Léos Carax: Die Liebenden von Pont-Neuf mit Denis Lavant, Juliette Binoche u.a. |
Léos Carax: Die Liebenden von Pont-Neuf |
Inhaltsangabe: Angeödet von der Welt, lebt der 28-jährige Feuerschlucker Alex (Denis Lavant) als Clochard auf dem von 1989 bis 1991 wegen Renovierung geschlossenen Pont Neuf, der ältesten Brücke von Paris. Dort schläft eines Nachts auch die vier Jahre jüngere Offizierstochter Michèle Stelens (Juliette Binoche), die sich aufgegeben hat, weil sie wegen einer Augenerkrankung nicht mehr malen kann. Ein Auge hat sie verbunden, und mit dem anderen sieht sie immer schlechter. In der Mappe, die sie bei sich hat, entdeckt Alex eine Zeichnung von sich: Offenbar beobachtete ihn Michèle, als er mit gebrochenem Knöchel auf der Straße lag. Auf dem Pont Neuf hat der alte Penner Hans (Klaus-Michael Grüber) das Sagen. Er vertreibt das Mädchen. Alex läuft ihr nach und fragt sie nach der Zeichnung. Als Gegenleistung verlangt Michèle, dass er am Seineufer Modell für ein Porträt sitzt. Doch bevor die Zeichnung fertig ist, verliert sie das Bewusstsein. Alex bringt sie wieder auf die Brücke und überredet den Alten, sie ein paar Tage lang zu dulden, damit sie sich erholen kann. Hans verlangt allerdings, dass ihm das Mädchen nicht unter die Augen kommt und keinen Alkohol trinkt. Alex schenkt Michèle ein rotes Kofferradio, das er im Müll findet. Er folgt ihr heimlich zu einer Metrostation. In einem der Durchgänge verscheucht er einen jungen Cellospieler. Gleich darauf kommt Michèle und fragt, ob er einen Cellospieler gesehen habe. Das Cello sei von einer dicken Frau gespielt worden, lügt Alex. Michèle sieht den Cellospieler, als dieser gerade in eine U-Bahn einsteigt. Im letzten Augenblick springt sie in den Zug. Sie läutet bei ihrem früheren Geliebten Julien. Er blickt durch den Türspion, sieht jedoch nichts, weil sie den Lauf einer Pistole ihres Vaters dagegen hält. Vergeblich bittet sie ihn, zu öffnen. Sie schießt. Im nächsten Augenblick erwacht sie in der U-Bahn von ihrem Alptraum. Der Cellospieler ist inzwischen ausgestiegen. Zurück auf dem Pont-Neuf betrinken sich Alex und Michèle mit Rotwein. Der Alte, der sie dabei ertappt, schimpft: "Es wiederholt sich immer wieder!" Plötzlich wird der Himmel anlässlich des Nationalfeiertages von einem riesigen Feuerwerk erleuchtet. Trunken vor Wein und Glück tanzen Alex und Michèle auf der Brücke. Alex schlägt mit dem linken Fuß so lange gegen das Betongeländer, bis der Gipsverband zerbricht. Michèle holt die Pistole ihres Vaters hervor und bittet Alex, zu prüfen, ob eine Patrone fehlt. Nein, das Magazin ist voll. "Ich habe Lust, zu schießen", sagt Michèle und feuert sieben Schüsse ab, während um die Brücke herum Raketen hochzischen und Böller krachen. Alex schießt ebenfalls sieben Mal in die Luft. Eine Patrone heben sie "für die Zukunft" auf. Einen müden Polizisten, der die Polizeiboote bewacht, setzt Alex durch einen Schlag auf den Kopf außer Gefecht. Mit einem festlich beleuchteten Polizeiboot zieht Alex Michèle auf Wasserskiern über die Seine. Bevor Michèle auf der Brücke einschläft, gibt sie Alex die Pistole und bittet ihn, sie ins Wasser zu werfen. Alex steckt sie in den Hosenbund und wirft stattdessen einen seiner beiden Schuhe über das Geländer. "Du also auch. Du suchst die Liebe, wie die anderen", sagt der Alte zu Alex. "Dazu braucht man Schlafzimmer. Das verträgt keinen Wind. Das gibt es hier nicht. Sie muss