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Funkhausanthologie 29. Woche 2016


Beiträge 311-320

von: Irmtraut Karlsson, Isabella Christo, Jimi Lend, Franz Josef Weißenböck, Susanne Rasser, Sonja Matuschka-Eisenstein, Reinhard Prenn, Peter Langebner, Christine Jones, Ingmar Peitl


Irmtraut Karlsson

Was, du kommst ins Radio? Das war schon eine Sensation, 1972. Eine bislang unbekannte Studentin tat sich mit anderen jungen Frauen zusammen und forderte die Abschaffung des §144. Zum Interview auf Ö1 vorgeladen, fand ich mich viel zu früh ein. Jetzt haben sie ja umgebaut, aber damals wurden Wartende gleich unten neben den Eingang gesetzt. Das Funkhaus selbst erinnerte mich stark an das Hochhaus in der Herrengasse, auch viel dickes Stahl und so grau und silbern. Und dann kam von irgendwo der Herr Redakteur und wir folgten ihm durch lange enge Gänge. Als er plötzlich umdrehte und meinte, ein Kaffee ginge sich noch aus. Die Kantine war enttäuschend, voll, laut und mehr 50-zigerjahre. Aber dann das Erlebnis Studio. Aufnahme, Rotlicht und so und ja nicht versprechen, war ja alles live. Seitdem hat sich viel verbessert, vor allem das Café auf der Seite mit der Möglichkeit lebhafte Diskussionen aufzunehmen. Wenn auch heute unzählige Privat- und TV-Möglichkeiten existieren, für mich ist ein Interview im Funkhaus immer noch was Besonderes! Daher spendet eifrig, damit wir es kaufen können, und dieser Zauber bestehen bleibt!


Isabella Christo

Wir brauchen unser Funkhaus und können und wollen nicht darauf verzichten. Kultur ist das größte Gut des Menschen und darum muss unser Funkhaus bleiben.


Jimi Lend

Im Funkhaus fand 2004 & 5 auch ein nicht unbedeutender Anteil der Einführung des nun schon bestens etablierten Bühnenpoesieformats „poetry slam“ in Österreich statt. Ich war dort am 25. Juni 2005 im Saisonfinale zu Gast und trug unter anderem folgenden Text vor:

Mündig

Macht Eure Münder auf?
Lacht auf ?
Weckt Eure Münder auf?
Macht sie auf?
Es liegt in Eurer Macht ?
Euch nicht entmündigen zu lassen??

Lasst Eure Lippen flattern?
Schmust auf?
Spannt Eure Lippen auf?
Lasst sie nicht Schlagerhymnen plappern?
Die lippen lähmen durch Ungebrauch??

In den Strassen in den Gassen?
Wabern schrecklich leere Phrasen?
Drängen hirnhohle Sprechblasen?
Stummes Stimmvolk zu den Kassen?

Füllt den Äther hier mit Sinn heut?
Füll den Äther hier mit Stimm heut
Lasst Leute Euch nicht foltern
Lasst laute Worte poltern

Hebt der Volksherrschaft Gold dann
Werdet ihr fündig
Ich finde Euch mündig
Ich verbinde mich
Zur Zwi-, Tri- & Viersprach
Zur Diskurssensation


Franz Josef Weißenböck: Totentanz

Wir waren unser vier – vier Männer. Wir bastelten an einer Sendung zum Allerseelentag. Es sollte so etwas Ähnliches werden wie die mittelalterlichen Totentänze, mit Musik, sollte ja was zum Hören sein. Wir saßen in einem der heiligen Räume des Funkhauses und waren kreativ. Peter Karner, der Theologie wie dem Wienerlied zugeneigt, klimperte am Klavier: „Erst wann’s aus wird sein mit ana Musi und an Wein“ – das war es, so sollte die Sendung beginnen, da waren wir drei anderen uns sicher, Josef Dirnbeck, Alois Vergeiner und ich. Muss irgendwann in den 70er Jahren gewesen sein, tief im vorigen Jahrhundert. Interviews wurden gemacht, über den Tod und was die oder der machen würde, wenn ihm der Tod meldete, sie oder ihn in einer Stunde zu holen. Viele Interviews; ein Interview im Beisel beim Zentralfriedhof; ein Interview mit einem Bischof, einem Erzbischof gar. Was würden Sie machen, Herr Erzbischof, wenn Sie wüssten, dass Sie nur noch eine Stunde zu leben haben? Wahrscheinlich meinen Schreibtisch ein wenig aufräumen. Da schlug die Uhr. Die sonoren, gemessenen, feierlichen Schläge einer Pendeluhr. Kein Regieeinfall, sondern Leben. Den Schreibtisch aufräumen ... Wenn ich mich richtig erinnere, hat „Totentanz und Seligkeit“ zumindest einen Preis bekommen, damals. Viel später höre ich eine Sprecherin des Kultursenders das Wort Ilias – ja, das ist die Geschichte mit Achill und Troja – auf der zweiten Silbe betonen. Iliiias statt Iiilias. Wie vergänglich doch alles ist.


