Rolf Schübel: Ein Lied von Liebe und Tod. Gloomy Sunday mit Joachim Król, Erika Marozsán u.a. |
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Inhaltsangabe: Hans Eberhard Wieck (Rolf Becker) feiert mit seiner Frau, dem deutschen Botschafter in Ungarn und einigen anderen Honoratioren seinen 80. Geburtstag in dem Restaurant "László Szabo" in Budapest. In den 30er Jahren – vor einem halben Jahrhundert – saß er hier oft. Er bestellt "Rollfleisch" (Rouladen) und fordert das musizierende Zigeunerduo auf, das "berühmte Lied" zu spielen. Sein Blick fällt auf das Foto einer schönen jungen Frau. Er erinnert sich. László Szabo (Joachim Król) führt in den Dreißigerjahren in Budapest ein gepflegtes Restaurant, und seine Geliebte Ilona Várnai (Erika Marozsán) hilft beim Bedienen der Gäste. In ein gehobenes Restaurant gehöre ein Flügel, findet László, kauft einen und sucht danach gemeinsam mit Ilona einen geeigneten Pianisten aus. Ihre Wahl fällt auf András Aradi (Stefano Dionisi). László merkt bald, dass András gegenüber Ilona nicht gleichgültig bleibt, aber er steht zu seiner Überzeugung, man müsse die Menschen frei entscheiden lassen. Weil András sich keinen geeigneten Anzug leisten kann, kauft László ihm einen. Mit der Zeit befreunden sich die beiden Männer. Ein junger Deutscher namens Hans Eberhard Wieck (Ben Becker), der einige Zeit geschäftlich in Budapest zu tun hat, isst jeden Tag bei László Szabo "Rollfleisch" – und verschlingt dabei das attraktive Fräulein Várnai mit seinen Augen. So erlebt er auch, wie László, die Kellner und das Küchenpersonal Ilona an ihrem Geburtstag hochleben lassen und András ihr ein Lied widmet, das er selbst komponiert hat. Er nennt es "Das Lied vom traurigen Sonntag", aber es hat noch keinen Text. Das melancholische Lied, das er am Klavier spielt, bewegt die Gäste – ![]() András möchte mit László über Ilona reden, aber der lehnt es ab: "Was hat das für einen Zweck?" Ilona liebt sie offenbar beide, und er möchte sie nicht zwingen, sich zwischen den beiden Männern zu entscheiden, denn eine mit András geteilte Ilona ist ihm lieber als gar keine Ilona. So richten sie sich in einem Dreiecksverhältnis ein, das hin und wieder durch einen eifersüchtigen Streit der befreundeten Männer getrübt wird. Wieck schickt das Foto, das er von Ilona aufnahm. László legt es ihn einen Rahmen und stellt es im Restaurant auf. Als drei Manager einer Plattenfirma bei László Szabos zu Abend essen, fordert er András auf, "Das Lied vom traurigen Sonntag" zu spielen. Noch am selben Abend bitten die Herren den Pianisten und den Wirt an ihren Tisch. László achtet darauf, dass András nicht übervorteilt wird und erreicht außerdem eine vertragliche Verpflichtung der Plattenfirma, überall das Restaurant zu nennen, in dem das Lied komponiert wurde. Nach den ersten Rundfunkübertragungen ist das Restaurant jeden Abend ausgebucht. Das Lied geht um die Welt, und die Zeitungen berichten darüber, dass Hunderte von Selbstmördern zuletzt die Platte spielten. Während des Krieges wird Hans Eberhard Wieck als SS-Standartenführer nach Ungarn abkommandiert, wo er jüdische Firmen für den deutschen Staat übernehmen soll. Mit Drohungen zwingt er beispielsweise die Familie Mendel, ihr Unternehmen für 600 000 Dollar aufzugeben, obwohl allein die Fabriken mehr als 60 Millionen wert sind. Beim ersten Wiedersehen mit László Szabo beteuert er, es bleibe zwischen ihnen natürlich beim "Du", aber vor anderen Leuten solle ihn László besser "Herr Standartenführer" nennen. Er weiß, dass László Szabo Jude ist, aber er setzt dessen Namen auf