logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   
Facebook Literaturhaus Wien Instagram Literaturhaus Wien

FÖRDERGEBER

Bundeskanzleramt

Wien Kultur

PARTNER/INNEN

Netzwerk Literaturhaeuser

mitSprache

arte Kulturpartner

traduki

Incentives

Bindewerk

kopfgrafik mitte

Gabriele Petricek: Die Unerreichbarkeit von Innsbruck. Verfolgungsrituale.

Leseprobe:

Das Melkkapitel

wie Orakel die Kreuzworträtsel. Ein geschlossener Kreis von Ankunft und Abfahrt, der mich nicht loslässt.Wo auch immer, jedes wieder, habe niemals den Wunsch verspürt, irgendwo zu bleiben. Eine leere Matrix — und ich fühle mich heimisch.

Und doch oft das Gefühl, keinen legitimen Grund zu haben, mich an einem Ort aufzuhalten, als vielleicht den, zu schreiben. Oder den, zu fahren, wohin es sich ergibt. Nie zu bleiben. Nur in Bewegung. Ein Unterwegs in Zügen und in Flugzeugen, im Zug nach Innsbruck zu Quehenberger jetzt. Dass es mich jedes Mal, über die Gründe für meinen jeweiligen Aufenthalt befragt, gelüstet zu lügen, liegt wohl in der Natur meines Geistes für erfundene, zugelegte Geschichten. Warum sollte ich meinen Aufenthalt begründen.Vielleicht weil ich keine Lust habe, ein guter und harmloser Gast und Schriftsteller zu sein. Und darüber hinaus keineswegs länger bleiben will. Nicht länger als nötig, um mich einzugewöhnen, neue Bräuche anzunehmen, Gewohnheiten, um mich zu arrangieren.

der SALZKARTOFFEL LEBENSGEFUEHL wie die LAUER
STELLUNG der LAIENPRIESTER eine REIFEPRUEFUNG

Wie immer, sobald der Zug anfährt, dieser Drang zu essen. Den ich überging, weil im Zugabteil zufällig eine frische Ausgabe meiner Zeitung lag. Hatte diese Ausgabe an die Adresse von Quehenberger umleiten lassen, sie liegt wohl bereits bei ihm auf einem Küchensessel. Ohne dass er das Kreuzworträtsel, nein, er ist vielmehr den Zahlen zugeneigt, und würde mir beim Eintreten in seine blaue Küche gleich die mir vorausgeschickte Zeitung aus der Sesselhöhe auf die Tischplatte legen und mir ein Glas Rotwein dazustellen, wiewohl ich lieber Weißwein trinke. Die Zeitung, die ich vom Fensterplatz nahm, blätterte ich gleich durch. Der Sportteil komplett, aber — und das verdrängte den üblichen Essensdrang, das Kreuzworträtsel bruchstückhaft befüllt — hinderte mich auch, Ausschau nach möglicher Ansprache zu halten. WAAGRECHT 43 (Einfache Zuspeise, etwa für "Forelle blau") fiel mir gleich ins Auge, weil leicht zu lösen, REIFEPRUEFUNG sowieso. Vor St. Pölten schaffte ich noch SENKRECHT 1 (Im Vatikan heißt's das Doppelwort / sei Widerspruch in sich, und das auch hinfort, Ordensleute ausgenommen) schwierig, allein die Anfangsbuchstaben der waagrechten kurzen Seitenworte ADE IELLOW ELLA ERLACH führten mich auf die Spur des katholischen Absurdums. Ich kiefelte an WAAGRECHT 1 (ist allen bewusst und sehr zeitgerecht, / doch gilt auch für Einzelne gut oder schlecht) — als ich bemerkte, wie lang wir schon in St. Pölten stehen. Kam mir vor, als müssten wir die Zeit, die der Zug nun nicht mehr braucht, weil es ihn ab Wien-Meidling durch einen Tunnel saugt wie eine pneumatische Rohrpost, als müssten wir diese gepresste Atemlosigkeit ausatmen, verschnaufen, einholen, was zuvor an Zeitverkürzung verschwendet worden war. Stillstand. Ausrasten im Raster meiner Wortspiele hängen wie eine Spinne auf ihr Opfer warten. WAAGRECHT 11 (typisch für das Katzentier / ist sie, lesbar nun allhier) LAUERSTELLUNG.

(S. 77-78)

© 2018 Sonderzahl, Wien

 

 

 

 

 

 

 

Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
Sehr geehrte Veranstaltungsbesucher
/innen!

Wir wünschen Ihnen einen schönen und erholsamen Sommer und freuen uns, wenn wir Sie im September...

Ausstellung

Tipp
OUT NOW: flugschrift Nr. 35 von Bettina Landl

Die aktuelle flugschrift Nr. 35 konstruiert : beschreibt : reflektiert : entdeckt den Raum [der...

INCENTIVES - AUSTRIAN LITERATURE IN TRANSLATION

Neue Buchtipps zu Ljuba Arnautovic, Eva Schörkhuber und Daniel Wisser auf Deutsch, Englisch,...