Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik

 

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12 Bücher für untern Baum

ausgewählt von Herbert Debes





 

Horizonte erweitern

In ihrem umfangreichen Findebuch erzählt Maria Popova von Menschen, die außerhalb bestehender Kategorien gedacht und gelebt haben.
Sie porträtiert brillante Denkerinnen und Denker aus der Wissenschaft, Kunst und Literatur. Sie erkundet miteinander verwobene Lebensgeschichten aus vier Jahrhunderten; angefangen bei dem Astronomen Johannes Kepler bis hin zu der Meeresbiologin Rachel Carson, deren Werk als Katalysator für die heutige Umweltbewegung gilt.
Zwischen diesen beiden Biographien schlägt das Buch einen weiten Bogen und porträtiert Menschen, deren Beitrag in Wissenschaft und Kultur unsere Wahrnehmung und Wertschätzung der Welt für immer verändert hat. Unter ihnen die Astronomin Maria Mitchell und die Bildhauerin Harriet Hosmer, die Frauen den Weg in die Wissenschaft und die Kunst geebnet haben, die Journalistin Margaret Fuller, eine Pionierin der amerikanischen Frauenbewegung, und die Dichterin Emily Dickinson. Basierend auf diesen Lebensgeschichten erörtert Popova die großen Fragen unserer Zeit: Wie geht gutes, sinnerfülltes Leben? Wie können wir unsere Gesellschaft nachhaltig verändern? Was macht persönliches Glück aus?
Ein bemerkenswertes Buch, das uns auffordert, gerade in der heutigen Zeit eigene Überzeugungen und Visionen zu entwickeln und für sie einzustehen.
Maria Popova, geboren 1985 in Bulgarien, lebt und arbeitet in New York und schreibt über das, was sie liest auf ›Brain Pickings‹ (brainpickings.org), die seit 2012 zum permanenten Library of Congress Digital Archive gehören.

Maria Popova - Findungen - Aus dem Amerikanischen von Stefanie Schäfer, Heike Reissig und Tobias Rothenbücher - Diogenes - Leinen, 896 Seiten - 978-3-257-07127-6 - 28,00

Selbstfindungsprozess

Das opulente Romandebüt von Karl Ove Knausgård hat viele Schichten. Es erzählt die Geschichte einer Kindheit und Jugend im Norwegen der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, in einer Familie und einer Welt, in der Scham und Schuldgefühle zu den stärksten Triebfedern überhaupt gehören. Es ist das Debüt eines jungen Schriftstellers, eine tabulose Erkundung seines Egos.
Kurz vor der Jahrtausendwende, im Norden Norwegens arbeitet der junge Henrik Vankel als Aushilfslehrer. Selbsthass, Einsamkeit und Schamgefühle bestimmen sein Leben. Schon lange ist er aus der Welt gefallen, versteht die Zeichen seiner Mitmenschen nicht mehr. Traum und Realität vermischen sich. Dann, eines Tages klar wird, dass er sich verliebt hat. In eine seiner Schülerinnen. Eine eigentlich unmögliche Liebesgeschichte. 

Karl Ove Knausgård - Aus der Welt
- Roman - Aus dem Norwegischen von Paul Berf - Luchterhand - 928 Seiten - 26,00 € - 978-3-630-87437-1


Politik & Verbrechen

James Ellroys Bedeutung für die amerikanische Literaturgeschichte reicht weit über das Krimi-Genre hinaus. Er ist der stilsichere Chronist jener dunklen Seite der USA, auf der Politik und Verbrechen bis heute so eng verzahnt sind, daß niemand mehr sagen konnte, wer tatsächlich die Macht inne hatte, wer das Land eigentlich regiert, wer Opfer und wer Täter ist. Die Guten und die Bösen? Bei Ellroy gibt es keine Guten, selbst die meisten Opfer haben Dreck am Stecken, und sei es »nur« Erpressung, Verleumdung oder Diebstahl von vertraulichen Dokumenten. Hat man sich in seinen Bücher erst einmal festgelesen, kommt man so leicht nicht mehr raus...
Es ist der Vorabend des Angriffs der Japaner auf Pearl Harbor. Amerika steht kurz vor dem Kriegseintritt. In Los Angeles wird eine japanische Familie tot aufgefunden. Handelt es sich um Mord oder rituellen Selbstmord? Die Ermittlungen bringen vier Menschen zusammen: einen brillanten Forensiker, japanisch-amerikanischer Abstammung, eine junge Frau, von einer unbändigen Abenteuerlust getrieben, einen Polizisten, den es wirklich gab: William H. "Whiskey Bill" Parker, später Chef des LAPD, und einen, der ein Produkt von Ellroys unnachahmlicher Phantasie ist: Dudley Smith, die perfide Verkörperung des Bösen.

