Ich mag Straßen. Deshalb beschreibe ich auch diese Straße. Sie war schurgerade, asphaltiert, es gab keinerlei Steine. Links und rechts wuchsen Bäume, auch die Bäume waren gerade, dazu sauber gestutzt. Nirgendwo klaffte eine Lücke. Linkerhand lag ein Friedhof, die weißen Grabsteine mit dem Gesicht zum Meer. Auf halbem Weg kam uns ein wolkenfarbenes Auto entgegen, und als es vorbeifuhr, sah ich, daß es ein Leichenwagen war, der einen Anhänger mit einem kleinen Bagger hinter sich herzog.
Der Direktor sagte, wenn er den Bagger sehe, verliere er jede Lust am Sterben. Er wünsche sich, von Hand eingegraben zu werden, es gebe zu wenig Liebe auf der Welt. Er holte das Blatt, auf dem die Namen der Toten und Vermissten verzeichnet waren, aus der Innentasche seiner Jacke und las in sich hinein. In Gedanken las ich mit, im Takt zur Musik, zu der wir gingen. Issak Binder, Georg Bemenschitz, Stanislaus Cyganiewicz, Thomas Cziruchin, Franz Dillinger, Franz Dostal, Nino Equatore, Peter Ferestanoff.
(S. 81/82)
© 2002, Hanser Verlag, München.
Publikation mit freundlicher Genehmigung der Verlags.