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Silvia Pistotnig: Tschulie.

Leseprobe:

Seit gestern habe ich einen Plan. Ich habe so eine Bachelor-Sendung angeschaut. Da geht es um reiche Typen. Die können aus lauter supergeilen Weibern eine auswählen. Und dann ist mir voll eingefallen, was ich machen muss. – Ich bin ja auch eine Frau. Und supergeil kann ich auch sein. Mit den richtigen Klamotten und Schminke. Nicht so geil wie Michelle vielleicht. Aber ein bisschen. Deshalb muss ich jetzt nur noch draufkommen, wo und wie ich reiche Männer kennenlernen kann. Das schreibe ich auf mein Blatt Papier. Ich denke nach. Die erste Möglichkeit ist natürlich, bei einer dieser Soaps mitzumachen.
Ich notiere auf meinem Zettel:
"1. Bei einem Bachelor-Casting mitmachen."
In dem Moment läutet mein Handy. Kann ich hier nicht in Ruhe arbeiten? Es ist Michelle. Ich gehe nicht dran. Mir fällt ein, dass eine Lehrerin einmal erzählt hat, dass Handy in Amerika Mobile heißt. Wahrscheinlich hat sie uns angeschwindelt. Ich war noch nie in Amerika. Das weiteste war Italien, mit Mama und ihrem damaligen Freund. Der Strand war voller Sand, es gab tausend Liegestühle und noch mehr Sonnenschirme. Wir haben keinen Sonnenschirm genommen. Ist ja logisch, wir wollten ja braun werden. Mama hat sich für den Urlaub extra die Haare blond gefärbt. Es war der schönste Urlaub meines Lebens. Bis jetzt war ich dreimal auf Urlaub. In dem Moment habe ich eine neue super Idee:
"2. Auf Partys gehen, wo reiche Männer sind."
Gehen reiche Männer auf Partys? Ich glaube, fast nur alte Männer sind reich. Und alte Männer gehen sicher nicht auf Partys. Ich streiche Partys durch und schreibe stattdessen: "Veranstaltungen".
"3. Internet-Singlebörse."
Suchen reiche Männer Frauen im Internet? Wahrscheinlich nicht. Ich war schon auf Singleseiten, aber auf lustig. Getroffen habe ich noch nie wen. Da kann man nämlich ganz schön draufzahlen! Michelles Cousine hat einen Typen getroffen, es hat sich herausgestellt, dass alles, was er erzählt hat, gelogen war und er nur mit ihr ins Bett gehen wollte. Es gibt auch Singleseiten, für die man zahlen muss, so wie Parship. Mama hat sich da einmal anmelden wollen, aber es war ihr dann doch zu teuer.
Mir fallen keine Punkte mehr ein. Also nehme ich mein Handy und google bei RTL, RTLII, Viva, ProSieben, SAT1, ATV, Puls4, Super RTL und ORF nach Bachelor. Der Handy-Bildschirm ist winzig, ich sehe fast nichts. Aber Mama und ich haben keinen Computer.
Bei drei Sendern finde ich Bachelor oder Millionär sucht Frau. Ich wähle eine Bachelor-Sendung aus. Jetzt muss ich zur Anmeldung. Ich gebe meinen Namen ein, beim Alter schwindle ich ein bisschen. Das Tippen ist mühsam. Was die alles wissen wollen – meine Hobbys, meine Größe, mein Gewicht, sogar ein Foto soll ich hochladen. Ich entscheide mich für Sport, Bücher und Reisen (Hobbys), 1 Meter 80, 60 Kilogramm, lade ein Foto von Michelles Facebookseite herunter und drücke auf "Weiter". Es erscheint ein gelbes Fenster, auf dem steht, dass die Anreise zum Casting selbst zu bezahlen ist. Ich drücke den Link "Castingtermine und Castingorte". Er erscheint eine Liste: Hamburg, Berlin, Leipzig, München, Frankfurt.
Ich weiß nicht, wo Leipzig ist, aber die anderen Städte sind alle in Deutschland, glaube ich. Ich gebe in Google-Maps "Route berechnen" Wien und Berlin ein. Das sind ja fast sieben Stunden mit dem Auto! Wie soll ich denn da hinkommen, bitte? Wir haben kein Auto. Vielleicht mit dem Zug. Ich gebe "Zugticket Wien-München" ein und mich haut es fast um. Was glauben die, warum ich Millionäre kennenlernen will? Wie woll ich vorher schon Geld haben?
So eine Scheiße. Bei den anderen Sendern ist es nicht besser. "Wir nehmen derzeit keine Anfragen entgegen" steht bei einem. Bei einem anderen suche ich ewig, aber da ist nirgendwo ein Anmeldeformular.

(S. 15-17)

© Milena Verlag, 2017

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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