Leseprobe:
Paul, warum unternehmen wir nicht öfter etwas mit Markus? Es war gestern ein wirklich lustiger Abend.« Wer würde sich schon etwas dabei denken, wenn seine Freundin nebenbei eine solch belanglose Frage stellte? Nun, zumindest nicht ich.
Zwar lag in dieser Frage schon eine gewisse Sympathie für Markus, die mich hätte hellhörig werden lassen können. Aber ich war stets der Meinung, dass solche Dinge nur anderen passieren. Vielleicht, weil ich im Grunde fest daran glaubte, dass wir uns perfekt arrangiert hatten, Stefanie und ich. Und ich war überzeugt davon, dass sie das ganz genauso sah wie ich. Mein Fehler?
Ich war nie der eifersüchtige Freund, der mit Argusaugen jeden Schritt seiner Freundin überwacht. Stefanie und ich legten beide sehr viel Wert auf unsere Freiräume. Sie hatte ihre Leute, ich hatte meine, und mir kam das auch alles ganz in Ordnung vor.
War das der springende Punkt? Hätte ich nicht aufhorchen müssen, als sie begann, sich mehr für meine Freunde zu inÂteressieren, statt mich in Sicherheit zu wiegen? Aber mal abÂgesehen davon, dass ich erst begriff, was vor sich ging, als es schon zu spät war, wusste ich auch im Nachhinein nicht, was ich hätte tun sollen. Wie verhielten sich Menschen, deren Partner oder Partnerinnen sich von ihnen abwandten?
Ich dämpfte meine Zigarette aus und ging wieder nach vorne in den Verkaufsraum. In dem Geschäft, wo ich arbeiteÂte, gab es hinter der Ladentheke ein kleines Büro, abgeÂtrennt durch einen Vorhang, in das ich mich gern auf eine Zigarettenpause zurückzog.
(S. 9f)
© 2015 Verlag Wortreich, Wien