Der Mazda erlitt einen Totalschaden. Eigentlich hatte Marcus Sophia natürlich nichts von dem Unfall erzählen wollen. Und schickte dann doch eine SMS vom Krankenbett, weil sie doch trotz der Trennung ein natürliches Recht darauf hätte, informiert zu sein, über seinen Gesundheitszustand, und er wollte ja, dass sie irgendwie Freunde blieben, während Sophia der Meinung war: Freunde wären sie überhaupt nie gewesen.
„Charakteristisch für einen Menschen dieser komplexen Kommunikations- und Kontaktstörung ist, dass er sich wünscht, seine Bezugsperson möge ihn fallen lassen, von ihm weggehen, und zugleich das Gegenteil: dass sich die Bezugsperson weiterhin um ihn bemüht.“
Sophia rief ihn an, ganz besorgt, erkundigte sich ruhig, nahm Anteil und blieb in Verbindung. Er suchte: Kontakt. Er zeigte sich: einsichtig. Er wollte sich: gern mit ihr treffen, nach seiner Genesung. Vielleicht, dachte Sophia, vielleicht hat die Erschütterung etwas bleibend verändert, in seinen Gehirnwindungen. Und ganz so sah es aus. Die Straßenbahn schien sein Lebenskonstrukt, das er hartnäckig mit dem Leben selbst verwechselte, in seinen Grundfesten erschüttert zu haben: Ich brauche niemanden, ich bin auf niemanden angewiesen. Erstmals fühlte er sich hilflos.
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© 2012, Picus Verlag, Wien.