James Ellroy - Jener Sturm - Roman - Aus dem Amerikanischen übersetzt von Stephen Tree - Ullstein Hardcover - 976 Seiten - 35,00 € - 9783550050411
James Ellroy - Perfidia
- Roman - Aus dem Amerikanischen übersetzt von Stephen Tree - Ullstein Hardcover - 960 Seiten - 18,00 € - 9783548291659


Der lange Weg zum Mond

Der promovierte Physiker Daniel Mellem wurde für sein Roman-Debut »Die Erfindung des Countdowns« bereits mit dem Retzhof-Preis für junge Literatur und dem Hamburger Literaturförderpreis ausgezeichnet. Die Hauptfigur seiner Romanbiografie ist der Physiker und Raumfahrt-Pionier Hermann Oberth. Zu den Beweggründen für sein Buch befragt, meint Daniel Mellem: »Oberths Leben war eines voller Sehnsüchte und Verfehlungen, voller Rückschläge und Neuanfänge. Zweifelsohne war er einer der wichtigsten Raketenpioniere. Als Schüler las er Jules Verne und träumte davon, zum Mond zu fliegen. Während des Studiums in den 1920er Jahren führte er fort, was er schon als Jugendlicher begonnen hatte: die Entwicklung eine Rakete, um mit ihr in den Weltraum vorzudringen. Dafür wurde er von den Professoren verlacht. Aber Oberth kämpfte weiter für seine Idee. Ende der 1920er Jahre kam er zum Film. Jemand wie Oberth, der wenig glamourös war, das muss man sich einmal vorstellen. Damals heuerte ihn kein Geringerer als Fritz Lang als wissenschaftlichen Berater für seinen Film »Frau im Mond« an. Oberth sollte eine echte Rakete zu Werbezwecken bauen. Aber auch das ging schief. Danach geriet Oberth auf Abwege. Unter seinem ehemaligen Schüler Wernher von Braun arbeitete er schließlich sogar an der »Vergeltungswaffe« der Nazis, der V2, mit. Die Terrorrakete forderte vor allem in London und Antwerpen tausende Menschenleben. Als der Mensch 1969 zum Mond flog, saß Oberth dann auf der Zuschauertribüne in Cape Canaveral, USA. Die Apollo-11-Mission ging entscheidend auf seine Grundlagenforschung zurück. Hermann Oberth war einer der wenigen Utopisten, die ihre Utopie verwirklicht sahen. Dennoch war er vor allem eine tragische, streitbare Figur der Zeitgeschichte. Sie sehen, warum so jemand für einen Schriftsteller interessant ist.«
Natürlich ist Mellems Romanfigur nicht deckungsgleich mit der historischen Figur Hermann Oberth, dessen Biographie von Siebenbürgen über Berliner Schrottplätze und Peenemünde bis nach Cape Canaveral führt. Ein spannender, lehrreicher Schmöker der gehobenen Art für Alle, die wissen wollen, wie es nach Jules Verne weiterging.

Daniel Mellem - Die Erfindung des Countdowns
- Roman - dtv - 288 Seiten - 23, 00 € - 978-3-423-28238-3 - Leseprobe

