Katherine Mansfield: Glück (Erzählung) |
Katherine Mansfield: Glück |
Inhaltsangabe:Bertha Young, eine Frau Anfang 30, ist glücklich und wird von einem Gefühl der Seligkeit geradezu überwältigt. Sie war jung. Harry und sie liebten einander noch genauso wie früher, sie verstanden sich blendend und waren wirklich gute Kameraden. Sie hatte ein allerliebstes Baby. Um Geld brauchten sie sich keinerlei Sorgen zu machen. Haus und Garten entsprachen ganz ihren Wünschen. Und dazu hatten sie Freunde – moderne, anregende Freunde, Schriftsteller und Maler und Dichter oder Leute mit ausgeprägtem Interesse für soziale Fragen – genau die Art Freunde, die sie brauchten. Und dann gab es Bücher und Musik, und sie hatte eine wunderbare kleine Schneiderin gefunden, und im Sommer fuhren sie ins Ausland, und ihre neue Köchin bereitete die vorzüglichsten Omeletten … Den blühenden Birnbaum im Garten betrachtet Bertha als Symbol ihres Glücks. Als sie sieht, dass ihr Baby vom Kindermädchen gefüttert wird, will sie die kleine Bertha unbedingt selbst auf den Arm nehmen.
"Na ja, Ma'am, sie sollte beim Füttern eigentlich nicht in andere Hände kommen", sagte Nanny, sie flüsterte noch immer. "Das bringt sie durcheinander. Das regt sie bestimmt auf."
Bertha findet es entzückend, das Kleinkind zu füttern, das sie wie eine Puppe behandelt. "Ich hatte ein so grässliches Erlebnis mit einem Taxifahrer; er war äußerst bösartig. Ich konnte ihn nicht zum Halten bringen. Je mehr ich pochte und rief, desto schneller fuhr er. Und wie diese bizarre Gestalt mit dem plattgedrückten Kopf im Mondlicht über das kleine Rad geduckt war …" Harry ist bereits da, als endlich Pearl Fulton eintrifft. Was Miss Fulton machte, wusste Bertha nicht. Sie hatten sich im Klub kennengelernt, und Bertha hatte sich in sie verliebt, wie sie sich immer in schöne Frauen verliebte, die etwas Eigenartiges an sich hatten.
Bertha ist überzeugt, dass Pearl Fulton ebenso hochgestimmt ist wie sie. Das glaubt sie zu spüren, und sie fühlt sich zu ihr hingezogen. Es erregt sie, und sie stellt sich die geschlechtliche Vereinigung mit Harry nach der Party vor. Zum ersten Mal begehrt sie ihren Mann.
Bertha lief förmlich zu den hohen Fenstern hinüber. |
Buchbesprechung:
Katherine Mansfield erzählt zwar in der dritten Person Singular, schildert jedoch alles aus der subjektiven Perspektive der Protagonistin Bertha Young, einer verwöhnten Frau Anfang 30. Über die anderen Charaktere erfahren wir in "Glück" nur, was Bertha über sie denkt, und das ist naiv und entspricht nicht unbedingt der Realität. Sogar das Bild, das sie von sich selbst hat, ist lückenhaft, oberflächlich und illusorisch. Am Ende bleibt die Frage, ob es besser ist, die
Und die beiden Frauen standen da, Seite an Seite, und sahen auf den schlanken blühenden Baum. Obgleich ganz still, schien er sich wie eine Kerzenflamme zu strecken, zu recken, in der Helligkeit zu züngeln, wie sie hinsahen, immer höher zu wachsen, beinahe den Rand des runden silbernen Mondes zu streifen.
Die Begegnung mit Pearl Fulton erregt Bertha. Da spielt wohl eine lesbische Komponente mit, aber Bertha sehnt sich auch zum ersten Mal nach der geschlechtlichen Vereinigung mit ihrem Mann. Nachdem Bertha durchschaut hat, dass ihr Mann sie mit Pearl Fulton betrügt, bleibt der Birnbaum "so wunderschön wie zuvor". Damit drückt Katherine Mansfield vermutlich aus, dass Berthas Sexualität dauerhaft erblüht ist. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013
Katherine Mansfield (kurze Biografie) |