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Nadine Kegele: Bei Schlechtwetter bleiben Eidechsen zu Hause.

Leseprobe:

Kein Anruf, Nachricht auch keine. Veras Katze sitzt in Noras Schoß und macht die Wärmflasche. Vor dem Fenster ist es kalt, in regelmäßigen Abständen beginnt es zu regnen. Nora stellt das Mobiltelefon lauter, um es beim Prasseln des Regens nicht zu überhören. Die Katze macht ihren Job als Wärmflasche so gut, dass Nora sofort friert, als sie von ihrem Schoß springt, sich langstreckt und ins Badezimmer geht, um ein Häufchen loszuwerden. Nora riecht es bis zum Bett, die Katze hat eine Verdauung, wie sie zu wünschen ist. Kurzes Kratzen an der Rückseite der Badezimmertür, dann kommt Juri wieder um die Ecke, schlängelt sich um den Nachttisch und gräbt sich zurück in Noras Schoß, als hätte sie diese Katze soeben geboren. Die Haarfarbe würde stimmen, weiße Stellen in braunem Haar.
Ruth hatte erzählt, ihre Schüler hatten gedacht, dass Frauen keine Haare hätten da unten.
Ein Mädchen hat entrüstet gesagt, bin ich ein Porno oder was?, hatte Ruth gelacht.
So etwas besprecht ihr in Religion?, hatte Nora gefragt.
Und als wäre das logischer, hatte Ruth geantwortet: Das war in Geografie.
Janus hatte seinen Mund gar nicht da unten haben wollen, erinnert sich Nora, da es ihn grauste. Boris, selbst unrasiert, hatte sie ausschließlich voll rasiert haben wollen, heute wusste sie weshalb. Für Micha war ein Streifen okay gegangen und Paulus hatte einen Streifen am schönsten gefunden. Und Anton - Nachricht? Display. Keine. Sie wirft das Telefon über das Bett, es landet hart auf dem Boden, gefolgt von Juri, der es beschnuppert und schließlich für uninteressant erklärt. Stattdessen stellt er sich auf das Fensterbrett und scannt mit dem ihm verbliebenen Augenlicht die Umgebung ab. Sein Kopf scannt langsam hinunter und scannt hinauf und wieder hinunter und hinauf. Gegenüber sitzen vier von sechs Selbstversorgerinnen und interessieren sich nicht für die Einzelkatze auf dieser Seite der Straße. Die Vögel, die am Fensterbrett landen und über das Metall tappen, scheinen auch Juri mehr zu interessieren. Er schnattert ihnen Codewörter zu. Sein Mund klappert an die Scheibe, aber der Vogel versteht ihn nicht und fliegt entnervt davon. Auch Nora versteht kein Wort, doch er sieht lustig aus dabei. Dann beginnt er wieder zu scannen. Hätte sie einen Drucker, sie könnte ihn anschließen und sehen was er sieht. Das Display ihres Telefons hat einen Sprung.
Nachdenken ja, grübeln nein, und versuchen Sie, sich selbst zu beruhigen, wenn Sie in eine Situation geraten.
Ist das hier eine Situation?
Nora tippt ins Telefon. Und wartet auf eine Antwort.
Sie tippt.
Wartet.
Nichts. Nur ein Kind, das im Stiegenhaus brüllt. Schimpfen. Kurze Stille. Dann beginnt das Brüllen erneut.
Sie tippt.
Wartet.
Juri beißt der Maus in den Kopf. Die Maus wehrt sich nicht. Doch Juri hat schon gefressen, der erlösende Nackenbiss interessiert ihn nicht, er will spielen. Die Spielmaus wartet, unter die Heizung geworfen, auf die Erlösung.

(S. 189f)

© 2014 Czernin Verlag, Wien.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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