Gedichte 1988 bis 2021 – Leseprobe
Aus: Der Mittag
Wir haben den Mittag
gesehen gleißend im Sand
über Wasser grell an der
Wand an der Mauer dürr auf
den Balken voll Staub
in den Spinnweben
trocken zwischen den
Beeten ausgebleicht
am Tor
(1. Strophe, S. 54)
Ein Gleiches
Ah, wenn wir fallen,
bleiche Spießgesellen,
Ah, wenn der Tau der Töne
unsern Wünschen gleicht,
Und wenn der Mond
auf eisernen Gazellen
Reitend am Strand
die Weiden bleicht,
Da gleichen sich
die Bilder wie aus Rauch
Und unsern Schatten
trägt kein seiden Kissen:
Der Kavalkade werd ich
folgen müssen,
Und was sie schreibt:
bald folgst du auch.
(S. 26)
Anrufung des Wassers
Wasser. Anfang und Omega. Om.
Wasser, Wasser, Wasser.
Mutter des Wassers, himmlische Flut.
Wasser, wiegende Woge, wogendes Gut.
Fließende Welle, gießende, helle, rauschende Flut.
Fliehende Wiege, ziehende Woge, schäumende Flut.
Gütiges Wasser, treibendes Wasser, schwebend und gut.
Trinkendes Wasser, blinkenes Wasser, rettende Flut.
Lebende labende
Tropfende jagende
Triefende tragende
Welle und Flut.
Wiegende wogende
Mächtig gezogene
Donnernde Flut.
Rieselnde rasende
Stiebende strahlende
Stürzende Flut.
Walle Wasser
Fließe fliehe
Flüchtend flüchtig
Übern Schlund.
Hebe helle
Well' um Welle
Sand und Steine
Auf vom Grund.
(S. 7)
© 2022 Wieser Verlag, Klagenfurt