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Elfriede Jelinek: Das Lebewohl

(Les Adieux)
Der Sprecher: Martin Wuttke
Live-Mitschnitt der Aufführung am 22. Juni 2000 bei der Botschaft besorgter BürgerInnen auf dem Wiener Ballhausplatz als Auftakt der Donnerstagsdemonstration
Spielzeit: 37 Min.
Produktion: Botschaft der besorgten BürgerInnen 2001

Es war einer der heißesten Tage des Jahres 2000. Doch man kam nicht so recht ins Schwimmbad. In der Stadt war auf einmal so viel los. Schlingensief hatte kurz zuvor seinen Container mit der Aufschrift "Ausländer raus" im Rahmen der Wiener Festwochen vor der Oper aufgestellt. Die traditionellen Demonstration gegen die schwarz-blaue Regierung standen in ihrer Hochblüte. Elfriede Jelinek hatte verboten, ihre Stücke in Österreich aufzuführen. Man vermißte das Schwimmbad allerdings auch nicht so richtig. Alle, die am 22. Juni am Ballhausplatz waren, wurden reich belohnt. Sie haben eine "Uraufführung" miterlebt, die man so schnell nicht vergißt. Für ihren aktuellen Text, den Haider-Monolog "Das Lebewohl", hatte Jelinek eine Art Ausnahme gemacht und ihr Aufführungsverbot gelockert. Martin Wuttke, damals noch fix am Berliner Ensemble, mittlerweile lieber an der Berliner Volksbühne, hat den Monolog szenisch vorgetragen, im Rahmen der Donnerstagsdemos. Wuttke, mit blonder Perücke, atmet kräftig durch und sagt: "Die Zuversicht vertreiben wir aus dem Land, denn wir sind stark!" Halt, Versprecher! Er hat es aber nicht so gemeint: "Entschuldigung, nein, wir bringen sie, die Zuversicht." Wuttke beginnt den Monolog von Elfriede Jelinek ganz sanft zu sprechen. Fürchtet euch nicht, sagt er. Später wird er toben und kreischen, hysterisch schreien und wie ein kleines Kind gekränkt "Ich" wimmern.

"Das Lebewohl", ein Monolog, ist kurz nach Jörg Haiders Rücktritt als Vorsitzender der FPÖ entstanden. Haider nimmt Abschied von seinen treuen "Knaben", um in sein Bundesland Kärnten zurückzukehren. Der tränenreiche Abschied ist jedoch als triumphales Comeback angelegt. Sprachlich verschränkt das Stück zwei unterschiedliche Stillagen: einen Text von Haider selbst, den er zu seinem Rücktritt verfaßt hat und die "Orestie" von Aischlyos in einer Übertragung von Walter Jens, der sich bemüht, starke, oft auch christliche Bilder zu finden. Jelinek dazu in der Wochenzeitschrift "Format": "Ich wollte die emotionale Verarmung und Klischeehaftigkeit, die hinter Haiders Aussagen stehen, konterkarieren mit einer historisch so aufgeladenen, großen, pathetischen Dichtung wie der 'Orestie', um das Kleine noch kleiner scheinen zu lassen." Gerade dieser Kontrast, der Lächerlichkeit erzeugt, gelingt Wuttke ausgezeichnet. Zum besseren Verständnis des komplexen Textes ist im Booklet eine sehr erhellende Analyse der Germanistin Pia Janke nachzulesen.

Hört man die Lesung jetzt noch einmal auf jener CD, die von der "Botschaft besorgter BürgerInnen" mitgeschnitten und gegen eine Spende von 200 Schilling später verteilt wurde, so muß man feststellen, daß der Text nichts von seiner Kraft eingebüßt hat. Er hat in vielen realen Anspielungen durchaus recht behalten. Haider ist nach Kärnten gegangen und doch in Wien präsent geblieben. Das merkt man in Zeiten von Temelin und Attacken auf den Verfassungsgerichtshof sehr deutlich.

Originalbeitrag

Karin Cerny
2. Februar 2002

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