Aber das waren nur die Rahmenbedingungen. (Unsere ganze Bekanntschaft war möglicherweise nur eine Rahmenbedingung für das, was unweigerlich geschehen mußte.) Als wir uns in diese eingefunden hatten, ging es gleich mit dem Brüten los, mit der Düsternis, die aus Herthas Stirn wuchs, aus ihrem Herzen, und die vielleicht eine Art strategische Düsternis war, eine Strategie der Seele, und die Stadt einfing wie ein Netz, wie eine Falle, die sich gleich einem Schwarm schwarzer Vögel, der landet, über die Stadt legte, als wäre er ein düsterer Nebel. (Hertha gab dem tatsächlichen Nebel die Schuld für ihre Stimmung. Smog, sagte sie; damals in etwas wie Graz ist Hertha eine Grüne geworden. Wer soll hier nicht zur/zum - auf solche grammatischen Genauigkeiten legte Hertha plötzlich Wert - Grünen werden, in alle diesem Grau, sagte sie und blickte schwermütig vor sich hin. Ich, dachte ich, wagte es aber nicht zu sagen.) Dieses Netz würde sie schlußendlich über die ganze Welt breiten - allerdings dann unter anderen Vorzeichen, plus statt minus -, um die Welt besser anpacken zu können und dorthin zurückzutragen, von wo sie kam, wie der verlorene Sohn, der in der Fremde reich geworden ist, seinen Reichtum - und mich im Schlepptau, als Zusatzgepäck. Eine Welt würde sie aufbauen, in der ich ein Gewürz sein sollte (wenn auch nur ein schales). Der Ort war in ihr selber. Sie sollt ihr altes Haus in sich selbst neu begründen und dann renovieren, um dadurch endlich ganz und gar bei sich zu sein. Überallhin sollte sie es von da an mitnehmen können. (S. 70)
© 1999, Resistenz, Linz, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.