"Bitte, komm endlich. Weißt du, wie spät es ist?"
"Nein", sagte Anna leise, mit den Schuhspitzen im Lichtkegel spielend. Sie schaute zu Boden. Er hätte sie auch fragen können, es spüren müssen.
"Das zu Sagende", dachte Anna, "das Andere. Nebeneinander. Seit zwei Jahren."
"Hast du etwas gesagt?" Er sah sie direkt und schamlos an.
"Nein." Sie schüttelte dabei den Kopf.
"Warum nicht?"
"Warum sollte ich?"
"Weil ich mit dir rede."
"Tust du das?"
"Sei still", brüllte er sie an.
Eine Katze sprang auf die Terrasse und verschwand schnell und geschmeidig wieder im Park. Es fiel ein Schuss. Gelächter. Widerhall zwischen den Bäumen. Über die Landstraße raste ein Auto. In der Ferne." (Sommerfrische, S. 15)
"Der Katzenjäger lauerte hinter einem Baum. Es brannte noch Licht im Gästezimmer. Alexander wachte und mit ihm wahrscheinlich das ganze Haus, das so lautlos und still den Schein wahrte, als hätte man für diese Nacht Schlaf gefunden. Lediglich die Träume schützten für kurze Zeit.
Arabella wimmerte noch immer. Doch der Gesang verklang innerhalb der dicken Mauern. Die Tränen des Blinden rollten lautlos. Der Buchhändler hatte Marianne verpasst. Er lehnte an der Tür seines Zimmers. Der Zeitungsleser war tatsächlich über seinen Notizen eingeschlafen. Anna flüsterte.
Max ging auf sein Zimmer. Für diese Nacht war es wohl zu spät, um zu arbeiten. Die Unruhe hatte ihn weggetrieben von den Büchern, hinaus in den Park und nun verschwammen die Buchstaben vor seinen Augen. Dennoch, ein paar wenige Zeilen wollte er noch schreiben, aber als er das Heft aufschlug, öffnete Seite um Seite das Unbesprechbare, dem er sich verschrieben hatte, seinen Rachen." (Sommerfrische, S. 59-60)
"Die Arbeit hatte wieder begonnen, Tag und Nacht, Zeile um Zeile riss es sie in die Tiefe, umkreiste das Wort das Wort, zog seine Spirale. Die Blätter fielen Tag für Tag, keine Träume, die ihr halfen sich zurechtzufinden in der Nacht. Ludwig dachte an Felicitas, während er spielte, als spielte er mit ihr. Auf der Bühne. Er ging auf sie zu und von ihr weg, er sah sie an, als wäre sie gegenwärtig. Während er spielte, wanderte er zwischen sich und der Rolle hin und her, hauchte ihr den Atem ein und war doch nicht die Figur, die jetzt zu atmen begann, die er zum Leben erweckte, zum Sprechen brachte." (Quadratur des Kreises, S. 185f)
© 2009 Passagen Verlag, Wien.