Leseprobe:
Ich bin aber auch schon unter verrückteren Kerlen gesegelt. Es sind immer die ansonsten unscheinbaren Männer, die sich an der Macht berauschen, die ihr Rang mit sich bringt, und an grundfalschen Entscheidungen festhalten, nur um ihre Mcht zu demonstrieren. Mir gegenüber verhielt sich unser Käptn freilich nicht anders als sonst. Er gab seine Befehle, die keineswegs ungewöhnlich waren. Nur manchmal schien er nicht ganz bei der Sache zu sein. Sein Bick wurde leer, seine Augen schimmerten wie die eines toten Fisches. Dann sagte er seltsame Dinge, die einerseits alltäglich klangen, die andererseits aber keinen erkennbaren Zusammenhang zu seinen Bemerkungen über Wind und Wetter hatten. 'Howes, gehen Sie jeden Sonntag in die Kirche?', fragte er. 'Howes, lesen Sie die Bibel?' 'Howes, glauben Sie an Gott den Allmächtigen? Hat er Sie je bei der Hand genommen, wie ein Vater seinen Sohn? Wie Abraham seinen Sohn Isaak?'
Ich wusste nicht, warum er mir solche Fragen stellte. Er schien auch nicht auf ne Antwort zu warten. Sagte ich 'ja, Sir' oder 'nein, Sir' gab er sich damit ebenso zufrieden wie mit meinem Schweigen. 'Es war wieder dieser Traum', sagte er einmal wie um sich zu entschuldigen. 'Immer derselbe Traum.' Was genau er geträumt hatte, sagte er nicht. Mir nicht und auch niemanden sonst.
(S. 48f)
© 2017 Steidl Verlag, Göttingen