Wer träumt nicht manchmal vom Fliegen?
Mein Name ist Moses Mandelbaum, Versicherungsmakler für alles und jeden, in erster Linie. Aber ich habe noch andere Berufe. Das ist jetzt modern, aber schafft Probleme mit einem einheitlichen Berufsbild. Ich kann mich nicht an herkömmlichen Berufsvorstellungen orientieren.
Abends reinige ich zweimal die Woche die Bürorume eines Verlags und hin und wieder koche ich in einem Restaurant nebenan, wenn der Chefkoch gerade seinen freien Tag hat oder unpässlich ist. Anruf genügt.
Manche mit fünf Jobs sagen, ich sei wohl nicht flexibel genug.
Ich lese morgens, auf dem Weg in mein Büro, im Café Eden, noch schnell eine der schon um diese Zeit zerfledderten Zeitungen. Mich interessieren die Sterbensanzeigen. Hinterbliebenen könnte, angesichts dieses gravierenden Ereignisses, der Funke eines Gedankens zum Thema Lebensversicherung über den Sternenhimmel geistern.
Ich spüre das Zeitungspapier, rieche die Druckfarbe und höre plötzlich wieder das Rauschen, von dem ich nicht weiß, wo es herkommt. Schon seit ein paar Tagen.
An der Theke sitzt ein Typ, dem man ansieht, dass er hier nur kurzfristig gelandet ist, dass er sich hier nicht beheimatet fühlt, und dem man auch keine Versicherung andrehen möchte. Das spürt man. Diese Leute verbreiten eine Art Anti-Polizzen-Geruch. Aber von dem man weiß, dass man eventuell in ein interessantes Gespräch verwickelt werden könnte.
Dann allerdings ist der Vormittag im Eimer. Ich hab keine einzige Polizze an die Frau oder an den Mann gebracht. Wer zahlt meine Miete? Wer die Raten für meine Karre, das Schulgeld für meine Nachkommen? Wer die Blumen für meine Frau, wenn sich wieder unaussprechlich Zwischenmenschliches auftürmt?
© 2009 Skarabaeus Verlag, Innsbruck, Wien, Bozen.