weg." Michèle erzählt dem alten Clochard, dass sie im Museum war, um sich noch einmal ein bestimmtes Bild anzusehen, bevor sie völlig erblindet ist. Aber man hat dort eine Neonröhre installiert, und das grelle Licht schmerzte sie in den ![]() Um einschlafen zu können, benötigt Alex ein starkes Schlafmittel, das er von Hans erhält. Eine Handvoll der Ampullen stiehlt Michèle dem schlafenden Alten. Dann setzt sie sich in Straßencafés, träufelt die Flüssigkeit unachtsamen Männern ins Glas und raubt ihnen das Geld. "Hast du schon mal das Meer und den Horizont gesehen?", fragt sie Alex. "Nein, aber es muss nicht sein", erwidert er. Sie fährt mit ihm ans Meer und legt sich am Strand mit ihm schlafen. "Vor allem bin ich stolz darauf, dir das Schlafen beigebracht zu haben", murmelt sie. Das sei ein Liebesbeweis. Sie merkt nicht, dass Alex heimlich eine Ampulle aus ihrer Tasche nimmt, sobald sie eingeschlafen ist. 10 000 gestohlene Francs bewahren sie schließlich in einer Blechschachtel auf. Als Michèle auf dem Pont Neuf ein paar Gymnastikübungen macht, schiebt Alex die Schachtel auf dem Brückengeländer näher zu ihr. Mit einer unachtsamen Armbewegung schlägt Michèle das Geld ins Wasser. Es wird dunkel. Alex sucht auf der Brücke nach Michèle. Sie hat sich von Hans in das Museum führen lassen. Er nimmt sie auf die Schultern und hält eine Kerze hoch, damit sie das Gemälde – einen Rembrandt – betrachten kann. Als sie wieder auf die Brücke kommt, schlägt Alex auf sie ein; sie prügeln sich. Dann beschwört sie ihn: "Versuch' nicht so zu leiden!" An seinem Bauch entdeckt sie die Narben zahlreicher Messerstiche. Der Alte geht inzwischen zur Seine hinunter, wirft die Schlüssel weg und ertränkt sich. Michèle erblindet mehr und mehr. "Willst du mein Treppengeländer sein, mein Blindenhund?", fragt sie Alex in einem Durchgang der Metro. Er tollt vor ihr herum, bis er ein Plakat mit dem Bild Michèles entdeckt. Sie wird gesucht, weil es inzwischen eine Möglichkeit gibt, sie zu heilen. Er zerfetzt den Anschlag. Doch als er um die nächste Ecke kommt, bemerkt er Dutzende solcher Plakate an den Wänden. Die zündet er alle an. Im Freien verfolgt er einen Plakatkleber und setzt dessen Fahrzeug in Brand. Der Mann kommt in den Flammen um. Zurück auf dem Pont Neuf nimmt Alex Michèle in die Arme: "Halt mich fest. Ich habe Angst gehabt." Das rote Kofferradio ist eingeschaltet, und plötzlich ist die Suchmeldung zu hören. Auf diese Weise erfährt Michèle nun doch von ihrer neuen Chance. Noch einmal trinken sie zusammen auf der Brücke Rotwein. Am anderen Morgen ist Michèle verschwunden. Alex liest am Brückengeländer: "Ich liebe dich nicht mehr. Vergiss mich." Da nimmt der die Pistole und schießt sich einen Finger ab.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
Wegen fahrlässiger Tötung des Plakatklebers wird er zu drei Jahren Haft verurteilt. Im Gefängnis arbeitet er als Schweißer. Zwei Jahre später besucht ihn Michèle. Ihre Augen sind geheilt. Alex hinkt nicht mehr. Die Hand mit dem fehlenden Finger versteckt er in der Hosentasche. Am Vortrag war Michèle am Pont Neuf. Die Renovierung ist abgeschlossen. Michèle will Alex nun häufiger besuchen, aber er schlägt stattdessen vor, dass sie sich in einem halben Jahr, wenn er wieder frei ist, in der Silvesternacht auf dem Pont Neuf treffen. |
Filmkritik: |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002
Léos Carax: Die Nacht ist jung |