eine Liste von Leuten, gegen die ohne seine persönliche Einwilligung nichts unternommen werden darf und fordert seinen Freund auf, ihm jeden Abend heimlich zwei, drei Juden vorzustellen, denen er zur Flucht in die Schweiz verhelfen kann. 1000 Dollar pro Person müssten sie aber schon bezahlen können. Der fanatische Obersturmbannführer Eichbaum (Sebastian Koch), den Hans Wieck eines Abends mitbringt, um mit ihm "Rollfleisch" zu essen, betrinkt sich, stürzt beim Verlassen des Restaurants, und als der Wirt ihm aufhelfen will, schlägt er ihn brutal zusammen. Da bittet László Szabo seinen deutschen Freund, Ilona an seiner Stelle nach Hause zu begleiten. Hans Wieck ist inzwischen verheiratet, und er beteuert, nicht fremdzugehen. Mit Ilona wäre es allerdings etwas anderes, denn sie sei kein Mensch, sondern ein Engel. Unbeeindruckt entzieht sie sich seinen Küssen. Einige Tage danach sucht sie ihn jedoch in seinem Büro auf und bittet ihn um einen Ausreiseschein für László. András hat Wieck aus Ilonas Wohnung kommen sehen und ihren Besuch im SS-Quartier beobachtet. Eifersüchtig fragt er sie, ob ihr zwei Männer nicht genug sind. Bei einem Besuch mit Standartenführer Schnefke (László I. Kish) in Lászlós Restaurant verlangt Hans Wieck von András, "Das Lied vom traurigen Sonntag" zu spielen, aber der Pianist weigert sich und hört auch nicht auf Ilona, die ihn anfleht, sich ans Klavier zu setzen. Um das Schlimmste zu verhindern, beginnt sie das Lied zu singen. Da greift auch András in die Tasten. Nach dem Vortrag eilt Ilona hinaus. Sie hört einen Schuss. András hat sich mit Wiecks Pistole erschossen. Als László Szabo einige Zeit später gerade sein Haus verlässt, fahren SS-Männer vor und fragen eine Nachbarin am Fenster nach ihm. Durch Zufall ist er den Deutschen entkommen. Sobald sie weg sind, kehrt er zurück, schreibt einen Abschiedsbrief und nimmt aus einem verschlossenen Schreibtischfach das Fläschchen Gift, das sich András einmal besorgte. Dann schaut er sich noch einmal in seinem Restaurant um. In diesem Augenblick stürmen SS-Männer herein und verhaften ihn. Verzweifelt rast Ilona mit dem Fahrrad zu Hans Wieck und bittet ihn, seinem Freund zu helfen. Er beruhigt sie. Natürlich werde er das tun. Knopf für Knopf reißt er ihr die Bluse auf. Weil sie glaubt, László damit retten zu können, lässt sie alles über sich ergehen. Wieck eilt zum Bahnhof, wo gerade Juden in einen Viehwaggon verladen werden. Als László ihn sieht, schöpft er neue Hoffnung. Doch Wieck beachtet ihn nicht und holt mit einer Sondergenehmigung von Obersturmbannführer Eichbaum einen anderen Juden heraus, der ihm nützlicher erscheint. Ilona findet in Lászlós Büro den Abschiedsbrief und das Giftfläschchen. Neun Monate später wird sie von einem Sohn entbunden. Hans Eberhard Wieck wird nach dem Krieg dafür geehrt, dass er "unter Einsatz seines Lebens" tausend Juden aus Budapest zur Flucht verhalf, und es gelingt ihm, das größte Import- und Export-Unternehmen der Bundesrepublik Deutschland aufzubauen. Seinen 80. Geburtstag feiert er in dem von Ilona und ihrem Sohn geführten Restaurant "László Szabo". Mit feuchten Augen hört er "Das Lied vom traurigen Sonntag". Plötzlich ringt er nach Luft, steht taumelnd auf und bricht tot zusammen. Als die Gäste gegangen sind und der Leichnam abgeholt worden ist, öffnet der Restaurantbesitzer eine weitere Flasche Sekt und geht damit in die Küche. Dort kippt seine Mutter gerade den Rest des Giftes weg und spült das Fläschchen aus. |
Filmkritik: |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002
Rolf Schübel: Blueprint |