Leseprobe
Ich räumte in Haus und Garten auf, was aufzuräumen
war, ließ dies und das auch eigens, wo es stand oder
lag, bügelte die zwei, drei alten Hemden – kaum im
Gras getrocknet –, an denen mir besonders gelegen
war, packte, steckte die Schlüssel für das Land ein,
die so viel schwereren als die für das Vorstadthaus.
Und nicht zum ersten Mal kurz vor einem Aufbruch
riß mir beim Knüpfen der knöchelhohen Schuhe ein
Schnürband, fand ich nicht und nicht die Socken, die
zueinanderpaßten, gerieten mir drei Dutzend von
Detaillandkarten zwischen die Finger, bis auf die eine,
auf die ich aus war, mit dem Unterschied dieses Mal,
daß mir alle zwei Schuhbänder rissen – bei deren viertelstündigem
Aufknoten vorher mir ein Daumennagel
abbrach –, daß ich zuletzt die unzugehörigen Socken
paarweise zusammenstülpte – fast einzig solche –,
und daß es mir auf einmal recht war, ohne jede Landkarte
unterwegs zu sein.
S. 12
So sitzend, wachend, zugleich wie in einem Schlaf,
einem anderen Schlaf, bin ich auf einmal angeflogen
worden von einer Stimme, nah – näher nicht
möglich – am Ohr. Das war die Stimme der Obstdiebin,
eine fragende, so zarte wie bestimmte – zarter
und bestimmender nicht möglich. Und was fragte
sie mich? Wenn ich mich recht erinnere (unsere Geschichte
ist ja schon wieder lang her), nichts irgendwie
Besonderes; etwas zum Beispiel wie »Wie geht’s
dir?«, »Wann fährst du?« (oder nein, jetzt kommt es
mir, das Gedächtnis). Sie hat mich gefragt: »Was fehlt
Ihnen, mein Herr? Worüber sorgen Sie sich denn so?
Qu’est-ce qu’il vous manque, monsieur? C’est quoi,
souci?« Und das ist dann auch in der Geschichte das
einzige Mal geblieben, daß die Obstdiebin mich in
Person angeredet hat.
S. 16
Einsinken ins Land, das war seit jeher einer meiner
Tagträume gewesen. Und der hatte sich bisher, noch
ein jedes Mal, den einen, einen einzigen Sommermoment
lang, erfüllt, zumindest während der mehr als
fünfundzwanzig Jahre meines Daseins an ein und
demselben Ort.
S. 20
© Suhrkamp, Berlin 2017.