Als falscher Fürst Lahovary

steckte er alle in die Tasche, betörte die Schönen und Reichen und brachte es sogar zu künstlerischen Ehren: Thomas Mann setzte ihm mit dem »Felix Krull« ein weltliterarisches Denkmal, und Ernst Lubitsch huldigte ihm in der Filmfigur des Juwelendiebs »Gaston Monescu«.
Fürst Lahovary (1871–1908) kam als Georgiu Mercadente Manulescu in der Walachischen Tiefebene am Fuß der Karpaten zur Welt. Mit vierzehn floh er als blinder Passagier nach Konstantinopel, betörte in Athen die griechische Königin und brach mit dreiundzwanzig nach Halifax, Chicago, San Francisco, Honolulu und Yokohama auf. Zurück in Europa, beklaute er die Hautevolee von Paris, London und Nizza, heiratete als »Fürst« von eigenen Gnaden eine deutsche Gräfin und renommierte als Boxer, Segler und Motorbootfahrer, vor allem aber als Tartüff der mondänen Welt. 1905 erschienen seine Hochstapler-Memoiren und wurden ein Sensationserfolg. Als er mit nur siebenunddreißig Jahren in Mailand starb, hinterließ er zwölf Anzüge, vierzig Seidenhemden, zehn Paar Lackschuhe und einen gefälschten Adelsbrief.
Hoteldieb, Hochstapler, Glücksspieler. Georges Manolescu, um 1900 eine Weltberühmtheit, gebot über alles, was es braucht, um die Welt im großen Stil zu betrügen: gutes Aussehen, Charme, Geistesgegenwart, 1-A-Manieren, Chuzpe und »ein elastisches Gewissen«. Seine Memoiren waren Manolescus wohl raffiniertester Clou. Hier erfährt man amüsiert, mit welchen Bluffs sich der arme Schlucker aus der rumänischen Provinz in schwindelnde Höhen emporschwindelte. Ein großes Lesevergnügen über die Möglichkeiten auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten.

Fürst Lahovary/Georges Manolescu - Mein abenteuerliches Leben als Hochstapler - Aus dem Französischen von Paul Langenscheidt - Mit Nachwort von Thomas Sprecher  - Manesse - 448 Seiten - 24,00 € - 978-3-7175-2514-1 - Leseprobe


Schreiben als Schutzraum

Lily King erzählt uns diesmal die Geschichte von Casey. Als ihre Mutter plötzlich stirbt und Luke sie aus heiterem Himmel verlässt, verliert die junge Frau den Boden unter den Füßen. Ohne wirklichen Plan landet sie mit einem Schuldenberg aus dem Studium in Massachusetts, wo sie beginnt, als Kellnerin zu arbeiten. Bei ihren Versuchen, sich aus einem Netz von Abhängigkeiten zu befreien, gerät sie immer wieder in Situationen, in denen Männer ihre Macht gegen sie ausspielen. Die einzige Konstante in ihrem Leben bleibt der Roman, an dem sie seit sechs Jahren arbeitet. Das Schreiben wird ihr zum Schutzraum. Aber ist sie mit 31 Jahren nicht zu alt, um sich an den losen Traum eines Lebens als Schriftstellerin zu klammern? Ihre Entscheidung für das richtige Leben ist auch eine Entscheidung zwischen zwei Männern.

Lily King - Writers & Lovers - Roman - Aus dem Englischen von Sabine Roth - C.H. Beck - 319 Seiten - 24,00 € - 978-3-406-75698-6 -
Leseprobe

Artikel online seit 29.11.20
 

Frontbericht

Nach vier Jahren einer fatalen Präsidentschaft sind die USA eine wütende, nur noch im Hass vereinte Nation – und erleben in der gegenwärtigen Weltkrise eine multiple Katastrophe. Der ehemalige Chefredakteur des SPIEGEL Klaus Brinkbäumer und der Dokumentarfilmer Stephan Lamby berichten von den zahlreichen Fronten. Ihr Buch ist eine investigative Reportage über ein zerfallendes Land, das seinen Kompass und seine Wahrheiten verloren hat.
Die Vereinigten Staaten befinden sich mitten in einem neuen Bürgerkrieg, der mit den Waffen der Mediengesellschaft ausgetragen wird - und erleben in der Weltkrise 2020 eine multiple Katastrophe. Klaus Brinkbäumer und Stephan Lamby berichten von den zahlreichen Fronten. Die unterschiedlichen politischen Lager haben ihre diplomatischen Beziehungen abgebrochen und stehen sich auf medialen Schlachtfeldern gegenüber. Die Kombattanten sind das Weiße Haus, Fox News, rechte Trolle und ultrakonservative Radiomoderatoren auf der einen, CNN, New York Times, Washington Post und progressive Blogger auf der anderen Seite. Apokalyptische Szenarien, wahnhafte Verdrehungen und permanente Attacken gegen den Feind bestimmen den politischen Alltag.

