logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   
Facebook Literaturhaus Wien Instagram Literaturhaus Wien

FÖRDERGEBER

Bundeskanzleramt

Wien Kultur

PARTNER/INNEN

Netzwerk Literaturhaeuser

mitSprache

arte Kulturpartner

Incentives

Bindewerk

kopfgrafik mitte

Leseprobe: Christina Böhm - Platzanweisung.

Als ich aus dem Büro der Dramaturgin kam und mir die Dramaturgin gesagt hatte, dass sie mein Stück nicht wolle, einfach nicht wolle, da hatte ich plötzlich das Gefühl, dass ich in eine Schleife gerate, so eine Möbius-Schleife, eine Unendlichkeitsschleife, wie dieser U-Bahn-Waggon in Argentinien, der für alle Ewigkeit unter Buenos Aires im Kreis fährt, weil die U-Bahn-Gleise die Form einer Schleife haben.
Da kam so ein Ticken in meinen Kopf, und als ich wieder in der Bahn saß Richtung München, wusste ich, dass ich für alle Zeiten auf diese Art ticken würde, pendelnd zwischen München und Wien, wenn nicht sofort etwas passierte. Es klingt wie silberne Taschenuhren, es klingt wie leere Patronenhülsen. Man muss das durchbrechen, irgendwie durchbrechen, und zwar sofort. Man muss raus, auch wenn hier die Fenster aus Sicherheitsglas sind, das man nur am roten Punkt einschlagen kann.
Benutzen Sie das rote Hämmerchen.
Luft zum Atmen, Platz zum Manövrieren. Man muss sich die Gleise neu verlegen, damit sie nicht im Kreis laufen oder in Schleifen. Es wird Zeit, dass wir uns den Platz schaffen, der uns zusteht, aber wahrscheinlich steht er uns gar nicht zu, es steht hier niemandem gar nichts zu, aber das wird sich ändern.
Ich denke, ich gehe dem Dicken nach, wir sind schon fast in Attnang-Puchheim. Ich sage jetzt, dass das ein Oberösterreicher ist, er klingt wie ein Oberösterreicher, und ich hoffte die ganze Fahrt, er würde in Linz aussteigen. Er steigt aber nicht aus in Linz, er stinkt, schiebt seinen Ellbogen auf meine Seite und streckt seine feisten Beine von sich, bis ich keinen Platz mehr habe für meine Knie. Er sitzt neben mir, in einem leeren Waggon, und beweist mir, dass sein dicker Körper wichtiger ist als meiner. Aber das beweist mir nur, dass er zu viel ist, dieser eine ist heute einer zu viel, und das wird sich ändern.
Das ändert sich jetzt.
Zu seinem Unglück ist er breit, aber nicht hoch, sein Nacken ist in günstiger Höhe, und bevor seine Arme nach hinten rudern können und mich erreichen, ist mein Knie in seinem Kreuz. Die Klotür ist hilfreich, die Klotür klemmt ihn ein und schirmt uns ab. Er ist fast nicht totzukriegen mit meinem bisschen Kraft, ich denke, ich mache das wie Mr Ripley, aber es ist schwierig, jemanden zu strangulieren. Es gibt auch Geräusche, aber das Kinderkino überdeckt das schon. Es ist ja auch niemand da, der sich über die Geräusche hätte wundern können. Trotzdem bekomme ich eine Heidenangst, ich könnte ihn nicht ins Klo hineinbringen, es rumpelt zwischen den Waggons, und ich denke, dass er sich noch aufrappeln wird, er rappelt aber gar nicht mehr.
Und das Ticken, dieses verhängnisvolle Ticken, das ist erst einmal weg.

Der ganze Text als pdf: http://www.literaturwerkstatt.org/index.php?id=10

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
Junge LiteraturhausWerkstatt - online

Mi, 13.01.2021, 18.00–20.00 Uhr online-Schreibwerkstatt für 14- bis 20-Jährige Du schreibst und...

Grenzenlos? (Literaturedition Niederösterreich, 2020) - online

Do, 14.01.2021, 19.00 Uhr Buchpräsentation mit Lesungen Die Veranstaltung kann über den Live...

Ausstellung
Claudia Bitter – Die Sprache der Dinge

14.09.2020 bis 25.02.2021 Seit rund 15 Jahren ist die Autorin Claudia Bitter auch bildnerisch...

Tipp
LITERATUR FINDET STATT

Eigentlich hätte der jährlich erscheinende Katalog "DIE LITERATUR der österreichischen Kunst-,...

OUT NOW flugschrift Nr. 33 von GERHARD RÜHM

Die neue Ausgabe der flugschrift des in Wien geborenen Schriftstellers, Komponisten und bildenden...