen Aufgaben; eine eigene Kanzel hat sie noch nicht. Dr. Cora Stephan fiel gegen Ende des 20. Jahrhunderts als streitbare Verfasserin semifeministischer Geschichtsanalysen und nonkonformer Gesellschaftskritik auf (u. a. by Rowohlt), bis sie mit ihrem Buch Das Handwerk des Krieges in Ach & Bann geriet und in die Verkleidung einer Krimilady floh. Mit ihrem Essay Eros der Freiheit (Der Spiegel Nr.46/08) meldete sie sich gewissermaßen zurück an die publizistische Front. Alle Achtung, aber wo, bitte, ist die Front wirklich und genau? Ist die Redaktion eines deutschen Mediums (Tagblatt, Magazin, Sender) nicht eher ein Hauptquartier, denn eine Feldstellung? Ist es nicht so, daß der journalistische Schütze Arsch zwar bei jedem Scheißwetter zu jedem Unfallort hinaus muß, die Pressemajore indes sich das günstigste Gelände aussuchen können? In der Tat gleichen Dorn und Stephan nur von fern jenen Stabsmedizinerinnen, die zwar Generalärztinnen werden können, aber kreuzunglücklich sind, weil sie niemals  ein Kampfkommando innehaben dürfen, also bleiben wir auf dem zivilen Paradeteppich. Das Beispiel Gertrud Höhler hat beiden Frauen gezeigt, wie undankbar die Karriere der ewigen Schattenkabinettsdiva ist, wenn frau als habilitierte Dichterin, Amazone, ledige Mutter, Werbeikone und wortmächtige Weltberaterin glänzen möchte (was ihr ja auch gelang, bis auf das von der CDU versprochene Amt) und nun nur noch darauf wartet, die letzte Seite im STERN zu füllen, was frau natürlich auch ablehnen kann. Thea und Cora wissen, daß ihr fotogener Sexappeal immer noch zu jeder Revolutionskulisse passt, was wiederum »alten Herren mit Embonpoints gar nicht gut anstünde«, wie einst Adorno bei unpassender Gelegenheit meinte. Was eine Frau sich leisten kann, steht selbst dem Jupiter schlecht an? Gewiss sind weder Ulrike Meinhof noch Petra Kelly für die bürgerlichen Grundrechte gestorben, wohl aber Anna Politowskaja, und das geschah in einer Gegend, wo sogar schwarze und gelbe Analphabeten um ihr Leben fürchten müssen. Was aber hindert uns hier, da nicht die Zensur, der Straßenterror, die Feme? Daß sich Schwule nimmer tarnen müssen, ist noch kein Freibrief für Fummelfreunde, im öffentlichen Dienst die Damentoilette zu beanspruchen. Selbst der große Paul Sethe, ein konservativer Publizist, definierte die Pressefreiheit als »die Freiheit soundsovieler Zeitungsverleger, ihre Meinung veröffentlichen zu lassen«. Was ja nicht mehr besagt, als die eigne Meinung sich auch zu verkneifen, falls die Geschäfte es erfordern. Natürlich rufen unsere tapferen Frauen nicht nach neuen Männern wie Ina Deter einst, sie verführen nur zum Outing und zu Mutproben, und statt Belohnung erwartet uns ihr sardonisches Gelächter, nachdem man es bis zu Kerner geschafft hat, um beim Kennwort Autobahn ins Abseits katapultiert zu werden. Soweit ließe man es zwar nicht kommen, wenn Martin Walser in einem Anfall von Lebensüberdruß Frau Knobloch und (nacheinander) dem Großmufti von Gelsenkirchen rhetorisch unter die Gewänder gegriffen hätte und er deshalb vor ein Fernsehgericht geladen würde. Immerhin aber wäre dann etwas ins Grollen & Rollen geraten und eine Riesendebatte losgetreten, solang die Medien möchten.

Ich bin überzeugt, die Medien würden nur kurz mögen können. Fakt ist, daß ein ganz großes Gemecker – kein Bocksgesang!- oder die große unabweisbare Generalanfrage nirgendwo zu hören oder zu lesen wäre, es sei denn im Rahmen einer Redaktionsbesetzung durch das Kommando Anne Chaplet, wobei die als Straßensängerin getarnte Thea D ggf. Schmiere stünde. Sonst noch schnurgerade Auswege? Bloggen gilt nicht, Rufmord dito, also wieso sollten unsere lebenden Dichter & Denker ausgerechnet in der schlaraffischsten Zeit seit Ansiedlung von hellen Menschen in Mitteleuropa ihr Können darauf verschwenden, mit Schmackes auf die Kacke zu hauen, um nur sich selbst zu bekleckern? Von Reich-Ranicki lernen, heißt auf sich selbst verweisen: Ich habe damals, ich habe stets, ich habe schon als Tertianer – lesen Sie meine gesammelten Deutschaufsätze!
Ergo zitiere ich mich aus dem Essay Schimpansen und andere / Die deutschen SchriftstellerInnen in diesem ihrem Jahrhundert, erschienen in der Jahrhundertbilanz Alles für die Miezekatze (2000 by MERLIN): »Da Schimpansen freilebend nur in Äquatorialafrika vorkommen, ist ihre Population heute etwa so zahlreich wie die der Schriftsteller in Mitteleuropa, und da die Mehrheit keineswegs kamerascheu ist und manisch mitteilsam, drängt sich der Vergleich geradezu auf: Exotische Horden, die sich untereinander nur mühsam vertragen und trotz der Fähigkeit zu zweibeiniger Bodenhaftung vorzugsweise in höheren Gefilden sich tummeln, um ungestört zu träumen, aussichtsreicher krakeelen und üppiger fressen zu können. Rivalität, Futterneid, Kindsraub und blanker Haß kennzeichnen das Miteinander.« Daß Einkommensmillionäre wie Handke gefahrlos gegen den Zeitgeist polemisieren können, deckt nur die materielle Seite dieser Medaille, und daß die Volksverbesserungsvorschläge von Botho Strauß & Co immer erst dann erfolgen, wenn sie gerade ein dazu passendes Werk abgeliefert haben und das sprichwörtliche Kind unrettbar im Brunnen liegt, befestigt die uralte Erfahrung, »daß weder der Großdichter einen Herbst macht (unsere revolutionäre Saison), noch irgendein Schriftsteller irgendetwas von gesellschaftlicher Tragweite bewirken kann, solange die Mehrheit der maßgeblichen deutschen Intellektuellen unfähig oder unwillig ist, den geistigen Generalstreik oder eine partisanische Offensive auch nur zu proben.« Natürlich war das schon immer so, aber offenkundig wachsen der Widerwille und die Selbstzweifel. Daß uns der Moralische packt und zunächst die KSK-Versicherten und VERDI-Mitglieder den Passionsweg beschreiten, erübrigt sich. Morgen ist alles vorüber, warnte mich um 1968 Esther Ofarim; in der Folge war ich dann doch länger als Esther (geb. Zaied) verheiratet…

Frohes Fest, liebwerte Damen und Herren!
 

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