Susanne Rasser: Wir kommen weit

(Zur Ö1 – Hörfunksendung „Nachtbilder – Poesie und Musik“ ,
in der der Lyrikband „Schläft ein Lied“ von Sepp Mall vorgestellt wurde. Gestaltung: Nikolaus Scholz, Redaktion: Edith-Ulla Gasser, Wien 2016)

Es gibt Bücher,
die man lange mit sich herumträgt,
in Manteltaschen und Einkaufskörben,
im Kopf und auf der Zunge.

So wird einem ein Buch
zum Begleiter, 
es wirft Fragen auf,
lässt Antworten finden.

Bücher dieser Art
stehen nie lange im Regal,
sie führen ein Wanderleben,
wir kommen weit

mit ihnen
(herum).


Sonja Matuschka-Eisenstein (Sonja von Eisenstein, Kindersprecherin vom 9. bis zum 15. Lebensjahr im Schul- und Werbefunk, später Traummännleinautorin)

Es war Anfang der Fünfzigerjahre. Meine Eltern und ich lebten in der Gußhausstraße gleich um die Ecke zur Argentinierstraße. Dort hatte mein Papa – der Konzertcellist Richard Matuschka-Eisenstein – häufig im Rundfunk zu tun. Ich war ein kleines Mädchen und durfte ihn öfter begleiten und in der Aufnahmekabine sitzen und zuhören. Ich fand das alles sehr interessant, auch das Rückspulen der quietschenden Tonbänder! Ich erinnere mich noch an den Pianisten Otto Schulhof, der mit Papa gespielt hat. Als ich sieben Jahre alt war, bin ich einmal mit meiner sechsjährigen Kusine von zu Hause ausgerissen, um den „Hirselbauer“ im Rundfunk zu besuchen, der die Kindersendungen machte. Ich liebte diese Sendungen! Fernsehen gab es ja damals noch keines. Ich wollte auch im Kinderfunk eine Kindersprecherin werden. Hirselbauer war sehr nett, wir bekamen Zuckeln und er zeigte mir, wie man ein „s“ spricht ohne zu lispeln. Ich stieß beim „s“ immer mit der Zunge an die Vorderzähne an und lispelte. Er sagte, ich soll vor dem Spiegel üben und wenn ich nicht mehr lisple, würde er mir eine Kinderrolle geben. Ich übte zu Hause zwei Jahre lang vor dem Spiegel und schaffte es ganz allein, ein „schönes „s“ zu sprechen. Mit neuen Jahren hüpfte ich einmal anstatt in den Resselpark zum Spielen einfach zum Rundfunk. Aber da gab es den netten Hirselbauer nicht mehr. Der Portier riet mir, ich soll einmal beim Schulfunk vorsprechen. Ich konnte viele Gedichte, die mein Papa – ein Goetheliebhaber - mit mir gelernt hatte auswendig und hatte auch gleich Glück! Ich bekam eine kleine Rolle mit nach Hause – Papa musste aber noch die Erlaubnis geben. Ich bin ganz stolz heimgekommen und habe ihm gleich an den Kopf geworfen: „Jetzt bin ich auch im Rundfunk!“ Zuerst hatte er es mir nicht geglaubt, aber als ich ihm die Rolle gezeigt habe, hat er gelacht und sich mit mir gefreut. Von meinem ersten Honorar habe ich dann ein Negerkind taufen lassen, weil ich im Religionsunterricht gehört habe, dass ungetaufte Negerkinder nicht in den Himmel kommen. Papa hat dazu gemeint, ich spinne, aber meiner Mutti hat es gefallen! Ich war dann vom 9. bis zu meinem 15. Lebensjahr Kindersprecherin im Schul-und im Werbefunk. Frau Frank vom Kinderfunk hat mir nie eine Rolle gegeben, aber später einige meiner Traummännleingeschichten produziert.

PS: Eine Frage in eigener Sache. Ich habe noch viele Rundfunktonbänder von Konzerten meines Vaters. Gibt es noch so alte Geräte und eine Möglichkeit, sie auf CD zu überspielen?


