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Leseprobe: Alois Brandstetter - "Groß in Fahrt."

Es ist nun wirklich seltsam, woher Menschen ihr Selbstbewußtsein und ihren Standesdünkel beziehen. Früher war "Akademiker" eine solche unzweifelhafte Marke, von Würde und Kompetenz, Ansehen und Achtung - und Einbildung! Seit die Universitäten zu Massenuniversitäten "degradiert" sind und die Sponsionen und Promotionen am Fließband ablaufen, laufend ablaufen sozusagen, wo sich die Promovenden in langen Schlangen anstellen und im Defilee am Promotor vorbeiziehen müssen, ist natürlich bald einer Doktor. Es gibt nichts Großes in der Mehrzahl oder im Sonderangebot. Man denke nur an drei Frauen, die im gleichen Kleid aufeinandertreffen. Bei den Fahrern ist sich laut Franz mancher wichtig und gut vorgekommen, weil er einen Wichtigen befördert hat. Und ist bei einer der vielen Sitzungen etwa in Wien einmal ausnahmsweise etwas herausgekommen, was sich auf das Leben der Menschen - und zwar positiv - ausgewirkt hat, dann hat manchmal ein standesbewußter Fahrer später zu seinen Kindern und Enkelkindern gesagt: Ich habe damals den Landeshauptmann X oder den Bundesrat Y zu dieser oder jener Konferenz gebracht, wo dies oder jenes beschlossen worden ist. Franz hat sich über solche "Kindsköpfe" oder "Dummbeutel" unter seinen Kollegen immer lustig gemacht, ich selbst sehe das durchaus anders. Mir hat es immer gefallen, wenn ein Mensch in dienender Position an seinem Dienst eine gewisse Freude hat, mit Loyalität und Eifer bei der Sache ist und sie vielleicht auch ein wenig wichtiger nimmt, als sie in Wirklichkeit ist. Und es hat ja nun wirklich große Diener auch gegeben, nicht nur große Herren oder Herrinnen. Mit Recht hat sich bekanntlich der Orgelaufzieher Anton Bruckners groß und gut gefühlt, wenn es der Meister den Menschen wieder einmal gezeigt hatte! (S. 66f.)

Wenn er so vor sich hin dachte, was er gerne tat, dann sagte er oft, die übertriebene Mobilität der Jetztzeit führe geradewegs "in den Stau", also in die "Unbeweglichkeit". Wenn alle fahren, fährt bald keiner mehr, weil nichts mehr geht. Im übrigen müsse er auch daran denken, daß er durch Fahren Umwelt zerstöre, weshalb man immer den Nutzen gegen den möglichen Schaden abwägen solle. Wenn ich dem Franz bei seinen Überlegungen so zuhörte, dachte ich, daß es wieder einmal die Fragen der klassischen Poetik waren, die er sich stellte, und die man auch auf seinem Gebiet wie auf so vielen anderen anwenden und bedenken könnte: Quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando, also auf deutsch: Wer, was, wo, womit, warum, wie und wann? Und ich dachte den Casus bei mir weiter und zu Ende und kam zu dem Schluß, daß, wenn man die ständig rigoroser werdenden Kriterien des Franz anwendete, kaum eine Fahrt einer solchen Prüfung standhielte. (S. 124)

(c) 1998, Residenz, Salzburg, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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