Heinz König hat mich nicht betrogen. Das war nach zirka dreieinhalb Kurven klar. Erstens war das Ziehen schlagartig verschwunden, zweitens wurde ich immer geiler, und drittens spielte ich mit einem Mal in einem Monty-Python-Film mit. Da ich ziemlich übermenschliche Kräfte besaß, trieb ich mein Gefährt mit transgalaktischer Geschwindigkeit voran. Dennoch hatte ich das Gefühl, die Zeit bleibe stehen. Die Häuser, an denen ich vorbeikam, sahen abwechselnd aus wie meine Schule und wie kleine Atomkraftwerke. [...] In den Gärten lagen die Menschen nackt an ihren Swimmingpools. Elvira Kraus wackelte mit einem Hintern aus besseren Zeiten vor mir her. Plötzlich gab es Linksverkehr. Der Fahrer eines Klein-LKWs stieg aus und brüllte mich an. Er hatte einen Schädel wie Homer, der Vater von Bart Simpson. - Mein Vater ist Zahntechniker, sagte ich zu ihm, er macht verschiedene Sachen aus Zahnkeramik, zum Beispiel nackte Frauen. Der Mann schüttelte seinen Homer-Simpson-Schädel, stieg in seinen schäbigen Laster und haute ab. Er hielt mich wahrscheinlich für total übergeschnappt, was ja stimmte, und das mit den nackten Frauen aus Zahnkeramik stimmte auch. Die Sonne war grün.
Istvan Berecz und Heinz König machten am Straßenrand ein Geschäft miteinander. Sie hockten auf je einem Berg von Säcken mit irgendwelchem Zeug drin. Plötzlich gingen sie mit riesengroßen Springmessern aufeinanderlos. Ich warf mich dazwischen, und schon saßen wir jeder in einem Kajak und jagten eine Schwallserie flußab. Wir waren auf der Enns, ich voran, die beiden hinter mir her.[...] Nach einer scharfen Linksbiegung rasten wir auf eine überdimensionale Reuse zu. Mein Vater zog mich heraus. Die anderen wurden gegen die Gitterstäbe gepreßt und ersoffen elendiglich. Ich stand mit meinem Vater auf einer winzigen Aussichtskanzel und sah zu. Beide waren wir triefend naß. Wir lachten, bis wir nicht mehr konnten. (S. 72f.)
Ich spulte die Kassette zum Anfang zurück, stieg aus, holte mir von hinten das Paddel und trat ans Geländer. Judith folgte mir. - Nein, Judith, nein, sagte sie, geh nicht zu nah ans Wasser, da kannst du ertrinken! Dann warf sie den weißen Plüschdelphin in hohem Bogen in den Abgrund. Dabei lachte sie laut auf. - Weißt du, sagte ich zu ihr, was mein Vater einmal zu mir gesagt hat, als wir vom Fußweg aus die Lammeröfen besichtigten? Manche springen da hinunter, hat er gesagt, und sind tot, und manche springen nicht hinunter und sind nicht tot.
Ich weinte. Ich beschloß, das Paddel zu behalten. (S. 111)
(c) 1997, Deuticke, Wien, München.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.