logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   
Facebook Literaturhaus Wien Instagram Literaturhaus Wien

FÖRDERGEBER

Bundeskanzleramt

Wien Kultur

PARTNER/INNEN

Netzwerk Literaturhaeuser

mitSprache

arte Kulturpartner

Incentives

Bindewerk

kopfgrafik mitte

Leseprobe: Maja Haderlap - "Gedichte/Pesmi/Poems"

die stille im zimmer bzeichnet den ort, wo tagein tagaus eifrige
untertanen näseln, wo schwärme von tauben auf dickbäuchigen
knaben tanzen, wie um den käfigen vergangener jahrzehnte zu entkommen.
meine sprache kehrt mit mattem hall in sie zurück und ruft aus der erinnerung

die wut der nachkommen wach, denen die ferne, alte rede die stimme dämpft, daß sie
kaum die klarinettentöne übersingen. die bitterkeit hallt in den engen gassen wie üblich
und der giftige gedanke klagt aus gewohnheit. wirrem traumsamen gleicht diese sprache,
in so tugendhaftem beharren und spielen im ungefähren. ein herbes fossil.

stillness in the room delimits the place where day in and day out
the pampered servants give themselves airs, where flocks of pigeons dance
over pot-bellied boys as if to escape the cages of previous decades.
my loosely resonant mother tongue returns into them and calls forth from memory

the wrath of descendants, whose voice is so softened by the old distant idiom that
they can hardly sing louder than the sounds of the clarinet. but bitterness echoes as usual
in the narrow alleyways and poisonous thought laments out of habit. just like the erring seed
of dreams is that tongue, virtuously persisting and blundering. it's a caustic fossil
(S. 71)

 

ich weiß noch, wir saßen im wald
und kauten an blättern.
du sagtest: die kriegspilze wachsen
im inneren. in gärung gebracht, schimmert
das alternde wasser unter der haut.
das ist der haß, meine liebe.
ich zog indessen würmer
aus meinem unterleib, sah
den gerechten gott ein rad schlagen
und sich die beine brechen, sah
das fluten der nacht.
mein muttermal schwoll
und schnecken krochen den baumstamm hinauf.
es könnte etwas kommen!
es könnte alles kommen!
aber du hieltest mich fest: komm,
sagtest du, komm! nichts wartet auf uns.
niemand hütet das haus.

i still remember us sitting in the forest
and chewing on leaves
you said: the mushrooms-o'-war are growing
inside. in ferment,
the aging water shimmers under the skin.
that's hate, my love.
meanwhile i pulled worms
out of my belly, saw
the righteous god turning a cartwheel
and breaking his legs, saw
the flooding of the nigth.
my birthmark swelled up
and snails crept up the treetrunk.
something might happen! anything might happen! but you held me tight: come on,
you said, come on! nothing's waiting for us.
nobody's guarding the house.
(S. 151)

© 1998, Drava, Klagenfurt.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
Junge LiteraturhausWerkstatt - online

Mi, 13.01.2021, 18.00–20.00 Uhr online-Schreibwerkstatt für 14- bis 20-Jährige Du schreibst und...

Grenzenlos? (Literaturedition Niederösterreich, 2020) - online

Do, 14.01.2021, 19.00 Uhr Buchpräsentation mit Lesungen Die Veranstaltung kann über den Live...

Ausstellung
Claudia Bitter – Die Sprache der Dinge

14.09.2020 bis 25.02.2021 Seit rund 15 Jahren ist die Autorin Claudia Bitter auch bildnerisch...

Tipp
LITERATUR FINDET STATT

Eigentlich hätte der jährlich erscheinende Katalog "DIE LITERATUR der österreichischen Kunst-,...

OUT NOW flugschrift Nr. 33 von GERHARD RÜHM

Die neue Ausgabe der flugschrift des in Wien geborenen Schriftstellers, Komponisten und bildenden...