Schon längst auch lebte ich ohne Nachbarn. Und das lag nicht an mir. Nichts lieber als Nachbarn, und selber Nachbar zu sein. Aber die Idee der Nachbarschaft hatte versagt, oder war aus der Zeit geraten? An mir aber lag das Versagen im Spiel von Angebot und Nachfrage. Mein Angebot, als Wirt und Koch, war nicht mehr gefragt. Ich hatte als Geschäftsmensch versagt. Dabei glaube ich seit eh und je an das Leutezuammenbringen der Geschäfte wie an weniges sonst; an das belebende Gesellschaftsspiel von Verkauf und Kauf.
Im Mai ließ ich das Gärtnern im großen ganzen bleiben und schaute fast nur noch dem Wachsen oder Verkümmern des von mir gepflanzten oder gesäten Gemüses zu. So hielt ich es auch mit den Obstbäumen, den gleichfalls von mir bei meiner Übernahme des Pförtnerhauses und seiner Umwandlung in ein Wirtshaus vor einem Jahrzehnt gepflanzten. Rundgang um Rundgang von morgens bis abends durch den Garten des tief in das Plateau der Ile de France eingeschnittenen Bachtales, zu den Äpfeln, Birnen und Nüssen, mit einem Buch in der Hand, ohne daß ich sonst einen Finger rührte. Und auch das Kochen und Garen für mich selber betrieb ich in jenen Frühjahrswochen fast nur noch aus Gewohnheit. Der verwilderte Garten schien sich zu erholen. Neues, Fruchttragendes kam dazu.
(S. 8f.)
© 2004, Suhrkamp, Frankfurt am Main.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.