Klaus Brinkbäumer / Stephan Lamby - Im Wahn - Die amerikanische Katastrophe - C.H. Beck - 391 Seiten - 22,95 - 978-3-406-75639-9 - Zum Special

E
in neues Weltbild?


Unsere Epoche ist durch zwei extreme Phänomene gekennzeichnet. Zum einen die rasante Zunahme an Komplexität der politischen, wirtschaftlichen und technologischen Zusammenhänge. Zum anderen die Geschwindigkeit des Wandels, die sich ebenfalls selbst immer mehr beschleunigt. In weiten Teilen von Politik, Wirtschaft und Technologie haben wir in den letzten 30 Jahren einen Grad der Komplexität und ein Tempo des Wandels erreicht, denen unsere herkömmlichen Denk- und Handlungsmodelle nicht mehr gewachsen sind. Folge davon sei eine »strukturelle Handlungsunfähigkeit«, die besonders hinsichtlich der langfristig-strategischen Herausforderungen unserer Epoche zu beobachten ist. Nach von Müller reicht es nicht, diesen Phänomenen nur mit technischen Mitteln zu begegnen, vielmehr sei eine radikalen Veränderung unserer Denkweise notwendig. Ein komplettes Umdenken müsse bei unserem strukturell verengten Zeitverständnis anfangen.

Uns prägt die Wahrnehmung des »tempus fugit« – die Zeit entflieht. Und wir versuchen, uns durch Macht, Besitz und Kontrolle dem Entzug entgegenzustemmen. Wenn man die Zeit aber genau andersherum denke und wahrnehme, wird das Phänomen der Gegenwart zum Dreh- und Angelpunkt der Zeit. »In dem wir die Zeit auf ihren sekundären, sequenziellen Aspekt und – Hand in Hand damit – die Wirklichkeit auf Fakten (…) reduzieren, verpassen wir das Beste: Die Selbstentfaltung der Wirklichkeit im Zeit-Raum der Gegenwart.« Daraus folgt »Tempus donat« als neues Bild: »Die Zeit schenkt uns das ständig neue Sich-Ereignen der Wirklichkeit, das sich im Zeit-Raum der Gegenwart als »konstellative Selbstentfaltung« zuträgt«. Von Müller verfolgt diesen Denkansatz bis hin zu konkreten Lösungsansätzen für Politik, Wirtschaft, Bildung und Medizin.
So entwirft von Müller nicht weniger als die Umrisse eines neuen Weltbildes, das unser Verständnis von Zeit und Wirklichkeit grundlegend verändern kann.

Albrecht von Müller - Die Selbstentfaltung der Welt - Eine Einladung, Zeit und Wirklichkeit neu zu denken und mit Komplexität anders umzugehen - Siedler-Verlag 2020
ca. 496 Seiten - € 26,00 - 978-3-8275-0094-6

Mit Winkel und Zirkel

John Dickie ist Historiker am University College London und Mafiaexperte. Nach einem Radiointerview, in dem er die Mafia als »Freimaurer für Kriminelle« bezeichnet hatte, wurde er zu einem Gespräch in die Freimaurerloge gebeten. Dies war der Anfang einer ertragreichen Reise auf den Spuren der Freimaurer – von Washington über New York nach Rom, Neapel, Wien und Paris. Dickie, selbst kein Freimaurer, erklärt uns diesen mysteriösesten aller Geheimbünde, ohne dabei je die kritische Distanz zu verlieren und liefert die erste umfassende und seriöse Geschichte des Geheimbunds der Freimaurer, der seit seiner Gründung im 18. Jahrhundert die politischen und kulturellen Geschicke des Westens beeinflußt hat.
Mozart, Goethe, Friedrich der Große, George Washington, Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill waren allesamt Freimaurer. Wie weit reicht ihre Macht wirklich? Haben die Freimaurer tatsächlich die Französische Revolution ausgelöst? Stecken sie gar hinter den Serienmorden von Jack the Ripper? steht ihr Griff nach der Weltherrschaft unmittelbar bevor? Dickie entschärft die polpulären Mythen und deckt das fundamentale Paradox auf, wie ausgerechnet ein geheimer und exklusiver Männerbund entscheidend zur Verbreitung der westlichen Werte von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität beigetragen hat. Ein unterhaltsames, lehrreiches Buch, auf jeden Fall spannender als jedes Dan-Brown-Desaster.

