Für mich hatte Literatur dagegen eigentlich nur eine Legitimation: das Aufbegehren gegen ein Leben in all seiner Sinnlosigkeit, ja ich möchte fast sagen, wenn ich mir für einmal dieses unliterarische Pathos erlauben kann: in seiner kosmischen Komik und Lächerlichkeit. Literatur ist eine poetische Revolte gegen diese Absurditäten. Und wenn die Literatur mit ihren oszillierenden und nie genau festlegbaren Strukturen eines lehrt, dann ist es nicht nur Skepsis, sondern vor allem Ironie: eine romantische Ironie, wenn man so will, eine Fähigkeit, sich ihr Gegenteil zu denken, nämlich das Sinnlose, und vor allem Selbstironie.
Das Faszinierende an diesem Spiel, das die Literatur vorgibt zu sein, ist, wie sie aus realen Fragmenten, die dem Bereich des Willkürlichen und Zufälligen angehören, für ein paar Zeilen oder Seiten vorgibt, Sinn zu machen. Wenn der Text gut ist, dann ergibt sich aus ihm eine unerschöpfliche Fülle von Bezügen, Querverweisen, Ambiguitäten, Anspielungen, Interpretationen, als wären die paar Sätze wirklich Knotenpunkte eines Netzes, mit dem sich alles und nichts fangen läßt, weil es ohnehin wieder durch die Maschen schlüpft - aber das ist zumindest etwas. Die Frage ist nur, wie sie dies erreicht; Technik allein genügt offensichtlich nicht, obwohl sie viele hervorragende Stilisten hervorgebracht hat, denen meist ihr Thema irgendwo verloren ging. (S. 125)
(c) 1997, Droschl, Graz, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.