Nichts untersuchen, alles beschwören
Thomas Bernhard zum zehnten Todestag (1999)
Von Marcel Reich-Ranicki
Hat Vivaldi 344 Solokonzerte geschrieben? Der italienische Komponist Dallapiccola war da anderer Ansicht. Er meinte, Vivaldi habe ein einziges Konzert 344mal komponiert. Das gilt auch für ihn, für Thomas Bernhard. Wer von ihm erwartete, daß er aufhöre, sich zu wiederholen, der wünschte, daß Bernhard aufhöre, er selbst zu sein, daß er sich verleugne.
Seine Romane, Erzählungen und Theaterstücke verfolgen keine Absicht, sie haben kein Ziel und keinen Zweck, sie entspringen keiner Idee und keinem Programm. Nichts wollte Bernhard verändern, er gehörte nicht zu den Aufklärern, er war kein Weltverbesserer. In seinem letzten, erst postum veröffentlichten Interview sagte er knapp: „Ich glaub‘ an gar nichts.“ Er war, um seinen eigenen Ausdruck zu verwenden, ein „Vordenkopfstoßer“.
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