John Dickie - Die Freimaurer – Der mächtigste Geheimbund der Welt - Übersetzt von Irmengard Gabler - S. Fischer - 560 Seiten - 26,00 € - 978-3-10-397335-8

Wie wir wurden, was wir sind

1843 – Die berühmte Opernsängerin Pauline Viardot reist nach Russland, wo die Eisenbahnstrecken gerade ausgebaut werden und europäische Ideen auf der Tagesordnung stehen. An ihrer Seite der Kunstkritiker Louis Viardot, ihr Ehemann. Während Pauline in St. Petersburg auftritt, kann ein Schriftsteller im Publikum seinen Applaus kaum im Zaum halten. Iwan Turgenew wird von nun an der ständige Begleiter der Viardots sein: Es entfaltet sich eine lebenslange Dreiecksbeziehung, in der sich die Entwicklung einer neuen Epoche spiegelt: die Moderne. In "Die Europäer" erzählt Orlando Figes nicht weniger als die Entstehung unseres kulturellen Selbstverständnisses.

Orlando Figes - Die Europäer - übersetzt von Bernd Rullkötter - Hanser Berlin - 640 Seiten - 34,00 € - 978-3-446-26789-3

On the Road

In den späten 1930er-Jahren gewährte ein neuer Highway an der Küste Kaliforniens erstmals einer breiteren Öffentlichkeit Zutritt zu einem Landstrich voller Naturwunder: Big Sur. Angezogen von der Aura dieses Küstenstreifens, versuchten sich in der Folge namhafte Künstler wie Henry Miller, Joan Baez oder Jack Kerouac an einem Dasein in der Einsamkeit und erprobten einen Lebensstil, der heutzutage kaum noch Aufsehen erregt, seinerzeit aber Wagemut und Pioniergeist erforderte: das Aufgehen im Naturerlebnis, Kontemplation und Konzentration aufs Wesentliche. In seinem facettenreichen Porträt dieser mythischen Landschaft zeigt Jens Rosteck, wie Big Sur das Schaffen mehrerer Künstlergenerationen in einer Weise prägte, die bis heute Widerhall nicht nur in der amerikanischen Kultur erzeugt.

Jens Rosteck - Big Sur - Eine Küste und ihre Künstler - Geschichten einer unbezähmbaren Küste - mare Verlag - 256 Seiten - 22,00 € - 978-3-86648-625-6

Wer war Gretha Jünger?

»Resignation ist meine Sache nicht.« Aufgewachsen im wilhelminisch- preußischen Hannover, lehnte sie die zeittypische weibliche Sozialisation ab, befreite sich aus der bürgerlichen »Gretchen-Welt«, um erst die Bühne zu erobern und später Schriftstellerin zu werden. Ein Leben lang rang die belesene Gretha geb. von Jeinsen um weibliche und künstlerische Autonomie, doch ihr männlich geprägtes Umfeld sowie das zutiefst asymmetrische Geschlechterverhältnis zwischen ihr und Ernst Jünger prägen ihr Leben nachhaltig.
Von Kaiserreich und Weimarer Republik spannt sich ihr Leben über zwei Weltkriege hinweg. Diese Biographie macht das Leben einer Frau sichtbar, die sich stets im Spannungsfeld zwischen Selbstbehauptung und Konvention bewegte. Ihr Leben und ihre literarischen Arbeiten spiegeln all jene Zwänge, die aus den politischen Umbrüchen und intellektuellem Leben hervorgehen. Pianistin, Bühnenkünstlerin, Literatin und Briefeschreiberin und Ehefrau von Ernst Jünger. So wird in dieser Biographie in besonderer Intensität das Leben einer Frau und Künstlerin erzählt, in dem sich ein halbes Jahrhundert deutscher Kultur- und Politikgeschichte spiegelt. Eine ebenso spannende wie unterhaltsame Lektüre.

Ingeborg Villinger  - Gretha Jünger - Die unsichtbare Frau - Klett-Cotta - 464 Seiten - 26,00 € - 978-3-608-98352-4
 


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