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Leseprobe: Peter Rosei - "Liebe & Tod"

"Er wird uns in der Wohnung abpassen."
"Laß uns in ein Hotel gehen." - So waren sie also hierher gekommen, und die Frau hatte ihre rote Toque an einen Haken der Kleiderablage im kleinen Vorzimmer gehängt.
"Ich denke oft an den Tod", sagte sie, "und du wirst dich - vielleicht - fragen, weshalb." - Doch Leo fragte sich gar nichts; es sei denn, daß man das Auftauchen von Menschen und der grauen Schemen von Passanten, wie er sie gerade zuvor auf dem Vorplatz des Südbahnhofs gesehen, an der Normaluhr - in seiner Phantasie: dort, aus unklaren, lockenden und leis ängstigenden Gefühlen tauchten die vielen und in ihrer Fremdheit und Wesenlosigkeit ungeheuren Menschen auf -, es sei denn, man hätte das als Mitdenken oder eine Frage anerkannt.
Die Frau lachte hysterisch auf; Leo wurde es auf ihrem Schoß zu unbequem. - "Was lachst du da so?!" fragte er, noch halb versöhnlich.
"Mein Mann ist krebskrank", antwortete die Frau, "er bekommt eine chemische Behandlung: Und davon wird man impotent."
Jetzt weinte sie.
Zwei Tränen liefen von ihren grauen, von müden Lidern überzogenen Äuglein herunter, und Leo konnte die Bahn dieser Tränen auf ihren Wangen verfolgen: zwei ausgetrocknete Flußbetten in der Schminke.
Und als hätte dieser eine Blick eine neue Qualität des Sehens aufgerufen: Jetzt sah er die Falten in ihren kleinen, zitternden Händen, er sah, wie hinfällig und fast schon erledigt ihre Gestalt unter dem glatten, roten Stoff ihres Kostüms war.
Die Frau zündete sich eine Zigarette an und stieß dabei unabsichtlich die Handtasche, die sie auf den Boden gestellt hatte, mit dem Fuß um: Lippenstift, Adreßbuch, ein Bund Schlüssel, eine Rolle Tabletten kollerten heraus. (S. 126f.)

Es ist der typische Karrenweg irgendwo in Holland, sei es in den Dünen bei Katwijk oder weiter drinnen im Land, etwa in Limburg. Der Weg fängt irgendwo an und kreuzt sich da und dort mit anderen.
Der vordergründige Inhalt mit seinen ineinander verwobenen, aufeinander bezogenen Symbolen dient im Kunstwerk wohl dazu, unsere Aufmerksamkeit abzulenken; derweil kann, was an uns sonst noch Geist ist, schweifen, suchen und vielleicht finden.
Man denkt nicht an das, was man weiß.
Plötzlich steilt - wie vor Angst tollwütig geworden - ein Schwarm Krähen in die Luft: Sie schrauben sich in einen eisigen Himmel hinauf. - Das kann doch nicht in einem Bild von Ruisdael geschehen!!
Auf der Straße gehen die Menschen an mir vorbei, die mich gekannt haben: Kennen sie mich nicht mehr? Wollen sie mit mir nichts mehr zu tun haben?
Ich erinnere mich an ein Hotel in Leningrad, in dem ich seinerzeit abstieg, als ich die Eremitage zum ersten Mal besuchte. Das Hotel existiert heute in dieser Form nicht mehr; wie ja auch Leningrad heute St. Petersburg heißt. - Dieses Hotel: Ich erwachte in einer Art Alkoven, in dem das Bett stand. Die gelbgetünchte Wand war von grünen Rissen übersät, die die fremden Fingernägel meiner Vorgänger in den gelben Anstrich gekratzt hatten.
Mein kleiner Sohn, in der Finsternis des Zimmers: Er schreit. Er reißt den kleinen Mund auf. Der Kopf: eine behaarte Kugel. - Was zwingt mich denn dazu, in diesem kleinen Rachen die Hölle zu sehen? (S. 181f.)

© 2000, Deuticke, Wien, München.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

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