Adorno: Na schön ... Ich entschuldige mich. Sprechen wir also über die den Engel betreffenden Fakten. (an Benjamin gewandt) Und die wären?
Benjamin: Dass ich die Zeichnung 1921 kaufte ... ein Jahr, nachdem Klee sie vollendet hatte ... und eintausend Mark dafür bezahlte ...
Adorno: Heute wären das 14 Dollar.
Scholem: (sarkastisch) Eine postume ... inflationsbereinigte ... Konvertierung ... und natürlich in Dollar ... inzwischen sogar die Währung auf dem Parnass.
Benjamin: (ungeduldig) Mark ... Dollar. Was spielt das für eine Rolle? Jedenfalls war es nicht viel, da selbst ich es mir leisten konnte, der frischgebackene Dr. Walter Benjamin. Noch keine Dreißig, noch mittellos und noch freischaffend ... aber bereits Vater eines kleinen Sohnes.
Scholem: Deine Frau war aber nicht mittellos.
Benjamin: Stimmt. Im Jahr davor schenkte sie mir sogar einen Klee zum Geburtstag ... die Vorführung des Wunders von 1916.
Schönberg: Seltsam, dass niemand mehr darüber spricht. Klee ist zwar nicht gerade mein Fall, aber ich halte dieses Bild für weitaus besser.
Scholem: Das dachte Walter früher auch. "Dieses ist das schönste von allen Bildern, die ich von ihm sah", schrieb er mir 1920.
Benjamin: O Gott! Dass meine Freunde aber auch nie etwas wegwarfen, was ich geschrieben habe!
Scholem: Und nie vergaßen, was darin stand. Das war dein Glück.
Adorno: Er hat recht. Sonst befänden Sie sich nie und nimmer hier oben.
Benjamin: Unterbrechen Sie mich nicht ständig. Im Moment geht es um den Angelus Novus ... nicht um meine Aufnahme auf den Parnass. Die Zeichnung begleitete mich bis zum Jahr meines Todes.
© 2008 Haymon Verlag, Innsbruck - Wien