Um zu wissen, wohin man fährt, ist es nicht unbedingt notwendig, auch zu wissen, woher man kommt, aber doch ganz hilfreich. Ich stelle mir also die ultimative Frage: Wo bin ich? Die wenig befriedigende Antwort, die ich mir selbst geben kann, ist schlicht und einfach: irgendwo in Italien. Aber wir müssen nun mal nach Frankreich und da auch wieder querdurch. Und dann nach Spanien und so weiter. Ich breite also vor der Abfahrt meine von der Origami-Aktion leicht verknüllte Rieseneuropastraßenkarte quer über die Motorhaube des Autos aus und sehe nach, welche größere Stadt in der Nähe des Filzstiftstriches liegt. Ich unterdrücke den Impuls, einen Abstecher nach Mailand zu nehmen, ich habe weder das Geld noch die Nerven, unter diesen Umständen einen ausgedehnten Shoppingtag zu unternehmen, und entscheide mich kurzerhand für Turin. Klingt doch nett, Turin.
Der Hund bepinkelt mangels eines Nachbarautos meinen rechten Vorderreifen, bevor er ins Wageninnere hüpft, und Joshua scheint der Hotelbesitzerin, deren verkniffenen Mund nicht einmal das meiner Meinung nach reichliche Trinkgeld aufweichen konnte, ihren gesamten Süßigkeitenvorrat abgenommen zu haben. Er bröselt und kekst sich quer über die Rückbank, und während der Fahrt gummibärt er zwischendurch an der Scheibe des Autofensters.
(S. 82)
© 2008 Literaturedition Niederösterreich.