4.
Die Welt ist fünf Stunden lang.
Vom Hochalthof bis zum Schloss Sonnberg.
Fünf Stunden zu Fuß. Bei gutem Schritt.
Dazwischen liegen elf Höfe.
Und eine Kirche.
In der ein Pfarrer sitzt.
Jedenfalls immer, wenn Raetho in die Kirche geht.
Sitzt der Pfarrer.
Und liest eine Messe. Im Sitzen.
Weil er vor lauter Arbeit beim Messelesen nicht mehr steh'n kann.
Wovon soll ein Pfarrer auch leben? Außer von der Arbeit. Im Valangatal?
Von der Flursegnung? Vom Teufelaustreiben?
Vorm Messelesen? Für die armen Seelen?
Auf dem Friedhof stehen zwölf Kreuze.
Für jeden Hof eins.
Fünf Schreibnamen. Zwölf Höf'.
Die Selbstmörder und Abtreiberinnen haben kein Kreuz.
Die liegen nicht unter der g'weihten Erd'.
Nicht unter anständigen Leuten.
Die liegen vor dem Eingang.
Damit man über sie darüber trampelt.
Wenn man in die Kirch' geht.
Die Welt ist fünf Stunden lang.
Zwölf Höfe.
Und ein Pfarrer.
46.
Was ist Jazz?
Und Soul? Und Blues?
Jazz und Soul und Blues, das ist Tabitha.
Schwarze Gazelle.
Afrika.
Schwarzafrika.
Geruch nach Löwin. Duft nach Giraffe.
Federnder Gang. Aus wiegender Hüfte.
harte Brüste. Unter schwarzem Haar.
Sturmwind über der Savanne. Ein warmer Regen.
Heiße Flimmerluft. Dunkle Fata Morgana.
Kühlende Brise. Unter einem Sommermond.
Kehlige Stimme. Summen und Schrei.
Gazellenaugen. Gepardenlider.
Perlendes Lachen im Sonnenschein.
Auf roter Baumwollerde.
Einen Sommer lang.
Das ist Tabitha.
© 2000, Provinz Verlag, Brixen.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.