Günther Thomé: ABC und andere Irrtümer über Orthographie, Rechtschreiben, LRS, Legasthenie (Sachbuch) |
Günther Thomé: ABC und andere Irrtümer über Orthographie, Rechtschreiben, LRS, Legasthenie |
Inhaltsangabe und Buchbesprechung:
Der an der Johann Wolfgang von Goethe-Universität in Frankfurt/M lehrende Sprachwissenschaftler und -didaktiker Prof. Dr. Günther Thomé stellt in dem Buch "ABC und andere Irrtümer über Orthographie, Rechtschreiben, LRS, Legasthenie" neun Thesen auf. Dabei legt er einer Figur mit Namen Bisher Dachtemann Meinungen in den Mund, die mit einer Ausnahme von dem Kontrahenten Dagegen Weißmann als weit verbreitete Irrtümer entlarvt werden. Nach zehn Jahren Schulbesuch (und zum Teil schon vorher) verlassen in Deutschland deutlich zu viele Jugendliche die Schule ohne ausreichende Rechtschreibkenntnisse. Gleichzeitig gibt es immer weniger sprachdidaktische Forschungsvorhaben zum Schriftspracherwerb und eine qualifizierte Deutschlehrerausbildung tendiert in diesem Bereich gegen Null. (Katja Siekmann und Günther Thomé, Der orthographische Fehler. Grundzüge der orthographischen Fehlerforschung und aktuelle Entwicklungen, Seite 9) Dabei ist eine ausreichende orthographische Kompetenz nicht nur in der Schule von großer Bedeutung. Die Orthographie beeinflusst den Erfolg in allen Schulfächern, da das Verfassen als gut bewerteter Texte auch abhängig ist von der Rechtschreibkompetenz. Wer orthographische Defizite aufweist, verringert nicht nur seine Chancen in vielen Bereichen unserer Gesellschaft, sondern baut unter Umständen sogar große Barrieren für seine Persönlichkeitsentwicklung auf. (Katja Siekmann und Günther Thomé, a. a. O., Seite 219)
Beim Gehen müssen wir nicht überlegen müssen, wie wir das Gewicht verlagern und einen Fuß vor den anderen setzen. Auch Grammatik- und Orthographie-Regeln verwenden wir unbewusst. Anders wäre ein lebhaftes Gespräch gar nicht möglich. Wie nützlich sind Rechtschreib-Regeln überhaupt? Günther Thomé hält den Nutzen für relativ gering. Wäre es anders, bestünde der Duden nicht im Wesentlichen aus einem Wörterverzeichnis, und wir würden Regeln statt Wörter nachschlagen. Der Vogel wirft seine Eier nicht etwa ins Feuer, damit die Jungen schneller ausschlüpfen, sondern brütet sie ganz langsam mit der natürlichen Wärme aus.
Viele glauben, dass Lesen die Rechtschreibung verbessert. Günther Thomé bezweifelt das und weist darauf hin, dass sich bei der bereits erwähnten DESI-Studie statistisch kein Zusammenhang zwischen Lese- und Rechtschreib-
Zusammengefasst kann von einer reflexiv-rezeptiven Dimension (Lesen, Wortschatz, Argumentation, Sprachbewusstsein) und einer produktiven Dimension (Rechtschreiben und Testproduktion) [...] gesprochen werden.
Die gängige Ansicht, dass man durch Diktate das Rechtschreiben schule, ist Günther Thomé zufolge schlichtweg falsch. Er meint, Diktate seien geradezu gefährlich, weil sie mit "normalen" Texten meistens nichts zu tun haben, sondern von orthographischen Fallen wimmeln. Das kann schnell dazu führen, dass "Kinder, die eigentlich über eine leidliche Rechtschreibkompetenz verfügen und die einen sprachlich unauffälligen Text einigermaßen fehlerfrei produzieren, aber nicht einer Anhäufung orthographischer Absurditäten [...] gewachsen sind" den falschen Eindruck vermittelt bekommen, sie seien Legastheniker. Im ein oder anderen Fall führt das sogar zu psychischen Störungen. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012 |