Reinhard Prenn

das funkhaus ist - ein ort, ein begriff, gewiss. aber vielmehr ist es eine art virtuelle fabrik von gedanken, klängen und dialogen. diese fabrik liefert laufend welterklärungen, welterkundungen und weltöffnungen en gros und en detail.  eine fabrik mit der ich (wie die meisten menschen in diesem land) über das radio – beginnend mit dem hornyphon 61 bis zum webradio-livestream, bis heute verbunden bin. vom ersten bewusst erlebten sommerhit im vorschulalter lauthals mitgesungen (adriano celentano - azzurro!) über die signation von autofahrer unterwegs â€“ „sie hören die mittagsglocken von st. irgendwo ...“ mit der stimme von walter niessner oder rosemarie isopp zu heinz conrads „singenden, klingenden wochenendplaudereien", begleitet von prof. gustl zelibor, bis endlich ein tor zu noch völlig unbekannten klangwelten aufgestossen wurde – mit der musicbox. und schliesslich nicht nur die gehör-, sondern auch die gedankengänge in faszinierende neue welten geführt wurden. und zwar mit der stimme eines gewissen herrn axel corti. witziger name, dachte ich als jugendlicher. und seine sendung hat völlig versagt. sie hiess der schalldämpfer â€“ und dabei hallt sie bis heute in mir nach ... diese wundersame fabrik produziert bis zum heutigen tag noch immer sehr nachhaltige produkte. sie darf weder geschlossen noch in ein mediales billiglohnland verschoben werden.


Peter Langebner: funkliebe

piep piep       piep
piep       piep piep
funkt’s
zu dir

piep piep      piep
piep      piep piep
funkt’s
zu mir

damit’s funkt

der
funkstille
den garaus macht
aus dem
funkhaus

mit dem
piep piep     piep
piep     piep piep

was so viel heißt
wie
piep piep    piep
piep    piep piep

eine geheimnisvolle
sprache

die nur wir
beide
verstehen


Christine Jones

Das Funkhaus hat die Aufgabe interkulturell tätig zu sein.


Ingmar Peitl: Meine Begegnungen mit dem Funkhaus

Auch ich habe dem Funkhaus unseres öffentlich-rechtlichen Rundfunks einige gute Erlebnisse zu verdanken. Darunter frühe Erfahrungen mit Medien, durch welche mir die damaligen Leiter des Evangelischen Pressverbandes, der spätere Superintendent Paul Weiland und Christoph Weist, als Lehrbeauftragte am Institut für Praktische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der AMR Universität Wien im Medienbereich die Zusammenarbeit mit diesem Medienbetrieb bei einer Exkursion nahebrachten. Ich lebte während meines Studiums der evangelischen Fachtheologie, mit Zweitfach Rechtswissenschaften, 1992 bis 1993 auf der Wieden. Wohl jeder und jedem, die in jenem Bezirke lebten und leben, ist und war auch damals jenes Gebäude in einer Nebenstraße positiv bekannt, und meines Wissens hatte niemand von uns größere Probleme mit jenem Gebäude und dem dortigen Mitarbeiterstab. Dafür haben wir diesen umso mehr Stunden des hohen Genusses zu verdanken. Brauchte man etwas, so wandte man sich an die zuständigen Journalisten und erhielt, wenn die Materie interessant erschien, ehebaldig einen Termin. Gerne auch bei einem Kaffee im gleichen Gebäude. So habe ich aus mehreren Anlässen dieses Haus aufgesucht und bin immer nach positivem Gespräch nach kurzem wieder freundlich entlassen worden. Mehrmals mit einer vereinbarten Kooperation, zufriedenstellend für alle am Gespräche Teilhabenden. Wandten wir uns wegen Konzerten – mein Bruder und ich hatten damals die Musikband „Leben und Liebe“, die sich dann in „Duo Junker Jörg“ wandelte, da ein Bandmitglied austrat und durch ein neues, mich, ersetzt werden musste, wodurch der Musikstil sich änderte – an den ORF, so wurden wir in jenem Gebäude mit Tipps versehen. Fuhren ein Freund und ich im Oktober 1992 – es war harte Kriegszeit, es fehlte nicht viel und ich wäre dort durch Schüsse mehrfach beinahe ums Leben gekommen – mit einem Medikamentenhilfstransport zur für Kinder aller Nationalitäten offenen Medasi Kinderbotschaft nach Sarajevo City, der ersten Kinderbotschaft der Welt, aber zwecks Wahrung der Neutralität wurden auch die bosnischen Serben und in der Stadt eine kroatisch-bosnische Familie beliefert – so halfen uns die Mitarbeiter des ORF durch Rundfunkaufruf, Apotheker zu finden, welche Medikamente bereitstellten. Und auch als Zuhörer durfte ich, da war ich meinem Opa bereits gefolgt, mehrfach kulturelle Veranstaltungen in jener Sendeanstalt genießen. Das Funkhaus in der Argentinierstrasse ist für mich so zu einem Ort der Öffentlichkeitsarbeit geworden, den ich aus meiner Biografie nicht missen möchte. Ich plädiere für eine adäquate Weiternutzung wenn möglich für unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder aber mit einer zum Charakter jenes Gebäudes passenden Aufgabenstellung.

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