Dinaw Mengestu: Unsere Namen (Roman) |
Dinaw Mengestu: Unsere Namen |
Inhaltsangabe:Ein 24-jähriger Äthiopier verlässt in den Siebzigerjahren sein Heimatdorf, schlägt sich nach Addis Abeba durch und reist dann mit dem Bus quer durch Kenia. Als er die Grenze nach Uganda überquert, legt er alle Namen ab, die ihm seine Eltern gaben. In Kampala freundet er sich mit Isaac an, der wenige Wochen vor ihm in die Stadt kam, allerdings nicht aus dem Ausland, sondern aus einem Dorf in der Provinz von Uganda. Die beiden jungen Männer treiben sich an der Universität herum und träumen davon, zur gesellschaftlichen Elite zu gehören. Der namenlose Äthiopier würde gern Literatur studieren und Schriftsteller werden. Isaac geht es mehr um Politik, um die Befreiung Ugandas. Jeder aufstrebende Militante, Radikale und Möchtegernrevolutionär Ost- und Zentralafrikas fühlte sich damals unwiderstehlich von der Universität in Kampala angezogen.
Bei jeder Gelegenheit provoziert Isaac Studenten, denen anzusehen ist, dass sie aus reichen Familien stammen. Und er verteilt Flugblätter mit politischen Parolen. Vor den Augen seines Freundes bricht er mit einem Steinwurf einem Studenten den Kiefer und wird daraufhin von dessen Kommilitonen zusammengeschlagen. Als er sich von den Verletzungen einigermaßen erholt hat und wieder auftaucht, wird getuschelt, er sei bei einem Protestmarsch der Studenten vor dem Präsidentenpalast niedergeknüppelt worden. Isaac lässt die anderen in dem Glauben und pflegt den Märtyrerstatus. Nachdem bei einem Anschlag vier Soldaten getötet wurden, setzen ihn die Freunde seines Vaters, bei denen er wohnte, auf die Straße. Ich kannte weder die Regeln noch die Geschichte dieses Viertels, und so war mir entgangen, dass in letzter Zeit viele junge Männer der Gegend verschwunden waren, weshalb die Anwohner nichts als Hass für die Regierung und ihre Unterstützer übrighatten.
Als der Namenlose aus dem Krankenhaus entlassen wird, ist er obdachlos, denn sein Vermieter hält es für zu riskant, ihn länger zu beherbergen. Isaac bringt ihn in ein bewachtes Haus am Stadtrand. Offenbar verfügt er inzwischen auch über Geld. Was hat das zu bedeuten? Wem gehört das große Haus? Vier Männer in Anzügen tauchen auf. Isaac zeigt auf einen von ihnen und erklärt seinem Freund, das sei nicht nur der Besitzer des Hauses, sondern auch des Cafés, in dem er mit seinem Steinwurf eine Prügelei provozierte. Der Mann heißt Joseph. Nachdem dieser beobachtet hatte, wie Isaac zusammengeschlagen worden war, lobte er ihn für seinen Mut. Seither erledigt Isaac Aufträge für Joseph. "Dass ich seinen Vater kenne, habe ich Joseph nicht verraten, aber ich habe ihm offen meine Meinung über den Zustand des Landes gesagt: dass es noch schlimmer sei als unter den Briten. Ihm hat meine Offenheit gefallen." In Josephs Auftrag versucht Isaac die Studenten gegen das Regime zu mobilisieren. Der Überfall der Wachmänner auf die Studenten war inszeniert, um die Protestbewegung anzufachen. Isaac sagte Joseph, sein Freund sei dabei verletzt worden. Deshalb gab Joseph ihm das Geld fürs Krankenhaus und die Erlaubnis, seinen Freund in dieses Haus zu bringen. "Du darfst ihm auf keinen Fall sagen, dass du von Unbekannten auf der Straße verprügelt wurdest." Unter vier Augen sagt Joseph zu Isaacs Freund: "Du bist nicht verpflichtet, hierzubleiben. Falls du dich zum Gehen entschließt, solltest du allerdings das Weite suchen, am besten sogar das Land verlassen und zu deiner Familie zurückkehren. Du weißt sicher selbst, dass diese Stadt ein schlechter Ort ist für junge Männer wie dich. Die Lage wird sich in den nächsten Wochen und Monaten weiter verschlechtern. Ich kann gern einem meiner Männer auftragen, dich in eine Stadt nahe der Grenze zu bringen; Isaac könnte dich bis dorthin begleiten. Und wer weiß? Wenn das alles hier vorbei ist, kannst du vielleicht zu ihm zurückkommen." Als der Namenlose sich fürs Bleiben entscheidet, fordert Joseph ihn auf, sich die Straßenkarte eines Elendsviertels einzuprägen. Bald komme ein Fahrzeug, das mich an den Rand des betreffenden Viertels bringen werde. Danach müsse ich zu Fuß weiter, verkleidet als Obstverkäufer. Ein Karren sei bereits vorbereitet. Ich müsse ihn nur zu einem bestimmten Haus schieben, bevor die Sonne untergehe und die Ausgangssperre in Kraft trete. Zurückkehren könne ich am nächsten Morgen.
