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Leseprobe: Armin Thurnher - "Der Übergänger."

Der Beruf des Verlegers bestand, wenn man es recht bedachte, hauptsächlich im Absagen, das musste einer können, ohne dabei in Verlegenheit zu geraten. Die Petenten gaben dem Verleger ihre Eingebungen als Pfand, und er lieh ihnen dafür sein Ohr für dehnbare Frist, aber am Ende der Frist forderte er ein Werk. Unselig die Beliehenen, denn sie besaßen auf kurze Zeit sein Ohr, ihr Werk aber gehörte für immer ihm. Selig die, denen er absagen musste, denn sie brauchten nichts zu liefern. Seine Absage war für sie eine Gnade, die sie weder verstanden noch zu schätzen wussten.
Nicht nur abzusagen war die Aufgabe des Verlegers, sondern auch anzusagen. Ansagen zu machen, wenn es um die Zukunft seines Gewerbes ging, einer ratlosen Branche den Lotsen zu geben, der durch kräftige Rufe den einzig möglichen Kurs weist. Auch diese Lotsenhaftigkeit war dem unverlegenen Verleger zugewachsen, umso mehr galt sein Ohr, als er ein Rufer geworden war, umso mehr hob es den empor, der in dieses Ohr rufen sollte, in das Ohr eines Mannes, auf dessen Rufe rundherum alles hörte, dessen Ansagen alles erwartete. Und wenn es nur um die Ansage eines Verlagsabends ging, an dem einleitende Worte zu sprechen waren, begrüßende und solche, welche die aufgeblasenen Egos der armen Tröpfe von Schriftstellern und Intellektuellen streichelten, die kaum verhohlene Gier der zahlreichen Scharwenzler und pensionierten Prominenten Genüge taten. Das sage jetzt ich, er sähe die Sache nie so hochmütig, könnte sie gar nicht so sehen, sonst hätte er seinen Beruf verfehlt. Ich bin Journalist, gewohnt, kleine Brötchen in geregelter Form zu backen. Die Woche soundso viel Zeichen, Kleinvieh zwischendurch auf Anfrage. Kategorie irgendwo zwischen Pfründner und Adabei. Einer, der für voll genommen werden will. Einer, der voll genommen wird, volle Länge voll. Der Verleger jedenfalls nahm mich richtig. Er drückte seine echte Hochachtung vor mir und dieser ganzen erschienenen Klientel aus, indem er seiner Hochaufgerichtetheit vor uns durch eine leichte Neigung seines Körpers nach vorn und durch eine leichte Schräglage seines Kopfes den Hochmut nahm oder besser gesagt, indem er seinem Hochmut eine gewisse Ironie unterlegte und damit die Vorläufigkeit allen Hochmuts unterstrich, ohne den Hochmut selbst jedoch gänzlich zurückzunehmen. Wieder einer dieser Schrägleger, Schrägausleger. Es kann ja einer nicht die anderen achten, ohne sie zugleich zu verachten. Die höflichste Form der Achtung bekennt sich zu der ihr innewohnenden Verachtung und versteht es gleichzeitig, ihr einen Ausdruck zu verleihen, sodass man sie spielerisch ertragen zu können meint.
(S. 66-68)

Ferdinand hat marode Knie, wahrscheinlich eine Folge seiner vielen Kuraufenthalte, ich habe ihn immer vor den Folgen dieser Kuraufenthalte für seine Knie gewarnt, er aber winkte nur müde ab, winkte meine Kuraufenthaltswarnungen mit einer seiner kleinen, umso tödlicheren resignierten Abwinkbewegungen weg. Kuren gehen auf die Knorpel, hatte ich gesagt, aber Ferdinand hatte, statt auf mich zu hören, wie immer nur milde gelächelt und war auf Kur gegangen, zu irgendwelchen Franziskanern im Innviertel. Die Franziskaner sind die schlimmsten Knorpelkiller, hatte ich ihm gesagt, er hatte es besser gewusst. Jetzt saß er da. Ich habe noch Fußball gespielt mit Ferdinand, bisweilen spricht er mit Wärme über meine Ballbehandlung, er schätzte, glaube ich, auch meine Übersicht auf dem Feld, deswegen ist er mir wichtig als Zeitzeuge, man muss sich um eine kritische Nachrede beizeiten bemühen, und wenige haben mich als Fußballer in so guter persönlicher Erinnerung wie Ferdinand, der übrigens schon damals an Knieschmerzen litt, eine Knorpelsache, wie ich mich zu erinnern meine.
(S. 74)


© 2009 Zsolnay Verlag, Wien.

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