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Leseprobe: Alfred Komarek - "Doppelblick."

Daniel Käfer empfand schmerzliches Behagen, wie einer, dessen Welt in Trümmern liegt, und der nun nicht mehr fürchten muss, dass etwas zerbrechen könnte. Eine fremde Frau saß neben ihm, nur scheinbar vertraut, nur scheinbar nahe. Dass er und sie schwiegen, musste nicht bedeuten, dass sie einander nichts zu sagen hätten. Käfer nahm an, dass auch Sabine sich ganz gerne in eine wortlose Spanne Zeit flüchtete, in der es wohl Fragen gab, nicht aber die Pflicht, darauf zu antworten. Er fuhr noch langsamer als sonst, vielleicht, weil er sich diesmal davor scheute, ans Ziel zu kommen. Allmählich nahm er den Frühlingstag wieder wahr, auch dieser war fremd geworden, sehr spröde, doch unverändert schön. Der Fuschlsee jetzt, linker Hand, zwischen Wiesenhänge und kleine Waldberge gebettet, und hoch über dem Ufer das Schlosshotel. Luxus dieser Art war für Daniel Käfer nie erstrebenswert gewesen. Aber vielleicht ließ üppige Eleganz eine schäbig gewordene Beziehung ja doch besser aussehen, war das Zeremoniell jener, die wussten, wie man in ihren Kreisen miteinander umging, eine brauchbare Stütze für allfällige Haltlosigkeit, und befreite die teure Pflicht exklusiven Genießens von der mühsamen Suche nach den raren Freuden des Lebens? Er berührte Sabine vorsichtig und wies auf das protzige Gemäuer. "Was ist? Ziehen wir ein?"
Sie lächelte, tippte mit unmissverständlicher Geste an ihre Stirn, und Daniel Käfer fand das sehr in Ordnung.
Dann der Wolfgangsee. "Tut so, als sei er der Nabel der Welt, Sabine, Salzkammergut pur, das Weiße Rössl, Benatzky ... alles nur Operette. Das wahre Salzkammergut fängt erst in Ischl an." (S. 38f.)

Käfer hatte nun den Kurpark erreicht. Es war dunkel geworden. Er ging über schmale, nur schwach beleuchtete Wege, grübelte und blieb erst stehen, als er vor sich das Standbild des Dr. Wirer aufragen sah. Offenbar war man nach seinem Tod doch noch zum Schluss gekommen, dass ihm dankbare Verehrung zustand. Die Stadt wandte dem protzigen ehemaligen Kurhaus allerdings vielsagend den Rücken zu und schaute zum eher bescheidenen Palais der Salinenverwaltung. Es gab ziemlich viel Ehemaliges in Ischl, befand Käfer. Die Zeiten waren wohl lange vorbei, in denen es einem einzigen, halbwegs einflussreichen Manne mit tragfähigen Visionen gelingen konnte, über die neue Identität und die Zukunft eines ganzen Städtchens zu bestimmen ... (S. 92)

© Innsbruck, Wien: Haymon Verlag, 2008.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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