Nachdem der Namenlose den Obstkarren zu der angegebenen Adresse geschoben hat, wird er ins Innere des Hauses gezerrt und niedergeschlagen. Mit den im Obstkarren versteckten Waffen beginnen sieben Jungen, halbe Kinder noch, in dem Stadtviertel einen Krieg. Eine Chance haben sie nicht; der Reihe nach werden sie von Regierungssoldaten getötet. Die Aktion dient nur dazu, die Regierungstreuen abzulenken, damit Joseph unbemerkt Verstärkung aus Tansania bekommen kann.
"Leider wird es nicht dazu kommen. Er wird niemals Präsident werden, und es wird nie ein Haus mit genügend Zimmern geben, dass wir alle darin wohnen können."
Der Namenlose soll in einem Hotelzimmer warten, während Isaac etwas mit Joseph zu besprechen hat. Als Joseph eintrifft, steht Isaac mit verschränkten Armen im Innenhof, als wäre er der auf seine Gäste wartende Hotelbesitzer. Kurz darauf schaut der Namenlose wieder aus dem Fenster. Joseph wird von Soldaten umringt, während seine Leibwächter sich in eine Ecke des Hofs zurückgezogen haben. Der Anführer der Männer erklärt Joseph etwas und streckt ihn dann mit einem Kopfschuss nieder. "Es musste sein. Es ging nicht anders", sagte er. Und weil ich wusste, dass er Joseph geliebt hatte, glaubte ich ihm. Dann reicht Isaac ihm einen kenianischen Pass.
"Er enthält noch kein Foto", erklärte er. "Darum musst du dich selbst kümmern, sobald du die Grenze überquert hast. Der Pass gehört jetzt dir." Isaac bekam die Papiere, Geld und ein Flugticket von Joseph. Nun reicht er alles an seinen Freund weiter, denn er wird in Uganda bleiben. – – –
In Laurel/Maryland erhält die Sozialhelferin Helen von ihrem Büroleiter David den Auftrag, einem Afrikaner namens Isaac Mabira bei Behördengängen und dergleichen beizustehen. Als ich Isaac kennenlernte, war ich schon fast eine "nicht mehr ganz so junge Frau", wie meine Mutter es ausgedrückt hätte. Ihrer Ansicht nach machte mich mein fortgeschrittenes Alter verwundbar. In Maryland gibt es zwar keine offizielle Rassentrennung mehr, aber als Helen mit dem Afrikaner in einen Diner geht, in dem sie noch nie einen Schwarzen sah, schickt der Inhaber die Bedienung mit der Frage zu ihr an den Tisch, ob sie das Essen mitnehmen wolle. Helen wird die von ihr selbst heraufbeschworene Situation nun doch unangenehm, aber Isaac sagt: "Ich werde nicht einfach weglaufen. [...] Ich bleibe und esse zu Mittag."
Zwei Wochen nach ihrer ersten Begegnung küssen Helen und Isaac sich. Sie werden ein Paar, achten aber darauf, dass niemand etwas von der Liebesbeziehung erfährt. |
Buchbesprechung:
Eine Hälfte des Romans "Unsere Namen" spielt in Uganda, die andere in den USA. Von Kapitel zu Kapitel wechselt Dinaw Mengestu zwischen den beiden Schauplätzen und Ich-Erzählern: einem 24-jährigen Äthiopier und einer sechs Jahre älteren Amerikanerin. Der Afrikaner ist zunächst nicht nur heimat-, sondern auch namenlos. Er erzählt von blutigen Umsturzversuchen in Uganda in den
|
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014 |