Jetzt muss ich eine Zwischenfrage stellen. Peter Handke sagt: "Ich bin ein guter Schütze" – heißt das, ich muss mir Peter Handke mit Pfeil und Bogen vorstellen oder mit ...?
Nein, nein, aber ich bin zum Beispiel ein guter Dartspieler im Wirtshaus (lacht), und ich, jeden Morgen, bevor ich – ob ich an den Schreibtisch gehe oder nicht, aber wenn ich aufstehe, geh ich in meinen Garten, und dann mach ich dies und jenes, dann hab ich so einen zugespitzten Haselstock, den ich nicht einmal selber gemacht hab, sondern im Wald gefunden hab, und dann versuche ich den zu werfen, bis er halt steckt; auch wenn's lange nicht geregnet hat, muss der im Boden stecken. Und das ist nicht so einfach. Wenn's geregnet hat, ist es klar, da steckt er schnell, aber dann brauch ich manchmal, dann denkt man, man weiß aber schon vorher, jetzt wird er stecken; in dem Moment, wo man den loslässt, das ist die berühmte Kunst des Bogenschießens (lacht), weiß man, jetzt wird er da und dort stecken, und dann schaut man zu, wie der Stock zittert, und dann freut man sich, und dann nimmt man sich ein Beispiel am Schießen, an der Bewegung und zugleich am Zittern des Stocks. Und das ist wie ein Satz. So stell ich mir manchmal auch das Schreiben vor: Es muss scharf sein und zugleich das Zittern – das ist sehr, sehr wichtig, dieses Zittern der Existenz, des Menschen, in der Literatur. Das ist Literatur. Alles andere ist einfach für mich nichts wert.
(S. 36f)
© 2007 Wieser Verlag, Klagenfurt/Celovec.