(S. 240-241)
Die Häuser dieser Stadt geben zu Protokoll: Bereits am 20. Februar 1938 halten an die 3.000 Nationalsozialisten einen Festumzug in Innsbruck ab. Gleiches wiederholt sich am 10. und 11. März, nachdem Schuschnigg am 9. März mit Heldenpathos - "Rot weiß rot bis in den Tod!" - in den Innsbrucker Stadtsälen eine Volksbefragung für den 13. März angekündigt und Hitler damit unter Druck gesetzt hat. Da die Vaterländische Front aber längst von NS-Sympathisanten unterwandert ist und weder Schuschnigg noch die hiesigen Behörden zu energischem Handeln willens oder fähig sind, beherrschen die Nazi-Befürworter am Nachmittag des 11. März die Innenstadt. "Ein Volk - Ein Reich - Ein Führer", hallt es durch die Maria-Theresien-Straße.
Viele Innsbrucker Kaufleute scheinen sich früh genug auf den Machtwechsel vorbereitet zu haben, schon am 11. März grenzen sie sich von Plagiat-Erzeugern ab, inserieren stolz, die offizielle Hakenkreuznadel sei nur bei ihnen erhältlich, erzählen die Häuser in der Maria-Theresien-Straße 8, 11, 20 und 27, die Häuser am Burggraben 4 und 8 und in der Claudiastraße 24, in der Leopold- und Andreas-Hofer-Straße 18; ferner sind die Originale in der Salurner Straße 18 und 20 im Sortiment, auch der Händler in der Straße der Sudetendeutschen 1 hat sich frühzeitig mit Hakenkreuznadeln eingedeckt. Gleich am nächsten Tag schließen sich zwei Häuser an, hört man aus der Anichstraße 5 und der Wilhelm-Greil-Straße 12 sagen. Auch der Zeitungsverkäufer in der Innstraße 9 wird aktiv, erzählt das einstige Haus des Orgelbauers Gemelich, "Nationalsozialisten, kauft euren Völkischen Beobachter nur hier!" lautet die Annonce.
© 2007 Haymon Verlag, Innsbruck-Wien